OGH 1Ob558/92

OGH1Ob558/921.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Paul Doralt und Dr. Wilfried Seist, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing. Josef M*****, vertreten durch Dr. Mag. Harald Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 61.800,- s.A. (Revisionsinteresse S 22.888,89) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. August 1991, GZ 12 R 105/91-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Dezember 1990, GZ 13 Cg 12/89-11, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das berufungsgerichtliche Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.593,60 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 1.015,60 Umsatzsteuer und S 1.500,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 61.800,- s.A. Der Beklagte schulde einem Wiener Immobilienmakler für die Vermittlung des Verkaufes einer Liegenschaft um 5,15 Mio S eine Provision von 2 % des Kaufpreises zuzüglich 20 % Umsatzsteuer. Dieser Immobilienmakler habe der klagenden Partei die Provisionsforderung vereinbarungsgemäß zur Hälfte abgetreten.

Der Beklagte wendete ein, er sei bloß Miteigentümer des Objekts gewesen. Er habe dem Mitarbeiter des Immobilienmaklers, mit dem er über ein Inserat in Kontakt getreten sei, ausdrücklich erklärt, er sei an dessen Einschaltung nicht interessiert und inbesondere auch nicht bereit, irgendeine Provisionsverpflichtung zu übernehmen. Der Mitarbeiter des Immobilienmaklers habe ihm daher in Aussicht gestellt, er werde für ihn völlig unverbindlich Interessenten suchen. Die Liegenschaft sei in der Folge zwar tatsächlich verkauft worden, jedoch nicht an einen von diesem Immobilienmakler genannten Interessenten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 51.500,- s.A. statt und wies das Mehrbegehren von S 10.300,- s.A. ab.

Es stellte fest, im Jänner 1986 habe ein Wiener Immobilienmakler, der für einen Schweizer Pensionsfonds Anlageobjekte in Österreich gesucht habe, ein entsprechendes Inserat in einer Wiener Zeitung einschalten lassen, auf das der Beklagte mit Schreiben vom 13. 1. 1986 reagiert habe. Erst im Juni 1986 habe sich der Immobilienmakler für das vom Beklagten darin angebotene Objekt zu interessieren begonnen. Ein Mitarbeiter des Immobilienmaklers habe das Haus im siebenten Wiener Gemeindebezirk, dessen Mehrheitseigentümer der Beklagte sei, besichtigt; bei dieser Gelegenheit habe der Beklagte dem Mitarbeiter als Vertreter des Immobilienmaklers aufgetragen, Kaufinteressenten namhaft zu machen, und eine Provision von 2 % vom Kaufpreis zugesagt. Bei einer weiteren Besprechung mit dem Immobilienmakler habe der Beklagte eine Preisvorstellung von 8 Mio S geäußert. Er habe dem Immobilienmakler den Vermittlungsauftrag mündlich erteilt und die erforderlichen Unterlagen übergeben. Auch bei dieser Gelegenheit habe er dem Immobilienmakler eine Provision von 2 % vom Verkaufspreis zugesichert. Es sei ihm jedoch weder eine schriftliche Auftragsbestätigung noch eine Aufstellung über die voraussichtlich erwachsenden Kosten ausgefolgt worden. In der Folge hätten sich mehrere Interessenten gemeldet, die aber nicht bereit gewesen seien, den geforderten Preis von 8 Mio S zu zahlen. Das Anbot sei deshalb zunächst auf 7 und später sogar auf 6 Mio S herabgesetzt worden. Schon am 29. 10. 1986 habe der Immobilienmakler das Objekt der klagenden Partei angeboten, die sich mit der Vermittlung, dem Kauf und der Verwaltung von Immobilien befasse. Die klagende Partei habe aber erst im März 1987 - nach Herabsetzung der Kaufpreisvorstellung - ein konkretes Interesse an dem Objekt bekundet. Bei einer Besprechung im Büro der klagenden Partei im April 1987, an der der Beklagte, der von diesem beauftragte Rechtsanwalt, ein Mitarbeiter des Immobilienmaklers sowie ein Mitglied des Vorstandes und ein Prokurist der klagenden Partei teilgenommen hätten, habe der Beklagte den Kaufpreis auf 5,5 Mio S reduziert. Eine Vereinbarung sei aber auch damals noch nicht zustandegekommen, weil die klagende Partei den Ertrag des Objektes noch nicht habe abschätzen können. Im Sommer 1987 habe die klagende Partei dem Beklagten schließlich einen Preis von 5,15 Mio S geboten und ihn ersucht, ihr für den Kauf um diesen Betrag eine kurzfristige Option einzuräumen. Der Beklagte habe am 9. 7. 1987 ein entsprechendes Optionsangebot auch im Namen der übrigen Miteigentümer unterfertigt, dessen Punkt VII wie folgt lautet:

