OGH 3Ob4/95

OGH3Ob4/9522.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei I***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Manfred Melzer ua Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Franz B*****, Angestellter, ***** wegen zwangsweiser Räumung, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin Milica R*****, Bedienerin, ***** vertreten durch Dr.Eva Wexberg, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 6.August 1993, GZ 48 R 625/93-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 15. Juni 1993, GZ 6 C 1399/92g-9, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben; die angefochtenen Beschlüsse werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Die Exekution durch zwangsweise Räumung der Wohnung 1160 Wien, Redtenbachergasse 6/9 wird bis zur Erledigung des von Milica Röckl bei der Schlichtungsstelle für den 16.Bezirk zu MBA 16 - SL/4046/93 eingebrachten Antrags aufgeschoben.

Die Exekution wird erst auf Parteienantrag nach Wegfall des Aufschiebungsgrundes fortgesetzt.

Der Antrag, die Exekution auch hinsichtlich der Wohnung 1160 Wien, Redtenbachergasse 6/10 und 11 aufzuschieben, wird abgewiesen.

Die betreibende Partei hat die Kosten der Äußerung ON 7 selbst zu tragen.

Die Antragstellerin ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 6.795,- (darin enthalten S 1.132,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekurses ON 10 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die betreibende Partei ist schuldig, der Antragstellerin die mit S 8.154,- (darin enthalten S 1.359,- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Versäumungsurteil vom 10.12.1992 wurde der Verpflichtete unter anderem schuldig erkannt, der betreibenden Partei das Bestandobjekt top Nr 9 bis 11 im Haus *****bestehend aus vier Zimmern und Küche im Ausmaß von 110 m2, geräumt von sämtlicher eigener Fahrnis zu übergeben.

Mit Beschluß vom 30.3.1993 wurde auf Antrag der betreibenden Partei die zwangsweise Räumung dieser Wohnung bewilligt; der Räumungstermin wurde für 30.6.1993, 7 Uhr, festgesetzt.

Am 13.5.1993 brachte Milica R***** (in der Folge: Antragstellerin) bei der Schlichtungsstelle für den 16.Bezirk den Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter der Wohnung top Nr 9 (ca. 30 m2) ein. Sie habe am 21.5.1992 mit dem Verpflichteten einen Mietvertrag über diese Wohnung abgeschlossen. Der im Mietvertrag als Hauptmieter Bezeichnete habe jedoch niemals selbst in der Wohnung gewohnt und von seinem Recht als Hauptmieter Gebrauch gemacht. Die Wohnung werde ausschließlich von der Antragstellerin bewohnt. Die Antragstellerin sei daher der Rechtsauffassung, daß der Tatbestand eines Scheingeschäftes (Scheinuntermietvertrag) gemäß § 2 Abs 3, § 37 Abs 1 Z 1 MRG gegeben ist.

Am 19.5.1993 brachte die Antragstellerin "als Mieterin der Wohnung *****9" den Antrag ein, gemäß § 34 a MRG das Räumungsexekutionsverfahren zu unterbrechen, den Räumungstermin abzusetzen, die Räumungsexekution bis zum rechtskräftigen Abschluß des bei der Schlichtungsstelle für den 16.Bezirk anhängigen Verfahrens gemäß § 2 Abs 3 MRG aufzuschieben und nach rechtskräftiger Beendigung dieses Verfahren einzustellen. Die Räumungsexekution werde zur Umgehung der Ansprüche der Antragstellerin nach § 2 Abs 3 MRG auf Anerkennung als Hauptmieterin vollzogen. Die Antragstellerin würde bei Fortführung der eingeleiteten Räumungsexekution einen schwer zu ersetzenden Vermögensnachteil erleiden. Insbesondere müßte sie sich binnen kürzester Zeit um eine andere Wohnung umsehen. Bekanntermaßen sei die Lage am Wiener Wohnungsmarkt derzeit angespannt wie nie zuvor; die Wohnungssuche sei dann besonders kostspielig, wenn eine Wohnung innerhalb kürzester Zeit benötigt werde. Die Antragstellerin habe erst durch Verständigung des Gerichtes im April 1993 von der Räumungsexekution Kenntnis erlangt. Da sie bereit sei, den geschuldeten Mietzins zu zahlen, sei die Bewilligung der Aufschiebung für die betreibende Partei nicht mit einem Vermögensnachteil verbunden. Der Verpflichtete habe nie in der Wohnung gewohnt; die betreibende Partei habe ihm neben dieser Wohnung noch andere Wohnungen zur Untervermietung vermietet.

