Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden teils bestätigt und teils dahin abgeändert, daß sie einschließlich des unangefochten gebliebenen Teiles insgesamt zu lauten haben:
"Der Beklagte ist schuldig, dem Erstkläger einen Betrag von 380.948,03 S brutto samt 4 % Zinsen ab 20.Juli 1993 sowie die mit 83.268,34 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 13.014,86 S Umsatzsteuer und 5.179,20 S Barauslagen) sowie die mit 16.951,85 S bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin 3.020,01 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Das Mehrbegehren des Erstklägers von 79.267,82 S brutto sA wird abgewiesen.
Der Beklagte ist weiters schuldig, dem Zweitkläger einen Betrag von 197.333,61 S brutto samt 4 % Zinsen ab 30.Juli 1993 sowie die mit 44.075,50 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin 6.430,72 S Umsatzsteuer und 5.491,20 S Barauslagen) und die mit 11.383,43 S bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin 2.044,84 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Das Mehrbegehren des Zweitklägers von 25.705,34 S brutto sA wird abgewiesen."
Der Beklagte ist weiters schuldig, an Kosten des Revisionsverfahrens dem Erstkläger 10.268,64 S (darin 1.916,45 S Umsatzsteuer) und dem Zweitkläger 6.197,54 S (darin 1.255,61 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 24.Juli 1980 wurde zwischen der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, Sektion Industrie, Fachverband der Audiovisions- und Filmindustrie Österreichs und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe, Sektion Film, Foto, Video (Audio) der nunmehr maßgebliche Kollektivvertrag für Filmschaffende mit einem angeschlossenen, Teil des Kollektivvertrages bildenden Mindestgagentarif abgeschlossen.
In diesem Mindestgagentarif zum Kollektivvertrag für Filmschaffende werden in Punkt 1. - für Arbeitsverträge auf bestimmte Zeit - Wochengagen bzw Wochenpauschalen unter anderem für den Kameramann 1, den Kameramann 2, den Schwenker (= Kameramann im Verbund) angeführt. Für Dienstverträge auf bestimmte Zeit mit einer Vertragsdauer von mindestens sechs Monaten und Dienstverträge auf unbestimmte Zeit wird im Punkt 2 bestimmt, daß als Grundlage der Mindestgagen die um 30 % reduzierten Ansätze (Wochengage x 4,33 = Monatsbezug) der Mindestgagen für Dienstverträge auf bestimmte Zeit gelten, ausgenommen die im folgenden genannten Verwendungsgruppen 1 bis 12, für die eine monatliche Mindestentlohnung, eine Anrechnung einschlägiger Vordienstzeiten und eine Vorrückung um 6 % des kollektivvertraglichen Mindestbezugs nach jeweils zwei Arbeitsjahren vorgesehen ist. In der Verwendungsgruppe 12 ist nur der Kameramann Wochenschau genannt. Hingegen findet sich der Begriff "Video-Kameramann" nicht im Kollektivvertrag, obwohl es schon im Jahre 1980 Kameraleute gab, die mit Videokameras und nicht mit Filmkameras drehten.
Der Schwenker (= Kameramann im Verbund) bei Film oder Video bewegt eine von mehreren Kameras. Er ist durch Kopfhörer mit dem Bildregisseur (Bildmeister) verbunden, der den einzelnen Kameraleuten Weisungen gibt. Der Geschehensablauf ist im wesentlichen im vorhinein festgelegt. Im Moment des Geschehens bestimmt dann der Bildregisseur, der sämtliche Einstellungen über einen Monitor mitverfolgt, welche Einstellung genommen wird. Farbintensität, Kontrast und Beleuchtung werden nicht vom Kameramann selbst bestimmt. Der Schwenker (Kameramann im Verbund) ist daher nicht für Farbe, Ton und Licht verantwortlich. Er hat lediglich für ein scharfes, ruhiges, nicht verzittertes Bild zu sorgen. Er hat fix vorgegebene Standpunkte, Fahrten und Schwenks. In der Regel sind drei Kameras miteinander verbunden; es können aber auch bis zu 10 Kameras sein. Kameraleute im Verbund werden überwiegend für Live-Übertragungen sowie für Aufzeichnungen, etwa Opernaufzeichnungen, herangezogen. Statt der früher verwendeten Filmkameras werden heute in der Regel Videokameras eingesetzt.
