Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (Punkt 3) sowie demgemäß auch im Strafausspruch - jedoch unter Aufrechterhaltung des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung nach § 38 Abs 1 StGB - aufgehoben; gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Franz F***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 4. Juni 1994 in Mining Christa F***** mit Gewalt, nämlich dadurch, daß er ihre Beine auseinanderzupressen versuchte, sie an den Handgelenken festhielt und ihr einen Polster gegen das Gesicht drückte, zur Duldung des Beischlafes zu nötigen versucht und habe hiedurch das Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich die Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB wird Franz F***** nach §§ 28, 107 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt. Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Mit seiner gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz F***** der Vergehen (1) der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, (2) der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, (3) der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB, (4) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB und (5) der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er in Mining am 6.Mai 1994 (1.) mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen durfte, nämlich den Typenschein des PKW der Christia F*****, durch Zerreißen vernichtet und am 4.Juni 1994 Christa F***** mit Gewalt, indem er ihre Beine auseinander zu pressen versuchte, sie an den Handgelenken festhielt und ihr einen Polster gegen das Gesicht drückte, (2.) zu einer Duldung, nämlich dem Verbleiben im Bett, genötigt sowie (3.) am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt, wobei sie Kontusionen und rote Flecken an der Schulter erlitt, ferner (4.) Josef S***** durch die Äußerung, er werde ihn umbringen oder abstechen, zumindest mit einer Körperverletzung gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen und (5.) durch Einschlagen der Glasfüllung der Haustüre des Wohnhauses des Josef S***** eine fremde Sache beschädigt.
Vom Anklagevorwurf, am 4.Juli 1994 seine Ehegattin Christa F***** mit dem Tod gefährlich bedroht zu haben, wurde Franz F***** wegen Rücknahme der Verfolgungsermächtigung gemäß § 259 Z 1 StPO (richtig: § 259 Z 3 StPO, vgl Mayerhofer-Rieder, StPO3 § 259 ENr 14) freigesprochen.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 8, 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.
Nicht zielführend ist zunächst die Mängelrüge (Z 5), soweit sie hinsichtlich des Schuldspruchs wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit ins Treffen führt, Divergenzen in den Aussagen des Zeugen S***** seien in den Urteilsgründen unerörtert geblieben. Denn abgesehen davon, daß das Erstgericht bei Würdigung der Aussage dieses Zeugen ohnehin von der für den Angeklagten günstigsten Variante ausgegangen ist, finden die den bezüglichen Schuldspruch tragenden Feststellungen in der vom Schöffensenat gleichfalls als glaubhaft berurteilten Angaben der Zeugin Christa F*****, die auf Grund der massiven Drohungen des Angeklagten mit den Kindern zu einem Nachbarn flüchtete, eine ausreichende Stütze. Das dagegen argumentierende Beschwerdevorbringen erschöpft sich in Wahrheit im Versuch, die Beweiskraft der vom Erstgericht verwerteten Verfahrensergebnisse nach Art einer Schuldberufung in Zweifel zu ziehen und der von den Tatrichtern mit mängelfreier Begründung abgelehnten Verantwortung des Angeklagten doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. Ein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wird damit jedenfalls nicht dargetan.
Dies gilt gleichermaßen für den Beschwerdeeinwand zum Schuldspruch wegen Urkundenunterdrückung, der Umstand, daß der Typenschein in zahlreiche Einzelteile zerrissen worden sei, spreche noch nicht zwingend für ein Handeln des Angeklagten mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz, zumal die Zeugin F***** diese Handlung aus Wut auch selbst gesetzt haben könnte. Nicht anders verhält es sich bei der in der Mängelrüge zum Schuldspruch wegen Sachbeschädigung aufgestellten Behauptung, das Erstgericht habe die Aussage des Zeugen W***** nicht berücksichtigt, wonach der Angeklagte das Messer, mit welchem die Glasscheibe der Eingangstür zum Wohnhaus des Josef S***** zerschlagen wurde, "seitlich" geworfen habe, woraus nach Meinung der Beschwerde auch eine bloß fahrlässige Beschädigung der Glastür abgeleitet werden könne; schließt doch eine derartige Wurfart die auch vom Zeugen W***** bekundete (87, 98), vom Angeklagten allerdings bestrittene vorsätzliche Handlungsweise nicht aus. Die Beschwerdeausführungen beschränken sich somit abermals auf einen zur Darlegung formeller Begründungsmängel nicht geeigneten Angriff auf die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, deren Hinweise auf die einen Beschädigungsvorsatz indizierenden Tatmodalitäten einer denklogischen Überprüfung standhalten. All diese Einwände versagen - wie der Vollständigkeit halber noch bemerkt sei - auch unter dem Gesichtspunkt einer allerdings erst in der Äußerung des Verteidigers gemäß § 35 Abs 2 StPO - und damit verspätet (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 285 ENr 36) - ins Spiel gebrachten Tatsachenrüge (Z 5 a).
Die zum Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung eine Notstands- bzw Putativnotwehrsituation relevierende Rechtsrüge (Z 9 lit b) hinwieder gelangt, da sie nicht an den tatrichterlichen Urteilskonstatierungen festhält - nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Gleichtes gilt für die gegen den Schuldspruch wegen Sachbeschädigung gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a), die im Widerspruch zu den ein Handeln mit Beschädigungsvorsatz bejahenden Urteilsfeststellungen von einem bloß fahrlässigen Verhalten des Angeklagten ausgeht.
