Spruch:
Die ordentliche Revision der klagenden Partei wird mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.605,-- (darin S 1.267,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Beklagte ist Erbe nach dem im September 1988 verstorbenen Dr.***** Sch*****. Dieser nahm an der Klägerin nach ihrer dritten Kaiserschnittentbindung am 10.4.1978 im *****krankenhaus ***** eine beiderseitige Eileitersterilisation vor. Davor hatte Dr.Sch***** mit der Klägerin ein längeres Gespräch geführt, in dessen Verlauf er darauf hingewiesen hatte, daß die von ihm angewandte Methode der Sterilisation zu den sichersten Methoden gehöre. Die Methode Madlener gehörte 1978 zu den wissenschaftlich anerkannten Methoden. Sie wies eine "Versagerquote" von 0,3 bis 1 % auf. Dr.***** Sch***** führte die Eileiterunterbindung lege artis durch. Es kam aber zu einer Rekanalisierung. Die Klägerin wurde neuerlich schwanger und gebar am 5.6.1989 ihr viertes Kind.
Mit der Behauptung, Dr.Sch***** habe ihr mitgeteilt, daß nach der Eileiterdurchtrennung eine neuerliche Schwangerschaft nicht möglich sei und daß der Arzt die Operation nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe, begehrt die Klägerin 1.ein Schmerzengeld von S 50.000,--, 2.den Ersatz der Kosten für das Kind für den Zeitraum Juni 1989 bis September 1990 in der Höhe von S 51.000,-- sowie 3.die Feststellung, daß der Beklagte der Klägerin für sämtliche Kosten, welche ihr im Zuge der Pflege und Erziehung des Kindes entstehen werden, hafte.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wandte im wesentlichen ein, daß Dr.***** Sch***** die Klägerin über das Restrisiko aufgeklärt und den Eingriff ordnungsgemäß nach dem medizinischen Wissensstand durchgeführt habe. Eine Abwälzung der Unterhaltspflicht auf dem Wege des Schadenersatzrechtes sei dem österreichischen Zivilrecht fremd.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte einen Kunstfehler des Arztes. Dieser hafte nicht für den Erfolg, sondern nur für die sachgemäße Durchführung der Sterilisation. Die Klägerin sei über ein Restrisiko einer Schwangerschaft aufgeklärt worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht statt. Die Unterhaltspflicht für ein Kind könne nach dem System des österreichischen Schadenersatzrechtes nicht als Schaden aufgefaßt werden. Schon deshalb seien die Ansprüche unter P.2 und 3 des Klagebegehrens nicht berechtigt. Die Klägerin habe nicht einmal behauptet, daß durch den Fehler des Arztes eine Familienplanung gestört worden sei. Die Aufklärung darüber, daß der Eingriff "zu den sichersten Methoden" zähle, sei als ausreichende Aufklärung zu beurteilen. Die Klägerin habe auch nicht dargetan, daß eine ausdrückliche Aufklärung über ein verbleibendes Restrisiko sie zu einem Verhalten zur Verhinderung einer erneuten Empfängnis veranlaßt hätte. Der Schmerzengeldanspruch für die mit der vierten Schwangerschaft und Geburt verbundenen Schmerzen sei nicht berechtigt, weil dem Anspruch keine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung im Sinne des § 1325 ABGB zugrundeliege.
Das Berufungsgericht erachtete eine ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage der Ersatzfähigkeit von "Unterhaltsschäden" infolge mißlungener Sterilisation eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus den Gründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Berufungsurteil abzuändern und der Klage stattzugeben.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO unzulässig.
Die Revisionswerberin rügt die Feststellungen des Berufungsgerichtes zum Fehlen von Parteibehauptungen über die Störung der Familienplanung der Klägerin durch den Fehler des Arztes sowie über einen normalen Schwangerschaftsverlauf hinausgehende Komplikationen und die dadurch erlittenen körperlichen Beeinträchtigungen als aktenwidrig. Die Klägerin vermag dazu auf keine konkreten Parteibehauptungen, sondern nur auf Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens zu verweisen. Diese ersetzen jedoch nach ständiger Judikatur nicht die erforderlichen Parteibehauptungen (JBl 1987, 659). Davon abgesehen wäre selbst bei Berücksichtigung der angeführten Parteibehauptungen für die Revisionswerberin aus folgenden Gründen nichts zu gewinnen:
Nach der vom Berufungsgericht übernommenen erstinstanzlichen Feststellung hat Dr.***** Sch***** die Eileiterunterbindung lege artis durchgeführt. Insoweit die Revisionswerberin von einem Behandlungsfehler des Arztes ausgeht, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt. Ein nicht feststellbarer Verursachungsanteil des Arztes am eingetretenen Schaden führt noch nicht zu einer Schadensaufteilung. Der dazu zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (JBl 1990, 524) lag ein Sachverhalt zugrunde, wo ein schuldhafter Behandlungsfehler mit einem dem Patienten zurechenbaren Zufall konkurrierte.
