Normen
ABGB §43
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9
ABGB §43
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9
Spruch:
Wird von einem registrierten Firmenwortlaut ein von der Registrierung teilweise abweichender Gebrauch gemacht, der zu Verwechslungen mit einer anderen Firma Anlaß geben kann, so steht der anderen Firma, sogar wenn sie jünger ist als die erstere, ein Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG. zu.
Die Führung des eigenen Namens im geschäftlichen Verkehr kann nur dann verboten werden, wenn es möglich ist, dem Namen einen unterscheidenden Zusatz hinzuzufügen.
Schon die Benützung eines Namens in einer Weise, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem Namen, dessen sich ein anderer befugterweise bedient, herbeizuführen, begrundet den Unterlassungsanspruch nach § 9 Abs. 1 UWG.
Entscheidung vom 10. November 1954, 3 Ob 732/54.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Klägerin stellt das Begehren, a) die Beklagte schuldig zu erkennen, 1. im geschäftlichen Verkehr den Gebrauch des Namens E. allein oder in Verbindung mit einem weiteren Namen zu unterlassen, insbesondere in der Geschäftsbezeichnung, in Ankündigungen, Anpreisungen oder Einschaltungen die Verwendung des Namens E. zu unterlassen, 2. a) die handelsgerichtliche Protokollierung ihres unter H.R.A. 14.480 des Handesgerichtes protokollierten Unternehmens "El.", Damen und Kindermoden Liesl E. verehelichte W., dahingehend abzuändern, daß der Name E. aus dem Firmenwortlaut zu entfallen habe, weiters die äußere Geschäftsbezeichnung ihres Unternehmens dahingehend abzuändern, daß der Name E. aus der Geschäftsbezeichnung ausgeschieden werde, und b) die klagende Partei zu ermächtigen, das Urteil auf Kosten der beklagten Partei in der "Wiener Zeitung" und im "Neuen Österreich" zu veröffentlichen. Im fortgesetzten Verfahren vor dem Prozeßgericht erweiterte die Klägerin das Klagebegehren dahingehend, daß die Beklagte auch schuldig sei, im geschäftlichen Verkehr jede Hervorhebung des Zunamens E. gegenüber den übrigen Firmenbestandteilen zu unterlassen. Nachdem durch Teilurteil rechtskräftig darüber entschieden worden war, daß die Beklagte schuldig sei, die Führung des Firmenwortlautes "El." Damen und Kindermoden Liesl E. verehelichte W., zu unterlassen und die Firmeneintragung im Handelsregister diesem Verbot entsprechend abzuändern, weil durch den Firmenwortlaut der Anschein erweckt wird, daß der Beklagten der Geschlechtsname E. zukomme, und dadurch in das Namensrecht der Klägerin, die der Familie E. angehöre, eingegriffen werde, und daß das Klagebegehren des Inhaltes, die Beklagte sei schuldig, im geschäftlichen Verkehr den Gebrauch des Namens E. in Verbindung mit einem weiteren Zunamen zu unterlassen, insbesondere in der Geschäftsbezeichnung, in Ankündigungen, Anpreisungen oder Einschaltungen die Verwendung des Namens E. zu unterlassen, abgewiesen werde, erkannte das Prozeßgericht die Beklagte mit Endurteil schuldig, im geschäftlichen Verkehr bei der Bezeichnung ihres Unternehmens die Verwendung des Namens E. allein oder des Namens E. in Verbindung mit einem Vornamen allein und jede Hervorhebung des Zunamens E. gegenüber den übrigen Bestandteilen ihrer Firma zu unterlassen, und sprach der Klägerin die Befugnis zu, das Urteil auf Kosten der Beklagten in der "Wiener Zeitung" und in der Zeitung "Neues Österreich" zu veröffentlichen. Es stellte nachstehenden Sachverhalt fest:
Die Klägerin, die im Jahre 1925 den Karl E. geheiratet hat übernahm nach dem Tode ihrer Mutter Maria W. im Jahre 1931 deren Modengeschäft und nannte das Geschäft auf ihren Namen Paula E. um. Am 19. Jänner 1952 wurde das Unternehmen der Klägerin unter der Firmenbezeichnung Paula E., Damenkleidergewerbe und Handel mit Damen- und Kinderbekleidung im Handelsregister eingetragen. Die Beklagte heiratete im Jahre 1939 den Schwager der Klägerin Anton E., ließ sich von diesem im Jahre 1948 scheiden, grundete im Jahre 1948 ein branchengleiches Geschäft und ließ ihr Unternehmen am 13. August 1952 unter der Firma "El.", Damen- und Kindermoden, Liesl E., verehelichte W., handelsgerichtlich protokollieren, welche Firmenbezeichnung auf Grund des in dieser Sache ergangenen Teilurteiles in "El", Damen- und Kindermoden, Liesl E., wiederverehelichte W., geändert wurde. Die Beklagte verwendet im geschäftlichen Verkehr den Namen E. oder Liesl E. allein und hebt diesen Namen aus den anderen Bestandteilen des Firmenwortlautes in der Bezeichnung ihres Unternehmens in Ankündigungen und Einschaltungen hervor. Nach Ansicht des Prozeßgerichtes besteht zwischen den beiden Unternehmen infolge des Verhaltens der Beklagten eine Verwechslungsgefahr und es ist auch eine solche tatsächlich eingetreten, indem das Geschäft der Beklagten mit dem der Klägerin sowohl von Kunden als auch von Lieferanten, die beide Geschäfte kennen, wiederholt verwechselt wurden, sodaß es vorkommt, daß die Klägerin auf Bezahlung von Lieferungen, die an die Beklagte gingen, gemahnt wurde, wodurch der Ruf der Klägerin beeinträchtigt werden kann. Es sind nach Ansicht des Prozeßgerichtes nicht die vollen Firmenbezeichnungen verwechslungsfähig, hingegen tritt eine Verwechslungsfähigkeit dadurch ein, daß die Beklagte einzelne Bestandteile ihrer Firma zur Bezeichnung ihres Unternehmens verwendet oder gegenüber anderen Firmen Bestandteile hervorhebt. In diesem Verhalten der Beklagten liege ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 9 UWG.
