OGH 7Ob610/94

OGH7Ob610/948.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Vereinigung der E*****, vertreten durch Dr.Johannes Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Marktgemeinde E*****, vertreten durch Dr.Karl Haas und Dr.Georg Lugert, Rechtsanwaltpartnerschaft in St.Pölten, wegen S 137.000,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16.Mai 1994, GZ 14 R 47/94-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 22.November 1993, GZ 4 Cg 2/92-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die hinsichtlich des Zuspruches von S 4.270,-- und der Abweisung von 4 % Zinsen vom 1.1.1988 bis 31.12.1989 als unangefochten unberührt bleiben, werden dahin abgeändert, daß das Urteil insgesamt lautet:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 4.270,-- samt 4 % Zinsen seit 1.1.1990 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei S 132.730,-- samt 4 % Zinsen seit 1.1.1988 und 4 % Zinsen aus S 4.270,-- vom 1.1.1988 bis 31.12.1989 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Eventualbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, den über die Liegenschaft EZ 1007 Grundbuch 19710 E*****, Bezirksgericht N*****, Grundstück-Nr.1010/4 verlaufenden Teil der Gemeindestraße binnen 14 Tagen abzutragen, zu entfernen und den früheren Zustand durch Begrünung und Bepflanzung wieder herzustellen;

in eventu:

Es werde festgestellt, daß die zwischen den Parteien im Herbst 1987 geschlossene Vereinbarung über die Liegenschaft EZ 1007 Grundbuch 19710 E*****, Bezirksgericht N*****, wonach für dieses Grundstück ein gleichwertiges Ersatzgrundstück an die klagende Partei im Tauschwege übergeben werden sollte, nicht rechtswirksam sei;

die beklagte Partei sei schuldig, den über die Liegenschaft EZ 1007 Grundbuch 19710 E*****, Bezirksgericht N*****, Grundstück Nr.1010/4 verlaufenden Teil der Gemeindestraße abzutragen, zu entfernen und den früheren Zustand durch Begrünung und Bepflanzung wieder herzustellen;

in eventu:

Die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ein Grundstück von mindestens 427 m2, welches im Bauland Wohngebiet innerhalb der Katastralgemeinde 19710 E***** liegt, zu leisten. Die beklagte Partei könne sich von dieser Leistung durch Zahlung von S 213.500,-- samt 4 % Zinsen seit 1.1.1990 befreien,

werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die in allen Instanzen mit insgesamt S 142.432,80 (darin enthalten S 17.788,80 USt. und S 35.700,-- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei, die bis Dezember 1987 die Bezeichnung "W*****vereinigung E*****" trug, ist bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1007 Grundbuch 19.710 E***** mit dem Grundstück 1010/4 im Ausmaß von 427 m2. Die beklagte Partei wollte die unter anderem an dieser Liegenschaft entlangführende S*****straße verbreitern und ersuchte die klagende Partei zunächst, einen Kostenanteil von S 5.374,20 zu übernehmen. Im Oktober 1987 kamen der damalige Bürgermeister der beklagten Partei einerseits und der Obmann sowie die Obmannstellvertreterin der klagenden Partei andererseits überein, daß das Eigentum an der Liegenschaft der beklagten Partei übertragen und der vom Bürgermeister vorgeschlagene Kaufpreis von S 30,-- pro m2 dem jeweils zuständigen Gremium unterbreitet werden sollte. Als Alternative bot der Bürgermeister den Tausch mit einem gleichwertigen Grundstück an. Den Verhandlungspartnern war klar, daß die Wirksamkeit der Vereinbarung der Zustimmung der Hauptversammlung der klagenden Partei einerseits und des Gemeinderates der beklagten Partei andererseits bedurfte. Der Gemeinderat der beklagten Partei stimmte dem Verkauf mit einem Quadratmeterpreis von S 30,-- zu. Die klagende Partei wollte das Eigentum an der Liegenschaft aufgeben, weil sie kein weiteres Interesse daran hatte und die Aufschließungskosten von über S 5.000,-- vermeiden wollte. Die Hauptversammlung der klagenden Partei erkärte sich im November 1987 zwar mit der Eigentumsübertragung einverstanden, nicht aber mit dem angebotenen Preis von S 30,-- pro m2. Die beklagte Partei bot daraufhin mit Schreiben vom 31.5.1989 einen Kaufpreis von S 110,-- pro m2. Die klagende Partei hatte inzwischen Norbert R***** bevollmächtigt, mit der beklagten Partei Verhandlungen über die Entschädigung für die Inanspruchnahme des Grundstückes und über einen allfälligen Verkauf zu führen. Norbert R***** forderte mit Schreiben vom 9.11.1989 einen Quadratmeterpreis von S 500,-- mit der Begründung, daß sich herausgestellt habe, daß die Liegenschaft laut Flächenwidmungsplan nicht als landwirtschaftlich genutzt, sondern als Bauland-Wohngebiet ausgewiesen sei. Dieser Umstand war der beklagten Partei bekannt.