"Die Verkaufsprovision ist von den Optionsgebern zu übernehmen".

Damals sei der Beklagte noch der Auffassung gewesen, die klagende Partei werde als Käuferin der Liegenschaft auftreten. Erst bei Unterfertigung des Kaufvertrages am 31. 8. 1987 sei ihm klar geworden, daß eine andere in Wien-Innere Stadt Wien ansässige Realitätengesellschaft mit beschränkter Haftung die Liegenschaft um 5,15 Mio S kaufe. Die Käuferin, mit der die klagende Partei die Vertragsverhandlungen angebahnt habe, stehe mit dieser in keinem wirtschaftlichen oder rechtlichen Zusammenhang. Die klagende Partei habe von der Käuferin keine Provision gefordert. Der Immobilienmakler und die klagende Partei hätten am 21. 1. 1987 eine Vereinbarung getroffen, nach der die Provisionen aus allen gemeinsam abzuwickelnden Vermittlungsgeschäften unter ihnen geteilt werden sollten. Der Immobilienmakler habe demgemäß die ihm aus dem Geschäftsfall mit dem Beklagten erwachsene Provisionsforderung zur Hälfte an die klagende Partei abgetreten. Der Immobilienmakler habe den ihm verbliebenen Teil seiner Provisionsforderung bisher zwar noch nicht geltend gemacht, darauf aber auch nicht ausdrücklich verzichtet.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Vermittlungsauftrag könne auch schlüssig erteilt werden, wozu die Annahme einer verdienstlichen Tätigkeit des Vermittlers genüge. Unter Immobilienmaklern seien "Meta-Geschäfte" zulässig und üblich; aufgrund eines solchen Geschäftes habe der Immobilienmakler seine Provisionsforderung zur Hälfte an die klagende Partei abgetreten. Im Umfang der Umsatzsteuer sei das Klagebegehren jedoch abzuweisen, weil die klagende Partei nicht den Nachweis erbracht habe, daß der Beklagte von der Provision auch eine Umsatzsteuer zu entrichten habe.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das lediglich vom Beklagten in dessen stattgebenden Teil bekämpfte erstinstanzliche Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren bloß mit S 28.611,11 s.A. stattgab und das Mehrbegehren von S 33.188,89 s.A. abwies; es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, mangels anderer Vereinbarung sei der Immobilienmakler berechtigt, die Hilfstätigkeit eines anderen Maklers (Untermaklers) in Anspruch zu nehmen. Der Immobilienmakler habe das Objekt der klagenden Partei, die sich mit der Vermittlung, dem Verkauf und der Verwaltung von Immobilien befasse, angeboten. Im Rahmen der zwischen dem Immobilienmakler und der klagenden Partei getroffenen Vereinbarung sei deren Einschaltung jedenfalls als Heranziehung eines Untermaklers zu verstehen. Der Interessent könne in solchen Fällen auch vom Untermakler namhaft gemacht werden. Wohl sei dem Beklagten erst bei Unterfertigung des Kaufvertrages klar geworden, daß nicht die klagende Partei als Käuferin auftrete, diese Tatsache stehe jedoch der Provisionsforderung des Immobilienmaklers nicht entgegen. Zwar sei der Beklagte bis zuletzt von der Heranziehung eines Untermaklers nicht in Kenntnis gesetzt worden, doch ändere auch dieser Umstand nach der Rechtsprechung nichts am Provisionsanspruch des Immobilienmaklers. Ohne Einschaltung des Untermaklers wäre dem Beklagten die Verkaufsgelegenheit nicht bekannt geworden. Dem Beklagten sei auch bekannt gewesen, daß der Immobilienmakler eine verdienstliche Tätigkeit entfaltet habe. Daß nicht die klagende Partei, sondern schließlich eine von dieser namhaft gemachte Gesellschaft das Objekt gekauft habe, gereiche dem Beklagten nicht zum Nachteil, weil ihm hiedurch keine zusätzliche Provisionsverpflichtung erwachsen sei. Der Beklagte habe jedoch schon in der Klagebeantwortung darauf hingewiesen, daß er bloß Miteigentümer der Liegenschaft gewesen sei. Aus dem im Akt erliegenden Kaufvertrag vom 31. 8. 1987 sei festzustellen, daß der Beklagte lediglich zu fünf Neunteln Liegenschaftseigentümer gewesen sei. Dies sei auch dem Immobilienmakler bekannt gewesen. Der Beklagte sei ihm gegenüber als direkter Stellvertreter der übrigen Miteigentümer aufgetreten. Daß der Beklagte eine über seine Miteigentumsanteile hinausgehende Haftung für die Provisionsforderung des Immobilienmaklers übernommen habe, habe die klagende Partei nicht behauptet. Der Beklagte hafte somit für die dem Immobilienmakler gebührende Provision lediglich im Ausmaß von fünf Neunteln, das seien (netto) S 57.222,22. Da der Immobilienmakler die Provisionsforderung der klagenden Partei lediglich zur Hälfte abgetreten habe, sei das Klagebegehren lediglich mit dem Betrag von S 28.611,11 berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist berechtigt.

