Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der Beklagten die mit S 37.070,40 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 4.178,40 Umsatzsteuer und S 12.000 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte betreibt das (seit der GRNov 1992 gemäß § 128 GewO 1973 bewilligungspflichtige gebundene) Gewerbe der Immobilienverwalter (§§ 127 Z 20, 227 GewO 1994). In dieser Eigenschaft brachte sie in Vertretung der Eigentümer der von ihr verwalteten Liegenschaften gerichtliche Aufkündigungen ein und besorgte in einem solchen Verfahren auch die Vertretung der Hauseigentümer in einer mündlichen Verhandlung. Ferner brachte sie auch einen vorbereitenden Schriftsatz ein. Im Gewerbe der Beklagten kommt es ca drei- bis viermal im Jahr zu solchen Vertretungstätigkeiten. Die Beklagte verlangt dafür kein Honorar, sondern erhält nur die Barauslagen ersetzt.
Gemäß Abschnitt III A der Richtlinien und Honoraransätze für die Immobilienmakler und Immobilienverwalter, herausgegeben von der Bundeswirtschaftskammer, Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, obliegen dem Immobilienverwalter grundsätzlich alle Tätigkeiten, die zur ordentlichen Verwaltung einer Liegenschaft notwendig oder zweckmäßig sind, einschließlich der Vertretung des Auftraggebers vor Gerichten und sonstigen Behörden, soweit kein Anwaltszwang besteht und es sich um Angelegenheiten handelt, die in den Rahmen der ordentlichen Verwaltung einer Liegenschaft fallen.
Mit Schreiben vom 29.12.1978 teilte der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag zu dessen gemeinsam mit der österreichischen Notariatskammer gestellten Antrag, gemäß § 68 Handelskammergesetz die Worte "einschließlich der Vertretung des Auftraggebers vor Gerichten und sonstigen Behörden, soweit kein Anwaltszwang besteht und es sich um Angelegenheiten handelt, die in den Rahmen der ordentlichen Verwaltung einer Liegenschaft fallen, als gesetzwidrig aufzuheben" mit, eine solche Verfügung aufgrund der Gesetzeslage nicht treffen zu können. Dazu wurde im einzelnen noch ausgeführt:
"......Wenn auch § 263 GewO 1973 diesbezüglich keine Aussage trifft, so wurde der Immobilienverwalter in seiner Eigenschaft als Verwalter fremden Vermögens und damit Machthaber des Eigentümers als berechtigt angesehen, den Eigentümer in den die Immobilienverwaltung betreffenden Angelegenheiten zu vertreten; dieses dem Immobilienverwalter zustehende Recht findet im Hinblick auf § 2 Abs 1 Z 10 GewO 1975 jedenfalls dort seine Grenze, wo in die den Rechtsanwälten, Notaren oder Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeitsbereiche eingegriffen würde (vgl die Erläuterungen zu § 259 der Regierungsvorlage der Gewerbeordnung 1973, 395 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates 13.GP).
