Spruch:
Der als Revisionsergänzung bezeichnete Schriftsatz der klagenden Partei ON 55 wird zurückgewiesen.
Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 23.119,20 (darin enthalten S 3.853,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 20.Juni 1989 schloß der am 1.Februar 1989 geborene Kläger, vertreten durch seinen Vater, mit dem früheren Rechtsanwalt Dr.Eberhard M***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma R.H***** KG einen Kaufvertrag über die Liegenschaft EZ***** mit einem Kaufpreis von S 1,900.000,--. Nach dem - vom Vater des Klägers verfaßten Kaufvertrag - sollte als Treuhänder der Verkäufer fungieren. Der Kaufpreis sollte bei diesem hinterlegt werden. Der Treuhänder war verpflichtet, vom Kaufschilling erst nach grundbücherlicher Eintragung des Eigentumsrechtes auf der geldlastenfreien Liegenschaft Gebrauch zu machen. Die Mutter des Klägers unterfertigte am 26.April 1990 für den mj. Kläger eine Schuld- und Pfandbestellungsurkunde und am 30.April 1990 einen Darlehensantrag, in welchem ebenfalls Dr.M***** als Treuhänder aufschien, bei der beklagten Partei. Dr.M***** gab namens des Klägers an die beklagte Partei am 27.April 1990 eine Treuhanderklärung ab. Diese nahm mit Schreiben vom 30.April die ihr angebotene Treuhandverpflichtung zustimmend an. In der Folge wurden die Darlehensvaluta in der Höhe von S 1,900.000,-- auf das Anderkonto des Treuhänders zur Anweisung gebracht. Der Treuhänder hat diesen Betrag veruntreut und wurde unter anderem deshalb strafgerichtlich verurteilt.
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Bezahlung der Darlehensvaluta in der Höhe von S 1,900.000,-- an ihn, in eventu an einen von der beklagten Partei zu bestimmenden Treuhänder mit dem diesem zu erteilenden Auftrag, die Kaufliegenschaft lastenfrei zu stellen und das Pfandrecht für die beklagte Partei im ersten Rang einzuverleiben, weiters die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle aus der schuldhaften Nichterfüllung der Treuhandbedingungen durch den Treuhänder entspringenden Schäden.
Der Kläger brachte dazu im wesentlichen vor, die Darlehensvaluta sei zwar vereinbarungsgemäß auf das Anderkonto des Treuhänders überwiesen worden. Der Treuhänder sei von der beklagten Partei bestellt worden und als deren Erfüllungsgehilfe anzusehen, für dessen schuldhaftes Verhalten die beklagte Partei einzustehen habe. Daneben sei die beklagte Partei zur Erfüllung der Hauptverpflichtung, nämlich zur Verschaffung des Eigentums an der Darlehensvaluta verpflichtet.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Treuhänder sei nicht von ihr, sondern vom Kläger ausgesucht und bestellt worden. Er habe in seiner Treuhanderklärung ausdrücklich bestätigt, durch den Kläger, vertreten durch dessen Mutter, beauftragt worden zu sein, die grundbücherliche Durchführung des Eigentumserwerbers sowie des Pfandrechtes vorzunehmen. Die Mutter des Klägers habe dem Treuhänder auch eine Geldvollmacht ausgestellt. sodaß dieser bevollmächtigt gewesen sei, in Geldangelegenheiten für die Kindesmutter zu agieren.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren zur Gänze ab.
Sie sind dabei neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt von nachfolgenden weiteren Feststellungen ausgegangen:
Rechtsanwalt Dr.M***** wurde dem damaligen Filialleiter der beklagten Partei von der "Seite L*****" als Treuhänder nominiert. Für die beklagte Partei war Dr.M***** Masseverwalter im Konkurs des außenstehenden Verkäufers bzw Treuhänder der "Gruppe S*****". Die beklagte Partei hätte die Darlehenssumme ohne Treuhänder nicht ausbezahlt und hat den vorgeschlagenen Treuhänder akzeptiert. Der Treuhänder übernahm gegenüber der beklagten Partei die Verpflichtung, die Einverleibung des Pfandrechtes der beklagten Partei im ersten Pfandrang zu veranlassen und für den Fall der Nichterfüllung der Treuhandverpflichtung aus welchem Grunde auch immer, das Darlehensrealisat zuzüglich Zinsen aus der fruchtbringenden Veranlagung an die beklagte Partei zu überweisen. In der Folge wurden die dem Anderkonto des Treuhänders überwiesenen Darlehensvaluta von diesem ohne Erfüllung der Treuhandbedingungen veruntreut.
