OGH 9ObA203/94

OGH9ObA203/9430.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Franz Murmann als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Rudolf S*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei ***** Bank Aktiengesellschaft *****, vertreten durch Dr.Helmut Neudorfer, Dr.Klaus Griensteidl, Dr.Wolfgang Hahnkamper, Dr.Christoph Stapf, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 277.330,98 brutto sA, infolge der Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4.Mai 1994, GZ 32 Ra 15/94-41, womit infolge Berufung beider Streitteile das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6.Mai 1993, GZ 4 Cga 208/93y-30, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird teilweise, der Revision der beklagten Partei hingegen nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, daß es einschließlich des unbekämpft gebliebenen Teiles insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 180.515,71 samt 4 % Zinsen aus S 88.801,50 seit 1.1.1989 bis 31.12.1989, aus S 136.756,71 seit 1.1.1990 bis 20.5.1991 und aus S 180.515,71 seit 21.5.1991 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren von S 96.815,57 sA und das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen folgende Kosten zu ersetzen:

a) erste Instanz: S 3.542,-- Barauslagen,

b) zweite Instanz: S 13.594,27 (hievon S 1.673,79 Umsatzsteuer und S 3.552,-- Barauslagen),

c) dritte Instanz: S 8.783,92 (darin S 743,98 Umsatzsteuer und S 4.320,-- Barauslagen).

Hingegen ist die klagende Partei schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.396,60 (hievon S 566,10 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung und S 5.112,57 (darin S 852,09 Umsatzsteuer) für die Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt den Zuspruch von S 277.330,98 brutto. Es handelt sich dabei um die Bezahlung von geleisteten, das Überstundenpauschale von S 250 Stunden jährlich übersteigende Überstunden sowie um fiktive Überstunden für die Zeit der Dienstfreistellung im Jahr 1990, die er geleistet hätte, wenn er nicht dienstfrei gestellt worden wäre, sowie um die Einbeziehung der Weihnachtssonderzahlung in Höhe von S 31.771,-- sowie des Zuschusses zur Zusatzkrankenversicherung in Höhe von S 333,-- sowie der durchschnittlichen, 250 Überstunden übersteigende Überstundenanzahl in die Berechnung der Abfertigung.

Die Beklagte begehrte die Abweisung des Klagebegehrens.

Fest steht:

Der Kläger war vom 2.8.1948 bis 31.12.1990 bei der Beklagten angestellt, seit 6.5.1964 als Prokurist. Der Kläger bezog für 250 pauschalierte Überstunden ein Überstundenpauschale. Eine Weihnachtssonderzahlung, die mit dem 14.Bezug nichts zu tun hatte, wurde jährlich vom Betriebsrat mit dem Vorstand verhandelt, wobei es im wesentlichen immer um die Höhe ging. Im Jahr 1984 wurde diese Sonderzahlung wegen schlechter Geschäftsergebnisse nicht ausgeschüttet. Diese Weihnachtssonderzahlung hat der Kläger bis zur Beendigung seines Dienstverhältnisses erhalten. Ab 1987 hat der Kläger minutiös seine Überstunden aufgeschrieben. Überstunden vor Dienstbeginn, vor 8 Uhr, durften nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Personalschefs geleistet werden. Von Jänner bis incl. August 1988 hat der Kläger insgesamt 40,5 Überstunden vor Dienstbeginn geleistet. Der Personalchef (M*****) hat zu diesen Frühstunden keine Zustimmung erteilt. Unter Ausklammerung dieser Überstunden bleibt bei Berücksichtigung der 250 pauschalierten Überstunden pro Jahr für das Jahr 1988 und das Jahr 1989 an noch ausstehenden Überstundenentgelten insgesamt ein Betrag von S 136.756,71. Beim Zuschuß zur Zusatzversicherung handelt es sich um eine Zusatzkrankenversicherung, die aufgrund einer Gruppenversicherung sowohl für aktive Dienstnehmer als auch für Pensionisten vom Dienstgeber bezahlt wird. Ab April 1987 wollte die Beklagte, daß der Kläger in Pension geht. Mit Schreiben vom 16.8.1989 ersuchte der Kläger, sein Dienstverhältnis mit der Wirkung einer von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung per 31.12.1990 einvernehmlich zu lösen. Das Anbot des Klägers wurde angenommen und ihm mitgeteilt, daß sein letzter Arbeitstag der 22.12.1989 sei und er für die restliche Dauer seines Dienstverhältnisses dienstfrei gestellt werde. Diese Dienstfreistellung nahm der Kläger zur Kenntnis, stimmte ihr jedoch nicht zu. Er erhielt eine Abfertigung in der Höhe von S 1,057.343,-- brutto und nahm am 6.12.1990 schriftlich zur Kenntnis, daß die Weihnachtssonderzahlung eine freiwillige außerordentliche Leistung darstellt, die wegen ihrer Widerruflichkeit keinen wie immer gearteten Anspruch für die Zukunft begründet.

