OGH 12Os134/94

OGH12Os134/9426.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hradil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Uwe M***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Christian W***** sowie die Nichtikeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten Ivica und Nikola D***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 4. Juli 1994, GZ 32 Vr 2077/92-55, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Jerabek, der Angeklagten Christian W*****, Ivica und Nikola D*****, der Verteidiger Mag.Schmid und Dr.Starzer und der Dolmetscherin Mag.K***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian W***** wird verworfen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den die Angeklagten Ivica D***** und Nikola D***** betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Ivica D***** und Nikola D***** werden nach § 128 Abs 2 StGB zu je 2 (zwei) Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB werden diese Freiheitsstrafen jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen.

Der Berufung des Angeklagten Christian W***** wird nicht Folge gegeben.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf die Ivica D***** und Nikola D***** betreffende Strafneubemessung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Christian W*****, Ivica D***** und Nikola D***** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Christian W*****, Ivica D***** und Nikola D***** wurden (neben dem Mitangeklagten Uwe M*****) - im zweiten Rechtsgang - des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt (Schuldspruch 1). Demnach haben sie in der Zeit von August 1991 bis Februar 1992 in Linz im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung mindestens 132 Autoradios im Gesamtwert von 526.680 S Verfügungsberechtigten der Firma P***** GesmbH weggenommen. Ivica D***** hat überdies (laut Schuldspruch 2) im Juni 1992 gewerbsmäßig drei Lederjacken im Gesamtwert von 2.079 S zum Nachteil der Firma P***** GesmbH gestohlen.

Wegen der Diebstähle laut den nunmehrigen Schuldsprüchen 1, hinsichtlich Ivica D***** auch 2 - Christian W***** auch wegen gewerbsmäßigen Diebstahls weiterer 20 Autoradios und einiger Radioboxen im Gesamtwert von ca 46.000 S laut bereits im ersten Rechtsgang zur Gänze in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch (dort A 2) - wurden die Angeklagten nach § 128 Abs 2 StGB zu Freiheitsstrafen von je 24 Monaten, Ivica D***** und Nikola D***** überdies je zu 120 Tagessätzen (unterschiedlicher Höhe), im Fall der Uneinbringlichkeit zu je 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt und die Freiheitsstrafen bei Christian W***** (und Uwe M*****) gemäß § 43 Abs 1 StGB, bei Ivica und Nikola D***** hingegen nach § 43 a Abs 2 StGB jeweils für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpfen der Angeklagte Christian W***** im Schuldspruch 1 aus § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO und die Staatsanwaltschaft zugunsten der Angeklagten Ivica und Nikola D***** im Strafausspruch aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO jeweils mit Nichtigkeitsbeschwerde.

Lediglich letzterwähnter Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian W*****:

Nach den tatrichterlichen Feststellungen handelt es sich bei den tatgegenständlichen Autoradios um Handelsware, die vom Detailhandelsunternehmen Peter R***** WarenhandelsGesmbH & Co KG in Hongkong gekauft und von dort durch die Spedition P***** GesmbH in deren Zollager nach Linz transportiert wurde, von wo sie nach Verzollung an die Firma R***** hätte ausgeliefert werden sollen. Die urteilsgegenständlichen Diebstähle ereigneten sich in den Lagerräumlichkeiten der Firma P***** in Linz. Der Verkaufspreis der in Rede stehenden Radiogeräte im Detailhandel der Firma R***** belief sich zur Tatzeit auf 3.990 S, der Gesamtwert von 132 Stück daher auf

526.680 S. Dieser Wert war vom zumindest bedingten Vorsatz sämtlicher Mittäter umfaßt, die auf Grund ihrer Kenntnis des Verkaufspreises die Überschreitung der nach § 128 Abs 2 StGB maßgeblichen Wertgrenze von 500.000 S zumindest ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden (40/II).

Der mit der Mängelrüge (Z 5) gegen diese Urteilsfeststellung zur subjektiven Tatseite erhobene Einwand einer Scheinbegründung scheitert schon mangels umfassender Orientierung an den Urteilsgründen. Die die (ungefähre) Kenntnis des Verkaufspreises durch die Angeklagten betreffende Feststellung beruht nämlich auf der als glaubwürdig beurteilten Verantwortung des Angeklagten Uwe M*****, wonach dieser zusammen mit seinen drei Komplizen den Schadensbetrag mit 520.000 S errechnete (42/II iVm 335/I und 7/II). Soweit dazu eine Erörterung von Angaben des Beschwerdeführers über eine Bewertung von Einzelgeräten mit 3.000 S vermißt wird, genügt der Hinweis darauf, daß sich diese Angaben sinngemäß bloß auf den von den Tätern am Schwarzmarkt erzielbaren Erlös, nicht auf den Detailhandelspreis bezogen, demnach keine entscheidende Tatsache betrafen und solcherart im Rahmen der entscheidungstragenden Erwägungen keiner Mitberücksichtigung bedurften.

Fehl geht aber auch die Subsumtionsrüge (Z 10), mit der eine Wertberechnung nach dem Großhandelseinkaufspreis zuzüglich 20 S Frachtanteil reklamiert wird, was anstatt des am Detailhandelspreis orientierten Gesamtschadens laut Urteilsspruch infolge eines Stückpreises von bloß 2.199,10 S eine Schadenssumme von insgesamt lediglich 334.236,20 S und damit den Wegfall der Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB ergäbe.