Nach dem Mindestgagentarif zum Kollektivvertrag für Filmschaffende dreht der Kameramann 1 Filme, in denen Handlungen und Personendarstellungen entscheidend sind, insbesondere Spielfilme, Fernseh- und Werbefilme. Der Kameramann 2 dreht hingegen alle übrigen Filmgattungen, insbesondere Dokumentarfilme, Fernsehdokumentationen, Features, Industriefilme, Instruktionsfilme und Nachrichtenfilme.
Den Kameramann Wochenschau gibt es in der seinerzeitigen Form nicht mehr. Er erhielt den Auftrag, eine Story (zB den Bundespräsidenten bei der Eröffnung einer Ausstellung) zu drehen. Er drehte selbständig ohne Anweisungen von Regisseur und Redakteur, mußte selbst entscheiden, welche Bilder verwendbar sind und war für die Story und ihre schnittgerechte Fertigung verantwortlich. Er und die Cutterin mußten die Story endfertigen. Gelegentlich wurde auch der Text vom Kameramann selbst gestaltet, im Regelfall lieferte er nur das Bildmaterial, der Text kam nachträglich dazu.
Unter Videokameramann versteht man im wesentlichen die Tätigkeit der Personen, die mit Videokameras im Bereich des aktuellen Dienstes für den ORF (als Bedienstete des ORF oder "angemietete Teams") drehen. Diese Teams sind fast ausschließlich mit einem Redakteur (gelegentlich auch einem Regisseur) unterwegs. Der Redakteur gibt das Grundkonzept für die Story, die gedreht werden soll, vor. Im Moment, in dem das aktuelle Ereignis aufgenommen wird, kann der Redakteur (bzw Regisseur) nur eingreifen, wenn ein Extra-Monitor verwendet wird, an dem er die einzelnen Handlungen unmittelbar mitverfolgen kann. Ein derartiger Monitor gehört zwar zur Ausrüstung, wird aber nur dort verwendet, wo stationär gedreht wird, da er schwer und unhandlich ist. In den anderen Fällen, in denen ein Monitor nicht verwendet wird, obliegt dem Kameramann die optische Regie. Erst nach dem Abdrehen der Aufnahme kann zurückgespult und das Bild über den Monitor kontrolliert werden. Die letzte Entscheidung, was aufzunehmen ist und wie die Aufnahme zu erfolgen hat, hat der Redakteur. Der Kameramann ist jedoch verpflichtet, ihn zu warnen, wenn die vorgegebene Aufnahme technisch gar nicht oder nur schwer möglich ist und ihn auf eine allfällige bessere Möglichkeit zur Aufnahme hinzuweisen. Im aktuellen Dienst (Nachrichten, Sport, Kultur und Wissenschaft) sind vor allem Gefühl für das richtige Timing, die richtige Position und die richtige Einstellung erforderlich. Es ist Sache des Kameramannes, die Einstellungsgrößen so zu wählen, daß sie zueinander passen und entsprechend geschnitten werden können. Nur ausnahmsweise, wenn der Ton besonders wichtig ist, werden dem Zwei-Mann-Team Tonmeister mitgegeben. Im übrigen erfolgt die Aufnahme des Tones über ein Mikrophon an der Kamera und ein eigenes Mikrophon, das vom Kameraassistenten bedient wird. Ein Videokameramann muß in der Lage sein, Licht zu setzen. Dies ist jedoch bei der Videokamera einfacher als bei der Filmkamera. Grundsätzlich muß der Filmkameramann bezüglich der Lichtgestaltung und Verwendung des entsprechenden Filmes über ein höheres künstlerisches Empfinden verfügen als der Videokameramann. Ein Filmkameramann muß ein sehr guter Fotograf sein. Im Bereich des aktuellen Dienstes gibt es zwischen den Aufnahmen mit Filmkameras und mit Videokameras praktisch keine Unterschiede. Im Laufe der Zeit haben sich die Aufnahmen im aktuellen Dienst vom Film auf Video verlagert und werden heute fast ausschließlich auf Video gedreht. Der ORF beschäftigt Zwei-Mann-Videoteams im Bereich des aktuellen Dienstes. Er nimmt immer mehr Einfluß darauf, daß auch von den Fremdfirmen entsprechend qualifizierte Leute eingesetzt werden.
