OGH 4Ob118/94

OGH4Ob118/9422.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Institut Virion Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Mag.Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Virion International Distribution Ltd, ***** vertreten durch Dr.Peter Knirsch und Dr.Johannes Gschaider, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 500.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 1.September 1994, GZ 2 R 172, 173/94-52, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 28.April 1994, GZ 17 Cg 1008/92p-47, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.375,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.562,50 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 17.8.1978 errichtet und am 11.10.1978 in das Handelsregister des Amtsgerichtes W***** (Bundesrepublik Deutschland) als Entwicklungs-, Herstellungs- und Vertriebsgesellschaft für Diagnostika und Reagenzien eingetragen. Im Zeitpunkt der Gründung hatte schon die Institut Virion AG in R***** (Schweiz) bestanden, die seit 17.3.1977 im Handelsregister des Kantons Z***** eingetragen ist und auch Gründungsgesellschafterin der Klägerin war. Mit ihr hatten Vorgespräche und Arbeitstagungen zum Zweck der Gestaltung einer künftigen Zusammenarbeit stattgefunden; eine gegenseitige Beteiligung war aus finanztechnischen Gründen gescheitert.

Bis zum 31.12.1989 (bzw 1990) bestand zwischen den beiden Gesellschaften der "Zusammenarbeits-, Produktionsteilungs- und Lieferungsvertrag" vom 28.7.1980, auf Grund dessen die Klägerin berechtigt war, die alleinigen "Virion" - Erzeugnisse in Österreich allein zu vertreiben. Der Kundenkreis für diese Produkte ist sehr beschränkt, da als Abnehmer der Diagnostika und Hilfsmittel zu diagnostischen Untersuchungen nur Untersuchungsinstitute größerer Krankenhäuser in Betracht kommen. Nach § 8 Abs 6 des genannten Vertrages verpflichtete sich die Klägerin, "die von der Institut Virion AG bezogenen Reagenzien und anderen Produkte ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlin und Österreich zu vertreiben." Die Institut Virion AG verpflichtete sich hingegen, "jedweden Vertrieb in diesen Staaten zu unterlassen". § 11 Abs 4 sah vor: "Mit der Beendigung dieses Vertrages fallen sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere auch gegenseitig eingeräumte Vertriebsrechte, endgültig dahin. Ein Ausgleich - gleich welcher Art - erfolgt nicht." Tatsächlich kündigte die Institut Virion AG diesen Kooperationsvertrag zum 31.12.1989 auf; die Klägerin konnte im Prozeßweg allerdings eine Weiterbelieferung bis zum 31.12.1990 erwirken.

Die Beklagte wurde am 17.6.1983 in das Handelsregister des Kantons Z***** in der Schweiz als Vertriebsgesellschaft für diagnostische Reagenzien sowie Instrumente, Apparate usw ins Ausland mit dem Sitz in C***** (Schweiz) eingetragen. Sie ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der D***** AG, die wiederum zu 100 % der R***** AG B***** gehört. Konzernrechtlich ist die Beklagte mit der Institut Virion AG, die gleichfalls zu 100 % der R***** AG Basel gehört und die von der Beklagten vertriebenen Produkte herstellt, verbunden.

Seit 1980 hatte der österreichische Kaufmann Michael P*****, der seit 1979 mit Reagenzien und für die Labordiagnostik notwendigen Geräten handelt, Waren von der Schweizer Institut Virion AG bezogen, seit Jahresende 1983 bezog er sie von der in W***** (Bundesrepublik Deutschland) ansässigen Klägerin (wobei er annahm, daß ihm original Schweizer Ware ausgeliefert werde) und seit Anfang 1991 von der Beklagten. Die Klägerin hatte seinerzeit die Institut Virion AG darauf hingewiesen, daß auf Grund ihres Kooperationsvertrages der österreichische Markt, auf dem Michael P***** tätig wurde, von ihr zu beliefern sei, worauf sich der bei der Institut Virion AG beschäftigte Mitarbeiter Dr.J***** an Michael P***** mit der Anfrage wandte, ob dieser bereit sei, in Zukunft die Ware aus W***** zu beziehen. Hierauf belieferte die Klägerin bis 1990 Michael P*****. Dieser schien auch in von der Klägerin in Auftrag gegebenen Kalendern und Zeitschriften als Repräsentant der Produkte "Virion" in Österreich auf. Seit 31.12.1991 machte Michael P***** keine Bestellungen mehr bei der Klägerin und bezog seither seine Waren nur noch von der Beklagten in der Schweiz.