Das Erstgericht folgerte aus diesem Sachverhalt, daß der Kläger selbst die Untreuehandlungen des Treuhänders Dr.M***** zu vertreten habe, weil dieser im Rahmen der erteilten Vollmacht und Beauftragung als Treuhänder durch die Interessentengruppe S***** auch dieser verpflichtet und für diese als Erfüllungsgehilfe tätig gewesen sei.
Das Berufungsgericht erörterte dazu rechtlich, daß ein Rechtsanwalt, der sich in Verbindung mit einem Liegenschaftskauf dem diesen finanzierenden Kreditinstitut gegenüber verpflichte, die Eintragung des Käufers und des Pfandrechtes des Finanzierers zu bewirken oder den ihm für den Käufer überwiesenen Kreditbetrag zurückzuzahlen, Treuhänder des Finanzierers werde, auch wenn er aus dieser Treuhandvereinbarung dem Käufer als Dritten gegenüber berechtigt und verpflichtet sei, den Betrag nur zur Zahlung des Kaufpreises zu verwenden. Dr.M***** sei sowohl als Treuhänder der klagenden als auch der beklagten Partei tätig geworden, weil er beiden Streitteilen gegenüber Verpflichtungen übernommen habe. Einerseits sollte das Eigentumsrecht des Klägers als auch das Pfandrecht zu Gunsten der beklagten Partei im bedungenen Pfandrang einverleibt werden. Diese Verpflichtung habe der Treuhänder auch gegenüber der beklagten Partei durch Abgabe der Treuhanderklärung und Annahme derselben übernommen. Es liege sohin ein mehrseitiges Treuhandverhältnis vor, das weder einen Auftrag noch einen Bevollmächtigungsvertrag noch eine bloße Bevollmächtigung voraussetze.
Die Frage, in wessen Risikosphäre die Veruntreuung des Treugutes durch den Treuhänder falle, sei unabhängig von dem hier vorliegenden Problem, ob dem Darlehensnehmer ein Anspruch auf neuerliche Auszahlung der Darlehensvaluta zustehe, zu lösen. Dem Klageanspruch liege ein Darlehensvertrag zugrunde. Nach diesem müßten die Sachen dem Schuldner so übergeben werden, daß er willkürlich darüber verfügen könnte, selbst wenn ein bestimmter Verwendungszweck vereinbart worden wäre. Die freie Verfügbarkeit sei jedoch nur für den Fall relevant, daß die Parteien keinen anderen Auszahlungsmodus vereinbart hätten. Es sei nämlich den Parteien überlassen, die beiderseitigen Leistungspflichten festzulegen. Die Übergabe der Darlehensvaluta könne auch dadurch erfolgen, daß die Darlehenssumme vereinbarungsgemäß einem Dritten, etwa einem anderen Gläubiger übergeben werde. Die direkte Zuzählung der Darlehensvaluta bzw Einräumung der direkten Verfügungsgewalt an den Kläger sei nie vereinbart worden, die beklagte Partei sei vielmehr verpflichtet gewesen, das Darlehensrealisat auf das Anderkonto des Treuhänders zu überweisen: Es habe keine Verpflichtung bestanden, dem Kläger Eigentum an der Darlehenssumme zu verschaffen. Die beklagte Partei sei vielmehr ihrer Verpflichtung zur Auszahlung der Darlehensvaluta an den Treuhänder nachgekommen. Das Berufungsgericht verwies noch auf die in der Entscheidung RdW 1985,359 geäußerte Rechtsmeinung, wonach die Überwälzung des Risikos des ungetreuen Treuhänders auf den Darlehensnehmer zulässig und sachgerecht sei, weil die Darlehenszuzählung vor Begründung der Sachhaftung bei Finanzierung eines Grundstückskaufes im Interesse des Darlehensnehmers liege. Dies müsse auch für den Fall gelten, in welchem der Darlehensnehmer den Treuhänder auswähle, weil er dadurch die Verantwortung für die Eignung und Vertrauenswürdigkeit des Treuhänders übernehme.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung zur Frage, ob dem Darlehensnehmer ein Anspruch auf neuerliche Auszahlung der Darlehensvaluta im Fall eines ungetreuen Treuhänders zustehe, nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Aktenwidrigkeit sowie wegen "jedes nur erdenklichen Rechtsgrundes" mit dem Antrag, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben.
