OGH 13Os52/95

OGH13Os52/9512.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juli 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Wlattnig als Schriftführer, in der Strafsache gegen Siegfried K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16.März 1994, GZ 1 c Vr 10626/93-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Siegfried K***** wurde des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat er in der Zeit vom 25.Oktober 1991 bis 14.Juli 1992 in Wien in zweiundzwanzig Angriffen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung (auch) des schweren Betrugs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Renate M***** durch die Vorspiegelung, ein rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehensnehmer zu sein und die Ehe mit ihr anzustreben, zur Übergabe von Darlehensbeträgen verleitet, die die Genannte an ihrem Vermögen schädigte, wobei der Schaden insgesamt 500.000,-- S überstieg. Im Urteilsspruch ist dazu eingangs - neben einem Fehlen des Tätervorsatzes auch - ein vom Angeklagten nicht aufgegriffener Additionsfehler betreffend die Schadenssumme enthalten, der allerdings die Wertgrenze nicht berührt und damit jederzeit berichtigbar ist (Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 270 ENr 39).

Die aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Dem unter der Z 3 erhobenen Beschwerdeeinwand zuwider ist der Schuldspruch im letzten Punkt (22) durch den Hinweis auf die betrügerische Herauslockung eines Darlehensbetrages von 147.366,-- S im Jänner 1992 im Sinne des § 260 Abs 1 Z 1 StPO ausreichend individualisiert, auch wenn der genaue Tattag nicht genannt wurde.

Der Verfahrensrüge (Z 4) fehlt es schon an den formalen Voraussetzungen. Denn in der gemäß § 276 a StPO wegen Zeitablaufs wiederholten Hauptverhandlung vom 7.September 1994 (ON 23) wurde der Antrag auf Einvernahme von Milina K***** und Regine G***** ohne Nennung eines Beweisthemas gestellt (S 258). Die in der vorangegangenen Hauptverhandlung vom 16.März 1994 (ON 13) bezeichneten Beweisthemen wurden nämlich weder ausdrücklich noch sonstwie eindeutig wiederholt und ergeben sich auch nicht zwingend aus dem Zusammenhang. Solcherart konnte schon aus formalen Gründen der genannte Nichtigkeitsgrund aus der Ablehnung der Beweise nicht abgeleitet werden (vgl Foregger-Kodek, StPO6, Anm II zu § 276 a mit Judikaturhinweisen).

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider kann dem angefochtenen Urteil keine wegen Undeutlichkeit mangelhafte Begründung hinsichtlich der subjektiven Tatseite der Betrugshandlungen entnommen werden. Ergibt sich doch aus den Entscheidungsgründen unmißverständlich, daß die Tatrichter den Vorsatz des Angeklagten sowohl in Ansehung der Täuschung als auch der unrechtmäßigen Bereicherung (insbesondere) aus dem Tatablauf, wie ihn die für glaubwürdig erachtete Zeugin Renate M***** darlegte, in Verbindung mit der tatsächlich unterbliebenen Rückzahlung der Beträge, abgeleitet haben.

In weiteren Einwänden der Mängelrüge verkennt der Beschwerdeführer das Wesen unvollständiger Urteilsbegründung iS der Z 5, die nicht schon dann vorliegt, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen, wie überhaupt sämtlicher Verfahrensergebnisse, erörtert und darauf untersucht, wieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen (vgl EvBl 1972/17; Foregger-Kodek, StPO6, Anm zu § 281 Z 5). Der Schöffensenat weist auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten hin und gibt auch deren Inhalt in seinen wesentlichen Zügen dergestalt wieder, daß M***** ihm das Geld geschenkt, ja es ihm sogar aufgedrängt habe, einerseits, um sich seine Zuneigung zu erhalten, und andererseits, weil sie daran interessiert gewesen sei, daß die finanziell angeschlagene Zeitung "Der Sportfunk", die der Angeklagte übernehmen wollte, einen Artikel über das Sportfest an der von M***** geleiteten Schule herausbringt (US 8 f). Darüberhinaus auch noch auf die von der Beschwerde angeführten, entscheidungsunwesentliche Details enthaltenden Passagen der Aussagen des Angeklagten im Vorverfahren oder in der Hauptverhandlung einzugehen, bedurfte es bei der gesetzlich aufgetragenen Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht. Das gilt auch für die von der Beschwerde monierten Teile der Aussagen der Zeugen Gustav S*****, Ingeborg F*****, Wolfburger S***** und Theresia B***** (247, US 8, 9), deren wesentlichen Inhalt das Schöffengericht ohnehin mehrmals im Urteil erwähnt hat (US 8 ff).

