OGH 10ObS284/94

OGH10ObS284/9431.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Steinbauer als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Dietmar Strimitzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Gotschy (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Herta H*****, diplomierte Krankenschwester, ***** vertreten durch Dr.Peter Rudeck und Dr.Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.September 1994, GZ 32 Rs 115/94-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18.Mai 1994, GZ 29 Cgs 28/93g-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 9.8.1944 geborene Klägerin hat den Beruf einer Diplomkrankenschwester erlernt und war seit 1967 durchgehend als Operationsschwester tätig. Sie leidet an einer Spondylose der Hals- und Lendenwirbelsäule, einer beidseitigen Omarthrose beidseits, an Varicen beider Beine, einem Lungenemphysem, an niedrigem Blutdruck, einer geringen Lebervergrößerung, einer vergröberten Struktur der Haut am Schultergürtel (jedoch ohne aktuelle ekzematöse Veränderungen), einem Asthma bronchiale und einer polyvalenten Allergie. Asthma bronchiale wurde bei der Klägerin als Berufskrankheit anerkannt. Die Klägerin ist in der Lage, leichte bis halbzeitig mittelschwere Arbeiten in normaler Schicht mit den üblichen Pausen zu verrichten. Ein Heben des linken Armes über Schulterhöhe, dauernd gebückte Haltung, Stehen während der gesamten Arbeitszeit und Arbeiten unter ständigem besonderen Zeitdruck, in ständiger Nässe und Kälte sowie in Kontakt mit Chemikalien, Säuren, Laugen und Detergentien unter Einfluß von Atemreizstoffen sowie generell Arbeiten im chirurgischen Bereich scheiden aus. Die Manipulation mit Medikamenten, Heil- und Behandlungsbehelfen ist der Klägerin möglich. Der Kontakt mit Desinfektionsmitteln zur Reinigung von Haut- und Arbeitsflächen im Bereich von internen Ambulanzen ist ihr ebenfalls zumutbar. Die Klägerin kann nicht mehr als Operationsschwester tätig sein, sie ist aber noch in der Lage, als Krankenschwester im Bereich von Ambulanzen, insbesondere der inneren Medizin oder der Kinderheilkunde, auch in rein internen oder pulmologischen Abteilungen von Krankenhäusern, in Pflegeheimen oder psychiatrischen Krankenhäusern zu arbeiten.

Das Erstgericht wies das auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab 1.7.1992 gerichtete Klagebegehren ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, daß die Klägerin noch zum Berufsbild der Diplomkrankenschwester gehörige Verweisungstätigkeiten verrichten könne.

Das Gericht der zweiten Instanz bestätigte diese Entscheidung und vertrat die Rechtsmeinung, daß die Verweisungstätigkeiten der bisher ausgeübten Berufstätigkeit gleichwertig seien. Sie zögen keinen sozialen Abstieg nach sich, weil eine Diplomkrankenschwester zwar nicht auf einfache Sanitätshilfsdienste, wohl aber auf sämtliche Krankenschwesternberufe verwiesen werden könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Eine Diplomkrankenschwester darf nicht auf Arbeitsverwendungen verwiesen werden, die Fähigkeiten und Kenntnisse erfordern, die erheblich unter dem Niveau des Krankenpflegefachdienstes (§ 4 Krankenpflegegesetz, BGBl 1961/102) liegen (SSV-NF 3/102, 5/94). Die Ausbildung einer Diplomkrankenschwester zur Operationsschwester erfolgt im Rahmen des erlernten Berufes durch einen einjährigen Sonderausbildungskurs (Berufslexikon 2 Ausgewählte Berufe [1989] 307). Der Tätigkeitsbereich der Diplomkrankenschwester ist der praktische Dienst in Spitälern, am Krankenbett, in Heimen, in Ambulanzen oder Ordinationen (Berufslexikon 2 aaO 276; vgl SSV-NF 6/105).

Dieser zuletzt ausgeübte und erlernte Beruf der Diplomkrankenschwester bestimmt das Verweisungsfeld, das heißt die Summe aller Berufe, die ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (Teschner in Tomandl, SV-System

7. ErgLfg 376; 10 Ob S 203/94). Die Klägerin ist im Rahmen der Verwendungen des Berufes der Diplomkrankenschwester verweisbar. Ihre Spezialisierung als Operationsschwester erfolgte im Rahmen dieses Berufsbildes. Die durch die Erlernung des Berufes und seiner notwendigen praktischen Ausbildung vermittelten Inhalte der Tätigkeit einer diplomierten Krankenschwester würden dadurch nicht ausgeklammert. Eine Umstellung auf einen anderen Beruf erfolgte nicht (SSV-NF 7/13). Die Verweisung auf die Tätigkeit einer Diplomkrankenschwester im Bereich von Ambulanzen wurde daher nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens im Rahmen des erlernten Berufes und des medizinischen Leistungskalküls vorgenommen. Weiterer Feststellungen über die einzelnen in Ambulanzen von Diplomkrankenschwestern vorzunehmenden Tätigkeiten bedurfte es nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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