OGH 6Ob1687/94

OGH6Ob1687/946.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Franz F*****, vertreten durch Dr.Ferdinand Bruckner, Rechtsanwalt in Korneuburg, wider die beklagte Partei Inge H*****, vertreten durch Dr.Christian Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, Nebenintervenient auf seiten der beklagten Partei Friedrich P*****, vertreten durch Dr.Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 400.466,29 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20.September 1994, AZ 11 R 266/93 (ON 16), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage der Verwendung der gelieferten Baumaterialien auf anderen Baustellen wäre etwa im Fall einer Kollusion des Klägers mit dem bevollmächtigten Vertreter der Beklagten (dem Nebenintervenienten) relevant. Ein solcher Sachverhalt wurde jedoch im Verfahren erster Instanz nicht geltend gemacht (vgl Parteivorbringen der Beklagten S.15 zu ON 11).

Getrennte Bestellungen des Nebenintervenienten im Namen der Beklagten bzw. im Namen ihrer Schwester wurden im Verfahren erster Instanz nicht behauptet. Den erstinstanzlichen Feststellungen kann zumindest schlüssig entnommen werden, daß die Bestellungen im Namen beider Miteigentümerinnen erfolgten.

Ein Teil der Bestellungen erfolgte durch das ausführende Bauunternehmen. Ob der Auftrag und die Bevollmächtigung höchstpersönlich sind und ob weiters der Nebenintervenient sich bei den Bestellungen nicht allenfalls der Baufirma als Erfüllungsgehilfin bedient hat (vgl Strasser in Rummel ABGB I2 Rz 8 zu § 1009), braucht hier nicht näher untersucht werden, weil die Beklagte im Verfahren erster Instanz eine unzulässige Untervertretung nicht geltend gemacht hat. Die Natur des Geschäftes (§ 1029 ABGB; nach der Parteiaussage der Beklagten sollte der Nebenintervenient den gesamten Bau abwickeln: S.10 zu ON 11) spricht überdies für die Zulässigkeit der Untervertretung.

Nach bürgerlichem Recht besteht im Zweifel nur Anteilshaftung mehrerer Schuldner (§ 888 ABGB). Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung wird aber Solidarhaftung immer dann angenommen, wenn dies der Parteienabsicht, der Verkehrssitte oder der Natur des Geschäftes entspricht, insbesondere wenn über die gemeinsame Auftragserteilung hinaus eine besondere Gemeinschaft besteht (Miteigentümer; Eheleute; Mitmieter ua) und die Gegenleistung der mehrgliedrigen Partei nach dem äußeren Anschein zugutekommt (Gamerith aaO Rz 4 zu § 891 mwN). Nach Handelsrecht (§ 345 HGB; Art.8 Nr.1 EVHGB) besteht im Zweifel Solidarhaftung, was auch für bloß einseitige Handelsgeschäfte gilt (SZ 41/68, 44/13; HS 6207; MietSlg 39.065). Die gemeinsame Bestellung von Baumaterial durch zwei Liegenschaftshälfteeigentümer, die ein Haus errichten wollen, begründet nach den dargelegten Grundsätzen eine Solidarverpflichtung (MietSlg 34.128, 39.065). Dagegen kann die Revisionswerberin auch nicht die oberstgerichtliche Judikatur zu den Fällen einer Auftragserteilung durch eine Gemeinschaft von (zahlreichen) Wohnungseigentümern ins Treffen führen. Die bloß anteilige Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer (SZ 44/13, 53/14, 55/138 ua) wird mit der erkennbaren Parteienabsicht, nur eine Anteilshaftung eingehen zu wollen, begründet. Diese Absicht kann bei wenigen (hier bloß zwei) Miteigentümern nicht von vorneherein unterstellt werden (1 Ob 558/92; vgl auch die Solidarhaftung von Eheleuten für die Zurückzahlung eines gemeinsam aufgenommenen Darlehens: RZ 1985/44). Eine uneinheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung liegt daher nicht vor.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin durfte das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Zinsenanspruches von einem beiderseitigen Handelsgeschäft ausgehen. Die Beklagte hat ihre Berufsbezeichnung (Kauffrau) durch den Kläger nicht beanstandet. Sie hätte wegen der gesetzlichen Vermutung nach § 344 Abs.1 HGB das Vorliegen eines Privatgeschäftes zu behaupten und zu beweisen gehabt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte