OGH 13Os39/95

OGH13Os39/9512.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juli 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wlattnig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Fritz Robert St*****, Andreas Erich Georg F*****, Dieter M***** und Erich Gottfried P***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 8. November 1994, GZ 5 Vr 3283/93-62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Fritz St*****, Andreas F*****, Dieter M***** und Erich P***** (zu I) des Verbrechens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 2 StGB, Fritz St*****, Andreas F*****, Dieter M***** als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB, sowie (zu II) des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB, Andreas F*****, Dieter M***** und Erich P***** als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.

Danach haben in Graz und Vasoldsberg

I A Erich P***** am 22.Juni 1993 als unmittelbarer Täter eine fremde bewegliche Sache, nämlich den PKW der Marke BMW mit dem Kennzeichen G-WORK 1, der im Eigentum der *****Bank S***** stand, durch absichtliches Anfahren beim Reversieren mit dem LKW, Kennzeichen GU 1 GNK, vorsätzlich beschädigt und dem Eigentümer des PKW BMW 850, nämlich der *****Bank, einen Schaden in der Höhe von zumindest 547.000 S zugefügt,

B folgende Personen dadurch bestimmt, die unter Punkt I A angeführte Straftat auszuführen, und zwar:

1 Fritz St***** im Sommer 1993 den Andreas F***** dadurch, daß er ihm auftrug, für die Demolierung des PKW Sorge zu tragen,

2 Andreas F***** im Sommer 1993 den Dieter M***** dadurch, daß er ihn ersuchte, die totale Beschädigung dieses PKWs Marke BMW zu veranlassen,

3 Dieter M***** im Juni 1993 den Erich P***** dadurch, daß er ihn anwies, mit dessen LKW den erwähnten PKW Marke BMW durch absichtliches Anfahren beim Reversieren total zu beschädigen,

II mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der *****Versicherungs-AG durch Täuschung über nachangeführte Tatsachen zu nachstehenden Handlungen verleitet, die diese am Vermögen in nachfolgender Höhe schädigte, und zwar:

A Fritz St***** am 23.Juni 1993 als unmittelbarer Täter durch die über seinen Rechtsvertreter erfolgte Einreichung der Schadensmeldung mit falscher Darstellung des Herganges der Beschädigung des geleasten PKWs BMW (Eigentümer *****Bank) verbunden mit der Aufforderung zur Erbringung von Leistungen hinsichtlich des demolierten Kraftfahrzeuges, insbesondere unter bewußter und listiger Verschweigung, daß der angeführte PKW nicht im Zuge eines Verkehrsunfalles, sondern vorsätzlich und verabredungsgemäß am 22. Juni 1993 beschädigt wurde, zur Auszahlung einer Versicherungsleistung von 547.000 S an die *****Bank als Eigentümerin des Leasingfahrzeuges, wodurch die *****Versicherungs-AG an ihrem Vermögen in der vorgenannten Höhe geschädigt wurde,

B folgende Personen zur Ausführung der unter II A angeführten Straftat vorsätzlich beigetragen, und zwar:

1 Andreas F***** dadurch, daß er den PKW Marke BMW von Fritz St***** übernahm und das Fahrzeug vor der Garage des Dieter M***** verabredungsgemäß abstellte,

2 Dieter M***** dadurch, daß er die Beschädigung des PKW Marke BMW inszenierte, hiezu Andreas F***** aufforderte, diesen PKW am 22.Juni 1993 gegen 18.00 Uhr vor der Garage abzustellen und Erich P***** anwies, mit dem LKW, amtliches Kennzeichen GU 1 GNK, den PKW Marke BMW durch absichtliches Reversieren zu zerstören,

3 Erich P***** dadurch, daß er am 22.Juni 1993 mit dem LKW, amtliches Kennzeichen GU 1 GNK, absichtlich beim Reversieren den geleasten PKW Marke BMW zerstörte und am 22.Juli 1993 anläßlich der Erstattung der Schadensmeldung bei der *****Versicherungs-AG den Hergang der PKW-Beschädigung falsch und nicht vollständig darstellte, insbesondere verschwieg, daß die Beschädigung des PKWs BMW auf einer Vorsatztat, nämlich der unter I genannten strafbaren Handlung, beruhte.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpfen alle Angeklagten mit auf die Z 4 und 9 lit a, teils auch Z 5 (Fritz St***** und Andreas F*****) und 5 a (Fritz St*****, Dieter M***** und Erich P*****) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, denen jedoch keine Berechtigung zukommt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erich P*****:

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt die Abweisung der von allen Angeklagten gestellten Beweisanträge, ein Gutachten eines Buchsachverständigen zum Beweis dafür einzuholen, daß die Firma St*****-GesmbH im Juni 1993 nicht in Zahlungsschwierigkeiten war, sowie Christine D***** als Zeugin zum Beweis dafür zu vernehmen, daß die St*****-GesmbH sämtliche Leasingraten pünktlich bezahlt, niemals ein Zahlungsrückstand vorgelegen und die Möglichkeit für die genannte Firma bestanden habe, ohne Verlust aus dem Leasingvortrag auszusteigen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurden jedoch durch die Ablehnung dieser Anträge Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt (s Mayerhofer/Rieder StPO3 ENr 63 a ff zu § 281 Z 4). So wurde nämlich die regelmäßige Bezahlung der Leasingraten (und die sich daraus ergebende Rückstandsfreiheit) ebenso im Urteil festgestellt wie die (finanziellen Folgen) eines Ausstiegs aus dem Leasingvertrag (US 11), der aber tatsächlich nicht so beendet wurde, weshalb diesbezügliche Erörterungen von vornherein hypothetisch sind. Auch eine Zahlungsunfähigkeit der Fa. St*****-GesmbH - über die am 11.Februar 1994 zum AZ 25 S 14/94 des Landesgerichtes für ZRS Graz das Konkursverfahren eröffnet wurde, wobei eine Überschuldung von mehr als 30 Millionen S vorlag und bereits im Herbst 1993 Lohnzahlungsrückstände bestanden - im Juni 1993 wurde ausdrücklich nicht konstatiert, weil dies die Tatrichter (zutreffend, zumal davon weder der Ausspruch über die Schuld noch über den anzuwendenden Strafsatz betroffen war) für unerheblich erachtet haben (s S 14 f/II, US 24).

Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Tatsachenrüge (Z 5 a) die "Meinung" der Tatrichter bekämpft, daß ein Aussteigen aus dem Leasingvertrag nicht jederzeit möglich gewesen wäre (und dabei auf die Aussage der Zeugin D***** hinweist, nach welcher der Angeklagte St***** überdies bei Auflösung dieses Vertrages einen Überschuß von ca 100.000 S lukrieren hätte können), übersieht er, daß diese Zeugin - wie letztlich auch das Erstgericht (US 11, 20) - einerseits zwar die Möglichkeit einer jederzeitigen Vertragsauflösung bestätigt, andererseits aber auch auf die möglichen finanziellen Nachteile für Fritz St***** in einem solchen Fall hingewiesen hat (vgl ON 34). Daraus und insgesamt ergeben sich aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die tatrichterlichen Feststellungen.

Die zum Schuldspruch II eine Bereicherung oder einen auf eine solche gerichteten Vorsatz in Abrede stellende Rechtsrüge (Z 9 lit a) ignoriert die diesbezüglich unmißverständlichen Feststellungen (US 29).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Dieter M*****:

Die Verfahrensrüge (Z 4) gegen die Abweisung der Beweisanträge auf Einvernahme der Zeugin D***** und auf Einholung eines Buchsachverständigengutachtens ist auf die Erledigung der diesbezüglich inhaltsgleichen Nichtigkeitsbeschwerde des Erich P***** zu verweisen.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) entfernt sich vom Akteninhalt. Auch für sie gilt im wesentlichen das bereits zur Beschwerde des Angeklagten P***** Dargelegte. Wie bereits aufgezeigt, ist dem Urteil eine Konstatierung, daß ein Ausstieg aus dem Leasingvertrag nicht jederzeit möglich gewesen wäre, nicht zu entnehmen.

Im übrigen bestehen keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen, sondern erweist sich das diesbezügliche Vorbringen als bloße Schuldberufung, wenn vorgebracht wird, auf Grund der Beweismittel müsse man zum Ergebnis kommen, daß die Zerstörung des geleasten Fahrzeuges lediglich auf Grund eines Aufmersamkeits- und Beobachtungsfehlers des Angeklagten P***** verursacht wurde.