Aus dem im Dezemberheft 1947 des Archives der Wirtschaft veröffentlichten Erlaß des szt.Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 29.Oktober 1947, Zl 187.887-VI/25a/47, geht hervor, daß bereits damals die Gebäudeverwalter als zur Vertretung ihrer ständigen Auftraggeber vor den Behörden in allen regelmäßig zu einer Hausverwaltung gehörenden Angelegenheiten, insbesondere auch zur Vertretung ihrer Auftraggeber vor Schlichtungsstellen und Mietkommissionen und Mietprozessen als berechtigt angesehen worden sind, soweit nicht Anwaltszwang besteht. An der dieser Ansicht zugrunde liegenden Rechtslage hat sich seither im wesentlichen nichts geändert. § 36 der damals geltenden Gewerbeordnung wurde durch die Bestimmung des § 29 GewO 1973 abgelöst; es gilt also auch heute nach wie vor der Grundsatz, daß der Berechtigungsumfang eines Gewerbes sich nicht ausschließlich aus Rechtsvorschriften ableiten läßt; diesen Grundsatz des Gewerberechtes hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 2.März 1976, GZ 4 Ob 358/75, offensichtlich übersehen, wenn er eine ausdrückliche Ermächtigung in der Gewerbeordnung 1973 vermißt, in der den Immobilienmaklern die Berechtigung zur berufsmäßigen Parteienvertretung eingeräumt wird. Auch das vom Obersten Gerichtshof in dieser Entscheidung angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.September 1928, Slg.Nr.15341A, schließt nicht von vornherein die Berechtigung des Immobilienmaklers zur Vertretung von Parteien aus; ausgeschlossen wird nach diesem Erkenntnis nämlich lediglich eine ganz selbständige Parteienvertretung ohne Bezugnahme auf eine bestehende Immobilienverwaltung. In diesem Sinne äußern sich auch Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, 8.Auflage, Wien 1975, erster Halbband, im letzten Absatz der Anm 17 zu Art VIII Abs 1 lit d EGVG 1950, dem heutigen Art IX Abs 1 Z 4 EGVG 1950:
'Häuserverwalter haben keine Befugnis zu irgendeiner mit den ihnen übertragenen Verwaltungen nicht zusammenhängenden Tätigkeit für Parteien'.
In dem vorerwähnten Erlaß des szt.Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau wird ua auch erwähnt, daß die Gebäudeverwalter sich einer Prüfung über verschiedene Rechtsgebiete unterziehen müssen. Auch nach der derzeit geltenden Befähigungsnachweisverordnung 1975, BGBl Nr.231, hat der Bewerber bei der Konzessionsprüfung Kenntnisse auf den einschlägigen Gebieten des bürgerlichen Rechtes, insbesondere des Grundbuchs- und Mietrechtes, auf den einschlägigen Gebieten des Handelsrechtes, des Steuer-, Gebühren- und Baurechtes, der einschlägigen Bestimmungen des Gewerberechtes, der Vorschriften über das Wohnungswesen, der Organisation der Behörden, des Planwesens, der Rentabilitätsberechnung und der Verkehrsgewohnheiten nachzuweisen (§ 77 iVm § 71 Abs 4 der Befähigungsnachweisverordnung 1965); zur Weitergeltung dieser Bestimmungen nach dem Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 siehe § 375 Abs 1 Z 59 GewO 1973. Es ist also auch diesbezüglich seither keine grundsätzliche Änderung der Rechtslage eingetreten.
Da im untrennbaren Zusammenhang mit der Ausübung der Gewerbeberechtigung auch die Vertretung der Auftraggeber vor Gerichten und sonstigen Behörden inbegriffen ist, kann von einer Unrichtigkeit der von do inkriminierten Worte in den Richtlinien und Honorarsätzen für Immobilienmakler und Immobilienverwalter nicht die Rede sein. ...."
Der klagende Verein beantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen es zu unterlassen, gerichtliche Eingaben für die Hauseigentümer der von ihr als (konzessionierter) Immobilienverwalterin betreuten Hausliegenschaften zu verfassen und in ihrem Vertretungsnamen bei Gericht einzubringen, sowie im Namen und Auftrag ihrer Mandanten, sohin als deren "Rechtsvertreter" vor Gericht einzuschreiten. Weiters erhebt der Kläger ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Als Immobilienverwalterin sei die Beklagte nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigt. Sie dürfe weder gerichtliche Aufkündigungen verfassen und anbringen, noch ihre Auftraggeber vor Gericht vertreten. Mit dieser Tätigkeit verstoße die Beklagte gegen die WinkelschreiberV und gegen Art IX EGVG. Damit sei aber auch ein Verstoß gegen § 1 UWG verbunden. Abschnitt III A der Richtlinien und Honoraransätze für die Immobilienmakler und Immobilienverwalter, worauf sich die Beklagte berufe, widerspreche dem durch § 8 RAO den Rechtsanwälten vorbehaltenen Recht zur umfassenden Parteienvertretung.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Zu den vom Kläger beanstandeten Vertretungstätigkeiten sei sie aufgrund der Richtlinien und Honoraransätze für die Immobilienmakler und Immobilienverwalter befugt. Tätigkeiten, die dem Anwaltszwang unterliegen, habe sie nicht entfaltet. Außerdem habe das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie im Schreiben vom 29.12.1978 zum Ausdruck gebracht, daß die Immobilienverwalter zu derartigen Vertretungsleistungen berechtigt seien. Ein Verstoß gegen die WinkelschreiberV liege aber schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte für die beanstandeten Tätigkeiten kein Honorar verrechnet habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nur eine der Beklagten auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung der Vorschriften der WinkelschreiberV oder des Art IX EGVG würde es rechtfertigen, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Vorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung iS des § 1 UWG anzunehmen. Ob die Beklagte gegen diese Normen verstoßen habe, müsse nicht beurteilt werden, weil sie die beanstandeten Tätigkeiten in Einklang mit den Richtlinien ihrer gesetzlichen Standesvertretung gesetzt habe; ihre Ansicht, daß sie dazu berechtigt sei, sei auch von der Obersten Verwaltungsbehörde vertreten worden. Damit könne der Beklagten aber jedenfalls nicht vorgeworfen werden, gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstoßen zu haben. Der Vorwurf sittenwidrigen Handelns sei daher nicht begründet.
Das Berufungsgericht gab dem Unterlassungsbegehren zur Gänze, dem Veröffentlichungsbegehren jedoch nur teilweise statt und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Wohl verlange nach der Rechtsprechung das jedem Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens begrifflich innewohnende Unwerturteil dort eine subjektive Komponente auf Seite des Beklagten, wo der ihm angelastete Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift abgeleitet werde. Nur eine dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung der Vorschriften der Gewerbeordnung rechtfertige es daher, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung anzunehmen. Die Beklagte habe sich aber nicht auf das Gesetz, sondern lediglich auf Abschnitt III A der von ihrer gesetzlichen Standesvertretung herausgegebenen Richtlinien berufen, welche insoweit nicht Verordnungscharakter hätten. Daß der Bescheid, mit dem ihr die gewerberechtliche Bewilligung erteilt worden sei, sie (auch) zur Parteienvertretung im festgestellten Umfang ermächtige oder daß dieser zu Zweifeln Anlaß gebe, habe die Beklagte nicht vorgetragen. Gemäß § 29 GewO sei für den Umfang der Gewerbeberechtigung aber der Wortlaut des Bewilligungsbescheides im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgebend. Nur im Zweifel seien ua die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung heranzuziehen. Der Unterlassungsanspruch sei daher berechtigt. Zur Wahrung des Interesses des Klägers an der Urteilsveröffentlichung sei Veröffentlichung in einer der drei im Urteilsantrag genannten Zeitschriften ausreichend.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes der zur WinkelschreiberV ergangenen Rechtsprechung (insbesondere ÖBl 1976, 132 - Immobilienverwalter), aber auch den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen widerspricht, daß ein gesetzwidriges Verhalten des Beklagten mangels subjektiver Vorwerfbarkeit nicht geeignet ist, einen Verstoß gegen § 1 UWG zu begründen; sie ist auch berechtigt.