Schließlich kann der Beschwerde auch nicht gefolgt werden, soweit sie für den Angeklagten zum Schuldspruchs wegen der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB den materiellrechtlichen Straflosigkeitsgrund mangelnder Strafwürdigkeit nach § 42 StGB reklamiert (Z 9 lit b). Zwar schließt der Umstand, daß dem Angeklagten im selben Verfahren auch noch andere Straftaten zur Last liegen, die jeweilige Anwendung des § 42 StGB nicht aus. Bei Beurteilung des Grades der Schuld des Täters und bei Beantwortung der Frage, ob dessen Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen geboten ist, darf allerdings die Art dieser weiteren strafbaren Handlung(en) und ihr allfälliger Zusammenhang mit den gegenständlichen Taten nicht außer acht gelassen werden (SSt 56/27 ua). Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Fall an, so zeigt bereits eine isolierte Betrachtung der beiden in Rede stehenden Straftaten, daß die Schuld des Angeklagten im Vergleich zu den typischen Fällen der in Rede stehenden Delikte keinesfalls als geringfügig zu werten ist, weil sein Verhalten nicht hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückblieb. Umsomehr schließt eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung der im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 107 StGB zugrundeliegenden Tathandlung eine geringe Schuld aus, wozu noch kommt, daß die gegebene Fallkonstellation eine Bestrafung des Angeklagten auch aus spezialpräventiven Gründen erfordert. Der erkennende Senat sah sich sohin zu einem differenzierten Vorgehen bei den den Schuldsprüchen wegen Sachbeschädigung und Urkundenunterdrückung zugrundeliegenden Urteilssachverhalten nicht veranlaßt.
Im bisher erörterten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Begründet ist dieses Rechtsmittel des Angeklagten jedoch, soweit sich die Rechtsrüge gegen die Ansicht des Erstgerichtes wendet, nach Zurückziehung des Antrages des Tatopfers - der damaligen Ehefrau des Angeklagten - auf Verfolgung des Angeklagten wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB sei ein Schuldspruch wegen der "verdrängten Grunddelikte" - der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB - erforderlich, weil es nach Meinung des Erstgerichtes andernfalls zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Privilegierung des Angeklagten käme.
Das Erstgericht verkennt jedoch dabei das Wesen der hier aktuellen Deliktsverdrängung unter dem Titel der Scheinkonkurrenz. Hierher gehören insbesondere privilegierende spezielle Delikte, die nur über Privatanklage, Antrag oder Ermächtigung des Verletzten zu verfolgen sind. Ein Rückgriff auf das durch Spezialität ausgeschlossene allgemeine Delikt ist auch dann unzulässig, wenn die angeführte Verfolgungsvoraussetzung fehlt. Die gegenteilige Ansicht würde nämlich dem Sinn der Privilegierung direkt zuwiderlaufen (Burgstaller in JBl 1978, 464 ff).
Vorliegend wurde mit der StG-Novelle 1989 (BGBl 242) die bis dahin nur als Nötigung verfolgbare Vergewaltigung des Ehegatten in das allgemeine Sexualstrafrecht einbezogen, gleichzeitig aber den Interessen des Opfers dadurch Rechnung getragen, daß bei Begehung einer der in den §§ 201 Abs 2, 202 StGB mit Strafe bedrohten Handlungen unter den in § 203 Abs 1 StGB angeführten Voraussetzungen die Tat nur auf Antrag (§ 2 Abs 4 StPO) der verletzten Person zu verfolgen ist.
Die Zurückziehung des Verfolgungsantrages durch die Berechtigte Christa F***** bewirkte daher ein Erlöschen des staatsanwaltschaftlichen Strafanklagerechtes; die weitere gerichtliche Verfolgung des Angeklagten wegen des hier aktuellen Tatgeschehens oder eines Teilaktes davon, war demzufolge ausgeschlossen (Pallin in WK ErgHeft § 203 Rz 5). Die Argumentation des Erstgerichtes, daß es diesfalls zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Privilegierung des Angeklagten kommen würde, ist durch die Ausführungen im Justizausschußbericht (927 BlgNR 17.GP 4), wonach die Einleitung und Fortsetzung strafgerichtlicher Verfolgung (minderschwerer) sexueller Gewaltdelikte zwischen Ehegatten (Lebensgefährten) der selbstbestimmenden Entscheidung der verletzten Personen überlassen werden soll, widerlegt. Demgemäß sind auf Sexualakte gerichtete Nötigungen in den §§ 201 ff StGB abschließend und unter Ausschluß des allgemeinen Tatbestandes der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB geregelt. Auch der von §§ 201, 202 StGB verdrängte Tatbestand der (leichten) Körperverletzung nach § 83 StGB lebt durch den Wegfall des Antrages der Verletzten nicht wieder auf.
Den vom Erstgericht insoweit dennoch gefällten Schuldsprüchen wegen der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB haftet sohin die aufgezeigte materiellrechtliche Nichtigkeit (Z 9 lit b) an, die durch Urteilsaufhebung und Freispruch (vom davon betroffenen Anklagevorwurf) zu beheben war.
Bei der durch die damit verbundene Aufhebung auch des Strafausspruchs notwendig gewordenen Strafneubemessung konnte von den schon vom Erstgericht angeführten Strafbemessungsgründen ausgegangen werden, wobei allerdings der Erschwerungsgrund der Deliktskonkurrenz im Hinblick auf den nunmehrigen Teilfreispruch eine zugunsten des Angeklagten ausschlagende neue Gewichtung erfordert. Unter Zugrundelegung all dieser Umstände entspricht eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten. Die Verhängung einer nicht bedingt nachgesehenen Geldstrafe kam schon mangels Vorliegens der prozessualen Voraussetzungen des § 295 Abs 2 zweiter Satz StPO nicht in Betracht. Einer bedingten Geldstrafe aber stehen der höhere Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten wie auch generalpräventive Erwägungen entgegen. Die verhängte Freiheitsstrafe war - wie schon vom Erstgericht geschehen - gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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