Das Erstgericht sprach dem Kläger die vorgenannten Überstundenentgelte zu (S 136.756,71) und wies darüber hinausgehend geltend gemachte Überstundenentgelte insbesondere für Überstunden vor 8 Uhr morgens ab, weil die hiefür erforderliche Genehmigung durch den Personalchef nicht vorgelegen habe. Da dem Kläger für die Zeit der Dienstfreistellung im Jahr 1990 die Möglichkeit genommen worden sei, Überstunden zu leisten, stünden ihm die auf dieses Jahr fiktiv entfallenden Überstundenentgelte von S 55.010,40 ebenfalls zu. Die regelmäßig geleisteten Überstunden seien aber auch in die Berechnung der Abfertigung ebenso einzubeziehen wie der von der beklagten Partei bezahlte Zuschuß zur Zusatzkrankenversicherung. Auf die Weihnachtssonderzahlung bestehe aber kein Anspruch, weil es sich um eine freiwillige außerordentliche Leistung handle, die widerruflich sei.

Das Erstgericht gelangte zu einem Zuspruch von S 197.503,61 brutto. S 79.827,37 wies es ab.

Das Gericht der zweiten Instanz änderte über Berufung beider Streitteile das angefochtene Urteil insoweit ab, als es dem Kläger unter Abweisung eines Betrages von S 103.119,60 brutto S 174.211,38 brutto zusprach. Das unter Berücksichtigung des § 1155 ABGB dem Kläger für die Zeit der Dienstfreistellung gebührende Gehalt könne nur das sein, auf das er im Falle der Annahme seiner Leistungen Anspruch gehabt hätte. Der Dienstgeber sei grundsätzlich Herr der Überstunden, sodaß die Honorierung derselben von deren Anordnung oder Genehmigung durch den Dienstgeber abhängig sei. Gehe man davon aus, daß der Dienstnehmer keinen Anspruch darauf habe, daß ihm die regelmäßige Überstundenleistung ermöglicht werde, so sei die Forderung des Klägers auf Honorierung der fiktiven Überstunden im Jahr 1990 unbegründet. Die Dienstfreistellung sei der offenbare Ausdruck einer zu berücksichtigenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten gewesen. Im übrigen käme die Verfallsklausel des § 7 Abs 5 KV zum Tragen, weil keine Behauptung vorliege, daß der Kläger die fiktiven Überstunden in der Verfallsfrist geltend gemacht habe. Sie seien daher aber auch nicht bei Berechnung der Abfertigung zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf Überstunden vor 8 Uhr bestehe mangels Anordnung durch den Personalchef nicht. Die Weihnachtssonderzahlung sei allerdings bei Berechnung der Abfertigung einzubeziehen. Auch die allfällige Widerruflichkeit oder Freiwilligkeit einer schon seit mehreren Jahren gewährten Weihnachtssonderzahlung ändere nichts an deren Entgeltcharakter, soweit sie tatsächlich gewährt worden sei. Aus der vom Kläger am 6.12.1990 zur Kenntnis genommenen Mitteilung, daß die freiwillige Sonderzahlung 1990 einmalig und widerruflich sei, könne für die Beklagte nichts gewonnen werden, weil diese Mitteilung sich nur auf die Folgejahre bezogen habe.

Gegen dieses Urteil der zweiten Instanz richten sich die Revisionen beider Streitteile wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag des Klägers, das Berufungsurteil dahin abzuändern, daß der Klage zur Gänze stattgegeben werde und der der Beklagten, daß der Zuspruch eines Teilbetrages von S 41.066,17 abgewiesen werde. Der Kläger stellte hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Beide Streitteile stellen den Antrag, der Revision der jeweiligen Gegenseite nicht Folge zu geben.

Die Revision des Klägers ist teilweise, die der Beklagten nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision des Klägers:

Die gegen den Willen des arbeitsbereiten Dienstnehmers ausgesprochene Dienstfreistellung ist ein in der Sphäre des Arbeitgebers liegender und daher von ihm zu vertretender Grund der Dienstverhinderung, der gleichsam als Annahmeverzug zu qualifizieren ist (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht4 220). Die Rechtsfolge besteht nach § 1155 ABGB im ungeschmälerten Entgeltanspruch des Dienstnehmers (DRdA 1989/8 [Beck-Mannagetta]). Will der Dienstgeber die im Rahmen des Synallagmas vom Dienstnehmer als Hauptverpflichtung geschuldete Dienstleistung nicht mehr annehmen und auch seine Hauptverpflichtung zur Leistung des Entgelts beenden, kann er lediglich das Dienstverhältnis beenden (WBl 1994, 90). Der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers bemißt sich nach dem (auch für Urlaub und Krankenstand geltenden) Ausfallsprinzip, das das Ziel verfolgt, den Arbeitnehmer während der Zeiten der Nichtarbeit entgeltmäßig so zu stellen, wie wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte (Krejci in Rummel ABGB2 Rz 22 zu § 1155; Arb 10.199; SZ 60/193; DRdA 1989/8; ZAS 1993/15; RdW 1994, 252). Der dienstfrei gestellte Arbeitnehmer hat daher auch Anspruch auf Überstundenentgelt für im Verhinderungszeitraum regelmäßig in Betracht kommende Mehrleistungen (Krejci aaO; Arb 7308). Die Honorierung von Überstunden hängt zwar, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, von deren Anordnung oder Genehmigung ab (Martinek-M. und W.Schwarz, Angestelltengesetz7 181 mwN), sodaß grundsätzlich dem Arbeitgeber Einfluß auf die Möglichkeit zur Überstundenleistung zusteht und der Arbeitnehmer daher keinen Anspruch auf die regelmäßige Leistung von Überstunden hat (Arb 9899). Der Arbeitgeber hat sich aber im vorliegenden Fall durch die einseitig angeordnete Dienstfreistellung und die Inkaufnahme der Rechtsfolgen des § 1155 ABGB der Möglichkeit der Einflußnahme auf die Gestaltung der Entgeltbedingungen für die Zeit der Dienstfreistellung begeben. Aufgrund des Ausfallsprinzipes wird zur Beurteilung des regelmäßigen Entgelts eine Durchschnittsbetrachtung des vor dem Eintritt der Dienstverhinderung gelegenen Beobachtungszeitraumes und der bisher schon geleisteten Überstunden angestellt. Sowohl vor als auch nach Versetzung des Klägers fielen regelmäßig Überstunden in beträchtlichem Ausmaß an, sodaß der Wechsel des Arbeitsplatzes keine Einschränkung der Möglichkeit, Überstunden zu leisten, zur Folge hatte und daher die Regelmäßigkeit der Überstundenleistung nicht beeinflußte. Daß die Dienstfreistellung der offenbare Ausdruck einer zu berücksichtigenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten gewesen sei, die zum Wegfall der Möglichkeit, Überstunden zu leisten und damit zu einer dauernden Einkommensänderung geführt haben (Martinek-M. und W.Schwarz aaO 452; Arb 9899; DRdA 1989/8), ist eine durch die Feststellungen des Erstgerichtes und dem Vorbringen der Beklagten nicht gedeckte Schlußfolgerung des Gerichtes der zweiten Instanz und bleibt unbeachtlich. Mangels Einwendnung und Nachweis, daß aufgrund des gewöhnlichen Laufes der Dinge keine Überstunden angefallen wären, ist von der aufgrund der bisherigen Überstundenleistung anzustellenden Prognose, daß der Kläger wieder regelmäßig Überstunden geleistet hätte, auszugehen.