Der Beklagte betreibt seit dem Jahre 1968 ein Filmunternehmen und überläßt dem ORF Zwei-Mann-Videoteams, die aus dem Kameramann und dem Kameraassistenten bestehen. Vor dem Einsatz erfolgt eine Besprechung mit dem zuständigen Redakteur des ORF, der dann mit dem Kamerateam an Ort und Stelle fährt. Der Redakteur gibt die zu drehende "Story" vor und gibt - erforderlichenfalls - dem Kameramann zwischendurch Anweisungen. Der Kameramann ist mit einer Profivideokamera ausgerüstet. Mit der Kamera ist mittels eines Kabels ein Videorekorder verbunden, der vom Kameraassistenten getragen wird. Der Kameraassistent ist für den Ton verantwortlich; er verwendet ein mit dem Videorekorder verbundenes Mikrophon. An der Kamera befindet sich ebenfalls ein Mikrophon, das auf einer eigenen Spur aufnimmt. Ein eigenes Aufnahmegerät ist nicht vorhanden, allenfalls wird ein kleines Mischpult mit drei bis vier Spuren verwendet. In seltenen Fällen, bei denen der Ton besonders wichtig ist, kommt ein Tonmeister des ORF an den Drehort. In der Regel - wenn nicht ausnahmsweise ein Beleuchter mit ist - müssen sich der Kameramann und der Kameraassistent selbst um das erforderliche Licht kümmern und Scheinwerfer aufstellen. Die Kamerateams nehmen aktuelle Ereignisse, wie ein Tennismatch oder einen Brand auf, es erfolgt aber keine Live-Übertragung, sondern eine Aufzeichnung. Das Material wird dann vom Cutter ohne Mitwirkung des Kameramannes geschnitten und in der Regel noch am selben Tag im Rahmen des aktuellen Dienstes ausgestrahlt. Interviews führt der ORF-Redakteur, der Kameramann zeichnet sie auf und der Kameraassistent bedient das Mikrophon.
Der Erstkläger besuchte von 1985 bis 1989 die graphische Bundeslehr- und Versuchsanstalt und schloß die Ausbildung zum Fotografen erfolgreich ab. Im Rahmen dieser Ausbildung belegte der Kläger das Fach "Audiovision", machte Film- und Videoaufnahmen und drehte als Versuchsfilm einen kleinen Dokumentarfilm. Ab 1.Jänner 1991 war er beim Beklagten als Kameraassistent, ab 1.Juli 1991 als Kameramann im Zwei-Mann-Videoteam tätig. Er erhielt vom 1.Juli 1991 bis 31.Dezember 1991 22.000 S und vom 1.Jänner 1992 bis 18.Juni 1993 24.000 S monatlich brutto.
Der Zweitkläger absolvierte zwei Semester an der Filmakademie, war dreieinhalb Monate Volontär an einer Filmschule in Los Angeles und drehte 1984 einen Spielfilm. Vor seiner Beschäftigung beim Beklagten arbeitete er mit semi-professionellen Filmkameras. Ab 1.April 1988 war er beim Beklagten als Kameraassistent, ab 1.Juli 1989 als Kameramann beschäftigt. Er erhielt vom 1.Juli 1990 bis 31.Dezember 1990 26.000 S und vom 1.Jänner 1991 bis 30.Juni 1993 28.000 S brutto monatlich.
Nach dem Zusatzkollektivvertrag für Filmschaffende hätte das Kollektivvertragsgehalt des Erstklägers bei Einstufung als Kameramann Wochenschau ab 1.Juli 1991 29.996 S und ab 1.Jänner 1993 32.976 S, das des Zweitklägers in dieser Einstufung vom 1.Juli 1990 bis 31. Dezember 1991 28.271 S, ab 1.Jänner 1991 bis 30.Juni 1991 29.996 S, ab Juli 1991 (zufolge Vollendung des zweiten Arbeitsjahres) 31.796 S und ab 1.Jänner 1993 34.955 S betragen.
Der am 26.November 1991 abgeschlossene Zusatzkollektivvertrag für Filmschaffende, nach dem ab 1.Jänner 1992 bei Einstufung als Kameramann Wochenschau das Kollektivvertragsgehalt des Erstklägers 31.466 S und das des Zweitklägers 33.354 S betragen hätte, wurde weder hinterlegt noch kundgemacht.
