OGH 14Os167/94

OGH14Os167/9431.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 1995 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Ebner, Dr. E. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Erdei als Schriftführer, in der Strafsache des Privatanklägers Mag. Johann St* gegen Dr. Roman K* wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB, AZ 2 U 554/93 des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Berufungsgericht vom 19. Mai 1994, AZ 1 b Bl 27/94 (= ON 24), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, der Vertreterin des Privatanklägers, Richteramtsanwärterin Mag. Pfundner, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Hirtler, jedoch in Abwesenheit des Privatanklägers zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0140OS00167.9400000.0131.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Durch das vom Berufungsgericht gepflogene Verfahren ist das Gesetz in der Bestimmung des § 473 Abs 2 StPO verletzt worden.

Das darnach erlassene Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Berufungsgericht vom 19. Mai 1994, AZ 1 b Bl 27/94 (= ON 24), wird aufgehoben und diesem Gericht aufgetragen, über die Berufung des Privatanklägers neuerlich zu entscheiden.

 

 

Gründe:

 

Mit dem oben bezeichneten Urteil wurde in Stattgebung der Berufung des Privatanklägers Mag. Johann St* das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 17. Dezember 1993 (ON 16), mit dem der Angeklagte Dr. Roman K* von der Privatanklage wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB gemäß § 259 Z 1 StPO freigesprochen worden war, wegen Nichtigkeit aufgehoben und Dr. K* im Sinne der Privatanklage verurteilt.

Nach diesem Schuldspruch hat der Angeklagte Dr. K* den Privatankläger Mag. St* am 2. Juli 1993 in Graz durch die Äußerung: "Herr Direktor, Sie sind ein Denunziant !" in einer für Dritte wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung geziehen, die geeignet ist, diesen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen.

Nach den erstinstanzlichen, vom Berufungsgericht übernommenen wesentlichen Feststellungen ist der Angeklagte Dr. K* als Beamter des Landesschulrates für die Steiermark mit der Vergabe von Finanzmitteln für Schulen befaßt, während der Privatankläger Mag. St* als Direktor eines Grazer Gymnasiums fungiert. Der Angeklagte und der Privatankläger wiesen einander gegenseitig die Schuld am Verfall der im Jahre 1992 für diese Schule vorgesehenen Budgetmittel zu, die vom Privatankläger allerdings nicht vorschriftsgemäß angesprochen worden waren. Nach einer am 27. April 1993 im Landesschulrat abgehaltenen Dienstbesprechung, die zu keiner Bereinigung der Angelegenheit geführt hatte, wandte sich der Privatankläger an die Presse. In einem am 27. Mai 1993 erschienenen Zeitungsartikel forderte er den Angeklagten wegen des Vorwurfes, für den Verfall der Budgetmittel sei er (Mag. St*) selbst verantwortlich, zur Abgabe einer Ehrenerklärung auf. Mit dem Inhalt dieses Zeitungsartikels wurde der Angeklagte, der auch in leitender Funktion in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst tätig ist, bei einer an diesem Tag stattfindenden Gewerkschaftstagung überraschend und in einer für ihn äußerst peinlichen Weise konfrontiert. Das zur Ehrenerklärung auffordernde Schreiben des Privatanklägers kam dem Angeklagten nämlich erst am darauffolgenden Tag zu. Am 29. Mai 1993 wurde in einer anderen Zeitung abermals von der Forderung des Privatanklägers nach einer Ehrenerklärung des Angeklagten und überdies darüber berichtet, daß Mag. St* im Weigerungsfalle wegen kreditschädigender Äußerung klagen müßte. Weiters richtete der Privatankläger am 26. Mai 1993 an den Präsidenten des Landesschulrates für die Steiermark ein Schreiben, in dem er seinen Standpunkt erläuterte und weitere Schritte zu dessen Durchsetzung in Aussicht stellte. Sinngemäß wird dem Angeklagten in diesem Schreiben Mangel an Sachkundigkeit, Kooperationsbereitschaft und Serviceorientiertheit vorgeworfen. Das Schreiben hatte zur Folge, daß sich der Angeklagte in einer Sitzung des Landesschulrates zu den Vorwürfen des Privatanklägers äußern mußte. Zudem entstand beim Angeklagten die Befürchtung, wegen dieser Bezichtigungen bei einer von ihm erhofften Beförderung übergangen zu werden.

