OGH 7Ob534/95

OGH7Ob534/9513.9.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga P*****, vertreten durch Dr.Helmut Klement und Dr.Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Dr.Manfred Sch*****, wegen Feststellung (Streitwert S 531.580,09), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 21.November 1994, GZ 4 b R 40/94-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 5.Juli 1994, GZ 22 Cg 359/93f-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.483,-- (darin S 3.580,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit vom Beklagten errichtetem Kaufvertrag vom 6.2.1990 veräußerte die Firma K***** Gesellschaft mbH der Klägerin die Liegenschaft EZ *****, KG ***** St.L***** im Grundbuch des Bezirksgerichtes für ZRS Graz, bestehend aus dem Grundstück ***** Baufläche. Der Beklagte erhielt den Auftrag zur Vertragserrichtung vom Geschäftsführer der Verkäuferin, der damals Ehegatte der Klägerin war. Der Vertrag wurde von der unvertretenen Klägerin ohne Rücksprache mit dem bzw. Belehrung durch den Beklagten unterfertigt. Die Liegenschaft sollte gegen einen Kaufpreis von S 150.000,-- - abgesehen von einer Dienstbarkeit sowie einem Pfandrecht für die Landeshypothekenanstalt Steiermark im Betrag von S 500.000,-- - lastenfrei in das Eigentum der Klägerin übergehen. Die Durchführung dieses Vertrages oblag dem Beklagten. Die vom Beklagten beabsichtigte sofortige Verbücherung des Kaufvertrages unterblieb, weil das Grundbuchsgesuch zufolge eines Fehlers einer Kanzleiangestellten des Beklagten erst am 11.9.1990 überreicht und daher das Eigentumsrecht der Klägerin erst am 1.10.1990 verbüchert wurde. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz war jedoch aufgrund eines Titels vom 20.3.1990 bereits am 10.4.1990 ein Pfandrecht im Betrag von S 1,197.274,09 zugunsten der Republik Österreich vertreten durch das Finanzamt Graz-Stadt ob der Liegenschaft eingetragen worden. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage bzw. bei Schluß der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz haftete hievon ein Betrag von S 531.580,09 aus. Hiebei handelt es sich um eine Verbindlichkeit der Firma K***** Gesellschaft mbH als Abgabenschuldnerin gegenüber dem Finanzamt. Diese Firma ist zwischenzeitig liquidiert und im Firmenbuch gelöscht worden.