Die Klägerin begehrt die Beklagte schuldig zu erkennen,

1.) es zu unterlassen, Pharmazeutika, insbesondere immunologische Diagnostika, nach Österreich zu liefern und/oder in Österreich zu vertreiben und/oder für solche, die mit der Angabe "Virion" gekennzeichnet sind, zu werben.

2.) über die Lieferungen der unter 1 genannten und wie unter 1 dargestellt gekennzeichneten Produkte unter Anschluß sämtlicher Ausgangsfakturen Rechnung zu legen sowie diese Rechnung durch einen Buchsachverständigen nach Wahl der Klägerin überprüfen zu lassen.

Ferner stellt die Klägerin ein Veröffentlichungsbegehren.

Ihr Firmenschlagwort "Virion" sei seit vielen Jahren in Österreich verkehrsbekannt, weil sie hier als erste unter diesem Zeichen tätig geworden sei. Durch die Belieferung eines österreichischen Unternehmens verletze die Beklagte den der Klägerin allein zustehenden Schutz für das Firmenschlagwort "Virion", weshalb diese Anspruch auf Unterlassung (§ 9 UWG) auf Rechnungslegung (§ 56 MschG) und auf Urteilsveröffentlichung (§ 25 UWG) habe. Im Hinblick auf den Kooperationsvertrag und die Beschlußprotokolle könne die Institut Virion AG gegenüber der Klägerin eine bessere Priorität an der Bezeichnung "Virion" weder in Deutschland noch in Österreich beanspruchen, da diese Gebiete ausdrücklich der Klägerin vorbehalten gewesen seien. Insoweit liege ein schlüssiger Verzicht auf eventuelle Namens- oder Firmenrechte an "Virion" durch die Institut Virion AG vor. Auch im Rückabwicklungsvertrag vom 28.7.1980 betreffend die Abtretung der Geschäftsanteile der Institut Virion AG an der Klägerin an die deutschen Gesellschafterinnen (Beil F) seien die Namensrechte bewußt bei der Klägerin belassen worden, da ja die Institut Virion AG gemäß dem Kooperationsvertrag in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich selbst nicht mehr habe tätig werden können und wollen. Sie könne sich daher auch nicht auf ein älteres Namens- und Firmenrecht in Österreich berufen.

Die Verletzungshandlung der Beklagten bestehe einerseits darin, daß sie ihre Firmenbezeichnung mit dem Kern "Virion" im Geschäftsverkehr nach Österreich - mit Michael P***** - verwende und andererseits, daß sie diese Bezeichnung markenmäßig benütze, in dem sie Michael P***** derart bezeichnete Produkte liefere. Die Beklagte habe Michael P***** abgeworben. Auch wenn es sich um Produkte handle, die in der Schweiz rechtmäßig mit dem Zeichen "Virion" versehen seien, so sei auf Grund des Territorialitätsprinzipes die Verwendung des Firmenschlagworts der Klägerin ohne deren Zustimmung in Österreich unzulässig.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die von ihr in Österreich vertriebenen Waren enthielten jeweils eine eigene auf die Herstellerin Institut Virion AG verweisende Produktbezeichnung, weshalb die Abnehmer in Österreich mit dem Namen "Virion" auch den Hersteller - die Institut Virion AG - verbänden. Das Firmenschlagwort "Virion" sei in Österreich nicht verkehrsbekannt. Da die Klägerin ihren Firmenwortlaut nur deshalb erlangen konnte, weil die Institut Virion AG ihre Gründungsgesellschafterin gewesen sei, seien ihre nunmehrigen Versuche, der Beklagten und deren Schwestergesellschaft in der Schweiz die Führung des eigenen Firmennamens zu verwehren, rechtsmißbräuchlich. Die Beklagte sei auch schon aus produkthaftungsrechtlichen Überlegungen verpflichtet, ihre Abnehmer und Verwender ordnungsgemäß über den Hersteller zu unterrichten.