Am 2. Juli 1993 fand aus Anlaß einer Schutzraumübergabe in der Schule des Privatanklägers eine Dienstbesprechung statt, an der auch der Angeklagte teilnahm. Nach deren Beendigung kam es zwischen dem Privatankläger und dem Angeklagten beim gemeinsamen Verlassen der Direktionskanzlei zu einem die beschriebene Affaire betreffenden Wortwechsel, in dessen Verlauf seitens des Angeklagten jene Äußerung fiel, die den Gegenstand der Privatanklage bildet.

 

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht sprach dem Privatankläger ‑ infolge eines noch zu erläuternden grundlegenden Mißverständnisses der Bestimmungen des § 117 Abs 2 StGB ‑ die Berechtigung zur Privatanklage ab und kam so zu einem Freispruch nach § 259 Z 1 StPO. Darüberhinaus traf es auch die wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und nahm darnach mit Beziehung auf den vom Angeklagten Dr. K* angebotenen Beweis der Wahrheit bzw des guten Glaubens (S 23 f) ausdrücklich als erwiesen an, daß sich der Angeklagte infolge des vorangegangenen Verhaltens des Privatanklägers mit gutem Grund als denunziert betrachtet haben konnte.

Das Berufungsgericht hingegen anerkannte ‑ im Ergebnis zwar zu Recht, jedoch seinerseits die Voraussetzungen des § 117 Abs 2 erster Satz StGB verkennend ‑ die Anklageberechtigung des Privatanklägers und hob daher den Formalfreispruch auf. Es vertrat ferner die Auffassung, daß nach dem im Ersturteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt schon aus rechtlichen Erwägungen der Beweis des guten Glaubens als mißlungen anzusehen sei, erachtete daher insoweit eine Wiederholung des Beweisverfahrens für nicht erforderlich und erkannte in der Sache selbst auf Schuldspruch.

Vor Eingehen in die vom Generalprokurator gegen diese Berufungsentscheidung (eigentlich: gegen das dieser Entscheidung vorausgegangene Berufungsverfahren) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes sei zu den hier aktuellen Fragen der Berechtigung zur Anklage nach § 117 Abs 2 StGB folgendes klargestellt:

1. Zur Begründung für die Verneinung der Aktivlegitimation des Privatanklägers führte das Erstgericht in einer inhaltlich und sprachlich mißglückten Wiedergabe des ersten Satzes des § 117 Abs 2 StGB aus, "daß eine strafbare Handlung gegen die Ehre eines Beamten nur mit Ermächtigung der vorgesetzten Stelle innerhalb der sonst vom Verletzten für das Verlangen nach Verfolgung offenstehenden Frist zu erfolgen hat" (S 84). Ersichtlich vertrat es also ‑ wie noch besonders durch den anschließenden Hinweis deutlich wird, daß der Privatankläger zugegeben habe, von "seiner dienstvorgesetzten Behörde ... keine Ermächtigung zur Klagserhebung eingeholt (zu haben), bevor (er) die Privatanklage eingebracht" hat (S 74) ‑ die Auffassung, im Falle einer strafbaren Handlung gegen die Ehre wider einen Beamten dürfe dieser nur mit Ermächtigung seiner vorgesetzten Stelle Privatanklage erheben.

Eine derartige, dem Erstgericht offenbar vorschwebende Zustimmung ("Ermächtigung") der vorgesetzten Dienststelle eines Beamten zur Erhebung einer Privatanklage wegen einer an dem Beamten begangenen strafbaren Handlung gegen die Ehre ist dem Gesetz fremd. Die Besonderheit der Regelung der Anklageberechtigung wegen strafbarer Handlungen gegen die Ehre wider einen Beamten (oder wider einen Seelsorger einer im Inland bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft) besteht vielmehr darin, daß in den Fällen des § 117 Abs 2 StGB (Begehung während der Ausübung des Amtes oder Dienstes oder in Beziehung auf Berufshandlungen bei qualifizierter Publizität) der öffentliche Ankläger solche Vergehen zu verfolgen hat, und dieser es ist, der dazu der Ermächtigung des Verletzten und der diesem vorgesetzten Stelle bedarf. Allerdings kann der verletzte Beamte (oder Seelsorger) in den Fällen des § 117 Abs 2 StGB auch selbst Privatanklage erheben, wenn er innerhalb der Frist des § 46 Abs 1 StPO ohne vorangehende Anfrage des öffentlichen Anklägers unwiderruflich ‑ und ausdrücklich (Foregger‑Serini StGB5 Erl I; Foregger in WK Rz 5; Kienapfel BT I3 Rz 20; Leukauf‑Steininger Komm3 RN 25, je zu § 117; ÖJZ‑LSK 1980/46; aM Bertel Strafprozeßrecht4 Rz 44; Bertel‑Schwaighofer BT I3 Rz 11 zu § 117) - erklärt, die erforderliche Ermächtigung nicht zu erteilen, oder eine der zur Ermächtigung erforderlichen Erklärungen des Verletzten und der diesem vorgesetzten Stelle auf Anfrage des öffentlichen Anklägers verweigert wird (§ 2 Abs 2 StPO). Der Verletzte ist im übrigen auch dann selbst zur Anklage berechtigt, wenn der öffentliche Ankläger eine solche strafbare Handlung nicht verfolgt oder von der Verfolgung zurücktritt (§ 117 Abs 4 StGB). Niemals bedarf aber ein Beamter (Seelsorger) ‑ wie nochmals betont sei ‑ der Zustimmung seiner vorgesetzten Stelle zur Ausübung seines Privatanklagerechtes.