Die betreibende Partei brachte zu diesem Antrag eine Äußerung ein, in der sie die Abweisung des Antrags gemäß § 34 a MRG beantragte. Sie habe diese Wohnung mit Mietvertrag vom 20.5.1992 dem Verpflichteten für die Dauer vom 1.6.1992 bis 31.5.1993 vermietet. Im Juli 1992 habe die betreibende Partei von der Weitergabe der Wohnung Kenntnis erlangt. Sie habe Kontakt zur Antragstellerin hergestellt und versucht, eine einvernehmliche Lösung zu finden, zumal der Verpflichtete den Mietzins nicht bezahlt habe. Es sei erwogen worden, der Antragstellerin ein Ersatzobjekt im gleichen Haus (top Nr 13) zur Verfügung zu stellen. Bei einer Besprechung am 27.7.1992 in der Kanzlei des (damaligen) Vertreters der betreibenden Partei sei ein Mietvertrag für die Wohnung Nr 13 im Haus ***** vorbereitet worden, der Zug um Zug gegen Abgabe einer Verzichtserklärung hinsichtlich der Untermietrechte des gegenständlichen Mietobjektes und Rückgabe der Wohnungsschlüssel wirksam werden sollte. Mietvertrag und Verzichtserklärung seien unterfertigt worden. In der Folge sei es nicht zur Übergabe der Wohnung durch die Antragstellerin an die betreibende Partei gekommen; die betreibende Partei habe sich daher zur Klagsführung gegen die verpflichtete Partei veranlaßt gesehen. Mit Schreiben vom 30.9.1992 sei die Antragstellerin darauf hingewiesen worden, daß gegen den Hauptmieter, den Verpflichteten, ein Mietzins- und Räumungsverfahren eingeleitet wurde und ein in diesem Verfahren allenfalls ergehender Räumungstitel auch gegen die Antragstellerin vollstreckbar wäre. Der Sohn der Antragstellerin habe bei einem Telefonat am 14.10.1992 bestätigt, daß die Antragstellerin dieses Schreiben erhalten habe. Die Antragstellerin habe daher jedenfalls seit Anfang Oktober 1992 von dem Mietzins- und Räumungsverfahren gewußt und hätte diesem Verfahren rechtzeitig vor dem Ergehen eines rechtskräftigen Titels als Nebeninterventientin beitreten können. Wegen dieser Verständigung sei auch eine Umgehungsabsicht der betreibenden Partei nicht anzunehmen. Der Antrag diene offenkundig nur der Verschleppung einer berechtigten Exekution.

Nach Einvernahme der Antragstellerin am 11.6.1993 setzte das Erstgericht mit Beschluß vom 15.6.1993 den Räumungstermin ab und schob die Exekution durch zwangsweise Räumung der Wohnung *****9-11 bis zur Erledigung des Antrags der Antragstellerin nach § 2 Abs 3 MRG gemäß § 34 a MRG auf. Das Erstgericht nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die betreibende Partei schloß mit dem Verpflichteten am 20.5.1992 einen Mietvertrag über die Wohnungen Nr 9 bis 11 im Hause ***** mit einer Gesamtnutzfläche von 120 m2 zur Verwendung als Arbeiterquartier. Am 21.5.1992 mietete die Antragstellerin vom Verpflichteten die Wohnung top Nr 9. Auch andere Wohnungen in diesem Haus wurden vom Verpflichteten auf diese Art verwertet.

Am 27.7.1992 unterschrieb die Antragstellerin in der Kanzlei des (früheren) Betreibendenvertreters eine Erklärung, wonach sie auf ihre Untermietrechte mit Wirkung ab 31.7.1992 unwiderruflich verzichte und sich verpflichte, zu diesem Termin das gegenständliche Objekt frei von sämtlichen eigenen Fahrnissen zu übergeben. Es wurde weiters vereinbart, daß ein für das Objekt ***** unterschriebener Mietvertrag sowie diese Verzichtserklärung einstweilen unterschrieben im Handakt dieses Rechtsanwalts verbleiben sollten und erst Zug um Zug gegen Rückgabe der Wohnungsschlüssel des gegenständlichen Objektes an die neue Mieterin übergeben werden soll.

Die Antragstellerin begann in der Folge mit der Räumung des von ihr bewohnten Objektes und brachte einen Teil ihrer Fahrnisse in das genannte Objekt im 10.Bezirk. An einem Vormittag fand sie jedoch einen Zettel an der Wohnungstür mit einer Telefonnummer vor; das Schloß war ausgetauscht. Sie erfuhr in der Folge, daß dort bereits eine türkische Familie eingezogen war und auch die Polizei beigezogen hatte, weil in der Wohnung Gegenstände der Antragstellerin vorgefunden wurden. Da die Antragstellerin daher nicht in diese Wohnung einziehen konnte, verblieb sie im bisherigen Bestandobjekt.

