OGH 8ObA318/94

OGH8ObA318/9416.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Karlheinz Kux und Dipl.Ing.Dr.Peter Israiloff als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Milka S*****, vertreten durch Dr.Helga Hofbauer-Goldmann, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Margit Kaufmann, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 773.820,16 brutto infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18.November 1992, GZ 31 Ra 136/92-24, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 31.August 1992, GZ 13 Cga 246/89-18, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit ihrer am 29.11.1989 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin für angeblich im Betrieb der Beklagten erbrachte Arbeitsleistungen an Gehalt, Sonderzahlungen und Überstundenentgelt insgesamt den Betrag von S 773.820,16 brutto abzüglich S 163.800,-- netto sA. Nach verschiedenen Zustellanständen erging am 27.9.1990 gegen die Beklagte das Versäumungsurteil ON 11, aufgrund dessen der Klägerin in der Folge die Fahrnisexekution bewilligt wurde. Mit Schriftsatz vom 13.5.1992 (ON 14) stellte die Beklagte mit dem Vorbringen Klage, Ladung zur ersten Tagsatzung und Versäumungsurteil seien ihr nie zugestellt worden, sie habe von dem Verfahren erst aufgrund der gegen sie geführten Exekution erfahren, die Anträge, die Rechtskraftbestätigung des Versäumungsurteils aufzuheben und der Beklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, "nämlich den Status der zugestellten Klage" zu bewilligen.

Das Gericht erster Instanz wies nach Vernehmung der beteiligten Personen den Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung ab, die Zustellung sei unter der Meldeanschrift des Geschäftsführers der Beklagten durch Hinterlegung bewirkt worden. Im Verfahren sei unbestritten geblieben, daß der Geschäftsführer der Beklagten die Möglichkeit zur Behebung des Zustellstückes gehabt habe.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge und führte aus: Das Erstgericht habe zwar zu Unrecht unbeachtet gelassen, daß der Geschäftsführer der Beklagten im relevanten Zeitpunkt nicht mehr unter der Zustellanschrift wohnhaft gewesen sei. Diese Abwesenheit von der Zustelladresse sei auch als ausschließlicher Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht worden. Eine Nichteinhaltung der Zustellvorschriften bewirke die Nichtigkeit der Entscheidung. In einem derartigen Fall seien aber die Bestimmungen der §§ 146 ff ZPO über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht anwendbar, weil dieses Rechtsinstitut einen ordnungsgemäßen Zustellvorgang voraussetze, von dem der Wiedereinsetzungswerber - ohne sein Verschulden - keine Kenntnis gehabt habe.

Rechtliche Beurteilung

Dem Revisionsrekurs der Beklagten kommt keine Berechtigung zu.

Die allein behauptete Gesetzwidrigkeit eines Zustellvorganges stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf für Mängel im Parteienbereich (SZ 46/32; 2 Ob 537/87). Die Bestimmungen über die Wiedereinsetzung kommen daher nur dann zur Anwendung, wenn die gesetzlichen Vorschriften über die Zustellung eingehalten wurden, die Partei aber dennoch von der Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat (JBl 1980, 161; 1 Ob 589/87). Fehler des Gerichtes, zu welchen auch solche eines Postorgans in Vollziehung einer gerichtlichen Anordnung zählen, sind nicht durch Wiedereinsetzungsantrag, sondern mit Berufung geltend zu machen (SZ 47/99). § 477 Abs.1 Z 4 ZPO nennt als Nichtigkeitsgrund, daß einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, durch ungesetzlichen Vorgang, insbesondere durch Unterlassung der Zustellung, entzogen wurde. Daß dem Geschäftsführer der Beklagten lange nach Erlassung des Versäumungsurteiles eine Abschrift der Klage zugekommen ist, vermag an diesen Überlegungen nichts zu ändern, da dadurch eine Heilung der zur Fällung des Versäumungsurteiles und dessen Rechtskraft führenden Zustellungen im Sinne des § 7 ZustG nicht mehr erfolgen konnte.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Stichworte