Die Möglichkeit, eine Servitut einzuräumen, wurde weder bedacht noch zwischen den Parteien besprochen.

Zum Zeitpunkt der Verhandlungen verfügte die beklagte Partei über kein der gegenständlichen Liegenschaft gleichwertiges Grundstück im Ausmaß von 427 m2 mit der Flächenwidmung Bauland-Wohngebiet. Bei Berücksichtigung eines Abschlages von 20 % wegen des ungünstigen Zuschnitts des Grundstückes ergibt sich, von einem Quadratmeterpreis von S 400,-- ausgehend, ein angemessener Preis von insgesamt S 137.000,--.

Die klagende Partei stellte das Hauptbegehren auf Zahlung von zunächst S 213.000,--, in der Folge eingeschränkt auf S 137.000,-- samt 4 % Zinsen seit 1.1.1988 und die aus dem Spruch ersichtlichen Hilfsbegehren.

Die klagende Partei behauptete einerseits, vom Bürgermeister der beklagten Partei in Irrtum geführt worden zu sein, weil dieser behauptet habe, das Grundstück sei im Flächenwidmungsplan als landwirtschaftlich genutzt ausgewiesen, und zudem vorgegeben habe, ein gleichwertiges Ersatzgrundstück zur Verfügung stellen zu können. Nur deshalb sei der Trassenführung zugestimmt worden. Die in Aussicht gestellte Ersatzleistung betrage nicht einmal die Hälfte des gemeinen Wertes. Die beklagte Partei habe einfach auf dem Grundstück der klagenden Partei gebaut, ohne daß eine Gegenleistung erbracht worden sei. Die Verwendung der Liegenschaft für die Trassenverbreiterung und als Abstellfläche sei ohne Rechtsgrund und vereinbarungswidrig erfolgt. Das Zahlungsbegehren werde auf Schadenersatz und auf die Bestimmung des § 418, 3.Satz, ABGB gestützt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, die klagende Partei habe mehrfach ihre Zustimmung zur Bauführung auf dem Grundstück erteilt. Der Wert der Liegenschaft sei einvernehmlich mit S 12.000,-- bestimmt worden. Es sei unrichtig, daß die klagende Partei nur unter der Voraussetzung, daß ein Ersatzgrundstück übergeben werde, mit der Trassenführung einverstanden gewesen sei. Es sei weder ein Tausch- noch ein Kaufvertrag zustandegekommen. § 418, Satz 3, ABGB sei wegen des Übereinkommens unanwendbar. Der Wert des Grundstückes sei wesentlich niedriger als behauptet.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren - mit Ausnahme des Zinsenbegehrens für die Zeit vom 1.1.1988 bis 31.12.1989 - statt. Es stellte im wesentlichen den eingangs dargelegten Sachverhalt fest und vertrat in rechtlicher Hinsicht die Ansicht, daß hinsichtlich der Eigentumsübertragung Einigkeit geherrscht habe, sodaß § 418, Satz 3, ABGB nicht zur Anwendung komme, dennoch aber das Grundeigentum dem Bauführer zugefallen sei. Da es über den Kaufpreis zu keiner Einigung gekommen sei, wäre die beklagte Partei verpflichtet gewesen, ein gleichwertiges Ersatzgrundstück an die klagende Partei zu übertragen. Da sie aber über kein solches Ersatzgrundstück verfüge, sei der klagenden Partei ein von der beklagten Partei verschuldeter Vertrauensschaden in Höhe des Wertes des Grundstückes entstanden, dessen Ersatz ihr aus dem Titel des Schadenersatzes zustehe.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß die beklagte Partei als redliche Bauführerin anzusehen sei und aufgrund einer Vereinbarung Eigentum am Grundstück erworben habe. Wenn auch § 418, Satz 3, ABGB beim Vorliegen einer Vereinbarung unanwendbar sei, sei diese Bestimmung doch hinsichtlich des zu zahlenden Preises sinngemäß anzuwenden, wenn über den Preis keine Einigung erzielt worden sei. Die Revision sei zulässig, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Wertersatzes in einem solchen Fall fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.