In einem innerhalb der Rechtsmittelfrist erstatteten, als Ergänzung zur Revision bezeichneten Schriftsatz, werden die Rechtsausführungen ergänzt.
Die beklagte Partei beantragt, den ergänzenden Schriftsatz zurückzuweisen und die Revision vorsichtshalber als verspätet zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die "Ergänzung" zur Revision ist nicht zulässig.
Seit der ZVN 1983 vertritt die Lehre (Konecny, JBl 1984,70; Fasching Lehrbuch2 Rz 1693) im Hinblick auf die nunmehr auch vorhandene Möglichkeit der Verbesserung von Inhaltsmängeln und die Neuformulierung des § 83 Abs 3 überwiegend die Auffassung, daß der ursprünglich bestehende Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels beseitigt worden sei. Nach der Rechtsprechung, von der abzugehen der erkennende Senat keine Veranlassung sieht (RdW 1987,54; AnwBl 1987,296; EvBl 1994/59), sind jedoch der Austausch oder die Verbesserung von Rechtsmittelschriften nur dann zulässig, wenn die ursprüngliche Rechtsmittelschrift an einem den nunmehr erweiterten Verbesserungsvorschriften unterliegenden Mangel gelitten hat. Da das Rechtsmittel formal einwandfrei und zur meritorischen Behandlung geeignet war und der Revisionswerber nur seine rechtliche Argumentation verbreiterte, war eine weitere Rechtsmittelschrift nicht zulässig. Die Ergänzung war daher zurückzuweisen.
Die Revision ist auch nicht verspätet.
Das Berufungsurteil wurde zunächst nur dem Sachwalter des Klägers zugestellt. Diese Zustellung war unwirksam, weil ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis des Klägers zum Klagevertreter bestand. Die Rechtsmittelfrist wurde daher erst durch Zustellung des Berufungsurteils an den Klagevertreter in Gang gesetzt.
Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht ist zutreffend vom Vorliegen eines mehrseitigen Treuhandverhältnisses ausgegangen. Bei einem solchen Treuhandverhältnis hat der Treuhänder mehrere Interessen zu wahren und zwar einerseits das Interesse des Käufers an der widmungsgemäßen Verwendung des Kaufpreises, andererseits das Interesse des Darlehensgebers an der Verbücherung des vereinbarten Pfandrechtes zur Sicherstellung der Darlehensforderung. Gerade bei einem durch ein Darlehen kreditfinanzierten Liegenschaftskauf ist ein Käufer einerseits nicht in der Lage, dem Darlehensgeber vor oder Zug um Zug mit der Darlehenshingabe das vereinbarte Pfandrecht an der Liegenschaft zu begründen, weil er noch nicht Eigentümer ist, andererseits aber in der Regel gehalten, den Kaufpreis sofort zu bezahlen. Die Darlehenszuzählung vor Begründung der Sachhaftung liegt daher im Interesse des Käufers und Darlehensnehmers (vgl JBl 1986,508 = RdW 1985,369).
