Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
"Auf Grund der Urteile des Bezirksgerichtes Frohnleiten vom 1.7.1993, GZ 2 C 457/91h-28, und des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 11.1.1994, GZ 5 R 342/93 (= 2 C 457/91h-38), wird der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von restlich S 72.698,04 und der mit S 1.626,24 (darin S 271,04 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Exekutionsantrags die Exekution durch Pfändung der der verpflichteten Partei gegen die betreibende Partei gemäß Punkt Neuntens Z 6 des Übergabsvertrags vom 16.4.1986 zustehenden Forderung auf Bezahlung eines monatlichen Handgelds von S 500 mehr oder weniger bewilligt.
Die Pfändung ist nach Maßgabe der Existenzminimumverordnung BGBl 1994/40 und der an ihre Stelle tretenden Verordnungen eingeschränkt.
Der betreibenden Partei wird als Drittschuldnerin verboten, die gepfändete Forderung an die verpflichtete Partei zu bezahlen. Der verpflichteten Partei wird jede Verfügung über die Forderung und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung untersagt.
Als Exekutionsgericht hat das Bezirksgericht Frohnleiten einzuschreiten."
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Die Kosten der betreibenden Partei für den Revisionsrekurs werden mit S 4.871,04 (darin S 811,84 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung
Die betreibende Partei stellte den Antrag, ihr zur Hereinbringung einer Kostenforderung von S 72.698,04 sA die Exekution durch Pfändung der der Verpflichteten gegen sie (betreibende Partei) gemäß Punkt 9/6 des Übergabsvertrages vom 16.4.1986 in der Höhe von monatlich S 500 mehr oder weniger zustehenden Forderung zu bewilligen. Sie brachte dazu vor, daß sie der Verpflichteten auf Grund des angeführten Übergabsvertrages verschiedene Ausgedingsleistungen, darunter die Bezahlung eines monatlichen Handgeldes von S 500, schulde. Im Exekutionsantrag wird begehrt, der Verpflichteten jede Verfügung über den gepfändeten Bezug und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung der Forderung und "der Drittschuldnerin", also ihr selbst, die Auszahlung der gepfändeten Bezüge an die Verpflichtete zu verbieten. Der Antrag auf Überweisung der gepfändeten Forderung wurde nicht gestellt.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution in Form eines Bewilligungsvermerks gemäß § 112 Abs 1 Geo mit dem Beisatz, daß die "Überweisung" gemäß der ExminV BGBl 1994/40 eingeschränkt wird.
Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag infolge Rekurses der Verpflichteten ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die betreibende Partei hätte gemäß § 303 Abs 2 EO idF der EO-Nov 1991 auch die Überweisung der gepfändeten Forderung beantragen müssen. Die zwingende Bestimmung des § 293 Abs 3 EO könne nicht durch eine im Gesetz nicht vorgesehene Exekutionsführung wirkungslos gemacht werden. Das Fehlen des notwendigen Überweisungsantrags bilde einen der Verbesserung nicht zugänglichen inhaltlichen Mangel des Exekutionsantrags.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.
Es ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum anerkannt und ergibt sich auch aus § 319 Abs 1 Z 2 EO, daß zur Hereinbringung einer Geldforderung auch eine Forderung gepfändet werden kann, die dem Verpflichteten gegen den betreibenden Gläubiger zusteht (JBl 1992, 722; EvBl 1953/252; SZ 11/6; SZ 10/339; Heller/Berger/Stix III 2124; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4 82 ff; Petschek, Zwangsvollstreckung in Forderungen 293; Petschek/Hämmerle/Ludwig, Zwangsvollstreckungsrecht 178). Die Pfändung wird in diesem Fall durch die Zustellung des Zahlungsverbotes (Zweitverbotes) an den betreibenden Gläubiger, der zugleich Drittschuldner ist, bewirkt.
