OGH 5Ob5/91

OGH5Ob5/9126.2.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dr. Rainer Wolfgang J*****, wegen Einverleibung des Eigentums ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches der KG U*****, infolge Revisionsrekurses des Verbotsberechtigten Franz H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kochwalter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Oktober 1990, GZ 46 R 2065/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. April 1990, TZ 2376/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller kaufte mit dem in Beilage 1 beurkundeten Vertrag, der das Datum 28. 8. 1989 trägt, den der Irma R***** gehörigen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***** KG U*****. In einem Nachtrag vom 12. 4. 1990 wurde sein Name durch die Beifügung eines zweiten Vornamens berichtigt; am 27. 4. 1990 überreichte er schließlich beim Grundbuchsgericht das Gesuch um Einverleibung seines Eigentumsrechtes, dem mit Beschluß vom 30. 4. 1990 auch entsprochen wurde.

Am 31. 8. 1989 erwirkte der nunmehrige Rechtsmittelwerber im Verfahren 15 C 2131/89 des Bezirksgerichtes Klagenfurt eine einstweilige Verfügung, die Irma R***** die Veräußerung, Belastung und Verpfändung ihres Liegenschaftsanteils verbietet. Die Anmerkung dieses Verbotes im Lastenblatt der EZ ***** KG U***** wurde am 13. 9. 1989, also noch vor der Verbücherung des Eigentümerwechsels, vollzogen.

Der Rekurs des Verbotsberechtigten gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling, mit dem die Verbücherung des Kaufvertrages vom 28. 8. 1989 bewilligt wurde, hatte keinen Erfolg. Nach Meinung des Rekursgerichtes hätte nämlich nur ein vorrangiges rechtsgeschäftliches Veräußerungs- und Belastungsverbot die grundbücherliche Eintragung eines neuen Eigentümers verhindert. Hier gehe es um ein Veräußerungs- und Belastungsverbot iS des § 382 Z 6 EO, das den Gegner der gefährdeten Partei erst mit der Zustellung an ihn binde und den nach der Anmerkung des Verbotes im Grundbuch erfolgenden Erwerb grundbücherlicher Rechte durch Dritte aus verbotswidrigen freiwilligen Verfügungen des Gegners der gefährdeten Partei nur für den Fall ausschließe, daß die gefährdete Partei mit ihrem auf die Liegenschaft oder bücherliche Rechte erhobenen Anspruch rechtskräftig durchdringt (§ 384 Abs.3 EO). Demnach würden Grundbuchseintragungen, die zwar nach der Anmerkung des exekutiven Veräußerungs- und Belastungsverbotes, aber auf Grund einer früheren freiwilligen Verfügung des Gegners der gefährdeten Partei erfolgen, durch das angemerkte Veräußerungs- und Belastungsverbot überhaupt nicht berührt; es seien aber auch Grundbuchseintragungen auf Grund solcher freiwilliger Verfügungen des Gegners der gefährdeten Partei zu bewilligen, die der Anmerkung des exekutiven Veräußerungs- und Belastungsverbotes zeitlich nachgefolgt sind. Derartige Eintragungen seien zu löschen, wenn der gefährdeten Partei der gesicherte Anspruch endgültig zuerkannt wird.

Diese Erwägungen wurden mit Judikatur- und Literaturzitaten belegt, auf die bei der Behandlung des Revisionsrekurses noch zurückzukommen sein wird. Dennoch ließ das Rekursgericht, das den Wert des Entscheidungsgegenstandes mit mehr als S 50.000,-

ansetzte, den Revisionsrekurs zu.

Gegen diesen Beschluß hat der Verbotsberechtigte fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn im Sinne einer Abweisung des gegenständlichen Grundbuchsgesuches abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Revisionsrekurs ist unzulässig.

Die Zulassung des Revisionsrekurses wurde von der zweiten Instanz damit begründet, daß die erheblich scheinende Rechtsfrage gelöst werden müsse, ob ein im Grundbuch eingetragenes exekutives Veräußerungs- und Belastungsverbot der Verbücherung eines Kaufvertrags über die betreffende Liegenschaft entgegensteht; außerdem sei in der Judikatur nicht eindeutig geklärt, ob von der Geltung des exekutiven Veräußerungs- und Belastungsverbotes alle zeitlich vorangegangenen Veräußerungsgeschäfte oder nur diejenigen ausgenommen sind, die schon vor dem Eintritt der Verbotswirkung verbücherungsfähig waren.

