OGH 4Ob1572/95

OGH4Ob1572/9523.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz H*****, vertreten durch Dr.Gerhard Kochwalter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr.Wolfgang-Rainer J*****, wegen Feststellung und Abgabe einer Willenserklärung (Gesamtstreitwert: 1,600.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 22.Juni 1994, GZ 13 R 80/94-38, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtansicht des Berufungsgerichtes steht im Einklang mit der - entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers - einhelligen jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach im Falle der Doppelveräußerung einer Liegenschaft (hier: eines Hälfteanteils an einer Liegenschaft) dem ersten Käufer gegenüber dem zweiten Erwerber dann ein Schadenersatzanspruch nach § 1323 ABGB mit dem Ziel auf Rückgabe der gekauften Liegenschaft zusteht, wenn das durch den Besitz verstärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers für seinen Gegner deutlich erkennbar war. In diesem Falle genügt es bereits, daß sein Gegner seine obligatorische Position kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte; sonst ist diese Pflicht erst dann gegeben, wenn der zweite Erwerber den Verkäufer wissentlich zum Vertragsbruch verleitet bzw. arglistige Kollusion zwischen Zweiterwerber und Verkäufer vorliegt (Aicher in Rummel, ABGB2 Rz 13

und 14 zu § 1053 und die dort [Rz 14 aE] angeführte

Rechtsprechung; JBl 1987, 318; SZ 63/186; MietSlg 42069).

Dem stehen auch die drei vom Rechtsmittelwerber zitierten

Entscheidungen des 5. Senates nicht entgegen (5 Ob 5/91; 5 Ob 46/91

und 5 Ob 16/94), haben die erste und die dritte doch nur die Lösung

von grundbuchsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Veräußerungs-

und Belastungsverboten zum Gegenstand, deren Anmerkung auf Grund von

einstweiligen Verfügungen erwirkt worden war; die zweitgenannte

Entscheidung 5 Ob 46/91 (veröffentlicht in EvBl 1992/86 = NZ 1992,

255/Hofmeister) hat aber ausdrücklich ausgesprochen, daß durch die

erwirkte einstweilige Verfügung - Veräußerungsverbot - und deren

grundbücherliche Anmerkung die Rechte dessen, der bereits vor diesem

Zeitpunkt einen Kaufvertrag in verbücherbarer Form abgeschlossen

hatte, nicht mehr beeinträchtigt werden können. Im übrigen sind gegen

die Entscheidung 5 Ob 16/94 (NZ 1994, 87 = JBl 1994, 691 von der

Lehre gewichtige Bedenken erhoben worden (Welser, Posterior tempore,

polior jure, NZ 1994, 73 ff; Wilhelm, Kauf bricht Grundbuch,

ecolex 1994, 305; Hoyer, Gilt § 440 ABGB noch? [JBl 1994,

691]).

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