In der E ÖBl 1976, 132 - Immobilienverwalter hat der erkennende Senat ausgesprochen, daß es ua den konzessionierten Immobilienverwaltern an einer gesetzlichen Ermächtigung zur berufsmäßigen Parteienvertretung fehle, so daß sie bei einer solchen Vertretungstätigkeit vor Gerichten oder Verwaltungsbehörden den gleichen Beschränkungen wie alle anderen Personen unterlägen, die weder "berechtigte Rechtsfreunde" noch "von der zuständigen Behörde dazu berechtigt sind", insbesondere also den Vertretungsbeschränkungen der WinkelschreiberV und des Art VIII Abs 1 lit d EGVG (nunmehr Art IX Abs 1 Z 4 EGVG). Der Oberste Gerichtshof verwies dazu darauf, daß der GewO 1973 zum Umfang des Gewerbes des konzessionierten Immobilienverwalters in § 263 Abs 2 nur zu entnehmen sei, daß sie "zum Inkasso des Mietzinses und zur Einhebung von Annuitäten für die Abstattung von Darlehen für die von ihnen verwalteten Immobilien" berechtigt sind; in den EB (395 BlgNR 13.GP 237 zu § 259 Abs 1) werde noch ergänzend angeführt, daß der Aufgabenkreis des Immobilienverwalters "sehr groß" sei und daß es dem Immobilienverwalter vor allem obliege, "für die ordnungsgemäße Instandhaltung (insbesondere für einen ordnungsgemäßen baulichen Zustand) der ihm zur Verwaltung übertragenen Häuser zu sorgen, Verhandlungen mit den Mietern zB über eine allfällige Bedeckung der Kosten für Reparaturen zu führen, Miet- bzw Pachtverträge im Namen des Liegenschaftseigentümers abzuschließen, für die Einhaltung der Hausordnung zu sorgen (Unzukömmlichkeiten abzustellen) und vieles anderes mehr". Die EB bezeichneten es als "selbstverständlich", daß die Immobilienverwalter "nur zum Abschluß der Bestandverträge, nicht aber zum Verfassen der bezüglichen Vertragstexte befugt" seien, welch letztere Tätigkeit den Rechtsanwälten und Notaren zustehe.
Der Immobilienverwalter sei als Verwalter fremden Vermögens Machthaber des Eigentümers und daher auch berechtigt, den Eigentümer in den die Immobilienverwaltung betreffenden Angelegenheiten zu vertreten; dieses dem Immobilienverwalter zustehende Recht finde im Hinblick auf § 2 Abs 1 Z 8 (im endgültigen Gesetzestext: § 2 Abs 1 Z 10)" jedenfalls dort seine Grenze, wo in den den Rechtsanwälten, Notaren oder Wirtschaftstreuhändern vorbehaltenen Tätigkeitsbereich eingegriffen würde".
An den erwähnten gewerberechtlichen Bestimmungen hat sich durch die GRNov 1992 nichts wesentliches geändert. Gemäß § 127 Z 20 GewO 1994 gehört das Gewerbe der Immobilienverwalter - nach Abschaffung der Konzessionspflicht - nunmehr zu den bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben. § 227 Abs 2 GewO 1994 entspricht dem § 263 Abs 2 GewO 1973. Gemäß § 2 Abs 1 Z 10 GewO 1994 ist die Gewerbeordnung wie bisher auf die zur Berufsausübung zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten (ua) der Rechtsanwälte und Notare nicht anzuwenden. Gemäß § 29 GewO 1994 ist nach wie vor auch für den Umfang der Gewerbeberechtigung der Wortlaut des Gewerbescheins oder bei Gewerben, deren Ausübung an den Nachweis einer Bewilligung gebunden ist, des Bescheides, mit dem die Bewilligung erteilt worden ist, im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgebend. Im Zweifelsfall sind die den einzelnen Gewerben eigentümlichen Arbeitsvorgänge, die verwendeten Roh- und Hilfsstoffe sowie Werkzeuge und Maschinen, die historische Entwicklung und die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen zur Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung heranzuziehen.