An diesen Zulässigkeitsausspruch ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden. § 126 Abs.2 GBG verweist zwar nicht ausdrücklich auf § 16 Abs.3 AußStrG, der die mangelnde Bindung des Obersten Gerichtshofes an die Zulassung des Revisionsrekurses durch die zweite Instanz klarstellt, indem er die sinngemäße Anwendung des § 508 a ZPO vorschreibt; für die Reform des Rechtsmittelverfahrens in Grundbuchssachen waren jedoch "dieselben Gründe" maßgeblich, die für eine Änderung der einschlägigen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes gesprochen haben (991 BlgNR XVII. GP, 16). Dort wiederum wurde ausdrücklich festgeschrieben, daß der Oberste Gerichtshof an die Zulassung des Revisionsrekurses durch die zweite Instanz nicht gebunden ist (991 BlgNR XVII. GP, 3). Ein Vergleich mit der vorbildhaften Regelung in §§ 508 a Abs.1 und 526 Abs.2 ZPO (jeweils idF der WGN 1989) zeigt überdies, daß es als systemgerecht angesehen wurde, jeweils das Höchstgericht über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage entscheiden zu lassen. Dies entspricht auch dem Wesen des Zulassungsprinzips, das mit der WGN 1989 sowohl im streitigen wie auch im außerstreitigen Verfahren verwirklicht werden sollte (vgl. 991 BlgNR XVII. GP, 2). Es besteht kein Grund, die Zulässigkeit des Revisionsrekurses in Grundbuchssachen anders zu beurteilen (vgl EvBl 1991/7).

Im gegenständlichen Fall erweist sich der Revisionsrekurs als unzulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichts ohnehin auf einer gesicherten Judikatur beruht. Schon der Wortlaut des § 384 Abs.3 EO spricht eindeutig dafür, daß Grundbuchseintragungen auch auf Grund solcher Verfügungen des Liegenschaftseigentümers erfolgen können, die dem ihm erteilten und gemäß § 384 Abs.2 EO sogar amtswegig anzumerkenden einstweiligen Verbot einer Veräußerung oder Belastung der Liegenschaft zuwiderlaufen. Judikatur und Lehre haben daraus übereinstimmend den Schluß gezogen, daß das einstweilige Veräußerungs- und Belastungsverbot weiteren bücherlichen Eintragungen nicht entgegensteht (EvBl 1958/205; 1 Ob 15/75;

3 Ob 27/84; 3 Ob 520/84; Heller-Berger-Stix, Komm.z.EO, 2750;

Spielbüchler in Rummel I2, Rz 17 zu § 364 c ABGB; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3, 339; Feil, Österreichisches Grundbuchsrecht, 196 f). Dem Gegner der gefährdeten Partei wird hiedurch weder der Abschluß eines Kaufvertrags mit anderen Kaufwerbern noch die Verbücherung eines solchen Vertrags unmöglich gemacht (1 Ob 15/75).

Für die Verbücherung eines solchen Veräußerungsgeschäftes spielt es auch keine Rolle, ob es vor oder nach der Erlassung des einstweiligen Veräußerungs- und Belastungsverbotes abgeschlossen wurde (EvBl 1958/205; 1 Ob 15/75; Spielbüchler, Holzhammer und Feil aaO). Der bessere Grundbuchsrang des exekutiven Veräußerungs- und Belastungsverbotes wirkt sich nur insoweit aus, als nachrangige Grundbuchseintragungen zu löschen sind, falls der gefährdeten Partei der die Liegenschaft betreffende Anspruch endgültig zuerkannt wird (EvBl 1958/205; RPflSlgG 236).

Über diesen Löschungsanspruch ist hier nicht zu befinden. Es geht allein darum, ob das Gesuch des Liegenschaftskäufers um Einverleibung seines Eigentums an der vom Veräußerungs- und Belastungsverbot betroffenen Liegenschaftshälfte zu bewilligen war. Diese Entscheidung hängt - wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannte - nicht davon ab, ob der betreffende Kaufvertrag schon am 28. 8. 1989 (also schon vor der grundbücherlichen Eintragung des exekutiven Veräußerungs- und Belastungsverbotes) oder erst am 12. 4. 1990 in verbücherungsfähiger Form abgeschlossen war. Die insoweit bestehende Kontroverse in Judikatur und Lehre (Heller-Berger-Stix, Komm.z.EO, 2748 f) vermag daher die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht zu begründen.

Auch im Revisionsrekurs selbst werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Daß die Eigentumseinverleibung für den verbotswidrig handelnden Liegenschaftskäufer "rückgängig zu machen", nämlich zu löschen sein wird, wenn dem Verbotsberechtigten der gesicherte Anspruch auf die Liegenschaft endgültig zuerkannt wird, wurde bereits gesagt. Daß deshalb die vorläufige Verbücherung des Kaufvertrags "unbillig" oder "sinnlos" wäre, kann schon deshalb nicht gesagt werden, weil sie im Gesetz (§ 384 Abs.3 EO) ausdrücklich vorgesehen ist. Mit der Verweigerung der Grundbuchseintragung würde sich das Gericht über den rein provisorischen Charakter des exekutiven Veräußerungs- und Belastungsverbots hinwegsetzen. Die zuletzt noch geltend gemachten Zweifel an der Gutgläubigkeit des Liegenschaftskäufers lassen schon deshalb keine entscheidungswesentliche Rechtsfrage erkennen, weil die Gutgläubigkeit des Liegenschaftskäufers im Provisorialverfahrens nicht zu prüfen war (JBl 1974, 211) und auch im Grundbuchsverfahren, das ja ein reines Urkundenverfahren ist (§§ 94 Abs.1 , 95 Abs.1 GBG), keine Rolle spielt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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