Die Pfändung allein berechtigt den betreibenden Gläubiger noch nicht, die gepfändete Forderung geltend zu machen (vgl § 308 Abs 1 EO), und ohne die Überweisung ist der Drittschuldner auch nicht berechtigt, an den betreibenden Gläubiger zu leisten. Die Pfändung allein führt daher noch nicht zur Tilgung der Schuld des betreibenden Gläubigers. Dies gilt auch dann, wenn der betreibende Gläubiger Schuldner der gepfändeten Forderung ist. Auf Grund der Pfändung ist er nur berechtigt, die gepfändeten Beträge zurückzubehalten. Die Zahlung der gepfändeten Forderung, die darin besteht, daß der betreibende Gläubiger mit der betriebenen gegen die gepfändete Forderung aufrechnet (vgl SZ 11/6), setzt aber die Überweisung voraus. Dieser Überweisung kommt daher entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung auch bei der Exekution auf eine dem Verpflichteten gegen den betreibenden Gläubiger zustehende Geldforderung rechtliche Bedeutung zu. Nicht zuletzt erfordert die Notwendigkeit der Unterscheidung zur Exekution zur Sicherstellung, bei der im allgemeinen nur die Pfändung der Forderung zulässig ist (vgl § 374 Abs 1 EO), erfordert es, daß im Rahmen einer zur Hereinbringung geführten Exekution bei Pfändung einer Forderung, die dem Verpflichteten gegen den betreibenden Gläubiger zusteht, erst die Überweisung zur Tilgung der betriebenen Forderung führen kann. Hätte schon die Pfändung diese Wirkung, so bestünde kein Unterschied zur Exekution zur Sicherstellung. Wenngleich in der Rechtsprechung hiezu bisher nicht ausdrücklich Stellung genommen worden ist, wurde schließlich schon in mehreren Entscheidungen davon ausgegangen, daß bei einer Exekution zur Hereinbringung neben der Pfändung auch die Überweisung der dem Verpflichteten gegenüber dem betreibenden Gläubiger zustehenden Forderungen zu bewilligen ist (vgl JBl 1992, 722; EvBl 1953/252; SZ 11/6).
Dem Rekursgericht kann aber nicht darin beigepflichtet werden, daß der Antrag auf Pfändung einer Geldforderung abzuweisen ist, wenn damit nicht der Antrag auf Überweisung verbunden wird. Für diese Auffassung scheint zwar der Wortlaut des § 303 Abs 2 EO zu sprechen, weil dort vorgesehen ist, daß der Antrag auf Überweisung mit dem Antrag auf Bewilligung der Pfändung zu verbinden ist. Diese Bestimmung erhielt die geltende Fassung durch die EO-Nov 1991. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage (181 BlgNR 18.GP 45) wird die Änderung damit begründet, daß die (früher geltende) Regelung, wonach die Verbindung der Anträge auf Pfändung und auf Überweisung die Ausnahme und die Überweisung erst nach Vorliegen der Drittschuldnererklärung zu bewilligen sei, in der Praxis nicht beachtet wurde. In der Regel würden der Pfändungs- und Überweisungsantrag gemeinsam gestellt und es werde (contra legem) bereits vor der Einholung der Drittschuldnererklärung, meist zugleich mit der Pfändung, auch die Überweisung bewilligt. Diese Vorgangsweise sei einfacher und sei allgemein gebilligt worden. Es werde daher festgelegt, daß der Antrag auf Überweisung mit dem Antrag auf Pfändung, wie dies in der Praxis geschehe, zu verbinden ist. Die derzeitige "Kann"-Bestimmung des Abs 2 werde daher als zwingende Regelung in Abs 2 aufgenommen.
Ferner wird im § 294 Abs 1 Satz 1 EO idF der EO-Nov 1991 bestimmt, daß die Exekution auf Geldforderungen des Verpflichteten durch Pfändung und Überweisung erfolgt. Den Erläuterungen der Regierungsvorlage (aaO 40) heißt es dazu, daß die Fassung an die vergleichbare Bestimmung des § 249 EO, in der die Pfändung beweglicher körperlicher Sachen geregelt sei, angelehnt werde. Dadurch werde auch der Änderung des § 303 Abs 2 EO, wonach die Pfändung und Überweisung gemeinsam zu beantragen und auch zu bewilligen seien, Rechnung getragen.