Wäre die Klägerin seit Beendigung des Kooperationsvertrages nach § 2 Abs 1 UWG verpflichtet gewesen, die Verwendung des Wortes "Virion" einzustellen, weil sie seit diesem Zeitpunkt keine Produkte mehr von der Institut Virion AG beziehe und vertreibe. Bei Abschluß des Kooperationsvertrages hätten beide Partner jeweils dem anderen die Führung des jeweiligen Firmenwortlautes unter Benützung des Wortes "Virion" gestattet, jedoch keine Regelungen über dessen Benützung in bestimmten geographischen Gebieten getroffen. Nur die Tätigkeitsbereiche, nicht aber die Befugnis zur Führung eines bestimmten Wortes als Firmenbestandteil seien aufgeteilt worden. Der Klägerin sei daher nie die Führung der Bezeichnung "Virion" in Österreich oder Deutschland vorbehalten worden. Bei Abschluß des Kooperationsvertrages sei beiden Partnern bewußt gewesen, daß nach Vertragsende zwei Unternehmen mit den schon bisher benützten Firmenwortlauten weiter bestehen würden. Die von der Beklagten vertriebenen, von der Institut Virion AG in der Schweiz hergestellten Produkte würden zu Recht mit der Bezeichnung "Virion" als Hinweis auf den tatsächlichen Hersteller versehen. Die Beklagte habe seit jeher das Zeichen "Virion" mit Zustimmung der Institut Virion AG benützt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Da beide Streitteile Diagnostika und medizinische Geräte mit demselben Firmenschlagwort "Virion" bezeichneten, bestehe die Gefahr von Verwechslungen. Die Klägerin liefere schon seit 1984 unter ihrem Handelsnamen nach Österreich, die Beklagte habe ihre Tätigkeit in Österreich aber erst 1991 aufgenommen bzw Verkehrsbekanntheit erlangt, so daß die Priorität bei der Klägerin liege. Die Tatsache der Konzernzugehörigkeit reiche für sich alleine nicht aus, um eine bessere Berechtigung abzuleiten. Gestatte ein Kennzeicheninhaber einem anderen den Gebrauch seines Kennzeichens, so enthalte das nur einen schuldrechtlichen Verzicht auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegenüber dem Vertragspartner. Der Begünstigte erlange damit kein abgeleitetes, sondern ein originäres Kennzeichenrecht mit entsprechend jüngerer Prioriät.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Gemäß § 48 Abs 2 IPRG sei der Sachverhalt nach österreichischem Recht zu beurteilen. Beide Parteien stünden zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis. Durch § 9 UWG sei grundsätzlich die Führung des eigenen Namens im Geschäftsverkehr nicht untersagt. Verwechslungen mit dem Namen, dessen sich ein anderer befugtermaßen bedient, seien freilich möglichst, allenfalls durch Zusätze, zu vermeiden. Den Schutz des § 9 UWG genieße auch ein bloßer Firmenbestandteil, der kennzeichenkräftig sei. Das treffe auf das Schlagwort "Virion" zu.

Österreich, die Schweiz und die Bundesrepublik Deutschland seien Mitgliedsstaaten der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums BGBl 1973/399. Bei Kollision zwischen einem inländischen und einem ausländischen Kennzeichen im Inland gelte für ausländische Unternehmen nicht die im jeweiligen Heimatland erworbene Priorität; im Inland genieße das ausländische Unternehmen nur den Schutz, den das österreichische Recht einem nicht eingetragenen Handelsnamen gewähre. Könne ein ausländisches Unternehmen auf Grund seiner Firma mit einem im Inland prioritätsälteren Unternehmen verwechselt werden, sei vom ausländischen Unternehmen zu verlangen, alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, um die Verwechslungsgefahr möglichst einzudämmen; es werde zumindest auf seine Herkunft aus einem anderen Staat hinweisen müssen. Das müsse selbstverständlich auch dann gelten, wenn der nicht Priorität genießende Konkurrent für Waren mit einer Firmenbezeichnung des Zeitvorrang vor dessen Firma Genießenden werbe und jene vertreibe.

