Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der betreibenden Partei wurde zur Hereinbringung der Forderungen von S 433.889,50 sA die Exekution durch Zwangsversteigerung von Liegenschaften bewilligt, die in drei Grundbuchseinlagen (EZ 16, 17 und 89 Grundbuch *****) enthalten sind.
Der vom Erstgericht bestellte Sachverständige ermittelte aufgrund der mit Beschluß vom 5.2.1993 angeordneten Schätzung dieser Liegenschaften deren Verkehrswert einschließlich Zubehör mit S 8,786.015. Die einzelnen Liegenschaften wurden nicht gesondert geschätzt.
Das Erstgericht forderte die Parteien und Beteiligten mit Beschluß vom 6.5.1993 auf, sich zum Schätzungsgutachten binnen 14 Tagen zu äußern.
Die betreibende Partei beantragte die Richtigstellung einer Grundstück-Nummer und die Ausscheidung eines als Zubehör angeführten Traktors, der in ihrem Eigentum stehe. Ansonsten wurde keine Äußerung erstattet.
Mit Beschluß vom 28.5.1993 setzte das Erstgericht den Schätzwert aller zu versteigernden Liegenschaften ausschließlich des Zubehörs mit S 8,189.515 und den Wert des Zubehörs mit S 481.500 fest.
Dieser Beschluß erwuchs - abgesehen von einem (erfolglosen) Kostenrekurs der Verpflichteten - unangefochten in Rechtskraft.
Mit Beschluß vom 20.9.1993 forderte das Erstgericht die betreibende Partei auf, einen Entwurf der Versteigerungsbedingungen vorzulegen.
Die betreibende Partei legte Versteigerungsbedingungen vor, nach denen die Versteigerung der drei Grundbuchskörper als Ganzes erfolgt, weil es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt.
In der vom Erstgericht anberaumten Tagsatzung zur Festsetzung der Versteigerungsbedingungen am 16.11.1993 bestritten die Verpflichteten die wirtschaftliche Einheit der Grundbuchskörper; vor allem diejenigen Grundstücke, die in der EZ 16 im Gesamtausmaß von 69.977 m2 und in der EZ 89 im Gesamtausmaß von 17.267 m2, bei denen es sich um Bauerwartungsland handle, seien völlig eigenständig und müßten daher als alleiniges Exekutionsobjekt ausgeboten werden.
Die betreibende Partei brachte vor, der Umstand der eindeutigen wirtschaftlichen Einheit ergebe sich aus dem Schätzungsgutachten und dem rechtskräftigen Schätzwert.
Das Erstgericht genehmigte die von der betreibenden Partei vorgelegten Versteigerungsbedingungen mit der von den Normativbedingungen abweichenden Änderung, daß die Versteigerung der Grundbuchskörper EZ 16, 17 und 89 des Grundbuchs ***** als wirtschaftliches Ganzes gemeinsam erfolgt. Die Verpflichteten seien an die Rechtskraft des Beschlusses gebunden, mit dem der Schätzwert für die wirtschaftliche Einheit der drei Grundbuchskörper festgesetzt worden sei; weiters hätten sie zur Frage der wirtschaftlichen Einheit kein schlüssiges Vorbringen erstattet, weil die relevierte Frage des Bauerwartungslandes mit der wirtschaftlichen Einheit eines landwirtschaftlichen Betriebes nichts zu tun habe und darüber hinaus nach dem Schätzungsgutachten kein Bauerwartungsland vorliege.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, die Verpflichteten hielten nur noch an der Versteigerung nach Grundbuchskörpern, nicht mehr an einer parzellenweisen Versteigerung fest. Es sei also nur noch die Frage zu lösen, ob die drei Grundbuchskörper als wirtschaftliche Einheit nur als Ganzes oder die drei Grundbuchskörper einzeln oder das gesamte Gut als Ganzes und die Grundbuchskörper einzeln ausgeboten werden müßten. Exekutionsobjekt des Zwangsversteigerungsverfahrens seien die in einem Grundbuchskörper, also einer Einlagezahl, zusammengefaßten Grundstücke. Grundsätzlich seien daher Liegenschaften regelmäßig nach Grundbuchskörpern zur Versteigerung zu bringen. Erfordere es die Beschaffenheit der Liegenschaft, könne vorgesehen werden, daß deren Versteigerung nicht nur nach Einzeleinlagen versucht werde, sondern auch als Einheit. Es könne demnach die Versteigerung von Liegenschaften in der Weise vorgenommen werden, daß sie zuerst nach Grundbuchskörpern und dann gemeinsam ausgeboten werden. Die Zwangsversteigerung