OGH 7Ob6/95

OGH7Ob6/9526.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Albert Sch*****, vertreten durch Dr.Hans-Jörg Vogl, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei G***** Versicherungs Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Julius Brändle und Dr.Karl Schelling, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen S 77.000 sA, in eventu Feststellung, infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 2.November 1994, GZ 2 R 280/94-13, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 16.Juni 1994, GZ 10 C 73/94g-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben und das angefochtene Berufungsurteil dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.392,40 (darin S 1.965,40 Umsatzsteuer und S 6.600 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt allein, d.h. ohne Zuhilfenahme von Mitarbeitern das Gewerbe eines Frächters sowie einen Handel mit Waren aller Art. Sein über das Versicherungsbüro Peter K***** gestellter Antrag vom 18.7.1987 auf Abschluss einer Betriebsunterbrechnungsversicherung für freiberuflich Tätige wurde von der beklagten Versicherung unter Zugrundelegung der Allgemeinen und der Besonderen Bedingungen für die Betriebsunterbrechnungsversicherung Freiberuflicher sowie der vereinbarten Klauseln laut Beiblatt D 9 angenommen.

Art I, II und IV der mit der Polizze übersendeten Ergänzenden Bedingungen für die Betriebsunterbrechnungsversicherung freiberuflich Tätiger lauten:

"Als Schadensereignis im Sinne des Art 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung freiberuflich Tätiger gilt auch die gänzliche oder teilweise Unterbrechung des versicherten Betriebes infolge Krankheit der den Betrieb verantwortlich leitenden Person.

Als Krankheit iS des Vertrages gilt ein nach medizinischen Begriffen anormaler körperlicher oder geistiger Zustand, auch wenn er als Folge eines Unfalles eintritt, sofern daraus eine völlige (100 %ige) Arbeitsunfähigkeit entsteht, sodass die den Betrieb verantwortlich leitende Person ihre berufliche Tätigkeit nach objektivem, ärztlichem Urteil in keiner Weise ausüben kann und auch nicht ausübt, also weder mitarbeitet, noch aufsichtsführend oder leitend in ihrem Beruf tätig ist und sein kann. .......

Für Unterbrechung des versicherten Betriebes gilt ein Selbstbehalt von 14 Tagen als vereinbart. ........"

Am 23.2.1993 erlitt der Kläger einen "Hexenschuss". In weiterer Folge verspürte er bei einem Klaviertransport plötzlich starke Schmerzen im Rücken und konnte sich zunächst nicht mehr bewegen. Die Rückschmerzen haben durch das weitere schwere Tragen ständig zugenommen, sodass der Kläger nur mehr krumm gehen konnte und am 2.3.1993 die praktische Ärztin Dr.Jutta G***** aufsuchte. Diese diagnostizierte einen "Lumbago". Am gleichen Tag rief der Kläger den beim Versicherungsbüro K***** beschäftigten Günther Sch***** an und teilte ihm mit, dass er einen Betriebsunterbrechungsschaden hatte. Sch***** erwiderte, dass derzeit nichts zu tun sei, der Kläger solle sich wieder melden, wenn er den Schlussbericht des Arztes habe. Damit meinte Sch***** das Ende des Krankenstandes. Der Kläger beauftragte Sch***** mit der Erstattung der Versicherungsmeldung an die beklagte Partei. Sch***** nahm diesen Auftrag an und erwiderte, dass es ausreichend sei, wenn die Schadensmeldung nach Beendigung des Schadensfalls vom Kläger unterschrieben werde. Dr.G***** bestätigte dem Kläger in der Folge, dass er vom 2.3. bis 30.4.1993 gänzlich arbeitsunfähig war. Die vom Sch***** verfasste Schadensmeldung vom 7.6.1993 langte am 9.6.1993 bei der beklagten Partei ein. Während der Dauer des Krankenstandes konnte der Kläger keine Fahrdienste durchführen. Für die Besorgung der Transporte (Beladen, Fahrten, Entladen) stellte er einen Leiharbeiter der Leasingfirma "Der M*****" ein. Während der ersten Woche ab dem 23.2.1993 konnte der Kläger lediglich Telefondienste durchführen, da er sich praktisch nicht mehr rühren konnte. In weiterer Folge war es ihm möglich, die Büroarbeiten selbst zu erledigen. Während der Dauer des Krankenstandes hat er den Telefonverkehr entweder in seinem Büro oder zu Hause abgewickelt. Er hat diesbezüglich täglich zwischen drei und fünf Stunden aufgewendet.

