OGH 12Os115/94

OGH12Os115/9426.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hermann K***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 dritter Fall SGG im Entwicklungsstadium des Versuchs nach § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 22.April 1994, GZ 34 b Vr 103/92-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Hermann K***** wurde von dem Anklagevorwurf, Anfang April 1991 mit dem gesondert verfolgten Johann P***** versucht zu haben, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge aus Spanien auszuführen, indem sie mit dem P***** gehörigen Personenkraftwagen 10 kg Haschisch vom Süden Spaniens zwecks Weitertransportes über Frankreich nach Österreich nordwärts verbrachten, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Nach tatrichterlicher Überzeugung waren die in der Hauptverhandlung erzielten Beweisergebnisse nicht geeignet, die leugnende Verantwortung des Angeklagten zu widerlegen. Dabei ging das Erstgericht davon aus, daß eine Vernehmung des gesondert bereits rechtskräftig verurteilten Johann P***** bzw die Verlesung des betreffenden Gerichtsaktes dem Antrag der Anklagebehörde zuwider nicht zulässig sei, weil Johann P***** von dem ihm gemäß § 152 Abs 1 Z 1 StPO zustehenden Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht hatte (324 ff).

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu.

Nach der nunmehr gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vermag weder ein anhängiges oder auch bereits beendetes Verfahren gegen eine als Zeuge in Betracht kommende Person noch deren sich darauf berufende Entschlagungserklärung für sich allein eine rechtswirksame Zeugnisbefreiung zu begründen (14 Os 82/94). Auch bei einer derartigen Konstellation hat das erkennende Gericht vielmehr zu prüfen, ob die Aussage des Zeugen auf die Gefahr einer Selbstbezichtigung in dem gegen ihn geführten Strafverfahren hinausläuft. Von einem Zeugen allerdings, der einen gegen ihn erhobenen Vorwurf bereits als zu Recht bestehend anerkannt hat, kann im allgemeinen nicht angenommen werden, daß er sich im Umfang seines Geständnisses durch eine inhaltsgleiche wahrheitsgemäße Aussage zusätzlich belaste, indem er dadurch ein weiteres Beweismittel gegen sich schaffen könnte. Davon ausgehend wäre das Erstgericht aber vor Fällung des gerügten Zwischenerkenntnisses über die in Rede stehenden Beweisanträge der Staatsanwaltschaft zur Prüfung der aus der Sicht des § 152 Abs 1 Z 1 StPO wesentlichen Umstände verhalten gewesen, ob sich Johann P***** tatsächlich uneingeschränkt geständig verantwortet hatte bzw ob seine vorausgegangene Verfahrenseinlassung die Möglichkeit einer zusätzlichen Selbstbelastung offen ließ. Daß im Rahmen der dazu anzustellenden Erwägungen (hier vom Erstgericht mitberücksichtigte) Aspekte einer potentiellen Verfolgung des Zeugen wegen allfälliger Verleumdung außer Betracht zu bleiben haben, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits dargetan: Die Bestimmung des § 152 Abs 1 Z 1 StPO bezweckt nämlich eine Befreiung jener Personen vom Zwang zu zeugenschaftlicher Selbstbelastung, die bereits wegen einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung verfolgt werden, welche in einem rechtlichen oder sachlichen Konnex zu jener Tat steht, die dem Beschuldigten (Angeklagten) angelastet wird, oder die zwar insoweit noch nicht gerichtlich verfolgt, strafbarer Tatbeteiligung jedoch verdächtigt werden. Mit Rücksicht auf den für berechtigte Zeugnisentschlagung erforderlichen Konnex zwischen jener Tat, die Gegenstand des Strafverfahrens ist, in dem der Zeuge vernommen wird, und jener, die dem bereits anhängigen Strafverfahren oder gegebenenfalls dem bloßen Tatverdacht gegen den Zeugen zugrunde liegt, muß der Entschlagungsgrund schon bei der ersten Vernehmung zur betreffenden Sache gegeben sein und darf nicht erst durch die Aussage selbst geschaffen werden (14 Os 82/94).

In Stattgebung der aus den dargelegten Gründen berechtigten Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde war daher der bekämpfte Freispruch zu kassieren und die Verfahrenserneuerung in erster Instanz anzuordnen.

Vollständigkeitshalber ist hinzuzufügen, daß die bisher aktenkundigen Verfahrensergebnisse in materiellrechtlicher Hinsicht die Prüfung der Frage aktualisieren, ob im Hinblick auf die Sicherstellung des tatverfangenen Suchtgiftes in der südlichsten Region Spaniens (5, 7, 85, 179, 219, 220) aus aktionsmäßiger (zeitlicher wie örtlicher) Sicht in Ansehung der für die nördliche Landesgrenze zu Frankreich geplanten Suchtgiftausfuhr sämtliche Voraussetzungen der versuchsspezifischen Ausführungsnähe im Sinne des § 15 Abs 2 StGB oder aber allein die Tatbestandskriterien nach § 14 Abs 1 SGG, allenfalls nur nach § 14 a SGG vorliegen.

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