Das dem Angestellten für das letzte Monat zustehende Entgelt bildet die Bemessungsgrundlage für die Abfertigung. Es besteht aus dem im Beobachtungszeitraum auch unter Berücksichtigung der regelmäßigen wenn auch nicht gleichmäßig geleisteten Überstunden (RdW 1988, 139) erzielten Durchschnittsverdienst, weil für den Zeitraum, für den die Abfertigung gebührt, eine gewisse Kontinuität des zuletzt bezogenen Verdienstes für den fiktiven Zeitraum gewährleistet sein soll (8 ObS 3/94 mwN).

Das bedeutet, daß die "fiktiven" Überstunden für 1990 bei Berechnung der Abfertigung mit dem vom Berufungsgericht festgestellten Betrag von S 5.348,-- zu berücksichtigen sind. Da aber § 7 Abs 5 KV den Verfall von Überstunden von der Unterlassung deren Geltendmachung binnen dreier Monate nach dem Tag der Überstundenleistung abhängig macht, sind die für die fiktiv zu berücksichtigenden Überstunden erzielbaren Entgelte nach § 1155 ABGB verfallen.

Der Kollektivvertrag bezieht sich in § 7 Abs 5 zwar auf die Geltendmachung geleisteter Überstunden. Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß die Leistung von Überstunden in der Zeit der Dienstfreistellung fingiert wird, sie daher geleisteten Überstunden gleichgehalten werden. Dies führt wieder zur Anwendbarkeit der Verfallsbestimmung des § 7 Abs 5 KV. Gerade bei "fiktiver" Überstundenleistung erfordert der Zweck der Verfallsbestimmung, unklare Sachverhalte innerhalb kurzer Zeit klarzustellen, deren kurzfristige Geltendmachung, um auch dem Dienstgeber Dispositionsmöglichkeiten einzuräumen.

Die Abweisung der vor 8 Uhr geleisteten Überstunden erfolgte zu Recht. Ob es sich bei diesen Zeiten um Mehrleistungen oder um eine vorverlegte Arbeitszeit handelt, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls Arbeitszeiten (= Überstunden) vor 8 Uhr nach den Feststellungen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Personalchefs (= M*****) geleistet werden durften, die aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes (AS 211) nicht vorlag. Eine einseitig vom Arbeitnehmer vorverlegte Arbeitszeit, für die allerdings im Verfahren erster Instanz ebenso keine Behauptungen aufgestellt wurden wie für eine betriebliche Übung oder vom Arbeitnehmer ohne Auftrag geleistete Überstunden begründen daher keine Honorierungspflicht. Die bloße Duldung der Leistung konnte die fehlende und erforderliche ausdrückliche Zustimmung des Personalchefs nicht ersetzen und konnte auch ohne weitere für eine Zustimmung des Dienstgebers sprechende nachgewiesene Umstände nicht zu einer konkludenten Unterwerfung des Arbeitgebers unter das einseitige gegen den ausdrücklichen Willen des Arbeitgebers gerichtete Anbot des Klägers zu einer Änderung der Dienstzeit oder zur Überstundenleistung führen. Ein zustimmender Erklärungswille des Arbeitgebers war durch die bloße Entgegennahme der Überstundenleistung objektiv nicht erkennbar (Arb 10.830 mwN).