Eine maßgebliche Änderung hat hingegen § 8 RAO durch das RechtsanwaltsprüfungsG (RAPG) (1985) erfahren. § 8 RAO enthielt bis dahin nur die Bestimmung, daß sich "das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich erstreckt und die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und Privatangelegenheiten umfaßt." Mit dem RAPG wurden § 8 RAO zwei weitere Absätze angefügt. In § 8 Abs 2 RAO wurde ausdrücklich den Rechtsanwälten die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinne des Abs 1 - mit hier nicht beachtlichen Ausnahmen - vorbehalten. Gemäß § 8 Abs 3 RAO bleiben aber von diesem Vorbehalt jedenfalls auch die Parteienvertretungen aufgrund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen, der Wirkungsbereich von gesetzlichen Interessenvertretungen und von freiwilligen kollektivvertraglichen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personenvereinigungen dienen, sowie Befugnisse, die in den Berechtigungsumfang von gebundenen oder konzessionierten Gewerben oder von Handwerken fallen, unberührt. Damit wurde der Kreis der berufsfremden Personen, die nur zu einer sachlich begrenzten Parteienvertretung, nicht aber zur umfassenden Vertretung in allen in § 8 Abs 1 RAO genannten Angelegenheiten berechtigt sind, umschrieben ("eingeschränkt": Jahoda in AnwBl 1987, 157). § 8 Abs 3 RAO bringt aber auch zum Ausdruck, daß solche Gewerbe Befugnisse umfassen können, die in den Bereich der Rechtsberatung oder Rechtsvertretung fallen (Tades, Bemerkungen zum RechtsanwaltsprüfungsG, AnwBl 1985, 619 ff [624], welcher insbesondere darauf verweist, daß beispielsweise im Gewerbe der Immobilienverwalter seit jeher "derartige Aufgaben" zu erfüllen sind).
Aus § 8 Abs 3 RAO ergibt sich damit deutlich, daß es kein umfassendes Monopol der Rechtsanwälte zur berufsmäßigen Parteienvertretung gibt und daß sich die Berechtigung zu einer sachlich begrenzten Parteienvertretung (auch) auf gewerberechtliche Vorschriften gründen kann. Für die Beurteilung des Umfanges der Gewerbeberechtigung sind gemäß § 29 GewO 1994 im Zweifelsfall auch die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen heranzuziehen. Damit ist es aber durchaus möglich, aus der Standesauffassung der beteiligten Kreise die Auslegung des § 227 GewO 1994 zu gewinnen, daß zum bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe der Immobilienmakler auch die in Abschnitt III A der Richtlinien und Honoraransätze für Immobilienmakler und Immobilienverwalter genannter Vertretungstätigkeiten gehören.
Ob diese Auslegung richtig ist, also die sachlich beschränkte Parteienvertretung im Sinne der genannten Richtlinien tatsächlich zu den gewerblichen Befugnissen der Immobilienverwalter gehört, muß aber bei der Klärung der Frage, ob der Beklagte durch einen Verstoß gegen die Gewerbeordnung oder die WinkelschreiberV auch sittenwidrig iS des § 1 UWG gehandelt hat, nicht abschließend beurteilt werden. Bereits die Vorinstanzen haben zutreffend darauf verwiesen, daß das jedem Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens begrifflich innewohnende moralische Unwerturteil jedenfalls dort eine besondere subjektive Komponente auf seiten des Beklagten verlangt, wo der ihm angelastete Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift abgeleitet wird, und daß nur eine auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung einer solchen Vorschrift die Annahme einer über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinausgehenden unlauteren, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung iSd § 1 UWG rechtfertigt (SZ 56/2 = ÖBl 1983, 40 - Metro Post I; ÖBl 1986, 121 - ORF-Reiseclub; ÖBl 1986, 155 - Vademecum naturel; ÖBl 1990, 108 - Bauernmarkt; ÖBl 1992, 21 - Bausparer-Werbung; ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde; ÖBl 1994, 17 - Contact).