Mit Schreiben vom 30.9.1992 teilte der (frühere) Vertreter der Betreibenden der Antragstellerin mit, daß er die Räumungsklage eingebracht hatte; er wies sie darauf hin, daß ein in diesem Verfahren ergehender Titel auch ihr gegenüber vollstreckbar sei.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, gemäß § 34 a Abs 2 MRG könne die Aufschiebung der Räumungsexekution auf Antrag angeordnet werden, wenn ein Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG gestellt werde und glaubhaft gemacht sei, daß die Räumungsexekution zur Umgehung der Ansprüche des Mieters nach § 2 Abs 3 MRG vollzogen werden soll. Im Aufschiebungsverfahren habe der Nachweis der im § 34 a Abs 1 zweiter Satz MRG vorgesehenen schriftlichen Verständigung keine Rechtsfolgen; dieser Nachweis sei nur bei der Innehaltung beim Vollzug im Gesetz genannt. Die Antragstellerin habe durch den hier genügenden Anscheinsbeweis dargetan, daß ihr Ansprüche gemäß § 2 Abs 3 MRG zustehen könnten. Dies ergebe sich aus der auffallenden zeitlichen Nähe zwischen Abschluß des Hauptmietvertrages und des Mietvertrages des Verpflichteten mit der Antragstellerin sowie daraus, daß mehrere Wohnungen auf diese Art vom Verpflichteten verwertet wurden und daß die betreibende Partei dem Verpflichteten mehrere Wohnungen "als Arbeiterquartier" vermietet hat. Die betreibende Partei habe ihr Verhältnis zum Verpflichteten nicht offengelegt und habe daher den der Antragstellerin gelungenen Anscheinsbeweis nicht entkräften können.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Partei Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Antrag auf Aufschiebung der Exekution bis zum rechtskräftigen Abschluß des bei der Schlichtungsstelle für den 16.Bezirk anhängigen Verfahrens gemäß § 2 Abs 3 MRG abgewiesen wurde. Die Voraussetzungen einer Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG erforderten neben der Absicht der Untervermietung auch die Absicht, die einem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte zu umgehen. Diese Umgehungsabsicht müsse auch beim Liegenschaftseigentümer vorliegen, weil der Hauptmieter selbst nur über ein vertragsmäßig eingeräumtes Benützungsrecht verfüge und deshalb nach § 2 Abs 2 MRG niemals Hauptmietrechte, sondern nur Untermietrechte vergeben könne. Die Umgehungsabsicht setze daher ein gewisses Zusammenwirken zwischen dem Liegenschaftseigentümer und dem Hauptmieter voraus, wenn es auch nicht darauf ankomme, wer den wirtschaftlichen Vorteil aus dieser Rechtsbeziehung ziehe. § 2 Abs 3 MRG fordere Umgehungsabsicht bei beiden Parteien des Hauptmietvertrages. Keinesfalls könne einem redlichen Eigentümer der nominelle Untermieter als Vertragspartner aufgedrängt werden. Der vom Erstgericht als erwiesen angenommene Sachverhalt lasse keinen Zweifel daran, daß der Hauptmietvertrag ausschließlich zum Zweck der Untervermietung abgeschlossen wurde. Es bestehe jedoch kein Anhaltspunkt, daß die Vertragsteile dabei auch die Absicht verfolgten, mit der Untervermietung die einem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte zu umgehen. Daß dem Verpflichteten von der betreibenden Partei mehrere Wohnungen zur Verwendung als Arbeiterquartier vermietet worden waren, beweise nur, daß der Verpflichtete niemals beabsichtigte, diese Wohnungen selbst zu benützen, sondern sie ausschließlich dritten Personen zu überlassen trachtete. Der Bezeichnung des vereinbarten Vertragszweckes "als Arbeiterquartier" könne nicht entnommen werden, daß durch diese Vertragsgestaltung eine Benachteiligung der Untermieter beabsichtigt war. Weder sei der mit der Antragstellerin abgeschlossene Untermietvertrag in einer Weise befristet worden, wie sie bei einem Hauptmietvertrag nicht möglich gewesen wäre, noch sei eine Umgehung der zwingenden Bestimmungen über die Mietzinsbildung behauptet worden. Auch die Behauptung eines unzulässigen Entgelts liege nicht vor. Tatsächlich sei die Antragstellerin von der betreibenden Partei schon im September 1992 vom anhängigen Verfahren verständigt worden. Weder diese Verständigung noch ihr vorangegangenes Bemühen im Juli 1992, die Antragstellerin zu einer Übergabe der Wohnung zu bewegen, könnten dahingehend interpretiert werden, daß ein Zusammenwirken zwischen der betreibenden Partei und dem Verpflichteten bestehe.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Wie weit ein Anspruch nach § 2 Abs 3 MRG im Verfahren nach § 34 a MRG zu bescheinigen ist, sei noch nicht entschieden worden; die auch hier relevante Frage der Notwendigkeit einer gemeinsamen Umgehungsabsicht werde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht einheitlich gesehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und teilweise berechtigt.