von Liegenschaften könne in der Weise vorgenommen werden, daß zuerst nach Grundbuchskörpern und dann gemeinsam ausgeboten werde. Eine Gefährdung der verpflichteten oder der betreibenden Parteien könne sich aus diesem Vorgang nicht ergeben. Das Exekutionsgericht müsse nach der Ausbietung der einzelnen Grundbuchskörper die gesamte, in mehreren Grundbuchseinlagen verbücherte, wirtschaftlich zusammenhängenden Liegenschaften als Ganzes ausbieten. Nach Vornahme beider Versteigerungsakten entscheide sodann das Bestergebnis für den Zuschlag. Es obliege dem Gericht, die mangelnde Zustimmung einer Partei zu werten; mangelnde Zustimmung ohne jeglichen Grund schließe die Genehmigung noch nicht aus. Die gemeinsame Versteigerung des gesamten Bauernguts mit Hof und wirtschaftlichen Flächen liege nahe. Auch die Verpflichteten hätten keine Gründe nennen können, weshalb die Versteigerung der Liegenschaften als Ganzes abträglich wäre. Die primäre Ansicht der Verpflichteten, die Liegenschaft dürfe nur nach Grundbuchskörpern ausgeboten werden, sei daher unrichtig. Ob die getrennte Versteigerung ein wirtschaftlich besseres Ergebnis bringen würde, könne derzeit mangels Vorliegens der einzelnen Schätzwerte noch nicht beantwortet werden; insoweit sei das Verfahren in der Richtung ergänzungsbedürftig, daß auch die einzelnen Grundbuchskörper bewertet werden. Danach werde über die nach Lage des Falles von der betreibenden Partei neu vorzulegenden Versteigerungsbedingungen neu zu entscheiden sein. Auch nach rechtskräftiger Feststellung des Schätzwertes könne die verpflichtete Partei ihre Einwendungen gegen die Art der Versteigerung erheben.
Das Rekursgericht erklärte "den Revisionsrekurs" für zulässig, weil davon ausgegangen worden sei, daß nur bei begründeten Einwänden des Verpflichteten seine fehlende Zustimmung zur Art der Versteigerung maßgeblich ist, und weil zur Frage, ob dem festgestellten Schätzwert insoweit Bindungswirkung zukommt, als damit auch eine bestimmte Art der Versteigerung vorgegeben wird, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 144 EO idF BG BGBl 1992/150 vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.
Bilden mehrere Grundbuchskörper den Gegenstand der Zwangsversteigerung, so sind sie nach dem Gesetz getrennt zu versteigern, auch wenn die Zwangsversteigerung in einem einheitlichen Beschluß bewilligt wurde ( Jus-extra Z 1994/1586; Heller/Berger/Stix II 1332). Dafür spricht § 178 Abs 2 letzter Satz EO, weil dort vorgesehen ist, daß der Richter im Versteigerungstermin die Reihenfolge zu verkünden hat, in welcher mehrere im selben Termin zur Versteigerung gelangende "Liegenschaften" desselben Verpflichteten ausgeboten werden. Dabei ist unter "Liegenschaft" offensichtlich ein Grundbuchskörper im Sinn des § 5 Abs 1 AllgGAG zu verstehen. Dem Gesetz ist kein ausreichender Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß für Grundbuchskörper, die eine wirtschaftliche Einheit bilden, etwas anderes gilt (3 Ob 21/94).
Dem Rekursgericht ist somit entgegen der von der Rekurswerberin in ihrem Rekurs vertretenen Ansicht darin beizupflichten, daß die von ihr im Entwurf der Versteigerungsbedingungen vorgeschlagene gemeinsame Versteigerung aller Grundbuchskörper von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen abweicht (vgl auch GlUNF 7485; Heller/Trenkwalder 477). Die Feststellung solcher Versteigerungsbedingungen setzt gemäß § 162 Abs 1 EO voraus, daß die Abweichung zulässig ist und daß hierüber verhandelt wurde. Die - schon in GlUNF 7485 bejahte - Zulässigkeit der angeführten Abweichung ergibt sich für den Fall, daß die Grundbuchskörper eine wirtschaftliche Einheit bilden, aus § 143 Abs 3 EO idF des LBG (vgl früher § 14 Abs 1 RSchO), wo vorgeschrieben wird, daß bei solchen Grundbuchskörpern, auch zu ermitteln ist, welchen Wert alle zusammen als wirtschaftliche Einheit haben. Dieser Wert ist aber nur von Bedeutung, wenn alle Grundbuchskörper gemeinsam versteigert werden (Jus-extra Z 1994/1586).
