Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Äußerungskosten und die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin befaßt sich mit der Entwicklung und Realisierung von Verfahren auf dem Gebiet der Umwelttechnik, insbesondere mit der Beratung von Gemeinden, Abwasserverbänden, Kläranlagenbetreibern, Industriebetrieben und der Planung von Anlagen zur Abwasser-, Schlamm- und Abfallbehandlung, die dabei eingesetzten Verfahren sind zum größten Teil mechanisch-biologischer Art. Arbeitsschwerpunkte der Beklagten sind die Erstellung von Konzepten, Studien und Gutachten auf den Gebieten der Energiebereitstellung und -einsparung, Kraft-Wärmekopplung, Nahwärmeversorgung, Biomassenutzung und Verwertung nicht konventioneller Brennstoffe sowie thermischer Abfallbehandlung; die Planung und das Projektmanagement bei der Realisierung derartiger Anlagen für Gemeinden, Gewerbe und Industrie sowie die Lieferung von Gesamtanlagen oder Anlageteilen. Die Klägerin ist sei 26.6.1990 im Firmenbuch des Landesgerichtes Feldkirch eingetragen, die Beklagte seit 22.4.1991 im Firmenbuch des Landesgerichtes Graz. Beide Streitteile verwenden im Geschäftsverkehr das blickfangartig hervorgehobene Firmenschlagwort ENTEC; die Klägerin wie folgt:
die Beklagte wie folgt:
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres Anspruches, der Beklagten die Verwendung der Bezeichnung ENTEC im geschäftlichen Verkehr zu untersagen, der Beklagten aufzutragen, die Verwendung des blickfangartig hervorgehobenen Firmenschlagworts ENTEC ab sofort zu unterlassen. Die Streitteile hätten einen im wesentlichen gleichen Tätigkeitsbereich und Kundenkreis. Die Klägerin habe bereits fünf Projekte, darunter auch Projekte in der Steiermark, realisiert. Kunden verwechselten die beiden Unternehmen häufig miteinander.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Gebrauch der Firma könne im Provisorialverfahren nicht untersagt werden. Die Tätigkeitsbereiche und die Kundenkreise der Streitteile überschnitten sich nicht. Die Kunden beider Parteien seien Industriebetriebe mit Spezialkenntnissen; sie würden daher die Streitteile nicht miteinander verwechseln. Der Klägerin sei die Beklagte seit drei Jahren bekannt. Sie habe nichts unternommen und damit zugestimmt, daß die Beklagte diese Firma führe.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Für die Verwechslungsgefahr genügten Überschneidungen des Tätigkeitsbereiches der Streitteile. Ob tatsächlich Verwechslungen vorgekommen seien, sei nicht maßgebend. Objektive Verwechslungsgefahr reiche aus. Der Gebrauch der im Firmenbuch eingetragenen Firma könne im Provisorialverfahren nicht untersagt werden; das hier beantragte Verbot der Verwendung des blickfangartig hervorgehobenen Firmenschlagwortes sei aber zulässig.
Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Klägerin habe ihren Anspruch weder verwirkt noch habe sie der Firmenführung durch die Beklagte zugestimmt. ENTEC sei bereits im eingetragenen Firmenwortlaut der Beklagten blickfangartig hervorgehoben, weil es mit Großbuchstaben geschrieben sei. Würde demnach die Verwendung des blickfangartig hervorgehobenen Firmenbestandteiles untersagt, so könnte die Beklagte ihre Firma nicht mehr gebrauchen. Ein solches Unterlassungsgebot könne im Provisorialverfahren nicht erlassen werden. Daß die Beklagte ENTEC allein verwendet habe, sei nicht behauptet. ENTEC werde im wesentlichen als Abkürzung für "Energie" und "Technik" verstanden werden. Damit werde der Unternehmensgegenstand beschrieben. Ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe zwar nicht. Soweit ENTEC jedoch als schwaches Zeichen aufzufassen sei, sei sein Schutz einschränkend zu beurteilen. Verkehrsgeltung sei nicht behauptet. Schon geringfügige Unterschiede, wie die verschiedene Schreibweise des "T", beseitigten die Verwechslungsgefahr. Dazu komme der räumlich weit getrennte Standort, aber insbesondere auch der übrige Firmenwortlaut. Mangels Verwechslungsgefahr sei der Sicherungsantrag demnach nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; er ist auch berechtigt.
Nach § 9 Abs 1 UWG ist zur Unterlassung verpflichtet, wer (ua) einen Namen, eine Firma oder die besondere Bezeichnung eines Unternehmens in einer Weise benützt, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem Namen, der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient. Schutzvoraussetzung ist, daß das Zeichen Namensfunktion hat. Das ist (zB) bei der Verbindung mehrerer - etwa dem Firmenwortlaut oder dem Unternehmensgegenstand entnommenen - Buchstaben der Fall, wenn ein zusammenhängend lesbares Wort mit ausreichendem Phantasiecharakter entsteht, welches als sprachliche Neubildung geeignet ist, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden (WBl 1993, 164 - COSS mwN). Ein solches Zeichen ist als Unternehmensbezeichnung mit der Ingebrauchnahme geschützt (ÖBl 1963, 46 - Engelshof-Apotheke); Verkehrsgeltung ist nicht erforderlich (SZ 27/287 = ÖBl 1955, 9).
