OGH 4Ob549/95

OGH4Ob549/9511.7.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Walther Leeb, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verein *****, vertreten durch Dr.Lennart Binder, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3.März 1995, GZ 48 R 1080/94-20, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 7.Oktober 1994, GZ 9 C 1162/93t-16, ersatzlos aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr den Keller des Hauses W*****, mit Ausnahme des Heizraumes, des Kokslagers und des als Zentralheizungsraum bezeichneten Raumes, die links vom Eingang des Hauses zum Theaterbereich gehördenden Räume und sämtliche Räume im dritten Stock dieses Hauses geräumt von nicht in Bestand gegebenen Fahrnissen zu übergeben.

Grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft sei die K*****; die Klägerin sei Fruchtgenußberechtigte. Die K***** habe mit der Beklagten Mietverträge abgeschlossen; die Klägerin sei in diese Mietverträge eingetreten. Für das Jahr 1991 bestehe ein Rückstand an Betriebs- und Heizkosten von S 34.800,54. Die K***** habe ihr zustehende Forderungen der Klägerin abgetreten.

Aufgrund des qualifizierten Mietzinsrückstandes und aufgrund erheblich nachteiligen Gebrauches - die Räume seien verschmutzt, die Wände beschmiert, die Sanitäreinrichtungen vernachlässigt - werde die Auflösung des Bestandvertrages gemäß § 1118 ABGB erklärt.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Es bestehe kein Mietzinsrückstand. Bereits vor Klageeinbringung habe die Beklagte beim Magistratischen Bezirksamt einen Antrag wegen unrichtiger Betriebskostenabrechnung eingebracht. Dieses Verfahren sei präjudiziell. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch liege nicht vor.

Das Erstgericht unterbrach das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den beim Magistratischen Bezirksamt für den 10. Bezirk zu SL 9973/92 eingebrachten Antrag.

Das Verfahren sei zwar nur für die Entscheidung über den behaupteten qualifizierten Mietzinsrückstand präjudiziell; eine Teilunterbrechung sei aber im Gesetz nicht vorgesehen. Es sei daher das gesamte Verfahren nach § 41 MRG zu unterbrechen. Mit Teilurteil könnte nur dann entschieden werden, wenn erheblich nachteiliger Gebrauch vorläge.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Unterbrechungsantrag der Beklagten abwies.

Das Verfahren vor dem Magistratischen Bezirksamt wäre nur dann präjudiziell, wenn feststünde, daß kein erheblich nachteiliger Gebrauch vorliegt. Eine Teilunterbrechung sei im Gesetz nicht vorgesehen.

Nach Aufnahme von Beweisen zum behaupteten nachteiligen Gebrauch unterbrach das Erstgericht das verfahren erneut bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den beim Magistratischen Bezirksamt für den 10. Bezirk zu SL 9973/92 gestellten Antrag.

Es könne eindeutig ausgeschlossen werden, daß Verletzung die Substanz des Bestandgegenstandes erheblich verletzt sei oder eine Verletzung auch nur drohe. Die Klägerin habe nicht bewiesen, daß durch eine wiederholte längerwährende vertragswidrige Benützung wichtige Interessen verletzt worden wären. Der Auflösungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauches liege nicht vor. Nunmehr sei das zu SL 9973/92 anhängige Verfahren für den Rechtsstreit präjudiziell; das Verfahren sei daher zu unterbrechen.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das auf mehrere Kündigungsgründe gestützte Räumungsbegehren sei einem auf mehrere Scheidungsgründe gestützten Scheidungsbegehren vergleichbar. Nach der Rechtsprechung zum EheG könne aber (zB) ein auf § 49 EheG gestütztes Scheidungsbegehren mit Teilurteil abgewiesen werden, wenn das auf § 55 EheG gestützte Begehren noch nicht entscheidungsreif ist. Werde ein Räumungsbegehren auf mehrere Auflösungsgründe gestützt, so würden voneinander unabhängige Ansprüche geltend gemacht. Die Erlassung eines Teilurteils sei daher grundsätzlich zulässig. Das gleiche gelte für Haupt- und Eventualbegehren; der auf mehrere Gründe gestützte Anspruch könne auch als Haupt- und Eventualbegehren geltend gemacht werden können. Sofern das Erstgericht den Aufhebungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauches für gegeben erachte, habe es mit Endurteil zu entscheiden, sonst mit Teilurteil. Eine Pflicht zur Erlassung eines Teilurteils habe der OGH in JBl 1950, 16 bejaht. Danach sei, sofern nur für einige der erhobenen Ansprüche eine Vorfrage präjudiziell sei, über die übrigen mittels Teilurteil zu erkennen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist unzulässig. Gemäß § 192 Abs 2 ZPO können die nach §§ 187 bis 191 ZPO erlassenen Anordnungen, soweit sie nicht eine Unterbrechung des Verfahrens verfügen, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Anfechtbar sind daher grundsätzlich nur Beschlüsse, durch die eine Unterbrechung des Verfahrens angeordnet wurde. Die Verweigerung der Unterbrechung ist nur anfechtbar, wenn die Unterbrechung (sondergesetzlich) zwingend vorgesehen ist (zB § 41 MRG; s Fucik in Rechberger, ZPO § 192 Rz 2 mwN; RZ 1987/33; SZ 30/57).

Im vorliegenden Fall steht außer Zweifel, daß das Verfahren gemäß § 41 MRG zu unterbrechen ist, sobald die Frage, ob der Mietzins zur Gänze gezahlt wurde, für die Entscheidung präjudiziell ist. Zu welchem Zeitpunkt aber das Verfahren zu unterbrochen ist, ob dies noch vor Spruchreife der Entscheidung über andere Kündigungs- oder Auflösungsgründe (für eine teilweise Unterbrechung EvBl 1993/123; s auch SZ 60/151 = EvBl 1988/34) oder erst danach zu geschehen, ist eine Ermessensfrage. Diese Frage bildet hier den einzigen Streitpunkt. Insoweit gilt aber der Rechtsmittelausschluß des § 192 Abs 2 ZPO, so daß der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen war.

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