Die von der betreibenden Partei im Rekurs geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz, die vom Rekursgericht nicht geprüft wurde, ist nicht gegeben. Der betreibenden Partei wurde die Möglichkeit einer Beteiligung am Verfahren nicht genommen. Nach Einlangen der Äußerung der betreibenden Partei beim Erstgericht am 28.5.1993 wurde die Antragstellerin am 11.6.1993 einvernommen; am 15.6.1993 wurde der Aufschiebungsbeschluß erster Instanz gefaßt. Der betreibenden Partei stand somit ausreichend Zeit zur Einsichtnahme in den Akt und in die von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden zur Verfügung. Auch der Umstand, daß der von der betreibenden Partei als Bescheinigungsmittel genannte Mag.Axel Bauer nicht einvernommen wurde, begründet keinen Verfahrensmangel. Der Erstrichter räumte Mag.Bauer, der beim (früheren) Vertreter der betreibenden Partei tätig war, bei einem Telefonat am 11.6.1993 die Möglichkeit ein, seine Aussage an diesem Tag abzulegen und bei der an diesem Tag anberaumten Einvernahme der Antragstellerin anwesend zu sein. Die betreibende Partei wurde somit in ihrem rechtlichen Gehör nicht verletzt; sie hat es sich selbst zuzuschreiben, wenn Mag.Bauer weder an diesem Tag noch danach bis zur Beschlußfassung am 15.6.1993 zu seiner Einvernahme bei Gericht erschienen ist.

Gemäß § 34 a MRG kann die Aufschiebung der Exekution auf Antrag angeordnet werden, wenn ein Antrag auf Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG gestellt und glaubhaft gemacht ist, daß die Räumungsexekution zur Umgehung der Ansprüche des Mieters nach § 2 Abs 3 MRG auf Anerkennung als Hauptmieter vollzogen werden soll. Im übrigen gelten die Bestimmungen der EO über die Aufschiebung der Exekution; § 44 Abs 2 Z 3 EO ist nicht anzuwenden. Vor der Entscheidung über den Aufschiebungsantrag ist auch im Verfahren nach § 34 a Abs 2 MRG das rechtliche Gehör des Gegners des Aufschiebungswerbers zu wahren (EvBl 1994/150).

Auf Grundlage der vom Erstgericht nach Anhörung der betreibenden Partei und Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens getroffenen Feststellungen ist entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes davon auszugehen, daß die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat, daß die Räumungsexekution zur Umgehung der Ansprüche des Mieters nach § 2 Abs 3 MRG auf Anerkennung als Hauptmieter vollzogen werden soll.

Materiellrechtliche Voraussetzung des Anspruchs auf Anerkennung ist nicht das Vorliegen eines Schein-, sondern eines Umgehungsgeschäftes, daß nämlich der Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der dem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte geschlossen worden ist (Würth in Rummel, ABGB2, § 2 MRG Rz 9).

Die erste Voraussetzung ist hier unzweifelhaft gegeben. Der Hauptmieter hat die Wohnung auch nicht teilweise zur Befriedigung des eigenen Wohnbedürfnisses gemietet, sondern bereits an dem dem Abschluß des Hauptmietvertrages folgenden Tag den Untermietvertrag mit der Antragstellerin abgeschlossen. Entgegen dem Wortlaut des Hauptmietvertrages ("als Arbeiterquartier") liegt hier keine Miete der Wohnung für Dienstnehmer des Verpflichteten vor.