Dieser Grundsatz gilt nicht nur dann, wenn bei unterschiedlicher Auslegung der verletzten Vorschrift die Auffassung des Beklagten über ihre Bedeutung durch das Gesetz so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann (so etwa SZ 56/2 = ÖBl 1983, 40 - Metro Post I; ÖBl 1990, 108 - Bauernmarkt; ÖBl 1992, 268 - Natufreunde; ÖBl 1994, 17 - Bausparer-Werbung). Er wurde auch dann angewendet, wenn das Verhalten des Beklagten nach der Einholung einer Auskunft der Rechtsansicht und ständigen Verwaltungspraxis der zuständigen Behörde entsprach, selbst wenn die gegenteilige Rechtsansicht richtig war (MR 1987, 107 - Rubbel-Puzzle). Der Sittenwidrigkeitsvorwurf entfällt aber auch dann, wenn das Verhalten des Beklagten einer mündlichen, als Bescheid zu qualifizierenden Verfügung der zuständigen Verwaltungsbehörde entsprach (4 Ob 1122/93).
Im vorliegenden Fall konnte sich die Beklagte auf die schriftliche Äußerung der obersten Verwaltungsbehörde in Gewerbeangelegenheiten berufen, wonach die in Abschnitt III A der erwähnten Richtlinien enthaltenen Vertretungshandlungen zu den Befugnissen der Immobilienverwalter gehören. Im Hinblick auf die dargestellte Änderung des § 8 RAO konnte der Beklagte aber auch darauf vertrauen, daß diese Rechtsansicht weiterhin zutraf. Dazu kommt aber hier auch noch, daß die Beklagte für die - nur wenige Male pro Jahr geleistete Vertretungstätigkeit kein Entgelt verlangt hat. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der E. ÖBl 1976, 132 - Immobilienverwalter ausgesprochen hat, begeht einen Verstoß gegen das Verbot der WinkelschreiberV nach dem Gesetz nur derjenige, der solche Vertretungshandlungen, zu denen er nach dem Gesetz nicht berechtigt ist, zu seinem Geschäftsbetrieb macht bzw dabei gewerbsmäßig tätig wird, weil § 1 lit b WinkelschreiberV ausdrücklich eine - aus dem Bezug eines Entgelts, aus der Häufigkeit des Einschreitens oder aus anderen Umständen zu erschließende - gewinnsüchtige Absicht voraussetzt. Auch der Tatbestand des Art IX Abs 1 Z 4 EGVG verlangt gewerbsmäßiges Vorgehen. Unter den festgestellten Umständen (Unentgeltlichkeit der bloß gelegentlich ausgeübten Vertretungstätigkeit) ist ein Verstoß gegen diese Bestimmungen daher nicht anzunehmen.
Die in der Revisionsbeantwortung unter Berufung auf Schwartz (Überlegungen zur Rechtsnatur der "Richtlinien und Honoraransätze für die Immobilienmakler, Immobilienverwalter und Bauträger", AnwBl 1994,767 ff) vorgetragenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Richtlinien kommen hier schon deshalb nicht zum Tragen, weil sich die vom Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte nicht berührten Befugnisse zu einer sachlich beschränkten Parteienvertretung, die in den Berechtigungsumfang gebundener (oder konzessionierter) Gewerbe oder Handwerke fallen, gemäß § 29 GewO nicht bloß aus Rechtsvorschriften, sondern auch aus den Anschauungen und Vereinbarungen in den beteiligten gewerblichen Kreisen ergeben. Auf die mit der Standesauffassung der Immobilienverwalter übereinstimmende Auffassung in den Kreisen der Rechtsanwälte wurde aber bereits hingewiesen.
Mangels subjektiver Vorwerfbarkeit eines allfälligen Verstoßes der Beklagten gegen die Gewerbeordnung oder die WinkelschreiberV kann die festgestellte Vertretungstätigkeit auch nicht gegen § 1 UWG verstoßen. In Stattgebung der Revision war somit das abweisende Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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