Mit Schreiben vom 29.6.1993 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie eine Deckung ablehne, weil seine Schadensmeldung weitaus verspätet erfolgt sei. Auf ein Schreiben des in der Folge zugezogenen Klagevertreters vom 12.7.1993 teilte die beklagte Versicherung diesem mit, dass sie die Verzögerung, die durch das genannte Maklerbüro zustande gekommen sei, schwer beurteilen könne, und wörtlich: "...... jedenfalls möchten wir aufgrund Ihrer Information die Angelegenheit nicht auf dem Rücken unseres Kunden austragen, da - wie wir annehmen - die verspätete Meldung nicht vorsätzlich erfolgte. Vor einer endgültigen Stellungnahme über unsere allfällige Entschädigungsleistung ersuchen wir jedoch um Vorlage folgender Unterlagen:

1. Bezughabende Anamnese vom behandelnden Arzt

2. Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung vom Steuerberater des Versicherungsnehmers, gefertigt für die Jahre 1991 und 1992."

Die im folgenden telefonisch dem Kläger gestellte Frage S*****s, eines Angestellten der beklagten Versicherung, welche Tätigkeiten er während der Dauer des Krankenstandes vornehmen konnte und welche nicht, beantwortete dieser dahin, dass er lediglich Büroarbeiten verrichten, jedoch keine Transporte durchführen konnte. Daraufhin hat der Klagevertreter mit Schreiben vom 12.8.1993 der beklagten Partei untersagt, mit seinem Mandanten direkt in Verbindung zu treten. Falls diese Informationen und Aufklärungen wünsche, würden diese vom Klagevertreter erteilt. Im Folgeschreiben vom 11.8.1993 berief sich die beklagte Partei nach wie vor auf die verspätete Schadensmeldung des Klägers, urgierte jedoch die schon früher angeforderten entsprechenden Unterlagen und kündigte nach deren Übersendung eine endgültige Beurteilung an. Auf die in der Folge vom Klagevertreter übersandte Erfolgsübersicht des klägerischen Betriebes samt Geltendmachung einer Entschädigungsforderung von S 77.000 samt Zinsen und Kosten antwortete die beklagte Partei, dass ihr für die endgültige Entscheidung immer noch die angeforderte Anamnese nicht zur Verfügung stehe. Daraufhin stellte der Klagevertreter im Schreiben vom 3.11.1993 ua bei der beklagten Partei den Antrag zur Einleitung des Sachverständigenverfahrens nach Art 12 der AFBUB und machte Mag.Kurt G***** als Sachverständigen namhaft. Mit Schreiben vom 16.11.1993 machte sohin die beklagte Partei gegenüber dem Klagevertreter Mag.Alexander K***** als Buchsachverständigen namhaft und wies darauf hin, dass sie zur Feststellung der Ausfallsursache noch einen medizinischen Sachverständigen fordere. Auf das folgende Ersuchen Mag.K*****s, er möge sich mit dem zum Sachverständigen bestellten Orthopäden Dr.H***** vom Landeskrankenhaus Feldkirch wegen eines Untersuchungstermines in Verbindung setzen, erklärte der Kläger, dass er dies nicht verstehe, da er derzeit gesund sei und die Krankheitsberichte ohnedies vorgelegt worden seien. Er erklärte, sollte eine Untersuchung wirklich erforderlich sein, so werde ihm dies von seinem Vertreter mitgeteilt werden. Mag.K***** möge sich mit diesem in Verbindung setzen. Der Kläger sehe nicht ein, derzeit zum Arzt gehen zu müssen. Daraufhin legte K***** ohne weitere Kontaktaufnahme mit dem Klagevertreter unter Hinweis darauf seinen Gutachterauftrag gegenüber der beklagten Partei zurück.