Was das Zinsenbegehren betrifft, so hat der Kläger die Überstunden monatlich verzeichnet, was jedenfalls die Fälligkeit der Überstundenentgelte für das Jahr 1988 zum 1.1.1989 bzw. der Überstundenentgelte für 1989 zum 1.1.1990 zur Folge hatte. Es bedurfte daher zur Fälligstellung keiner weiteren Mahnung. Die fiktiven Überstunden für 1990 waren allerdings mangels anderer Behauptungen erst durch die Klage fällig gestellt, was auch für die nach § 23 Abs 4 AngG mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zur Gänze fällige Jahresabfertigung des Klägers und deren Teile gilt.

Zur Revision der Beklagten:

Die Weihnachtssonderzahlung, die jährlich vom Betriebsrat mit dem Vorstand allerdings im wesentlichen nur der Höhe nach verhandelt wurde und die lediglich im Jahr 1984 wegen eines schlechten Geschäftsergebnisses nicht ausgeschüttet wurde, erhielt der Kläger bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses. Die wiederholt gewährte Gratifikation begründete einen Rechtsanspruch des Klägers. Die Beklagte hätte entsprechend der Sitte des redlichen Verkehrs dann, wenn sie sich durch die wiederholten Zuwendungen nicht binden hätte wollen, einen entsprechenden Vorbehalt erklären müssen. Ohne Vorbehalt gewährte Zuwendungen begründen eine betriebliche Übung, die den Willen, sich auch für die Zukunft zu verpflichten, zum Ausdruck bringt (Ind 1989, 1852; DRdA 1994/26 [Kerschner], 9 ObA 77-78/94; 9 ObA 1006, 1007/94 ua). Die erst am 6.12.1990 zum Ausdruck gebrachte Freiwilligkeit und Widerruflichkeit der Weihnachtssonderzahlung, die keinen wie immer gearteten Anspruch für die Zukunft begründet, vermochte für das Jahr 1990 den bereits entstandenen Anspruch des Klägers nicht verhindern. Die Weihnachtsgratifikation gehört daher zum Entgelt und ist bei Bemessung der Abfertigung einzubeziehen.

Entgelt ist alles, was der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhält. Der Begriff ist weit auszulegen und umfaßt grundsätzlich alles, was dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zukommt (Martinek-M. und W.Schwarz aaO 221). Das durch die Arbeitsleistung verursachte gesundheitliche Risiko wird schon durch die gesetzliche Krankenversicherung abgedeckt, die durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge finanziert wird. Es ist daher nicht erkennbar, daß die Vergütung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für eine zusätzliche Krankenversicherung im Interesse des Arbeitgebers liegt. Dafür, daß ein besonderes, nicht durch die gesetzliche Kranken-Unfallversicherung gedecktes betriebs- und arbeitsbedingtes Risiko bestünde, das den Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zur gänzlichen oder teilweisen Finanzierung einer Zusatzkrankenversicherung veranlaßt hätte, besteht kein Anhaltspunkt (vgl SZ 56/86). Wenn der Arbeitgeber ausschließlich im Interesse des Arbeitnehmers und aus seinen finanziellen Mitteln zu tragende Auslagen in Form eines Zuschusses zur Zusatzkrankenversicherung vergütet, dann liegt eine regelmäßige Entgeltleistung vor (Arb 10.667), die dann auch in die Abfertigungsberechnung einzubeziehen ist.

Dem Kläger steht daher insgesamt zu:

Überstunden 1988 und 1989 S 136.756,71

Abfertigungsdifferenz: (S 906.294,--

S 31.771,--

S 5.348,--

S 388,50)

S 943.801,50

: 12 x 14 = S 1,101.110,17

erhaltene Abfertigung S 1,057.343,

Differenz S 43.758,70

Summe S 180.515,41.

Das Mehrbegehren von S 96.815,57 (davon bereits S 26.475,20 vom Erstgericht abgewiesen) war nicht zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO.

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