Spruch:
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die mj. Kathrin E***** ist das eheliche Kind von Rupert und Ingrid E*****. Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 3.2.1992, 35 C 82/91g-15, gemäß § 55 a EheG geschieden. Nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes im Jahre 1989 befand sich Kathrin E***** in Obsorge der Mutter; seit 11.8.1993 hält sie sich beim Vater auf. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Liezen vom 14.3.1994 wurde die Obsorge dem Vater übertragen. Gleichzeitig wurde der Vater von seiner Verpflichtung, der Minderjährigen Geldunterhalt zu leisten, entbunden.
Der Vater ist als Elektriker bei der P*****direktion für S***** in G***** beschäftigt. Er verdient rund S 15.000,-- monatlich und bezieht für das Kind die Familienbeihilfe.
Die Mutter geht keiner regelmäßigen Beschäftigung nach. Sie erhält seit 6.4.1991 keine Leistung der Arbeitsmarktverwaltung mehr; sie ist auch nicht als arbeitssuchend gemeldet. Von Jänner bis März 1994 war die Mutter bei der V***** GesellschaftmbH im Außendienst beschäftigt. Sie verdiente monatlich durchschnittlich S 4.700,--. Im Mai 1994 verdiente sie bei der Gärtnerei F***** in S*****G***** S 200,-- und im Juni 1994 S 1.700,--. Aufgrund des bei der Scheidung geschlossenen Vergleiches erhält die Mutter von ihrem geschiedenen Gatten in Abgeltung der Ausgleichszahlung von S 400.000,-- monatlich S 4.000,--.
Im Bereich des Arbeitsamtes Liezen stehen laufend freie Stellen für Hilfskräfte, vorwiegend im Gastgewerbe, zur Verfügung.
Am 21.6.1994 beantragte der Vater, die Mutter ab 1.9.1993 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.000,-- für die mj.Kathrin E***** zu verpflichten.
Das Erstgericht gab dem Antrag statt.
Der Kindesmutter sei es zuzumuten, eine Ganztagsbeschäftigung anzunehmen, auch wenn sie keinen Beruf erlernt habe. Eine weibliche Hilfskraft könne im Gastgewerbe monatlich durchschnittlich S 10.000,-- netto verdienen. Werde dieses fiktive Einkommen zugrundegelegt, so sei die Kindesmutter durchaus in der Lage, einen monatlichen Unterhalt von S 2.000,-- zu zahlen.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Unterhalt mit S 1.000,-- monatlich festsetzte und das Mehrbegehren abwies. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Kindesmutter sei zwar verpflichtet, alle Kräfte anzuspannen, um ein Einkommen zu erzielen, das sie in die Lage versetze, für die mj.Kathrin E***** Unterhalt zu zahlen. Für eine Frau im 45.Lebensjahr seien aber die Chancen auf dem Arbeitsmarkt wesentlich vermindert. In S***** seien erfahrungsgemäß weniger Arbeitsplätze vorhanden als in einem größeren Ort. Es sei daher glaubwürdig, daß die nächsten Arbeitsplätze 25 bis 30 km vom Wohnort der Kindesmutter entfernt seien. Nach der Aktenlage stehe der Mutter aber ein PKW zur Verfügung, dessen Leasingkosten ihr Lebensgefährte trage. Unter diesen Umständen könne der Mutter aber nur zugemutet werden, ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von rund S 5.000,-- zu erzielen. Dies bewiesen ihre Beschäftigungen im Jahre 1994. Derartige Teilzeitarbeiten könne sie auch annehmen, wenn sie gesundheitlich beeinträchtigt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Kindesvaters ist zulässig und berechtigt.
Die Unterhaltsbemessung hat sich neben den Bedürfnissen des Kindes an der Leistungsfähigkeit des Elternteils zu orientieren, der verpflichtet ist, Geldunterhalt zu zahlen (§ 140 Abs 1 ABGB). Dabei ist nicht nur das durchschnittliche Arbeitseinkommen oder ein diesem gleichgestelltes Einkommen, sondern auch das Vermögen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit maßgebend, weil diese Faktoren die Lebensverhältnisse wesentlich bestimmen. Die Eltern müssen daher im Rahmen des Zumutbaren zur Erfüllung ihrer Unterhaltsverpflichtungen auch ihr Vermögen angreifen, soweit die erforderlichen Unterhaltsleistungen nicht aus dem laufenden Einkommen bestritten werden können (SZ 54/52; s auch Pichler in Rummel, ABGB2 § 140 Rz 4; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 226). Das Vermögen ist jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn und soweit der Unterhaltspflichtige die Substanz seines Vermögens angreift, um damit die Kosten der von ihm gewählten Lebensführung zu decken (6 Ob 625/91; s auch Purtscheller/Salzmann aaO). Eine Ausgleichszahlung nach § 94 Abs 1 EheG für die Überlassung der Ehewohnung ist regelmäßig nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil sie in den allermeisten Fällen zur Beschaffung einer Ersatzwohnung, deren Einrichtung und ganz allgemein auch zur Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen verwendet werden muß (1 Ob 595/91).
Die Kindesmutter hat nach dem bei der Scheidung geschlossenen Vergleich von ihrem geschiedenen Ehegatten eine Ausgleichszahlung von S 400.000,-- zu erhalten. Diese Forderung bildet einen Vermögenswert, den die Kindesmutter in der Form realisiert, daß sie sich monatlich S 4.000,-- zahlen läßt. Sie hat angegeben, keiner geregelten Arbeit nachzugehen. Sie lebe mit ihrem Lebensgefährten und verdiene monatlich einige hundert Schilling mit Putzarbeiten. Insgesamt habe sie im Monat S 4.500,-- zur Verfügung. Ohne Unterstützung durch ihren Lebensgefährten könne sie nicht leben; er zahle insbesondere die Leasingraten ihres Autos.
Wenn es diese Angaben auch wahrscheinlich erscheinen lassen, daß die Kindesmutter die Ausgleichszahlung für ihren Lebensunterhalt verwendet, so wurde diese Frage doch nicht erörtert; es fehlen auch entsprechende Feststellungen des Erstgerichtes. Die Frage ist aber für die Entscheidung erheblich: Dient die Ausgleichszahlung weder der Beschaffung einer Ersatzwohnung noch der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen, sondern wird sie für den laufenden Unterhalt verwendet, so ist sie, wie auch ein anderes vom Unterhaltspflichtigen verwertetes Vermögen, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Das Erstgericht wird daher zu klären haben, ob die Kindesmutter die ihr monatlich bezahlten S 4.000,-- für ihren Lebensunterhalt verbraucht oder ob sie die Ausgleichszahlung spart, um (zB) eine Wohnung anschaffen zu können. Ist die Ausgleichszahlung in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, so ergibt sich selbst dann, wenn die Kindesmutter unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage und ihrer persönlichen Verhältnisse (Alter, behauptete Minderung der Arbeitsfähigkeit) nur auf S 5.000,-- anzuspannen sein sollte, ein Einkommen, das sie in die Lage versetzt, für ihre mj.Tochter Kathrin E***** einen Unterhalt von S 2.000,-- monatlich zu zahlen. Andernfalls wird zu prüfen sein, ob die Kindesmutter tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen gehindert ist, ein höheres Einkommen zu erzielen.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.
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