OGH 6Ob1530/95

OGH6Ob1530/9523.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Schiemer, Dr.Pimmer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Johannes Riedl, Dr.Gerold Ludwig, Rechtsanwälte in Haag, wider die beklagte Partei N***** Vertriebsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Herbert Macher, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 204.000,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. Oktober 1994, AZ 15 R 87/94 (ON 22), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs.3 ZPO).

Text

Begründung

Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision nur aus, daß der "Ausstellungsvertrag" ein Dauerschuldverhältnis "eigener Art" darstelle, das sich in die "gewohnten Schemata" nicht einordnen lasse. Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen für das Vorliegen eines besonderen Einzelfalles und damit gegen die Zulässigkeit der Revision spricht, wird eine besondere atypische Sachlage nicht weiter ausgeführt und ist eine solche nach den Feststellungen auch nicht anzunehmen. Der Fall ist daher nach den von der Rechtsprechung zu den Dauerschuldverhältnissen entwickelten Grundsätzen zu untersuchen.

Rechtliche Beurteilung

Dauerschuldverhältnisse können aus wichtigen Gründen mit Wirkung ex nunc vorzeitig aufgelöst werden, wenn einem Teil die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dem steht auch eine vereinbarte Unkündbarkeit nicht entgegen (SZ 57/186 mwN). Im Falle eines Kündigungsverzichtes ist bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund für die vorzeitige Auflösung vorliegt, ein strenger Maßstab anzulegen. Umstände, mit denen bei Abschluß des Dauerschuldverhältnisses bereits gerechnet werden mußte, können eine vorzeitige Auflösung nicht rechtfertigen (JBl 1982, 142). Die wichtigen Gründe für eine vorzeitige Auflösung hat der die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses Erklärende zu behaupten und zu beweisen.

Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung von den zitierten Grundsätzen nicht abgewichen und hat zutreffend darauf verwiesen, daß die Beklagte im Berufungsverfahren nur den allgemein gehaltenen Vorwurf erhoben hat, die Klägerin hätte nicht alle jene Maßnahmen gesetzt, die einen "nachweisbaren Nutzen" bringen sollten. Konkrete, unterlassene Maßnahmen (Vertragsverletzungen der Klägerin) wurden nicht genannt (S.3 der Berufung ON 18). Die Beklagte hat auch im Verfahren erster Instanz nur ausgeführt, daß die Klägerin ihre Verpflichtung zur Einrichtung einer "Besucher-Datenbank" und zur Erbringung von Serviceleistungen verletzt habe (S.3 in ON 4 und Beweisantrag ON 12). Die Einrichtung einer Datenbank und die Übermittlung der Daten an die Fertigteilhausaussteller (also auch an die Beklagte) hat das Erstgericht festgestellt (S.3 in ON 17). Erstmalig im Revisionsverfahren führt die Beklagte aus, daß die Verletzung der Vertragspflichten (der Verpflichtung zu Serviceleistungen) der Klägerin darin bestehen solle, daß sie das Adressenmaterial hinsichtlich möglicher Kaufinteressenten aus einem "Verzeichnis von Bauansuchen" entnommen habe, was unzureichend sei, weil Bauwerber sich in der Regel schon eines Bauführers bedient hätten und schon zu einer Entscheidung über den geplanten Bau gekommen seien, sodaß sie als Interessenten für den von der Beklagten angebotenen Fertighausbau kaum in Frage kämen. Dies mag durchaus zutreffen. Das Revisionsvorbringen verstößt jedoch einerseits gegen das im Revisionsverfahren herrschende Neuerungsverbot (§ 504 Abs.2 ZPO), andererseits bestanden die "Serviceleistungen" der Klägerin nicht nur in der Beischaffung von Adressenmaterial, sondern in einer Reihe weiterer Maßnahmen (Bewerbung und Durchführung von Veranstaltungen), sodaß nach den erstinstanzlichen Feststellungen eine gravierende Vertragsverletzung, die als wichtiger Grund für eine Auflösung des Dauerschuldverhältnisses qualifiziert werden könnte, nicht feststeht.

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