Zur Frage, wer das Risiko der Veruntreuung durch den Treuhänder bei einem kreditfinanzierten Liegenschaftserwerb trägt, hat der Oberste Gerichtshof bereits Stellung genommen (EvBl 1972/19; JBl 1981,90 und die bereits zitierte Entscheidung JBl 1986,508). Die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte unterscheiden sich jedoch von dem hier zu entscheidenden Fall insofern, als dort jeweils der Rückzahlungsanspruch der Bank gegen den Darlehensnehmer nach Auflösung des Kreditvertrages und nach Veruntreuung der dem Treuhänder ausbezahlten Kreditvaluta Entscheidungsgegenstand war. Hier ist aber zu entscheiden, ob dem Darlehensnehmer nach Veruntreuung der dem Treuhänder zugezählten Darlehensvaluta ein neuerlicher Anspruch auf Auszahlung des Darlehensbetrages zusteht. In den Entscheidungen EvBl 1972/19 und JBl 1981,90 hat der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf SZ 26/206 und die letztere Entscheidung wiedergebende Lehrmeinungen Stanzls (in Klang2 IV/1,790) und Kastners (JBl 1958,109) ausgesprochen, daß das Risiko der Veruntreuung des Geldes durch einen gemeinsamen Treuhänder denjenigen Treugeber treffe, dem auf Grund des erteilten Auftrages nach dem Stand der Dinge der Anspruch auf Ausfolgung des Geldes zustehe. Da der Treuhänder bis zur Einverleibung des Pfandrechtes primär als Treuhänder der Bank agiere, müsse sich diese den Verlust des Geldes zurechnen lassen. Damit wurde aber nicht ausgesprochen, daß dem Darlehensnehmer ein Anspruch auf neuerliche Zuzählung der Darlehensvaluta zustehe. Aus diesen Entscheidungen läßt sich daher das Begehren auf neuerliche Zuzählung der veruntreuten Darlehensvaluta nicht ableiten.
Es kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob der Bank ein Rückzahlungsanspruch zusteht, weil das Begehren auf neuerliche Zuzählung jedenfalls verneint werden muß.
Nach der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung war die beklagte Partei verpflichtet, die Kreditvaluta auf das Anderkonto des vom Kläger nominierten Treuhänders, der zugleich als Masseverwalter Verkäufer der Liegenschaft war, zu überweisen. Damit haben die Streitteile eine im Sinne des § 905 Abs 2 ABGB zulässige Regelung getroffen, wie der Vertrag vereinbarungsgemäß zu erfüllen ist. Nach dieser Gesetzesbestimmung hat der Schuldner "im Zweifel", falls keine gegenteilige Vereinbarung getroffen wurde, Geldzahlungen auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu "übermachen". Eine derartige abweichende Vereinbarung liegt aber hier vor, weil die beklagte Partei nicht verhalten war, dem Kläger das Eigentum an der Kreditvaluta zu verschaffen oder deren freie Verfügbarkeit zu gewährleisten, sondern mit schuldbefreiender Wirkung eben nur auf das Anderkonto des Treuhänders zu zahlen hatte. Nach der Gefahrentragungsregel des § 905 Abs 2 ABGB trägt der Schuldner bis zur Zahlung in der vereinbarten Weise die Gefahr des zufälligen Verlustes, muß also im Falle des zufälligen Verlustes noch einmal zahlen (Gschnitzer in Klang2 IV/1,367). Daraus folgt, daß nach Erfüllung in der vereinbarten Weise die Gefahr des zufälligen Verlustes nicht mehr vom Schuldner, der beklagten Partei, zu tragen ist (vgl dazu Graf, Kreditfinanzierter Liegenschaftserwerb - Wer trägt das Risiko der Veruntreuung durch den Treuhänder RdW 1991, 283 ff FN 7, der die Meinung vertritt, daß zumindest theoretisch sowohl der Anspruch der Bank auf Kreditrückzahlung als auch der Anspruch des Kreditnehmers auf neuerliche Kreditauszahlung verneint werden könne, weil eine Situation verwirklicht sei, die jener ähnle, die beim Gattungskauf nach Konzentration aber vor Gefahrenübergang gegeben sei). Besteht aber nach ordnungsgemäßer Erfüllung durch die beklagte Partei kein Anspruch auf neuerliche Erfüllung, also auf neuerliche Zuzählung der Darlehensvaluta, kann dem darauf gerichteten Begehren kein Erfolg beschieden sein. Für die Entscheidung dieses Rechtsstreites ist daher nicht von Bedeutung, ob der beklagten Partei allenfalls ein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens zusteht. Aus diesem Grund muß auf die von Graf (aaO) vorgebrachten Argumente gegen die bereits mehrfach zitierten Entscheidungen EvBl 1972/19 und JBl 1981,90, die einen derartigen Rückzahlungsanspruch der kreditfinanzierenden Bank verneinen, nicht mehr eingegangen werden.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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