Die Anwendung des § 418, Satz 3, ABGB setzt zunächst voraus, daß die Errichtung bzw. Verbreiterung einer Straße als Bau im Sinn der §§ 417 bis 419 ABGB zu beurteilen ist. Darunter ist nach ständiger Rechtsprechung jedes grundfeste, für die Dauer bestimmte Bauwerk zu verstehen, das eine selbständige Bedeutung hat und im Verhältnis zum Wert des beanspruchten Bodens nicht ganz nebensächlich ist (MietSlg 33.036; EvBl 1969/117; Spielbüchler in Rummel2 I, Rz 2 zu § 418 ABGB je mwN). Nach diesen Kriterien ist darunter auch eine Straßenanlage, die ja einen erheblichen Bauaufwand erfordert und auf Dauer bestimmt ist, zu verstehen (JBl 1969, 340).

Weiters ist einleitend darauf hinzuweisen, daß die beklagte Partei nach § 418, Satz 3, ABGB - wenn überhaupt - Eigentümer lediglich des Grundstreifens, über den die Straße gebaut wurde, und allenfalls der zur Straßenbenützung unentbehrlichen Grünfläche (EvBl 1961/244; SZ 29/60 ua), keineswegs aber des gesamten Grundstückes werden könnte, sodaß ein Teil des auf § 418, Satz 3, ABGB gestützten Ersatzbegehrens schon deshalb jedenfalls unberechtigt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes schließt jedoch das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung die Anwendung der subsidiären Vorschriften des § 418 ABGB überhaupt aus (SZ 50/123 uva). Die Annahme der Untergerichte, daß die klagende Partei der beklagten Partei die Bauführung ungeachtet der fehlenden Einigung über den für die Liegenschaft zu erbringenden Gegenwert gestattete, blieb unbekämpft. Es ist daher - auch wenn dies in den Feststellungen keinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden hat - davon auszugehen, daß die beklagte Partei den erforderlichen Teil des Grundstückes der klagenden Partei mit Wissen und Zustimmung der klagenden Partei zur Straßenverbreiterung in Anspruch nahm.