Der Erstkläger wurde vom Beklagten am 18.Juni 1993 entlassen, nachdem er sich geweigert hatte, eine Erklärung zu unterschreiben, daß er bei einer eventuellen Beschädigung seines Dienstfahrzeuges nach den gesetzlichen Bestimmungen hafte. Der Erstkläger konsumierte im Urlaubsjahr 1993 lediglich Urlaub vom 13.März bis 2.April und erhielt eine Urlaubsabfindung von 7.952,64 S brutto.
Der Erstkläger begehrte neben einer nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Entgeltdifferenz für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 30.Juni 1991 von 28.743,04 S brutto ein restliches Entgelt von 264.229,89 S brutto für den Zeitraum vom 1.Juli 1991 bis 18. Juni 1993 als Differenz zwischen seiner tatsächlichen Entlohnung und der kollektivvertraglichen Entlohnung eines Kameramannes Wochenschau, ferner an Kündigungsentschädigung für den Zeitraum vom 18. Juni 1993 bis 30.September 1993 130.804,80 S brutto und an Urlaubsentschädigung für das Urlaubsjahr 1993 36.438,12 S brutto. Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß die Entlassung des Erstklägers unberechtigt erfolgt ist.
Der Zweitkläger begehrt für den Zeitraum 1.Juli 1990 bis 30.Juni 1993 restliches Entgelt von 223.038,95 S brutto als Differenz zwischen seiner tatsächlichen Entlohnung und der kollektivvertraglichen Entlohnung als Kameramann Wochenschau.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren und brachte vor, daß die Tätigkeit der Kläger am ehesten der des im Kollektivvertrag genannten Kameramannes im Verbund entspreche. Der Kameramann Wochenschau arbeite hingegen mit einer Filmkamera, für die eine eigene, langwierige Ausbildung erforderlich sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren des Erstklägers mit 417.230,10 S brutto statt und wies das Mehrbegehren von 42.985,75 S (Entgeltdifferenz für den Zeitraum 1.Jänner 1991 bis 30.Juni 1991 und einen Teil der begehrten Urlaubsentschädigung) ab; dem Begehren des Zweitbeklagten gab das Erstgericht zur Gänze statt. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, die Tätigkeit der Kläger sei nach den Lohngruppen des gegenständlichen Kollektivvertrages bzw Mindestgagentarifes einzustufen, weil der Kollektivvertrag auch für die mit Video arbeitenden Filmschaffenden gelte. Finde sich in einem Kollektivvertrag keine der Tätigkeit des Arbeitnehmers entsprechende Entlohnungsgruppe, sei als Vergleichsmaßstab die Mindestentlohnung jener Entlohnungsgruppe heranzuziehen, deren Tätigkeitsbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers am ehesten entspreche. Für die von den Klägern ausgeübte Tätigkeit komme eine Einstufung als Kameramann 2, Kameramann Wochenschau oder Kameramann im Verbund (Schwenker) in Frage. Abgesehen davon, daß sich aus dem Kollektivvertrag selbst keine Unterscheidung zwischen dem Video- und Filmkameramann ergebe, komme dem Bildträger nur sekundäre Bedeutung zu. Der Umstand, daß es die technische Entwicklung möglich gemacht habe, mit leichter zu handhabenden und weniger sperrigen Geräten im filmischen Bereich tätig zu sein, könne nicht dazu führen, jene Personen, deren Aufgabe die filmische Gestaltung des Geschehens sei, minder zu qualifizieren.
Der Kameramann im Verbund (Schwenker) sei im wesentlichen fremd-determiniert. Er bewege nach entsprechender Anweisung durch den Bildmeister oder Bildregisseur, der sämtliche Einstellungen über Monitor verfolge, eine fix montierte Kamera und sei für die Farb- und Lichtgestaltung nicht zuständig, während bei den Klägern der Redakteur eine Story vorgegeben habe, die sie als Videokameramänner bestmöglich filmisch umsetzen mußten. Die Tätigkeit der Kläger sei daher keinesfalls mit jener eines Kameramannes im Verbund gleichzuhalten.
