OGH 8ObS12/94

OGH8ObS12/9415.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Langer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Silvia E***** vertreten durch Dr.Markus Orgler und Dr.Josef Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wieder die beklagte Partei Arbeitsamt I***** vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenz- Ausfallsgeld (S 4.185,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. April 1994, GZ 5 Rs 30/94-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Dezember 1993, GZ 47 Cgs 133/93z-5, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 1.812,48 (einschließlich S 302,08 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Wegen Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen des ehemaligen Arbeitgebers eines zwischenzeitig verstorbenen Arbeitnehmers wurde die der Witwe dieses Arbeitnehmers der die Besorgung und Vewaltung des Nachlasses überlassen worden war, zur Verbesserung zwecks Genehmigung der Klagsführung durch das Verlassenschaftsgericht zurückgestellte Klage über S 328.543,98 sA, nicht mehr neu eingebracht, sondern die Forderung in diesem Umfang im Ausgleichsverfahren angemeldet. Mit dieser Forderungsanmeldung machte die Witwe auch einen Betrag von S 16.674,60 an Kosten für die "Klage" und den Antrag auf Klagsgenehmigung geltend.

Auf Grund von Einwendungen des Ausgleichsverwalters gegen die Höhe des geltend gemachten Betrages in der Hauptsache schränkte die Witwe in der Ausgleichstagsatzung ihre Forderung auf S 223.730,44 netto (das entspricht S 235.210,50 brutto) und S 16.674,60 an Kosten ein, die bei der Ausgleichstagsatzung sowohl vom Ausgleichsverwalter als auch vom Ausgleichsschuldner anerkannt wurden. Mit Schreiben vom 23.7.1993 teilte der Ausgleichsverwalter der beklagten Partei mit, daß hinsichtlich der Lohnforderung ein Nettobetrag von S 223.730,-- und an Prozeßkosten ein Betrag von S 16.675,-- anerkannt wurden.

Das Arbeitsamt hat der Klägerin Insolvenzausfallgeld in Höhe des begehrten Betrages zuerkannt mit Ausnahme von S 4.185,--, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind und einen Teil der Kostenforderung betreffen. Es war der Ansicht, auf Grund der in der Ausgleichstagsatzung erfolgten Einschränkung des ursprünglich eingeklagten Betrages in der Hauptsache vermindere sich auch die Bemessungsgrundlage für die zuzuerkennenden Kosten.

In Abänderung des klagsabweisenden erstgerichtlichen Urteiles gab das Berufungsgericht dem Klagebegehren mit der Begründung statt, das beklagte Arbeitsamt sei an das Anerkenntnis des Ausgleichsverwalters gemäß § 7 Abs 1 iVm § 6 Abs 5 IESG gebunden. Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ es zu, weil es zwar eine gesicherte Judikatur des Höchstgerichtes zur Frage der Bindungswirkung bei gerichtlichen Kostenentscheidungen gäbe, aber der bisherigen Judikatur nicht mit eindeutiger Sicherheit entnommen werden könne, ob die Bindung in gleich strenger Weise auch an ein Anerkenntnis des Masse- bzw. Ausgleichsverwalters geknüpft werde.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhobene Revision der beklagten Partei ist als unzulässig zurückzuweisen, weil weder der Streitwert, über den das Berufungsgericht entschieden hat, den in § 46 Abs 2 Z 2 ASGG genannten Betrag übersteigt, noch die Voraussetzungen gemäß § 46 Abs 2 Z 1 ASGG gegeben sind; die vorliegende Rechtsfrage ist durch die oberstgerichtliche Judikatur ausreichend geklärt. Hiebei genügt es auf die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 48 ASGG).

Die beklagte Partei wendet gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung ein, daß im Verfahren nach dem IESG selbst eine rechtskräftige Kostenentscheidung unter Ausklammerung des § 7 Abs 1 IESG dahingehend zu überprüfen sei, welcher Teil der zugesprochenen bzw zuerkannten Kosten nun tatsächlich im Sinn des § 1 Abs 2 Z 4 IESG gesichert sei. Seien Kosten in gemeinsamer Durchsetzung gesicherter und - aus welchen Gründen letztlich immer - nicht gesicherter Ansprüche entstanden, seien diese nach dem IESG nur insoweit gesichert - als sie zur Durchsetzung der gesicherten Ansprüche gedient hätten. Dies müsse erst recht gelten, wenn eine gerichtliche Kostenentscheidung gar nicht vorliege. Die Gleichstellung des Anerkenntnisses des Masse(richtig: Ausgleichs)verwalters mit der gerichtlichen Entscheidung sei daher zu Unrecht erfolgt.

Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:

Das Arbeitsamt ist an die Feststellungswirkung der Forderung im Insolvenzverfahren grundsätzlich gebunden. Eine Forderung, zu deren Hereinbringung auf Grund der Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis Exekution geführt werden kann - und um eine solche handelt es sich hier auch bei der vom Ausgleichsverwalter anerkannten Kostenforderung -, ist gemäß § 54 Abs 4 AO gegenüber den Gerichten und, sofern besondere Gesetze nichts anderes bestimmen, auch gegenüber den Verwaltungsbehörden als bindend festgestellt anzusehen. In § 7 Abs 1 IESG wird nur ausdrücklich klargestellt, daß es sich im gegebenen Zusammenhang mit dem Anspruch auf Insolvenzentgelt um solch bindende Vorfragen handelt (Arb 11.013 ua).

Die in der erst kürzlich ergangenen Entscheidung des erkennenden Senates vom 27.10.1994, 8 ObS 20/94, geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bindungswirkung liegen hier nicht vor, weil bei Anerkennung einer Forderung durch den Masse- oder Ausgleichsverwalter, der die allgemeinen Interessen gegenüber den Sonderinteressen einzelner Gläubiger zu wahren hat und der Aufsicht durch das Insolvenzgericht obliegt (vgl §§ 80 f KO, §§ 29 f AO) nicht die Gefahr einer mit dem Arbeitgeber abgesprochenen Manipulation zu Lasten Dritter, nämlich des Insolvenzausfallgeldfonds, besteht.

Lediglich in der Beurteilung von Anspruchsbegrenzungen und Anspruchsausschlüssen bleibt das Arbeitsamt in allen Fragen, die im gerichtlichen Verfahren (als dort nicht anspruchsbegründend) von vorneherein nicht zu prüfen waren oder (mangels Einwendung) nicht geprüft wurden, frei (SZ 62/16; 62/182 ua). Diese Voraussetzungen sind für Kostenersatzansprüche nicht gegeben, da sowohl das Gericht als auch der Masse- oder Ausgleichsverwalter diese Ansprüche sowohl dem Umfange als auch der Höhe nach von Amts wegen zu prüfen hat. Lediglich in Fällen, in denen Forderungen geltend gemacht wurden, die nur zum Teil nach dem IESG gesichert sind, ist im weiteren vom Arbeitsamt und bei Klagserhebung vom Gericht die Frage zu prüfen, welcher Teil dieser vom Gericht oder dem Masse- oder Ausgleichsverwalter zuerkannten Kosten nach den Grundsätzen des § 1 Abs 2 Z 4 IESG als Anspruch nach dem IESG gesichert ist (9 ObS 3/92; 9 ObS 18 und 24/93).

Im vorliegenden Fall hat das beklagte Arbeitsamt die Hauptsachenforderung, wie sie der Ausgleichsverwalter anerkannte, zur Gänze als gesichert zuerkannt. Als Akzessorium zu diesen Forderungen hat der Ausgleichsverwalter auch die Klagskosten und Kosten der Klagsgenehmigung anerkannt. Im Hinblick auf die Bindungswirkung dieses Anerkenntnisses ist es dem Gericht verwehrt, den vom Ausgleichsverwalter anerkannten Kostenbetrag auf Zweckmäßigkeit und Richtigkeit zu überprüfen (9 ObS 3/92; 9 ObS 18/93).

Im übrigen ergibt sich aus den dem Rechtsmittelausschluß des § 528 Abs 1 Z 2 ZPO zugrunde liegenden Wertungen, daß Kostenfragen, und hiemit auch die hier strittige Frage, welche Bemessungsgrundlage der Masseverwalter bei Anerkennung der Kostenforderung für die vorbereitete Klage und den Antrag zu Grunde gelegt hat, keine so erhebliche Rechtsfrage darstellen, daß sie einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof bedürften, so daß eine hierauf gestützte Revision grundsätzlich schon deswegen als unzulässig zurückzuweisen ist (9 ObS 13/89).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 ASGG iVm §§ 41, 50 ZPO; die Revisionsbeantwortung war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeignet, weil sie auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

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