2. Auch das Berufungsgericht scheint insoweit einem Mißverständnis unterlegen zu sein. Das ‑ nach dem zuvor Gesagten jedenfalls zutreffende ‑ Berufungsvorbringen, das Fehlen der "Ermächtigung" der vorgesetzten Dienststelle zur Verfolgung sei vom Erstgericht zu Unrecht als rechtliches Hindernis einer Strafverfolgung durch den Privatankläger angesehen worden, hätte nämlich zur sachgerechten Entscheidung der Streitfrage der Anklageberechtigung keiner Untersuchung der Beziehung zwischen dem ehrenrührigen Vorwurf und einer Berufshandlung des Privatanklägers (S 121 f) bedurft, die nur für die Verfolgungskompetenz des öffentlichen Anklägers bei qualifiziert öffentlicher Begehung (§ 117 Abs 2 zweiter Satz StGB) überhaupt aktuell gewesen wäre. Bei der hier gegebenen einfachen Publizitätsform war ‑ was eben auch das Berufungsgericht verkannt hat ‑ unter dem Aspekt der Anklageberechtigung lediglich zu prüfen, ob die unter Privatanklage gestellte strafbare Handlung gegen die Ehre des Mag.St*, der als Gymnasialdirektor Beamter (§ 74 Z 4 StGB) ist, während der Ausübung seines Amtes oder Dienstes begangen wurde (§ 117 Abs 2 erster Satz StGB). Auf eine Beziehung zu Berufshandlungen des Verletzten kommt es dabei nicht an.

3. Für die Lösung der somit zunächst interessierenden Frage nach dem für die Anklagekompetenz hier maßgeblichen Konnex finden sich in der Judikatur ‑ obgleich im Gesetz mitunter eine ähnliche zeitliche Beziehung zwischen Tat und Tätigkeit des Tatbetroffenen gefordert wird (vgl §§ 64 Abs 1 Z 2 erster Fall; 84 Abs 2 Z 4; 270 StGB) ‑ keine auf den vorliegenden Fall anwendbaren Abgrenzungskriterien und auch die Literatur bietet nur spärliche Hinweise dafür, was unter "während der Ausübung" des Amtes oder Dienstes zu verstehen und wo die Grenze zu nichtamtlichem oder außerdienstlichem Verhalten zu ziehen ist.

Aus dem Wort "Ausübung" in § 117 Abs 2 StGB ist zu erschließen, daß die schlichte Anwesenheit des Beamten während der Dienstzeit am gewöhnlichen Ort seiner Amts‑ oder Dienstverrichtungen allein jedenfalls ebensowenig genügt, wie seine bloße Dienstbereitschaft. Beamte (Seelsorger) sind vielmehr erst dann in Ausübung ihres Amtes oder Dienstes begriffen, wenn sie eine in ihren amtlichen Wirkungskreis fallende Handlung rechtmäßig vornehmen (Altmann‑Jacob I, 386 zu § 153 StG 1945), sich also in Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben betätigen. Dieser Wirkungskreis ist nach den jeweiligen Dienstvorschriften zu beurteilen (Burgstaller in WK § 84 Rz 60). Eine Amts‑ oder Dienstausübung muß auch nach außen als solche erkennbar in Erscheinung treten, denn nur dann besteht das der Bestimmung des § 117 Abs 2 erster Satz StGB zugrundeliegende Bedürfnis nach einem erhöhten prozessualen Schutz des Beamten (vgl Hager‑Walenta, Persönlichkeitsschutz im Straf‑ und Medienrecht2, 15). Neutrale Verrichtungen und Verhaltensweisen eines Beamten selbst während der Dienstzeit am Dienstort, die nicht als Erfüllung spezifischer Vollzugsaufgaben des Beamten erkennbar sind, stellen daher noch keine Ausübung seines Amtes oder Dienstes dar.