Die Tätigkeit der Kläger entspreche aber auch nicht dem Berufsanforderungsprofil eines Kameramannes Wochenschau in seiner ursprünglichen Bedeutung. Während der Kameramann Wochenschau auf die Vorgespräche mit seinem Redakteur angewiesen gewesen sei und eine Zwitterstellung zwischen einem Kameramann und einem Journalisten eingenommen habe, seien sukzessive die Aufgaben zwischen Journalisten und Kameraleuten geteilt worden. Berücksichtige man die Zielsetzung - Information der Zuseher über aktuelle Ereignisse - und den Kernbereich der Tätigkeit - filmische Gestaltung von Storys im Bereich des aktuellen Dienstes - sei die Tätigkeit der Kläger als die eines mit neuen Inhalten ausgefüllten Kameramannes Wochenschau anzusehen. Aber auch bei Ablehnung dieser Einstufung wäre für den Beklagten nichts gewonnen, weil dann für die Tätigkeit der Kläger nur mehr die Einstufung als Kameramann 2 in Betracht komme. Da der Kollektivvertrag keinen Unterschied mache, komme es nicht darauf an, ob dieser Kameramann mit Video- oder Filmkamera drehe. Der Kameramann 2 sei nach dem Kollektivvertrag zuständig "für alle übrigen Filmgattungen, insbesondere Dokumentarfilme, Fernsehdokumentationen, Features, Industriefilme, Instruktionsfilme und Nachrichtenfilme", also Filme, bei denen Handlungen und Personendarstellungen nicht von wesentlicher Bedeutung seien. Nun fielen gerade Nachrichtenfilme und sonstige Filme im Bereich des aktuellen Dienstes in die Kompetenz der Kläger. Seien die Kläger daher nicht als Kameramänner Wochenschau einzustufen, fielen sie jedenfalls in den Bereich Kameramann 2, da dieser am weitesten gefaßt sei und - unabhängig von Video- oder Filmkamera - alle Kameramänner einbeziehe, die nicht in eine andere Gehaltsgruppe fielen. Die Kläger hätten jedoch nur die Einstufung als Kameramann Wochenschau begehrt, dessen Monatsgagen jeweils geringer seien als die des Kameramannes 2. Das Erstgericht sprach den Klägern daher die unter Zugrundelegung einer Einstufung als Kameramann Wochenschau begehrte Entlohnungsdifferenz zu.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes bezüglich des Zweitklägers zur Gänze, bezüglich des Erstklägers, soweit es dem Klagebegehren mit einem Betrag von 404.838,36 S brutto sA stattgab und änderte es im übrigen bezüglich des Erstklägers lediglich im Zuspruch des aus dem Titel der Urlaubsentschädigung begehrten Betrages dahin ab, daß es - unter Zugrundelegung von 12 unverbrauchten Urlaubstagen und einer gezahlten Urlaubsabfindung von 7.952,64 S - hiefür lediglich einen Betrag von 9.803,67 S zuerkannte. Ferner sprach das Berufungsgericht aus, daß die Revision an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, daß die Tätigkeit der Kläger der des im Kollektivvertrag genannten Kameramannes Wochenschau am ehesten entsprochen habe; keinesfalls fielen sie unter die Einstufung "Kameramann im Verbund".
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der gänzlichen Abweisung des Begehrens des Zweitklägers und der Abweisung des einen Betrag von 100.416,40 S brutto sA übersteigenden Begehrens des Erstklägers abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Soweit die Vorinstanzen die Einstufung der Tätigkeit der Kläger als "Kameramann im Verbund bzw Schwenker" ablehnten, genügt es, auf ihre zutreffende Begründung zu verweisen (§ 48 ASGG). Es verbleiben daher bei Orientierung an der kollektivvertraglichen Mindestentlohnung der am ehesten dem Tätigkeitsbild der Kläger entsprechenden kollektivvertraglichen Entlohnungsgruppen im Sinne der Entscheidung 9 Ob A 158/93 (= ARD 4489/40/93 = infas 1994 A 39) - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat - nur mehr die Einstufung als "Kameramann Wochenschau" oder "Kameramann 2". Soweit der Revisionswerber daher neuerlich die Einstufung der Kläger als "Kameramann Wochenschau" in Zweifel zieht, sei darauf verwiesen, daß dann nur mehr die zu einem höheren Entgelt führende Einstufung als "Kameramann 2" im Sinne des Kollektivvertrages in Frage käme.