Mit Schreiben vom 22.12.1993 hat die beklagte Versicherung unter Hinweis auf die als Obliegenheitsverletzung zu wertende Weigerung des Klägers, sich zwecks Ursachenfeststellung einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, sämtliche Ersatzansprüche abgelehnt und eine § 12 Abs 3 VersVG entsprechende Erklärung ausgesprochen.

Der Kläger war während des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer medizinischen Sachverständigenuntersuchung bereit. Wäre er während des Vorverfahrens darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Weigerung, sich untersuchen zu lassen, eine Obliegenheitsverletzung darstelle, so hätte er sich auch damals zu einer solchen Untersuchung bereit erklärt.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bezahlung von S 77.000 sA als der ihm aus der gegenständlichen Krankheit entstandenen Betriebsunterbrechung zustehenden Entschädigung. In eventu begehrt er die Feststellung, dass die beklagte Versicherung aus dem vorliegenden Schadensfall deckungspflichtig ist.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und wendete zunächst Leistungsfreiheit wegen verspäteter Schadensmeldung und wegen der Weigerung des Klägers, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ein. Erst in der letzten mündlichen Streitverhandlung stützte sie ihre Einwendung auch auf die Behauptung, dass der Kläger während seines Krankenstandes nicht zu 100 % arbeitsunfähig gewesen sei, sondern während des fraglichen Zeitraumes Büroarbeiten verrichtete, und dass nach Punkt II der Ergänzenden Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung freiberuflich Tätiger allein aus diesem Grunde keine Ersatzpflicht bestehe.

Der Kläger replizierte darauf, dass die Beklagte auf den Einwand der verspäteten Schadensmeldung verzichtet habe, dass die Ergänzenden Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung freiberuflich Tätiger nicht zum Vertragsgegenstand geworden seien sowie dass die Einrede der Leistungsfreiheit bei nicht 100 %iger Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers sittenwidrig sei. Der Kläger habe den Verlust seiner Arbeitskraft als freiberuflicher LKW-Fahrer versichert und sei in dieser Eigenschaft zu 100 % arbeitsunfähig gewesen.

Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Es folgerte rechtlich, dass dem vom Kläger geltend gemachten Krankheitsfall keine wie im Art II der Ergänzenden Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung freiberuflich Tätiger geforderte völlige, d.h. 100 %ige Arbeitsunfähigkeit, bei der der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach objektivem, ärztlichem Urteil in keiner Weise ausüben könne und auch nicht ausgeübt habe, also weder mitarbeitend noch aufsichtsführend oder leitend in seinem Betrieb tätig gewesen sei, zugrundelag. Die zitierte Versicherungsbedingung sei nicht sittenwidrig.

Das Berufungsgericht gab mit der angefochtenen Entscheidung dem Eventualbegehren statt; das Leistungsbegehren wies es ab. Es erklärte die Revision für zulässig. Es folgerte rechtlich, dass Art II der Ergänzenden Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung freiberuflich Tätiger sowohl einer Geltungs- als auch Inhaltskontrolle nach den § 864 a und § 879 Abs 3 ABGB standhalte. Auch die vom Kläger während seines Krankenstandes erbrachten, mit einem Frächterbetrieb notwendigerweise zusammenhängenden Büroarbeiten gehörten zum Gewerbebetrieb des Klägers. Der von der zitierten Versicherungsbedingung normierte Totalausfall der Arbeitskraft des Betriebsinhabers sei keineswegs der von einem Versicherungsnehmer bei Abschluss nicht bedachte seltene Ausnahmsfall. Zufolge des das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer beherrschenden Prinzips von Treu und Glauben sei es aber dem Versicherer untersagt, einen ursprünglich in keiner Weise herangezogenen Ablehnungsgrund unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz noch geltend zu machen. Das bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte Verschweigen eines bekannten Ablehnungsgrundes bis zur Klagseinbringung sei als Verzicht darauf zu werten. Auf die Geltendmachung der Folgen einer Obliegenheitsverletzung durch verspätete Schadensmeldung habe der beklagte Versicherer ohnedies verzichtet. Die Weigerung des Klägers, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, könne ihm nicht als Obliegenheitsverletzung angelastet werden, weil er zufolge mangelnder Aufklärung sich nicht über die Folgen seiner Äußerung bewusst gewesen sei. Die Beklagte sei daher gegenüber dem Kläger deckungspflichtig. Zufolge der Einleitung des Sachverständigenverfahrens durch den Kläger erweise sich im gegenwärtigen Zeitpunkt sein Leistungsbegehren aber als noch nicht fällig, weshalb nur dem eventualiter erhobenen Feststellungsbegehren Folge zu geben gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung von der Beklagten erhobene Revision ist berechtigt, jene des Klägers gegen die Abweisung seines Leistungsbegehrens jedoch nicht.