Außerbücherlicher Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche im Sinn des 3.Satzes des § 418 ABGB tritt nur ein, wenn der Grundeigentümer vom Bau weiß, ihn vorwerfbar dennoch nicht untersagt (sich also verschweigt) und der Bauführer redlich ist. Redlicher Bauführer ist nicht nur, wer entschuldbar über die Eigentumsverhältnisse irrt und deshalb auf fremdem Grund baut, sondern auch, wer aufgrund einer Vereinbarung darauf vertraut, dort, wo er baut, auch bauen zu dürfen. Doch hat die Bestimmung des § 418 Satz 3 ABGB eine Willensdiskrepanz zwischen Grundeigentümer und Bauführer zur Voraussetzung. Das rechtlich entscheidende Moment für den Eigentumserwerb durch den redlichen Bauführer ist die Unredlichkeit des Grundeigentümers, der den Bauführer bauen läßt, obwohl er weiß, daß dieser auf fremdem Grund baut. § 418, Satz 3, ABGB ist vor allem als Sanktion gegen ein unredliches Verhalten des Grundeigentümers gedacht. Für die Verwirkung des Eigentumsrechtes am Grund ist also das Verhalten des Grundeigentümers wesentlich, der in Kenntnis seines eigenen Rechtes zusieht, wie dem Bauführer aus Unkenntnis dieses Rechtes Vermögensnachteile zu erwachsen drohen. Liegt deshalb eine Vereinbarung über die Bauführung vor, ist die Regelung des § 418, 3.Satz, ABGB nicht anwendbar. Es hängt in einem solchen Fall von der Vereinbarung ab, ob das Bauwerk dem Grundeigentümer oder der Grund dem Bauführer zufällt (JBl 1985, 741). Nur für den Fall, daß in einem solchen Übereinkommen vorgesehen wäre, daß der Grund dem Bauführer zufallen solle, der Grundeigentümer sich aber in der Folge nicht mehr an die Vereinbarung über die Überlassung des Grundes an den Bauführer hält, ist der Bauführer nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - die trotz der Kritik Ostheims, Zum Eigentumserwerb durch Bauführung, 54 ff, und Spielbüchlers in Rummel2 I Rz 7 zu § 418 ABGB aufrecht erhalten wurde - so zu behandeln, als ob kein Übereinkommen vorläge. Denn von der Wertung her ist dies nicht anders zu beurteilen als das Verhalten des Grundeigentümers, der den "Irrtum" des Bauführers, er werde einmal Eigentümer des Bauwerks samt Grund sein, dadurch herbeiführt, daß er dem Bauführer zuerst die Erwerbsmöglichkeit zusichert, den Erwerb des Grundes aber in der Folge vereitelt (SZ 59/38 mwN; JBl 1989, 582; 3 Ob 564/91; 1 Ob 3/93). Die Redlichkeit des Bauführers ist nicht nur zu bejahen, wenn er nicht weiß oder wissen mußte, daß der Grund, auf dem er baut, nicht in seinem Eigentum steht, sondern auch dann anzunehmen, wenn er zwar nicht über die Eigentumsverhältnisse irrt, wohl aber mit Grund darauf vertraut, dort bauen zu dürfen, wo er baut. Redlich ist daher auch ein Bauführer, der mit dem ihm bekannten Grundeigentümer eine Vereinbarung über den (späteren) Erwerb des Grundes abgeschlossen hatte, deren Erfüllung dieser dann aber unmöglich macht (JBl 1989, 582).

Aus diesen Rechtsgrundsätzen ergeben sich für den vorliegenden Fall folgende Konsequenzen:

Da die beklagte Partei einen Teil des Grundstückes der klagenden Partei aufgrund der Vereinbarung, dort bauen zu dürfen, in Anspruch nahm und das Vorliegen einer Bittleihe schon im Hinblick auf die auf Beständigkeit ausgerichtete Art des Baues auszuschließen ist, kann die klagende Partei ungeachtet dessen, daß bislang eine Einigung über eine abschließende Regelung (Kauf oder Eintausch der Liegenschaft durch die beklagte Partei? Bestandvertrag? Servitut?) offensichtlich nicht erfolgte, nicht zur Räumung aufgrund titelloser Benützung verpflichtet werden (vgl 3 Ob 564/91 ua). Dies bedeutet aber noch keineswegs, daß die beklagte Partei auch tatsächlich Eigentum am Grundstreifen erworben hat. Die Feststellungen der Untergerichte lassen die rechtliche Schlußfolgerung, daß ein zum Eigentumserwerb führender Titel zustandegekommen sei, nicht zu. Das Vorliegen eines Kaufvertrages ist mangels Einigung über den Kaufpreis zu verneinen (vgl Aicher in Rummel2 I, Rz 2, 3 und 10 zu § 1054 ABGB). Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes liegt auch kein Tauschvertrag vor. Dieser setzt - abgesehen davon, daß die mangelnde Legitimation der Verhandlungspartner zum Abschluß derartiger Verträge allseits bekannt war - voraus, daß das Tauschobjekt zumindest bestimmbar ist. Da die beklagte Partei weder eine konkrete Liegenschaft noch überhaupt deren Lage und Ausmaß als Tauschobjekt bezeichnet hat, Liegenschaften keinen einheitlichen Marktpreis haben und vor allem, wie der gegenständliche Prozeß zeigt, Uneinigkeit darüber bestand, welchen Wert die Liegenschaft der klagenden Partei hat und was der Begriff der gleichwertigen Liegenschaft bedeuten sollte, kann vom Zustandekommen eines Tauschvertrages keine Rede sein (vgl EvBl 1961/196). Die klagende Partei konnte daher auch nicht auf die Wirksamkeit und Durchführbarkeit des Tauschvertrages vertrauen, sodaß ihr durch die Unmöglichkeit der Leistung kein Schadenersatzanspruch erwachsen kann. Ein Anspruch auf das Erfüllungsinteresse aus Kauf oder Tausch steht ihr mangels eines Abschlusses derartiger Verträge jedenfalls nicht zu.