Zu Recht wendet sich der Revisionswerber lediglich gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, der Gehaltsansatz eines nicht hinterlegten und kundgemachten Kollektivvertrages, dem keine Normwirkung zukommt (siehe Strasser in Floretta-Strasser Handkomm ArbVG 107; ZAS 1988/8, DRdA 1990/40) sei als angemessenes Entgelt im Sinne des § 1152 ABGB anzusehen, das anstelle des vereinbarten Entgeltes gebühre. Dabei übersieht das Berufungsgericht, daß gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt nur dann als bedungen gilt, wenn im Vertrag kein Entgelt bestimmt wurde. Wurde der die bisherige kollektivvertragliche Regelung ablösende Kollektivvertrag mangels Hinterlegung und Kundmachung nicht wirksam, gilt der bisherige Kollektivvertrag, auch wenn er gemäß § 17 ArbVG beendet worden sein sollte, jedenfalls gemäß § 13 ArbVG für die von ihm vor seinem Erlöschen erfaßten Arbeitsverhältnisse weiter.
Gemäß § 43 Abs 3 ASGG ist der Inhalt kollektivrechtlicher Normen von Amts wegen zu ermitteln, wenn sich eine Partei auf sie beruft; dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren. Es genügt daher, daß sich die Partei, wenn auch erst im Rechtsmittelverfahren, auf die kollektivvertragliche Norm beruft; nur wenn sich die betreffende Partei in der Tatsacheninstanz ausschließlich und ausdrücklich auf einen bestimmten nicht kollektivvertraglichen Rechtsgrund gestützt hat, ist für eine rechtliche Beurteilung nach einem anderen Rechtsgrund und damit auch einer kollektivrechtlichen Norm kein Raum. Nur in diesem Fall fehlt es an den Voraussetzungen für eine amtswegige Ermittlungspflicht im Sinne des § 43 Abs 3 ASGG (siehe Kuderna ASGG 217; SZ 60/192; DRdA 1993/50). Da die Kläger ihre Ansprüche aus dem Kollektivvertrag für Filmschaffende und den dazu abgeschlossenen Zusatzkollektivverträgen ableiten, war nicht nur der Inhalt dieser Kollektivverträge, sondern auch ihre formelle Gültigkeit auch noch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu prüfen (vgl JBl 1979, 420; Bydlinski in Rummel ABGB2 I § 3 Rz 1).
Es ist daher auch für das Jahr 1992 von den mit Zusatzkollektivvertrag vom 22.November 1990 ab 1.Jänner 1991 festgesetzten Mindestgagen auszugehen. Diese betrug für den Erstkläger (bei Einstufung als Kameramann Wochenschau) 29.996 S und für den Zweitkläger 31.796 S; der Erstkläger wurde daher mit 24.000 S monatlich brutto um 24,98 %, der Zweitkläger mit 28.000 S monatlich brutto um 13,56 % unter dem kollektivvertraglichen Mindestsatz entlohnt. Der Erstkläger erhielt für diesen Zeitraum inklusive Überstundenentgelten 389.728 S, für ihn ergibt sich daher eine Minderentlohnung gegenüber dem Kollektivvertrag von 97.354,05 S (statt der vom Erstgericht auf Basis einer 31,11 % unter dem Kollektivvertrag liegenden Entlohnung ermittelten Differenz von 121.244,30 S). Der Zweitkläger erhielt für den Zeitraum vom 1.Jänner 1992 bis 31.Dezember 1992 462.326,37 S; für ihn ergibt sich daher eine Minderentlohnung gegenüber dem Kollektivvertrag von 62.691,46 S (statt der vom Erstgericht auf Basis einer 19,12 % unter dem Kollektivvertrag liegenden Entlohnung ermittelten Entgeltdifferenz von 88.396,80 S). Dies führt zu einer Minderung der Ansprüche des Erstklägers aus dem Titel Differenz zur kollektivvertraglichen Mindestentlohnung um 23.890,33 S und jener des Zweitklägers um 25.705,34 S.
Der Revision des Beklagten war daher teilweise Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens sämtlicher Instanzen beruht auf den §§ 41, 43 Abs 1 und 50 ZPO. Hiebei waren die auf Klagsseite entstandenen Kosten auf die Kläger entsprechend ihrem Anteil am jeweiligen Streitwert aufzuteilen und sodann der sich aufgrund ihres Obsiegens ergebende Kostenersatz zu ermitteln. Im Berufungs- und Revisionsverfahren war überdies gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO der dem Ausmaß des Obsiegens des Beklagten entsprechende Anteil der von ihm getragenen Pauschalgebühren von den den Klägern zuerkannten Kosten in Abzug zu bringen.
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