Die Klägerin und die Beklagte führen in ihrer Firma das Wort "ENTEC". "ENTEC" ist ein Phantasiewort, dessen Bestandteile dem übrigen Firmenwortlaut und auch dem Unternehmensgegenstand der Streitteile entnommen sind (Klägerin: environment, technology; Beklagte:
Energie-, Umwelttechnik). Es wird weder als Gattungsbezeichnung noch als beschreibendes Zeichen aufgefaßt und hat daher Namensfunktion. Daß zahlreiche österreichische Unternehmen "ENTEC" in ihrer Firma führten, hat die Beklagte nicht bescheinigt. Ob "ENTEC" im Ausland häufig als Firmenbestandteil verwendet wird, ist für die Entscheidung unerheblich, kommt es doch darauf an, wie die beteiligten (=inländischen) Verkehrskreise die Bezeichnung verstehen (4 Ob 70/94 - TÜV II).
Die Firma der Klägerin ist prioritätsälter; der Klägerin steht demnach ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, wenn Verwechslungsgefahr besteht (s ÖBl 1993, 245 - COS mwN). Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist der Gesamteindruck maßgebend (stRsp ÖBl 1992, 224 - Österreich-Auto; ÖBl 1993, 156 - Loctite uva); dabei ist zu berücksichtigen, daß charakteristische und daher auffallende Bestandteile im Gedächtnis bleiben (stRsp ÖBl 1985, 105 - C & A; ÖBl 1988, 23 - HOGAT/HOGAST uva). Der Durchschnittsinteressent nimmt fast niemals beide Bezeichnungen gleichzeitig wahr, sondern vergleicht ein Wahrnehmungsbild mit einem mehr oder weniger verschwommenen Erinnerungsbild. An die Aufmerksamkeit und Urteilsfähigkeit des Publikums können in der Eile des Geschäftsverkehrs regelmäßig nur geringe Anforderungen gestellt werden (ÖBl 1992, 224 - Österreich-Auto; ÖBl 1993, 156 - Loctite ua).
ENTEC ist der prägende Bestandteil beider Firmen; die übrigen Bestandteile beschreiben, womit sich das jeweilige Unternehmen befaßt. Den Gesamteindruck beider Bezeichnungen bestimmt demnach ENTEC; die Übereinstimmung in diesem prägenden Bestandteil begründet - mangels durchgreifender Branchenverschiedenheit (s ÖBl 1992, 147 - AVL; ÖBl 1992, 152 - INA ua) - jedenfalls Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn; Die beteiligten Verkehrskreise werden annehmen, daß zwischen den beiden Unternehmen besondere geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen bestehen (s ÖBl 1980, 77 - hortuna/hortex; ÖBl 1990, 29 - Imperial). Die unterschiedliche Schreibweise des "T" vermag daran nichts zu ändern, weil in der Regel nicht beide Bezeichnungen nebeneinander gesehen werden, sondern ein Erinnerungsbild mit einem Wahrnehmungsbild verglichen wird. In Erinnerung wird aber - wenn überhaupt - nur bleiben, daß das "T" besonders, nicht aber wie es hervorgehoben ist.
Die Klägerin begehrt, der Beklagten die Verwendung des blickfangartig hervorgehobenen Firmenschlagworts ENTEC zu untersagen. Ein solches Unterlassungsgebot ist im Sicherungsverfahren zulässig (s ÖBl 1972, 68 - Metro II), wird die Beklagte doch entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes dadurch nicht gehindert, ihre im Firmenbuch eingetragene Firma (mit dem vollen Wortlaut) zu gebrauchen:
Ein Wort oder anderer Teil eines Zeichens oder einer Ankündigung ist blickfangartig hervorgehoben, wenn die Gefahr besteht, daß sich das Publikum mit den übrigen Teilen des Zeichens oder der Ankündigung, in denen der Blickfang näher umschrieben oder richtiggestellt wird, gar nicht mehr befaßt (ÖBl 1991, 232 - Himbeer Essig ua). Das ist bei ENTEC als Bestandteil der Firma "ENTEC G***** Gesellschaft mbH" noch nicht der Fall. Wer ENTEC wahrnimmt, übersieht auch den übrigen Firmenwortlaut nicht. Der Sicherungsantrag stellt auch nicht auf Hervorhebung durch Großbuchstaben im Firmenwortlaut ab, sondern auf den Blickfang, den ENTEC in den Geschäftspapieren der Beklagten bildet. Hier prägt ENTEC den Gesamteindruck derart, daß der restliche Firmenwortlaut von vielen gar nicht beachtet werden wird. Sie werden vermuten, daß beide Bezeichnungen zur Benennung desselben Unternehmens dienen (Verwechslungsgefahr ieS; s Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 50).
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf §§ 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.
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