Mit einem Risikoausschluss begrenzt der Versicherer von vorneherein den Versicherungsschutz. Diese Umstände kann der Versicherungsnehmer nicht durch sein späteres Verhalten beeinflussen oder kontrollieren. Demgegenüber stellt die von der Einhaltung einer Obliegenheit durch den Versicherungsnehmer abhängig gemachte Deckungspflicht des Versicherers dem Versicherungsnehmer gegenüber auf das Gebot zu gewissen Handlungen bzw Unterlassungen ab, an deren Einhaltung der Versicherer ein legitimes Interesse hat (vgl Schauer, Einführung in das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 263 f mwN). Die in Punkt II der Ergänzenden Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung freiberuflich Tätiger normierte Erklärung, nicht jede Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Versicherungsnehmers durch Krankheit, sondern nur den totalen Ausfall der Arbeitskraft des Unternehmers versichern zu wollen, stellt daher eine, wie im folgenden ausgeführt wird, zulässige Einschränkung des Versicherungsrisikos dar. Grundsätzlich kann der Versicherer auch auf die Geltendmachung eines Risikoausschlusses ausdrücklich oder konkludent verzichten. Hievon zu unterscheiden ist der Erwerb eines Deckungsanspruches oder der Verlust der Einrede kraft objektiven Rechts aus Gründen des Vertrauensschutzes (venire contra factum proprium). Entgegen den Berufungsbehauptungen des Klägers stellt, sofern nicht besondere, im vorliegenden Fall nicht gegebene Umstände hinzutreten, das Einlassen des Versicherers in das Sachverständigenverfahren grundsätzlich noch keinen Verzicht auf die Geltendmachung eines Risikoausschlusses dar (vgl Prölss-Martin VVG25 § 6 Anm 15 = S 131 ff mwN), dient doch dieses Verfahren neben der Ermittlung der Höhe des Schadens auch der Feststellung der einzelnen Anspruchsvoraussetzungen (vgl Schauer aaO, 332 f). Ebenso liegt in einer bestimmten Begründung einer Ablehnung noch kein Verzicht auf andere als die genannten Einwendungen gegenüber dem Anspruch des Versicherungsnehmers und zwar auch dann nicht, wenn ihre Voraussetzungen dem Versicherer bekannt waren (vgl Prölss-Martin aaO, S 133 sowie VersR 1967, 762). Gerade die bei der Novellierung des § 12 Abs 2 und 3 VersVG durch die Versicherungsvertragsgesetznov. 1994 herangezogenen Erwägungen zeigen auf, dass der Versicherer bei einer Ablehnung keiner Eventualmaxime unterliegt (vgl JAB 1722 Blg. zu den stenographischen Protokollen des NR XVIII GP, 4).