Die Klägerin begehrt mit der am 21.9.1993 eingelangten Klage gegenüber dem Beklagten die Feststellung, daß dieser ihr für alle Schäden hafte, die ihr aus der Nichtbezahlung bzw. nicht ordnungsgemäßen Bezahlung der Forderung des Finanzamtes Graz-Stadt, Steuernummer ***** in der Höhe von S 531.580,09 pfandrechtlich sichergestellt auf der Liegenschaft EZ ***** KG ***** St.L*****, einkommend im Grundbuch des Bezirksgerichtes für ZRS Graz durch die Abgabenschuldnerin, die Firma K***** GesmbH entstehen sollten. Der Beklagte habe es unterlassen, eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bücherlich anmerken zu lassen, wodurch bei Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin im angemerkten Rang das nachrangige Pfandrecht der Republik Österreich gelöscht hätte werden können.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete, soweit dies für das Revisionsverfahren noch rechtserheblich ist, Verjährung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung des Anspruches ab. Es ging rechtlich davon aus, daß die Verjährungsfrist für die Klägerin zu dem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe, an dem sie von der Eintragung des Pfandrechtes Kenntnis erlangt habe, somit unmittelbar nach dessen Intabulierung, sodaß die Verjährungsfrist spätestens im April 1990 zu laufen begonnen habe und die im September 1993 eingebrachte Klage jedenfalls verjährt sei.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil mit der angefochtenen Entscheidung in eine Klagsstattgebung ab und erklärte die Revision für zulässig. Es folgerte, daß eine Feststellung, wann die Klägerin tatsächlich von der Eintragung des gegenständlichen Pfandrechtes Kenntnis erlangt habe bzw. Kenntnis erlangen hätte können, nicht rechtserheblich sei, weil der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 601/93 von seiner bisherigen Rechtsprechung, daß die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB schon dann in Lauf gesetzt werde, wenn der Schadenseintritt mit Sicherheit absehbar sei, abgegangen sei und ausgesprochen habe, daß für den Fristbeginn allein der tatsächliche Schadenseintritt maßgeblich sei. Die Klägerin sei aber vor der Intabulierung ihres Eigentumsrechtes noch von keiner Sachhaftung betroffen gewesen und habe bis zu diesem Zeitpunkt daher auch noch keinen Schaden erlitten. Bei einer Vertragserrichtung für beide Parteien sei der Anwalt gegenüber beiden Teilen sorgfaltsverpflichtet. Für die unterlassene Einholung einer Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zur Wahrung der Käuferrechte sei der Beklagte gegenüber der Klägerin gemäß § 1299 ABGB schadenersatzpflichtig, für das Versehen seiner Kanzleiangestellten hafte er nach § 1313a ABGB so wie für sein eigenes.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten gegen diese Entscheidung erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Mit ihr wendet sich der Revisionswerber nur gegen die Lösung der Verjährungsfrage durch das Berufungsgericht. Richtig ist, daß die in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des ersten Senates geäußerte Rechtsauffassung letztlich nicht zur Lösung des dortigen Rechtsfalles herangezogen worden ist (vgl. EvBl 1994/109 = RdW 1994, 311 sowie Anm. von Wilhelm in ecolex 1994, 616). Der erkennende Senat teilt die in der genannten Entscheidung ausgesprochene Rechtsmeinung, die die bisherige Rechtsprechung überzeugend ablehnt.

Auch im vorliegenden Verfahren bedarf es allerdings keiner abschließenden Stellungnahme zur früheren Rechtsprechung. Dies schon deswegen, weil eine Kenntnis der Klägerin von der Einverleibung eines Pfandrechtes für die Republik Österreich vor der Intabulierung ihres Eigentumsrechtes nicht festgestellt wurde, sodaß der Klägerin vor diesem Zeitpunkt weder der mögliche Eintritt eines Schadens noch die Person eines Schädigers bekannt sein konnte. Die vom Erstrichter in der rechtlichen Beurteilung seiner Entscheidung angestellten Erwägungen entbehren jeder Grundlage in den von ihm getroffenen Feststellungen.

Dazu kommt, daß die Klägerin - eine entsprechende (aber eben nicht festgestellte) Kenntnis vorausgesetzt - zwar schon ab der Verbücherung des Pfandrechtes zugunsten der Republik Österreich und damit vor der Intabulierung ihres Eigentumsrechtes - eine entsprechend schlechte Finanzlage der Verkäuferin der Liegenschaft vorausgesetzt - damit hätte rechnen müssen, ab der Verbücherung ihres Eigentumsrechtes aus der Sachhaftung in Anspruch genommen werden zu können und so einen Schaden zu erleiden; "mit Sicherheit vorhersehbar" (vgl. JBl 1970, 621 uva) aber wäre dies nicht gewesen; hätte doch eine Begleichung durch den Schuldner immerhin möglich sein können.

Vor der Verbücherung ihres Eigentumsrechtes hätte aber vor allem die Klägerin einem Zahlungsbegehren der Pfandgläubigerin mit Erfolg die Einwendung entgegenhalten können, daß eine schadensbegründende Sachhaftung für sie noch gar nicht eingetreten sei. Es hätte daher auch zu jenem Zeitpunkt von der Klägerin (als der durch das Verhalten des Beklagten Geschädigten) noch nicht eine Klage wie die vorliegende mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden können (E.38 zu § 1489 ABGB in MGA34).

Die im September 1993 erhobene Feststellungsklage erweist sich daher als rechtzeitig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

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