Nicht besonders erörterungsbedürftig war - der Beschwerde zuwider - auch die Aussage der Zeugin Wolfburger S***** (S 245), wonach sie vom Angeklagten wisse, "daß zumindest eine Motivation" für den von diesem unterfertigten Schuldschein "auch die Beruhigung von Familienmitgliedern" gewesen sei. Abgesehen davon, daß das Schöffengericht im angefochtenen Urteil auch der gleichlautenden Verantwortung des Angeklagten, das genannte Schriftstück habe "nur zur Beruhigung" des Bruders und Sohnes des Opfers gedient ohnehin berücksichtigte, ihr aber keinen Glauben schenkte (US 10), kommt diesem Umstand für die entscheidungswesentlichen Urteilsannahmen keine Bedeutung zu.

Letzteres gilt angesichts des festgestellten Betrugsvorsatzes des Angeklagten auch für die von der Beschwerde ins Treffen geführte Aussage der Zeugin Renate M*****, welche die Frage, ob sie weniger kleinlich mit der Rückzahlung gewesen wäre, wenn die Beziehung weiter funktioniert hätte, ernstlich nicht bestritten hat (S 185).

Die Beschwerde verkennt das Wesen der Aktenwidrigkeit, wenn sie unter diesem Gesichtspunkt die Feststellung des Schöffengerichtes, Renate M***** habe im Vertrauen auf die Beständigkeit der intimen Beziehung zum Angeklagten sowie letztlich veranlaßt durch seinen Heiratsantrag die "Zuwendungen" erbracht, bekämpft und darauf hinweist, die Genannte habe als Klägerin im Verfahren 13 Cg 1/93 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien den Umstand einer stabilen Lebensgemeinschaft oder gar eines Heiratsantrages als Motiv für ihre Geldleistungen dem Angeklagten gegenüber mit keinem Wort erwähnt. Denn eine Aktenwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn der Inhalt der Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 285 Abs 1 Z 5 ENr 185 ff). Es ist aber der Inhalt des Beweismittels mit dessen allfälliger Wiedergabe im Urteil und nicht mit den vom Erstgericht auf Grund der gesamten Beweislage gezogenen Schlußfolgerungen zu vergleichen.

Die Tatsachenrüge (Z 5a), welche die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft, indem sie zahlreiche Einzelargumenten und verschiedene Umstände nennt und daran anknüpfend versucht, durch Mutmaßungen die Glaubwürdigkeit der Zeugin M***** zu erschüttern und der vom Erstgericht als Belastungsindiz herangezogenen Unterfertigung des Schuldscheines durch den Angeklagten eine andere Bedeutung zu geben, und schließlich dem Schöffengericht mangelhafte Nutzung von Beweisergebnissen und unterbliebenen Fragen bzw Vorhalte an die Zeugin M***** vorwirft, schlägt ebenfalls nicht durch. Ihr ist zu erwidern, daß sie insgesamt keine aus den Akten oder durch einen massiven Verstoß gegen die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung hervorgehenden Umstände aufzeigen kann, die geeignet wären, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptet, negiert sie ebenso den Urteilssachverhalt (siehe insbes US 7f iVm 11f), wie mit dem Einwand, das angefochtene Urteil enthalte keine Konstatierungen, daß Renate M***** nicht schon während aufrechter Beziehung zum Angeklagten, sondern erst nach deren Beendigung den Darlehenscharakter der Leistungen zum Ausdruck gebracht habe und auf die Idee gekommen sei, diese zurückzufordern.

In gleicher Weise orientiert sich die Beschwerde (teils auch zur Z 10), womit Feststellungen in Richtung des § 159 und 166 StGB gefordert werden, nicht am Urteilssachverhalt. Denn sie übergeht mit all diesen Ausführungen die vorhandenen Urteilsannahmen, welche den begehrten Feststellungen entgegenstehen und sie ausschließen; die Nichtigkeitsbeschwerde ist insoweit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Sie war daher teils als offenbar unbegründet, im übrigen aber als nicht prozeßordnungsgemäß dargestellt, gemäß § 285 d Abs 1 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten ist das Oberlandesgericht Wien zuständig (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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