Da die beklagte Partei dessen ungeachtet vereinbarungsgemäß auf der Liegenschaft der klagenden Partei baute, käme ein Eigentumserwerb der beklagten Partei nach § 418, Satz 3, ABGB nur dann in Betracht, wenn der klagenden Partei die Vereitelung der Erfüllung einer Zusage, der beklagten Partei die erforderliche Grundfläche zu übereignen, vorgeworfen werden könnte. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die klagende Partei die Liegenschaft samt dem von der verbreiterten Straße umfaßten Grundstreifen an einen Dritten veräußert hätte. Nach dem vorliegenden Akteninhalt ist zunächst zweifelhaft, ob die klagende Partei überhaupt im Zusammenhang mit der Zustimmung zur Bauführung auch zugesagt hat, daß sie der beklagten Partei Eigentum am Grundstreifen unabhängig davon, ob jemals eine Einigung über den Kaufpreis oder über das Tauschobjekt zustandekommen wird, also im Ergebnis letztlich schenkungsweise, verschaffen wird. Im Zweifel wäre wohl nicht von einer Eigentumsübertragung, sondern von einer bloßen Gebrauchsgestattung (§ 915 ABGB), sei es etwa in Form einer Wegeservitut, auszugehen. Abgesehen davon wäre eine Eigentumsübertragung, falls eine solche überhaupt zugesagt sein sollte, ohne sie vom Zustandekommen eines Kauf- oder Tauschvertrages abhängig zu machen, nach wie vor möglich und gegen die klagende Partei durchsetzbar. Von einer treuwidrigen Vereitelung kann daher derzeit nicht gesprochen werden. Da somit ein Eigentumserwerb der klagenden Partei nach § 418, Satz 3, ABGB nicht stattfand, kann auch die Regelung über die Ersatzpflicht in Höhe des gemeinen Wertes nicht herangezogen werden. Ein gegenteiliges Ergebnis widerspräche dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Der Bauführer wäre dann verpflichtet, den gemeinen Wert für ein Grundstück zu zahlen, obwohl dem Grundeigentümer klar war, daß der Bauführer hiezu nicht bereit ist.

Da sich die klagende Partei nicht auf den Erfüllungsanspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus einem sie zur Eigentumsübertragung verpflichtenden wirksamen Kaufvertrag berufen hat, kann dahingestellt bleiben, ob und welche Absprachen im Zusammenhang mit der Gestattung der Straßenverbreiterung unter Inanspruchnahme eines Liegenschaftsteiles der klagenden Partei und dem vor einer Einigung über die Gegenleistung für diese Liegenschaft begonnenen und vollendeten Bau der Straße getroffen wurden.

Es war daher das Hauptbegehren - mit Ausnahme des bereits rechtskräftig zuerkannten Teiles - abzuweisen. Es kommt aber auch den Eventualbegehren keine Berechtigung zu. Der Räumungs- und Wiederherstellungsanspruch ist, wie bereits ausgeführt, aufgrund der Gestattung der Straßenerrichtung seitens der klagenden Partei nicht berechtigt. Es ist nicht erkennbar, welches Interesse die klagende Partei an der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Tauschvertrages haben sollte. Das betreffende Feststellungsbegehren steht vielmehr in unlösbarem Widerspruch zum weiteren Eventualbegehren auf Zuhaltung des Tauschvertrags, das aber ebenfalls unberechigt ist, weil kein Tauschvertrag zustandekam.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs.2 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf die §§ 43 Abs.2 und 50 ZPO. Aufgrund des im Verhältnis zum gesamten Begehren geringfügigen Prozeßerfolges der klagenden Partei waren der beklagten Partei die gesamten Kosten zuzuerkennen.

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