Die Auffassung des Rekursgerichtes, daß für die gemeinsame Versteigerung aller Grundbuchskörper nicht unbedingt die Zustimmung aller Beteiligten vorliegen muß, entspricht der nunmehrigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Wie der Oberste Gerichtshof in der teilweise in Jus extra Z 1994/1586 veröffentlichten Entscheidung 3 Ob 21/94 ausgesprochen hat, ist Grundsatz, daß eine zulässige Abweichung von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen festzustellen ist, wenn sie der Sachlage am besten entspricht und am meisten geeignet ist, die Erzielung eines hohen Meistbotes zu bewirken (GlUNF 7485). Im Gesetz ist allerdings in mehreren Bestimmungen vorgesehen, daß Abweichungen von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen nur mit Zustimmung des betreibenden Gläubigers (beim geringsten Gebot gemäß § 151 Abs 1 EO), des Berechtigten (bei der Übernahme von Lasten gemäß § 150 Abs 1 EO) oder des betreibenden Gläubigers und der auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Gläubiger (bei der Berichtigung des Meistbots gemäß § 152 Abs 5 EO) festgestellt werden können. Für das Vadium ist dies hingegen nicht vorgesehen (§ 147 EO). Nur auf das im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Erfordernis der Zustimmung beziehen sich die Entscheidung RPflE 1972/21 und überwiegend die darin zitierten Belegstellen (Petschek, Zwangsvollstreckungsrecht 130;
Heller/Berger/Stix II 1284; Pollak, Zivilprozeßrecht 977;
Heller/Trenkwalder 542 FN 13; anders allerdings Walker, Exekutionsrecht 200, wo die Ansicht vertreten wird, daß gegebenenfalls auch die dem Versteigerungsverfahren beigetretenen betreibenden Gläubiger zustimmen müssen).
Der Umstand, daß im Gesetz der Kreis der Personen, deren Zustimmung erforderlich ist, je nach der Art der Abweichung verschieden umschrieben und zum Teil überhaupt eine Zustimmung nicht verlangt wird, spricht dafür, daß Abweichungen, für die im Gesetz das Erfordernis der Zustimmung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, vom Gericht auf Grund eines entsprechenden Antrags unabhängig von der Zustimmung der Parteien und Beteiligten als Inhalt der Versteigerungsbedingungen festgestellt werden dürfen, wenn dies am besten ihren Interessen Rechnung trägt. Diese Ansicht entspricht der Entscheidung GlUNF 7485 und den Ausführungen von Heller/Berger/Stix (II 1284) sowie Heller/Trenkwalder (542 FN 13). Sie liegt offensichtlich auch den Entscheidungen RZ 1937, 247, JBl 1921, 61 und EvBl 1985/1 zugrunde, in denen die - bei einem entsprechenden Antrag im übrigen allenfalls auch hier in Betracht kommende - Versteigerung mehrerer Grundbuchskörper durch zweimaliges Ausbieten im Sinn des JME 9.6.1902 Zl 6062 (abgedruckt in der MGA12 in Anm 10b zu § 146) als zulässige Abweichung angesehen wurde. Soweit in der Entscheidung RZ 1936, 99 und - ihr folgend - von Heller/Berger/Stix (II 1333) und Puster (Zwangsversteigerung2 Rz 502) für die gemeinsame Versteigerung mehrerer Grundbuchskörper die Zustimmung aller Beteiligten gefordert wird, vermag sich dem der erkennende Senat aus den dargelegten Gründen nicht anzuschließen.
Dem Argument der betreibenden Partei, durch die Unterlassung der Einzelbewertung der Grundbuchskörper bei der rechtskräftigen Festsetzung des Schätzwertes werde eine gesonderte Ausbietung einzelner Grundstücke verhindert, kann nicht gefolgt werden.
Bei der Beurteilung der Rechtskraft dieses Beschlusses ist davon auszugehen, daß Gegenstand der Rechtskraft und damit der Bindungswirkung einer Entscheidung nur ihr Spruch ist; die Entscheidungsgründe sind bloß zur Auslegung des Spruches heranzuziehen, erwachsen aber für sich allein nicht in Rechtskraft (SZ 48/41 ua; 3 Ob 90/89). Aus dem Spruch des Beschlusses, mit dem der Schätzwert festgesetzt wurde, ergibt sich jedoch in keiner Weise, daß eine gesonderte Versteigerung der einzelnen Grundbuchskörper nicht möglich wäre. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, hat die Frage, ob die Grundstücke getrennt oder gemeinsam versteigert werden sollen, mit der Beschreibung und Schätzung der Liegenschaft nichts zu tun. Die nachzuholende Bewertung der einzelnen Grundbuchskörper ist jedoch Voraussetzung für die Entscheidung, ob eine in den Versteigerungsbedingungen vorgesehene, von den Normativbedingungen abweichende Art der Versteigerung genehmigt wird.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.
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