Die sowohl einen Schädigungs- als auch einen Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung in Abrede stellende Rechtsrüge (Z 9 lit a) entfernt sich prozeßordnungswidrig von den Urteilsfeststellungen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Andreas F*****:

Hinsichtlich seiner Verfahrensrüge (Z 4) gelten dieselben Überlegungen wie zur Verfahrensrüge des Angeklagten P*****. Soweit darüber hinaus bemängelt wird, daß das Erstgericht (auch) die Beweisanträge auf Beischaffung sämtlicher Verwaltungsstrafakten des Angeklagten P***** sowie auf Durchführung eines Ortsaugenscheines abgewiesen habe, kann darin gleichfalls kein Nichtigkeitsgrund im Sinne der Z 4 erblickt werden. Daß P***** schon früher an Verkehrsunfällen "schuld" war, schließt nicht aus, daß er auch an der vorliegenden Zerstörung eines gegnerischen Fahrzeugs "schuld" war, über die Schuldform dieser Tat aber läßt sich aus Verwaltungsakten betreffend frühere Vorfälle nichts Entscheidendes gewinnen. Ein Augenschein ist durchgeführt worden (s ON 45), ein Sachverständiger wurde beigezogen. Der Antrag, warum erneut der damalige Vorfall rekonstruiert werden sollte, blieb schuldig, was daraus noch zu gewinnen wäre, insbesondere zum hier allein entscheidenden inneren Vorhaben des P*****, als er vor mehr als 2 Jahren mit seinem LKW den PKW zerstörte.

In seiner Mängelrüge (Z 5) bringt der Angeklagte F***** ausschließlich (in teils polemischer Art) seine Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zum Ausdruck und führt solcherart die Nichtigkeitsbeschwerde nicht prozeßordnungsgemäß aus. Auch im Rahmen seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) bekämpft der Angeklagte F***** im wesentlichen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Sein weiterer Einwand, er habe "überhaupt keinen Vorteil" durch die Beschädigung des geleasten BMW gehabt, argumentiert gar nicht gegen eine anderslautende Ansicht des Erstgerichts. Dessen Feststellungen aber über den jeweiligen Bereicherungsvorsatz negiert sie aber (US 29).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Fritz St*****:

Auch zu dessen Verfahrensrügen (Z 4) ist auf die dazu bereits vorhin angestellten Überlegungen hinzuweisen.

Die Mängelrüge (Z 5), die sich unter Hinweis auf die Aussagen des Masseverwalters gegen die überdies als widersprüchlich kritisierte Feststellung des Gerichtes richtet, die Firma des Beschwerdeführers hätte sich "in einem bestimmten Zahlungsrückstand bzw einer Zahlungsstockung, wenn nicht gar bereits in Zahlungsunfähigkeit" befunden, betrifft (wie ebenfalls bereits ausgeführt) keine für die Lösung der Schuld- und Straffrage entscheidende Tatsache und stellt sich ebenfalls im Kern als Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung dar. Gleiches gilt für die Feststellung des möglichen Kaufpreises des geleasten BMWs bzw der Höhe des Auflösungswertes; beides betraf außerdem nur theoretische Überlegungen, weil das Fahrzeug (vor der Tat) weder verkauft noch der Leasingvertrag aufgelöst wurde.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) zeigt keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidender Konstatierungen auf, sondern versucht nur, die im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes über den Wert des geleasten BMWs zum Tatzeitpunkt bzw dessen Auflösungswert sowie über die Verkäuflichkeit dieses PKWs zu bekämpfen, und führt schließlich nach Art einer Schuldberufung den Umstand, daß der Angeklagte St***** letztlich selbst einen Schaden durch die Zahlungsverpflichtung von 80.000 S erlitten habe, als Beweis für seine Schuldlosigkeit an. Daraus können jedoch erhebliche Bedenken gegen die festgestellten Tatsachen nicht abgeleitet werden, auch wenn diese Feststellung sogar die negativen Folgen der Tat um ein hohes Maß (s Privatbeteiligtenzuspruch) steigert.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) versucht einmal mehr, der von den Tatrichtern abgelehnten, ein bloßes Unfallsgeschehen behauptenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden aller Angeklagten waren sohin bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d StPO), sodaß über die außerdem erhobenen Berufungen das örtlich zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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