Demnach sind zwar Dienstbesprechungen, an denen ein Gymnasialdirektor in dieser Funktion teilnimmt, als Amtsausübung zu beurteilen; sonstige Gespräche aber, die er außerhalb des formellen Rahmens solcher Dienstbesprechungen führt, ohne daß sich diese zugleich sinnfällig als Betätigung im Sinne seiner eigentlichen Aufgaben als Schulleiter (§ 56 SchUG) darstellen, fallen auch dann nicht darunter, wenn sie einen dienstlichen Hintergrund haben. Die Aktivlegitimation des Mag. St*, der nach den bisherigen Verfahrensergebnissen zum Zeitpunkt des gegen ihn gerichteten ehrenrührigen Angriffes gemäß dem Vorgesagten nicht in Ausübung seines Amtes begriffen war, wurde demnach vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht und deshalb der auf deren Fehlen gegründete erstinstanzliche Formalfreispruch zutreffend wegen Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit c StPO kassiert.

Dem Generalprokurator hinwieder ist in seinem Beschwerdevorbringen beizupflichten, daß das Berufungsgericht nach dem von ihm gepflogenen Verfahren nicht unmittelbar mit einem Schuldspruch hätte vorgehen dürfen.

Gerade nach Aufhebung eines freisprechenden Urteils darf das Berufungsgericht nur dann in der Sache selbst entscheiden, wenn die Tatsachen, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes dem Erkenntnis zugrunde zu legen wären, im angefochtenen Urteil einwandfrei festgestellt sind. Hält das Berufungsgericht dagegen eine Überprüfung der erstinstanzlichen Feststellungen für geboten, muß es ‑ wenn es nicht gemäß § 470 Z 3 StPO vorgeht ‑ in der Berufungsverhandlung das vom Erstgericht durchgeführte Beweisverfahren gemäß den Grundsätzen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit wiederholen oder ergänzen (§ 473 Abs 2 StPO). Dies folgt schon aus dem Fairneßgebot des Art 6 EMRK, würde doch andernfalls der freigesprochene Angeklagte, der durch die Entscheidung in erster Instanz nicht beschwert ist und dem daher ein Anfechtungsrecht nicht zukommt, schlechter gestellt sein als sein Gegner, der das in erster Instanz ergangene, ihm nachteilige Urteil im Rechtsmittelweg zu bekämpfen vermochte (vgl 11 Os 37/92 = JBl 1993, 405 mwN).

Im gegenständlichen Fall hat das Erstgericht dem Angeklagten zugebilligt, bei Abgabe der inkriminierten Äußerung im guten Glauben gehandelt zu haben und solcherart als erwiesen angenommen, daß er im Tatzeitpunkt hinreichend Gründe hatte, seine Behauptung für wahr zu halten. Von den diesem Ausspruch zugrunde liegenden tatsächlichen Urteilsannahmen, die sich auch auf den subjektiven Bereich erstrecken und sich daher keineswegs in einer rechtlichen Beurteilung objektiver Gegebenheiten erschöpfen (zum Wesen des Beweises des guten Glaubens siehe insb Leukauf‑Steininger Komm3 § 111 RN 30 und Foregger in WK § 112 Rz 12), hätte die Instanz nur nach eigenständiger Beweiswürdigung und vor allem nur nach Anhörung des Angeklagten, der zum angebotenen Beweis des guten Glaubens nie vernommen worden ist (vgl S 58, 70 und 110), abgehen dürfen. In Wahrheit hat aber das Berufungsgericht die vom Erstgericht aus den Verfahrensergebnissen abgeleiteten tatsächlichen Folgerungen auf ein gutgläubiges Verhalten des Angeklagten ohne eigene Beweisaufnahme zu dessen Nachteil umgedeutet und damit gegen die Bestimmung des § 473 Abs 2 StPO verstoßen.

Durch das in zweiter Instanz gepflogene Verfahren ist daher das Gesetz verletzt worden, weshalb das darnach erlassene, dem Angeklagten nachteilige Urteil aufzuheben und eine Erneuerung des Berufungsverfahrens anzuordnen war (§ 292 letzter Satz StPO). Dabei wird sich das Berufungsgericht ‑ soferne es nicht nach § 470 Z 3 StPO vorgeht ‑ auch eine Überprüfung der sachlichen Berechtigung der von den Prozeßparteien gegeneinander erhobenen Vorwürfe angelegen sein lassen müssen, denn nur auf diesem Hintergrund wird eine verläßliche Beurteilung der Sache möglich sein.

 

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