§ 863 iVm §§ 870 ff und § 914 ABGB zeigt, dass es für das Vorliegen ebenso wie für die Bedeutung einer Erklärung nicht primär auf den Willen des Erklärenden, sondern vielmehr auf das Verständnis ankommt, das ein redlicher Erklärungsempfänger von dieser gewinnen durfte und gewonnen hat (vgl Rummel in Rummel ABGB2 § 863 Rz 8). Im vorliegenden Fall hat die beklagte Versicherung aber keinerlei Fakten gesetzt, aus denen auf einen Verzicht auf den gegenständlichen Risikoausschluss geschlossen werden könnte. Vielmehr bezog sich die gesamte Korrespondenz auf die Erfassung der Anspruchsvoraussetzungen, die dann zufolge der sich aus ihrer Sicht der Dinge ergebenden Informationen zu einer Ablehnung durch die beklagte Versicherung geführt hat. Die beklagte Versicherung hat lediglich durch ein mit dem Kläger zwischen dem 2. und 12.8.1993 geführtes Telefongespräch Kenntnis davon erhalten, dass dieser während seines Krankenstandes etliche seiner Büroarbeiten verrichten konnte und nicht zu 100 % arbeitsunfähig war. Auf diese Auskunft hin hat der Klagevertreter der Beklagten eine direkte Kontaktnahme mit seinem Mandanten untersagt. In der Folge wurde die dann allein vom Klagevertreter initiativ betriebene Korrespondenz über andere Punkte geführt, ohne dass der Risikoausschluss nach dem Punkt II der zitierten Bedingungen zur Sprache kam. Ein Verhalten, das vernünftigerweise nicht anders denn als Verzicht auf die diesbezügliche Einwendung aufgefasst werden konnte, hat die beklagte Partei daher nicht gesetzt (vgl VR 1974, 100). Die den Entscheidungen ZVR 1967/121 sowie SZ 48/87 zugrundeliegenden Sachverhalte waren ganz anderer Natur, dort hat der Versicherer in Kenntnis der Obliegenheitsverletzung vorbehaltslos Leistungen erbracht, die seiner Deckungspflicht entsprachen. Eine derartige Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor. Die tatsächlich späte Geltendmachung des Risikoausschlusses konnte daher lediglich nicht beantragte Folgen nach § 48 ZPO nach sich ziehen.

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, hält der zitierte Risikoausschluss nach Punkt II der Ergänzenden Bedingungen für die Betriebsunterbrechungsversicherung freiberuflich Tätiger sowohl einer Geltungs- als auch einer Inhaltskontrolle nach den §§ 864 a und 879 Abs 3 ABGB stand. Gemäß § 864 a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts ("überraschende Klauseln") in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind oder er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte - es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen. Nach herrschender Ansicht ergibt sich aus dieser Regelung, dass ungewöhnliche Bestimmungen, mit denen man rechnen muss, Vertragsinhalt werden, sodass es in Wahrheit nicht auf ihre Gewöhnlichkeit, sondern nur darauf ankommt, ob man mit der Klausel rechnen musste. Der allgemeine Grundsatz, dass derjenige, der eine Urkunde unterfertigt, den durch seine Unterschrift gedeckten Text auch dann zum Inhalt seiner Erklärungen mache, wenn er den Text nicht gekannt habe, erfährt daher durch die genannte Bestimmung eine Einschränkung (vgl SZ 57/78 mwN). Es muss jedem Unternehmer, der sich gegen eine in seiner Person liegende Betriebsunterbrechung versichern will, das Wissen zugemutet werden, dass nicht jede Beeinträchtigung seiner Arbeitskraft Gegenstand des Versicherungsschutzes sein kann; daraus leitet sich ab, dass gewisse Begrenzungsnormen einem derartigen Versicherungsvertrag immanent zugrundeliegen. Dass der totale Ausfall der Arbeitskraft des Unternehmers der Ausnahmefall für eine Betriebsunterbrechung ist und daher eine derartige Versicherung dem Versicherungsnehmer nicht den erwarteten Versicherungsschutz böte (vgl Schauer aaO, 125 mwN sowie SZ 57/94 ua; RdW 1986, 271 ua), kann aber nach der Lebenserfahrung keineswegs gesagt werden. Dementsprechend kann auch nicht von einer gröblichen Benachteiligung im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB gesprochen werden.

Da sohin der beklagten Versicherung der Nachweis eines Risikoausschlusses gelang, erübrigt es sich auf die in der Revision des Klägers aufgeworfene Frage einzugehen, ob ihm anstelle des Feststellungs- bereits ein Leistungsanspruch zusteht.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO, für das Berufungsverfahren liefen der beklagten Versicherung keine Kosten auf.

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