Diese beschränkt sich bei ihren Ausführungen in der Revision ausschließlich auf die Frage, ob der Beklagte und dessen Geschwister die dem Immobilienmakler aus der erfolgreichen Verkaufsvermittlung erwachsene Provision bloß entsprechend ihren Miteigentumsanteilen oder zur ungeteilten Hand schulden.

Dem von der klagenden Partei vorgelegten Kaufvertrag vom 31. 1. 1987 (Beilage A), dessen Richtigkeit der Beklagte ausdrücklich zugestanden hat, ist zu entnehmen, daß dieser bloß zu fünf Neunteln und seine Geschwister zu je zwei Neunteln Miteigentümer der schließlich verkauften Liegenschaft waren. Nach unbekämpft gebliebener Feststellung des Gerichtes zweiter Instanz trat der Beklagte dem Immobilienmakler gegenüber (bei Erteilung des Vermittlungsauftrages und Zusicherung einer Provision) nicht bloß im eigenen Namen, sondern auch namens der Miteigentümer als "direkter Stellvertreter" auf. Demgemäß wurde der Vermittlungsauftrag (einschließlich der Provisionszusage) nicht allein vom Beklagten, sondern von allen Miteigentümern gemeinsam erteilt. Fraglich kann daher nur sein, ob die Miteigentümer, wie das Berufungsgericht meint, die Provision bloß anteilsweise oder - so die Auffassung der klagenden Partei - zur ungeteilten Hand schulden; in letzterem Fall wäre das Klagebegehren in seinem im Rechtsmittelverfahren noch strittigen Teil zur Gänze berechtigt.