Das Berufungsgericht bestätigte das Endurteil des Prozeßgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige. Es führte aus, die Beklagte sei nicht berechtigt, den Namen E. oder Liesl E. allein zu führen, wie bereits der Oberste Gerichtshof in dieser Rechtssache ausgesprochen habe. Bei der Beurteilung der Frage, ob im geschäftlichen Verkehr durch die Verwendung des Namens E. allein oder des Zunamens E. mit einem Vornamen und durch die Hervorhebung des Zunamens E. gegenüber den übrigen Bestandteilen der Firmenbezeichnung eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 UWG. vorliege, sei die Auffassung des Durchschnittskunden maßgebend, an welche nur geringe Anforderungen hinsichtlich Aufmerksamkeit und Urteilsfähigkeit gestellt werden dürfen, wobei zu berücksichtigen sei, daß die Geschäfte beider Streitteile branche- und genremäßig vollkommen gleich seien, im selben Bezirk gelegen seien und die räumliche Entfernung eine geringe sei. Da in den Geschäften der äußeren Bezirke hauptsächlich Personen einkaufen, die auch dort wohnhaft sind, sei das Prozeßgericht mit Recht davon ausgegangen, daß es sich bei den Durchschnittskunden der beiden Streitteile um einfache Menschen handle, denen in erster Linie der Name E. in die Augen falle, besonders wenn er, wie hier, besonders auffallend an dem Geschäftslokal der Beklagten angebracht sei, während die Worte wiederverehelichte W. nur aus verhältnismäßig kleinen Buchstaben bestehen. Die Beklagte stelle den Namen E. im geschäftlichen Verkehr aus Wettbewerbsgrunden immer wieder in den Vordergrund; die Verwechslungsgefahr und Verwechslungsmöglichkeit sei daher gegeben. Aus der rechtswidrigen Verwendung des Namens E. könne nicht abgeleitet werden, daß Verkehrsgeltung zugunsten der Beklagten anzuwenden sei. Es sei daher das Klagebegehren gerechtfertigt. Auch der Ermächtigung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung komme Berechtigung zu, da die wiederholten Zeitungsankündigungen der Beklagten unter dem zu Unrecht geführten Namen E., bzw. die unvollständige Bezeichnung der Firma unter Hervorhebung des Namens E. und die Modevorführungen unrichtige Vorstellungen in einem größeren Personenkreis entstehen lassen konnten.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Aus dem Revisionsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht die Revision zunächst geltend, nach dem Gutachten der vernommenen Sachverständigen, auf das sich das angefochtene Urteil stütze, sei der Name Liesl E. unter einer gewissen Bevölkerungsschichte ein Begriff geworden; die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Frage, ob der Name Liesl E. zum Begriff geworden sei, sei ohne rechtliche Bedeutung, müsse als unrichtig bezeichnet werden, da die Verwendung einer zum Begriff gewordenen Bezeichnung im Firmenwortlaut niemals den Vorwurf der Erweckung eines falschen Scheines rechtfertigen könne.
Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß § 9 Abs. 1 des UWG. gar nicht voraussetzt, es müsse die Verwendung eines Namens oder Firmennamens einen falschen Schein hervorrufen; § 9 UWG. verbietet vielmehr ganz allgemein die Verwendung des Namens, der Firma oder der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens in einer Weise, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem Namen, der Firma oder der besonderen Bezeichnung, deren sich ein anderer befugter Weise bedient, hervorzurufen. Es kommt auch gar nicht darauf an, ob der Vorname Liesl in Verbindung mit dem Namen E. in maßgebenden Geschäftskreisen zu einem Begriff geworden ist, denn der Beklagten wird ja nur untersagt, den Namen E. allein oder in Verbindung mit einem Vornamen allein und unter Hervorhebung des Namens E. gegenüber den übrigen Bestandteilen ihrer Firma zu verwenden. Die Klägerin betreibt ihr Unternehmen befugterweise seit dem Jahre 1931 unter dem Namen E. und hat auch ihr Unternehmen vor dem der Beklagten unter der Bezeichnung Paula E. protokollieren lassen, während das Unternehmen der Beklagten viel später errichtet und unter dem Namen "El." Damen- und Kindermoden Liesl E. verehelichte W., ins Handelsregister eingetragen wurde. Ob daher der Name Liesl E. Verkehrsgeltung hat, ist für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ohne rechtliche Bedeutung, da es beim Gebrauch eines verwechslungsfähigen Namens nach § 9 Abs. 1 UWG. im Gegensatz zur besonderen Kennzeichnung im § 9 Abs. 3 UWG. gar nicht darauf ankommt, ob der Name Verkehrsgeltung hat oder nicht, vielmehr bereits die Benützung eines Namens in einer Weise, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem Namen dessen sich ein anderer befugterweise bedient herbeizuführen, den Unterlassungsanspruch nach § 9 Abs. 1 UWG. begrundet (Rechtsprechung 1934, S. 139).
Daß aber eine Verwechslungsgefahr bei der Verwendung oder Hervorhebung des Namens E. tatsächlich gegeben ist, ergibt sich mit aller Deutlichkeit bereits aus der Tatsache, daß, wie die Untergerichte festgestellt haben, Verwechslungen wiederholt vorgekommen sind. Darauf, ob die Verwechslungsgefahr auf eine Lese- und Denkfaulheit in den Käufer- und Lieferantenkreisen zurückzuführen ist, wie die Revision behauptet, kommt es nicht an; es genügt, daß Verwechslungen vorgekommen sind, wobei noch bemerkt werden muß, daß an die Denkkraft und Unterscheidungs- und Aufnahmsfähigkeit eines vorstädtischen Käuferpublikums keine besonderen Anforderungen gestellt werden dürfen. Wenn die Revision in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß bei gleichen Zunamen eine Verwechslungsfähigkeit einfach nicht zu beseitigen ist, so übersieht sie, daß die Beklagte nach öffentlichem Recht und auch nach dem ABGB. kein Recht auf die Führung des Namens E. an sich, sondern nur im Zusammenhang mit der protokollierten Firma hat. Wenn auch in dem Falle, als ohne Änderung der Person der Name des Geschäftsinhabers geändert wird, gemäß § 21 HGB. die bisherige Firma fortgesetzt werden darf, so ist jedenfalls der Gebrauch des Namens E. allein oder in Verbindung mit einem Vornamen und die Hervorhebung des Namens E. gegenüber den übrigen Bestandteilen des Firmennamens im geschäftlichen Verkehr geeignet, Verwechslungen mit dem Firmennamen der Klägerin, dessen sich diese befugterweise bedient, hervorzurufen. Die Führung des eigenen Namens im geschäftlichen Verkehr darf zwar nicht schlechthin verboten werden, doch kann dies der Fall sein, wenn es möglich ist, dem Namen einen unterscheidenden Zusatz hinzuzufügen, was vorliegend der Fall ist. Wird von einem registrierten Firmenwortlaut ein von der Registrierung teilweise abweichender Gebrauch gemacht, der zu Verwechslungen mit einer anderen Firma Anlaß geben kann, so steht der anderen Firma, sogar wenn sie jünger ist als die erstere, ein Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG. zu. Es ist daher auch die Ansicht der Beklagten verfehlt, daß die Verwendung des Namens Liesl E. allein, wenn diese Bezeichnung noch vor der Wiederverehelichung registriert worden wäre, niemals Gegenstand einer Anfechtung hätte sein können. Denn auch in diesem Falle hätte die Klägerin verlangen können, daß die Beklagte ihrer Bezeichnung einen unterscheidenden Beisatz hinzufügen müsse. Es hat daher auch das Berufungsgericht mit Recht ausgesprochen daß durch die Hervorhebung des Namens E. gegenüber dem Zusatz "wiederverehelichte W." eine Verwechslungsfähigkeit mit dem Firmennamen der Klägerin eintreten kann. Daß Lieferanten und eine Bedienerin die beiden Streitteile verwechselt haben, haben die Untergerichte nicht als Tatbestand des § 9 UWG. angenommen, sondern nur als einen Beweis dafür, daß Verwechslungsfähigkeit vorliegt.
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