Die Umgehungsabsicht wird sich vor allem darauf richten, durch die Untervermietung einen den sonst zulässigen Mietzins übersteigenden Mietzins zu erzielen und den Kündigungsschutz dadurch auszuschalten, daß das Untermietverhältnis mit dem Hauptmietverhältnis endet (SZ 60/8; JBl 1987, 321; Würth aaO). Diese Umgehungsabsicht muß wohl zweifelsfrei feststehen, doch müssen Vermieter und "Hauptmieter" an der Klärung des Sachverhalts mitwirken, indem sie ihre Rechtsbeziehung offenlegen; ansonsten könnte nach dem äußeren Anschein einer solchen Absicht entschieden werden (Würth aaO). Wenn - wie hier - der Vermieter schon gar nicht die maßgebenden Tatsachen vorbringt - auf ihren Beweis kommt es dann nicht mehr an -, so hat der Richter die Überzeugung, daß bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund besteht, an der Umgehungsabsicht zu zweifeln, aus den sonst vorliegenden Ergebnissen der Beweisaufnahme zu schöpfen (SZ 59/158). Dabei sind nicht nur die Umstände bei Vertragsabschluß, sondern auch nachfolgende Entwicklungen zu beachten (WoBl 1992, 241 [Würth]).

Diesen Grundsätzen der Judikatur folgt nunmehr die Regelung des - hier noch nicht anzuwendenden - § 2 Abs 3 Satz 2 MRG idF des dritten WÄG, wonach es insbesondere dann, wenn der Hauptmieter mehr als eine Wohnung im selben Gebäude zur Gänze untervermietet, dem Antragsgegner obliegt, das Fehlen der Umgehungsabsicht zu beweisen (vgl Zingher/Würth, Wohnrecht '94, § 2 MRG Anm 10).

Nach dem äußeren Anschein, der mangels Offenlegung der Rechtsbeziehungen zwischen betreibender Partei und Verpflichtetem maßgebend ist, liegen gravierende Anhaltspunkte für das Vorliegen der Umgehungsabsicht bei beiden Parteien vor. So hat die betreibende Partei dem Verpflichteten mehrere Wohnungen im selben Haus am selben Tag mit einer Befristung von einem Jahr zum offensichtlichen Zweck der Untervermietung vermietet. Bereits am folgenden Tag wurde der Untermietvertrag mit der Antragstellerin abgeschlossen. Die Antragstellerin erklärte sich in der Folge zwar der betreibenden Partei gegenüber dazu bereit, eine Ersatzwohnung anzunehmen und unterfertigte eine Erklärung, auf die Wohnung zu verzichten. Die Ersatzwohnung konnte von der Antragstellerin jedoch nicht bezogen werden, weil sie bereits an andere Personen vermietet war. Auch hier unterließ die betreibende Partei eine Aufklärung der Umstände, weshalb es nicht zur Übergabe der anderen Wohnung gekommen ist.

Aus dem Umstand, daß sich die Antragstellerin am Räumungsverfahren nicht beteiligt hat, kann für die Entscheidung über den Aufschiebungsantrag nichts abgeleitet werden. Die Verständigung des Scheinuntermieters nach § 34 a Abs 1 Satz 2 MRG hat nur die Folge, daß ein Innehalten mit dem Vollzug, nicht auch die Aufschiebung der Exekution nach § 34 Abs 2 MRG ausgeschlossen ist. Die bloße Verständigung des Scheinuntermieters nach § 34 a Abs 1 Satz 2 MRG steht der Aufschiebung nicht entgegen (Würth in Rummel, ABGB2, § 34 a Rz 5).

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes ist somit glaubhaft gemacht, daß die Räumungsexekution zur Umgehung der Ansprüche der Antragstellerin nach § 2 Abs 3 MRG auf Anerkennung als Hauptmieter vollzogen werden soll. Dies betrifft jedoch nur die Wohnung top 9; die Antragstellerin hat nie vorgebracht, daß sie auch die Wohnungen top 10 und 11 benütze.

Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß ein abgesonderter Vollzug der zwangsweisen Räumung hinsichtlich der an die Antragstellerin untervermieteten Wohnung top 9 nicht möglich wäre. Die betreibende Partei hat einen Titel auf Räumung der Bestandobjekte top 9-11 erwirkt und die zwangsweise Räumung aller drei Bestandobjekte beantragt. Dementsprechend konnte nicht auch die Aufschiebung der weiteren Wohnungen top 10 und 11 bewilligt werden.

Die Entscheidung über die Kosten der Äußerung ON 7 gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 41 ZPO. Die Äußerung war nicht zweckentsprechend, weil darin nicht vorgebracht wurde, daß hinsichtlich der Bestandobjekte top 10 und 11 kein Aufschiebungsgrund vorliegt.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses und des Revisionsrekurses gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 41, 50 ZPO.

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