Der erkennende Senat vertrat in seiner in WBl. 1987, 316 = MietSlg. 39.065 nur teilweise veröffentlichten Entscheidung vom 27. 4. 1987, 1 Ob 580/87, unter Berufung auf Lehre (Gamerith in Rummel, ABGB § 891 Rz 7) und Rechtsprechung (MietSlg. 34.128; SZ 53/14; SZ 41/68 ua) die Auffassung, daß mehrere Personen grundsätzlich solidarisch haften, wenn sie jemand aufgrund eines einheitlichen Vertrages einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen erteilen; die Gesamtschuld werde in diesen Fällen aus den Geboten von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr abgeleitet. Wer etwa mit dem Verwalter einer gemeinschaftlichen Sache kontrahiere, wolle gewiß keine nach Größe und Zahl der Miteigentumsanteile geteilte Forderung gegen möglicherweise weit verstreute Schuldner erwerben. Sein Vertragswille sei vielmehr im Zweifel auf den Erwerb einer einheitlichen Forderung gegen alle Miteigentümer - demnach auf deren Gesamthaftung - gerichtet. Zur Begründung einer Gesamtschuld sei der Verwalter gemäß § 1029 ABGB auch deshalb ermächtigt, weil er sonst Gefahr liefe, die Leistungen, deren er bedarf, sonst überhaupt nicht zu erhalten. Lediglich dann, wenn der Vertragspartner erkennen könne, daß - wie etwa bei einer umfangreichen Wohnungseigentumsgemeinschaft - zahlreiche Personen mit jeweils geringfügigen Anteilen beteiligt seien, dürfe im Zweifel nicht unterstellt werden, daß jeder Beteiligte für den gesamten Betrag einstehen wolle. Habe dagegen der Hausverwalter den (Werk-)Auftrag namens einer aus zwei Personen bestehenden Miteigentümergemeinschaft erteilt, sei die Annahme solidarischer Haftung gerechtfertigt. An dieser Auffassung hält der Senat fest.

Dabei ist es - wie der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Gamerith aaO) entnommen werden kann - unerheblich, welcher Art der Vertrag ist, der die Grundlage der gemeinsamen Verpflichtung einer Personenmehrheit bildet: Die gemeinsame Erteilung von Werkaufträgen (WBl. 1987, 316 ua) begründet im Zweifel die Solidarhaftung ebenso wie die Überlassung eines Bestandobjektes an mehrere Mitmieter (für den Bestandzins - SZ 57/120 ua), die gemeinsame Darlehensaufnahme (WBl. 1988, 165 ua) und die Bestellung von Brennmaterial für das im Miteigentum stehende Haus (SZ 18/217), aber auch die gemeinsame Erteilung von Aufträgen zur Geschäftsbesorgung (NZ 1971, 127 ua). Die gleichen Grundsätze müssen daher auch für die Erteilung eines gemeinsamen Vermittlungsauftrages an einen Immobilienmakler gelten; dementsprechend hat der Oberste Gerichtshof auch in MietSlg. 15.027 ausgesprochen, daß alle Miteigentümer eines Hauses solidarisch für die Provision einzustehen haben, wenn sich einer von ihnen, der als solcher und als Bevollmächtigter der übrigen Miteigentümer auftritt, zum Abschluß von Mietverträgen eines Vermittlers bedient. Ein in jeder Hinsicht vergleichbarer Fall ist der hier zu beurteilende Sachverhalt.

Dem steht auch der Umstand, wie der Beklagte in der Revisionsbeantwortung ausführt, nicht entgegen, daß die klagende Partei die Solidarhaftung der früheren Miteigentümer in erster Instanz gar nicht ausdrücklich behauptet hat. Daß der Beklagte den Vermittlungsauftrag nicht - wie die klagende Partei zunächst behauptete - allein, sondern auch im Vollmachtsnamen seiner Geschwister erteilt hatte, griff erst das Berufungsgericht aufgrund des Inhalts einer in ihrer Richtigkeit unbestritten gebliebenen Kaufvertragsurkunde auf. Im übrigen ist die Frage, ob mehrere Schuldner zur ungeteilten Hand haften, eine Rechtsfrage, deren Lösung - wenn feststeht, daß mehrere Personen Schuldner sind - für sich allein einer besonderen Behauptung in erster Instanz gar nicht bedarf.

In Stattgebung der Revision war das erstinstanzliche Urteil (in seinem klagsstattgebenden Teil) wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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