Die Klägerin hat im Verfahren erster Instanz eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht nur dahin geltend gemacht, daß ihr der Arzt erklärt habe, eine neuerliche Schwangerschaft werde (nach der Eileiterdurchtrennung) nicht möglich sein. Dem steht die festgestellte Mitteilung entgegen, daß die geplante Methode der Eileiterunterbindung "zu den sichersten" gehöre, sodaß einerseits für die Patientin erkennbar war, daß mit einem Erfolg nicht zu 100 % gerechnet werden konnte, andererseits aber, daß das Risiko als nur sehr gering angenommen werden durfte. Im Revisionsverfahren leitet die Klägerin eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht nur daraus ab, daß der Arzt keine weiteren periodischen Untersuchungen empfohlen und selbst mit einer weiteren Schwangerschaft nicht gerechnet habe. Damit wird das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht aufgezeigt, hiefür wäre eine Darlegung darüber erforderlich gewesen, daß und warum das Berufungsgericht sich nicht im Rahmen der vom Obersten Gerichtshof zur Frage des Umfanges der ärztlichen Aufklärungspflicht entwickelten Grundsätze gehalten habe. Der Arzt hat den Patienten über die Bedeutung des vorgesehenen ärztlichen Eingriffes und seine möglichen Folgen hinreichend aufzuklären. Der Umfang der ärztlichen Aufklärung ist in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Wohles des Patienten abzugrenzen und erst in zweiter Linie auch unter Bedachtnahme auf sein Selbstbestimmungsrecht. Die Aufklärung hängt von den Operationsrisken im Einzelfall und der besonderen Situation des Patienten (etwa von einer bestehenden Ängstlichkeit) ab. Über das Operationsrisiko, also das Risiko des Mißerfolges, ist immer dann besonders aufzuklären, wenn die Risken nicht geradezu ganz selten und lebensbedrohend sind oder wichtige Körperfunktionen betreffen. Es ist danach zu fragen, ob ein vernünftiger Patient die Risken ernsthaft in seine Überlegungen einbezieht und danach die Entscheidung trifft, ob er lieber mit den bisherigen Beschwerden weiterleben möchte oder aber die gute Chance einer Heilung mit den demgegenüber viel kleineren Gefahren erkauft (SZ 55/114 mwN).
Im vorliegenden Fall stand allerdings nicht das Risiko einer nicht restlos vermeidbaren Gesundheitsschädigung der Patientin durch den bevorstehenden Eingriff sondern vielmehr die Erfolgsaussicht des Eingriffes im Hinblick auf die beabsichtigte Verhinderung künftiger Empfängnisse zur Diskussion. Dieses Mißerfolgsrisiko lag bei 0,3 bis 1 %. Über dieses Risiko wurde die Klägerin aber mit der festgestellten Erklärung des Arztes über die von ihm angewandte Methode auch aufgeklärt. Die Klägerin unterließ jedes Vorbringen darüber, wie sie sich bei Bekanntgabe des Risikos in Prozentsätzen verhalten hätte und über welche weiteren Umstände sie aufgeklärt hätte werden müssen. Da sie ihrer Behauptungs- und Beweislast zur Frage der Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht nicht nachgekommen ist, sind die auf Schadenersatz gestützten Klagsansprüche nicht berechtigt. Der Arzt hat nicht für den Erfolg, sondern nur für die fachgerechte Behandlung einzustehen (SZ 57/98). Auf die Rechtsfrage, ob der Aufwand für ein Kind grundsätzlich als ersatzfähiger Schaden qualifiziert werden kann, kommt es daher gar nicht mehr an, sodaß insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision nicht vorliegen. Die Revision der Klägerin war daher zurückzuweisen (§ 508a ZPO).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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