Wie bereits in der im ersten Rechtsgang ergangenen Rechtsmittelentscheidung vom 27.Jänner 1994, GZ 12 Os 136/93-10, im Einklang mit herrschender Judikatur und Lehre dargelegt, ist bei der Ermittlung des strafrechtlich relevanten Sachwertes von Kleinhandelsware vom Detailverkaufspreis auszugehen (Leukauf-Steininger3 RN 20 ff zu § 128 StGB mwN). Daß etwa bei Abwicklung eines Speditions- oder Frachtgeschäftes Alleingewahrsam des Spediteurs, Frachtführers oder selbständigen Transporteurs am Frachtgut besteht, bleibt für die Ermittlung des Sachwertes der Kleinhandelsware ohne Bedeutung. Im Vermögen der das Transportgut befördernden Vertragspartner des Eigentümers (Auftraggebers) kommt dem Sachwert keine spezifische Funktion zu, weil er dort nach der Rechtsnatur des den (Allein-)Gewahrsam begründenden Vertragsverhältnisses zu keinem Vermögenszuwachs führt. Auch im - hier aktuellen - Fall des durch Diebstahl herbeigeführten Bruchs des (vorübergehenden) Alleingewahrsams des Frachtführers oder Transporteurs tritt die korrespondierende Vermögensverminderung ausschließlich in der wirtschaftlichen Sphäre des Eigentümers (Auftraggebers) ein. Daran ändert dessen gesetzlicher (zB § 430 HGB) oder/und vertraglicher Ersatzanspruch gegen die Vertragspartner nichts, weil es sich dabei um bloß schuldrechtlich wirksame, in ihrer Durchsetzung von Unabwägbarkeiten abhängige Ansprüche auf Schadensdeckung handelt. Dem Erstgericht ist daher der behauptete Rechtsirrtum nicht unterlaufen, wenn es in wirtschaftlich opferbezogener Betrachtungsweise den Detailhandelspreis der gestohlenen Ware der Schadensberechnung zugrunde legte.

Die nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten W***** war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Wie in den Urteilsgründen selbst eingeräumt wird, blieb bei der erstgerichtlichen Bemessung der über die Angeklagten Ivica und Nikola D***** verhängten Strafen außer acht, daß § 43 a Abs 2 StGB für eine Kombination von Freiheits- und Geldstrafe bei teilbedingter Verurteilung an bestimmte Strafdimensionen anknüpft. Danach kommt die in Rede stehende Sanktionsvariante nur in Betracht, wenn auf eine Freiheitsstrafe von (mehr als sechs Monaten aber) nicht mehr als zwei Jahren zu erkennen wäre. Der Ausspruch der Geldstrafen zusätzlich zu den verhängten Freiheitsstrafen von je 24 Monaten verletzt daher die zitierte Gesetzesbestimmung und verwirklicht damit den von der Anklagebehörde geltend gemachten Nichtigkeitsgrund (Z 11). Die davon erfaßten Strafaussprüche waren daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu kassieren.

Zu den Berufungen und zur Strafneubemessung:

Das Schöffengericht wertete bei der Strafbemessung hinsichtlich Christian W***** keinen Umstand als erschwerend, als mildernd hingegen sein reumütiges Geständnis, die Unbescholtenheit und die teilweise Schadensgutmachung.

Mit seiner dagegen erhobenen Berufung strebt der Angeklagte W***** eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe auf die in § 128 Abs 2 StGB normierte Untergrenze (von einem Jahr) an, weil das Erstgericht die angenommenen Milderungsgründe unterbewertet habe.

Dem Berufungsstandpunkt zuwider trägt das bekämpfte Strafausmaß den vorliegend gegebenen Straferfordernissen sowohl in spezial- wie auch in generalpräventiver Hinsicht in sachgerechter Weise Rechnung. Die Ausnützung der durch die Beschäftigung des Angeklagten (und seiner Komplizen) bei einem Speditionsunternehmen eröffneten besonderen Tatgelegenheit durch einen längeren Zeitraum zu Diebstählen von insgesamt kapitaler Schadensdimension läßt gravierende Deliktselemente erkennen, die aus der Sicht der Täterperson wie auch des Tatunwerts der beantragten Reduktion der ohnedies bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe entgegenstehen.

Bei der hinsichtlich der Angeklagten Ivica D***** und Nikola D***** durch die Aufhebung der Strafaussprüche notwendig gewordenen Strafneubemessung war bei beiden Angeklagten der tatbedingte Treubruch gegenüber dem Arbeitgeber erschwerend, mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel die teilweise zwischenzeitige Schadensgutmachung, bei Ivica D***** zudem das tataktuelle Alter unter 21 Jahren.

Davon ausgehend erwies sich unter Mitberücksichtigung der von Ivica D***** allein verübten Diebstähle eine entsprechende Sanktionsangleichung an die die inländischen Komplizen betreffenden Strafaussprüche als vertretbar, weil die fehlende Geständnisbereitschaft der Angeklagten Ivica und Nikola D***** im Hinblick auf die von ihnen zu gewärtigenden spezifischen Konsequenzen ihrer strafgerichtlichen Verurteilung nach Lage des Falles im Ergebnis nicht jene Differenzierung rechtfertigt, zu der sich das Erstgericht veranlaßt sah.

Auf diese Strafneubemessung und die ihr zugrundeliegenden Erwägungen war die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf eine Straferhöhung bei Ivica und Nikola D***** ausgerichteten Berufung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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