Die wiedergegebenen Ausführungen aus den Gesetzesmaterialien zeigen, daß der Gesetzgeber mit der neuen Regelung in erster Linie die Anpassung an die bestehende Praxis anstrebte, daß es aber nicht in seiner Absicht lag, eine Regelung zu schaffen, wonach bei sonstiger Abweisung mit dem Antrag auf Pfändung einer Geldforderung auch der Antrag auf Überweisung der gepfändeten Forderung verbunden sein muß. Dafür spricht auch die Überlegung, daß die §§ 317 ff EO nicht aufgehoben, sondern, wie die Einfügung von Überschriften und die Änderung des § 319 Abs 1 Z 4 EO zeigt, sogar bewußt beibehalten wurden. Außerdem wurde im § 319a EO für Forderungen aus einer Sparurkunde eine besondere Art der Verwertung eingeführt, die im allgemeinen nicht die Überweisung der Forderung erfordert. Es gibt daher weiterhin neben der Überweisung noch andere Arten der Verwertung der gepfändeten Forderung. Dies spricht dagegen, daß § 303 Abs 2 EO dahin zu verstehen ist, daß mit dem Antrag auf Pfändung auch immer der Antrag auf Überweisung verbunden sein muß. Das Gesagte zeigt ferner, daß auch § 294 Abs 1 Satz 1 EO der Gesetzeslage nicht vollständig Rechnung trägt und offensichtlich nur den Regelfall im Auge hat.
Gegen die Ansicht, daß seit der EO-Nov 1991 mit dem Antrag auf Pfändung auch der Antrag auf Überweisung verbunden sein muß, spricht schließlich noch die Regelung des § 311 EO, dem durch diese Novelle ebenfalls eine Überschrift beigefügt und der damit bewußt aufrecht erhalten wurde. Nach dieser Bestimmung kann der Gläubiger auf die durch die Überweisung zur Einziehung erworbenen Rechte, unbeschadet seines vollstreckbaren Anspruchs und des zu Gunsten des selben an der Forderung des Verpflichteten erworbenen Pfandrechts, verzichten. Dem - nicht an die Erfüllung besonderer Voraussetzungen gebundenen - Verzicht des Gläubigers entspricht es aber, daß er von vornherein keinen Antrag auf Überweisung stellt. Es würde einen nicht zu rechtfertigenden Formalismus bedeuten, würde man vom betreibenden Gläubiger trotz der Möglichkeit eines sofortigen Verzichtes verlangen, zunächst die Überweisung zu beantragen.
Zu dem Gesagten kommt noch, daß der betreibende Gläubiger bei Exekutionen auf alle anderen Vermögensobjekte zunächst bloß die Pfändung des Rechtes beantragen kann (vgl § 87, § 264 Abs 2 und § 331 Abs 2 EO) und daß kein Grund besteht, nur für die Exekution auf Geldforderungen etwas anderes zu verlangen. Der Gefahr eines Mißbrauchs kann dadurch begegnet werden, daß die Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 8 EO eingestellt wird, wenn der betreibende Gläubiger ohne Grund untätig bleibt (vgl EvBl 1964/11).
Der betreibende Gläubiger kann somit trotz der Änderung des § 303 Abs 2 EO durch die EO-Nov 1991 auch weiterhin bloß die Pfändung einer Geldforderung beantragen. Der vom Rekursgericht angenommene Abweisungsgrund ist daher nicht gegeben. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes steht aber auch § 293 Abs 3 EO der Bewilligung der Exekution nicht entgegen. Bei der den Gegenstand des Exekutionsantrags bildenden Forderung handelt es sich zwar gemäß § 290a Abs 1 Z 11 EO um eine nur nach Maßgabe des § 291a EO und daher nur beschränkt pfändbare Forderung, worauf, anders als dies das Erstgericht getan hat, schon in dem die Pfändung bewilligenden Teil der Exekutionsbewilligung Bedacht zu nehmen ist. Soweit die gepfändete Forderung den demnach unpfändbaren Freibetrag nicht übersteigt, ist dem betreibenden Gläubiger daher jedenfalls bei bloßer Pfändung, aber auch nach Überweisung der Forderung die Aufrechnung gemäß § 293 Abs 3 EO verwehrt und er hat deshalb die geschuldete Leistung weiterhin zu erbringen. Es besteht aber die Möglichkeit, daß die gepfändete Forderung infolge Zusammenrechnung gemäß § 292 EO unbeschränkt pfändbar wird. Die betreibende Partei hat hiezu im übrigen im Exekutionsantrag auch ein Vorbringen erstattet. Es kann daher nicht gesagt werden, daß die Pfändung der Forderung ins Leere geht.
Der Ausspruch über die Kosten des Rekurses der Verpflichteten beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO, jener über die Kosten des Revisionsrekurses auf § 74 EO.
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