Beide Streitteile seien mit der Institut Virion AG verbunden, die Klägerin dadurch, daß diese ihre Gründungsgesellschafterin war, die Beklagte hingegen konzernrechtlich. Die Institut Virion AG habe die ältesten Rechte am Zeichen "Virion" und habe von 1980 an den österreichischen Markt beliefert. Maßgeblich sei nun, daß zwischen der Institut Virion AG und der Klägerin eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung über den Vertrieb in Österreich geschlossen worden sei, welche nicht nur für den Zeitraum ihrer Geltungsdauer, sondern ausdrücklich auch darüber hinaus eine Regelung dahin getroffen habe, daß mit der Beendigung des Vertrages sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten endgültig dahin fallen. Eine solche Vereinbarung sei durchaus zulässig und verdränge damit die für den Fall fehlender Absprachen zwischen zwei Mitkonkurrenten subsidiär anzuwendenden gesetzlichen Regelungen.

Da der Vertrag zur Zeit der Klageeinbringung (14.5.1992) bereits beendet war, sei das frühere Marktmonopol der Klägerin für Österreich mit der ausdrücklichen Verpflichtung der Institut Virion AG zur Unterlassung jeder weiteren Vertriebstätigkeit in Österreich weggefallen. Schon aus dieser Erwägung könne von den in der Klage geltend gemachten Wettbewerbs- und Schutzrechtsverletzungen keine Rede sein. Würde man der Argumentation der Klägerin folgen, bedeutete dies eine Verewigung ihres Liefermonopols trotz mittlerweiliger Kündigung und Vertragsauflösung. Die Produkte "Virion" seien weiterhin ausschließlich Erzeugnisse der Institut Virion AG, so daß sich auch die seinerzeit vertraglich mit dieser festgelegten Nachwirkungen aus dem Vertrag selbstredend auf die Beklagte erstreckten, stehe doch diese zur Institut Virion AG rechtlich wie faktisch in einer derartigen Nahebeziehung, daß sie nicht bloß als Außenstehende anzusehen sei, sondern den Schutzzweck des § 11 Abs 4 des Zusammenarbeitsvertrages auch für sich reklamieren könne. Auf einen Verkehrsgeltungsnachweis oder stärkere Prioritätsrechte der Klägerin könne es deshalb nicht ankommen, da dies nur dann rechtlich erheblich wäre, wenn seinerzeit eben nicht eine ausdrückliche zeitliche wie geographische Vertriebsregelung getroffen worden wäre. Daß sowohl die Beklagte als auch die Institut Virion AG die Bezeichnung "Virion" zu Recht führten, bestreite nicht einmal die Klägerin. Eine Klagestattgebung käme somit einer Ausschaltung des Vertriebs von Produkten der Institut Virion AG in Österreich gleich, obwohl der Klägerin derartiges nur für den Zeitraum der Gültigkeit des Kooperationsvertrages eingeräumt war und ihr somit klar sein mußte, daß ihre Monopolstellung in Österreich mit Beendigung des Vertrages wegfalle. Insoweit sei das Klagebegehren tatsächlich rechtsmißbräuchlich. Es sei daher nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Klägerin wendet sich gegen den ihr vom Berufungsgericht gemachten Vorwurf eines Rechtsmißbrauches. Das Gericht zweiter Instanz habe dem § 11 Abs 4 des Kooperationsvertrages einen Sinn beigemessen, der vom Vertragstext nicht gedeckt sei. Der Klägerin gehe es nicht um das Marktmonopol; das Berufungsgericht habe offenbar Markt- und Markenmonopol zu Unrecht gleichgesetzt. Im übrigen habe die Beklagte den Einwand des Rechtsmißbrauches in dieser Form nicht erhoben, sondern ihn damit begründet, daß die Klägerin ihren Firmenwortlaut nur deshalb habe erlangen können, weil die Institut Virion AG Gründungsgesellschafterin der Klägerin gewesen sei. Der vom Berufungsgericht angenommene Sachverhalt bedeute auch keinen Rechtsmißbrauch im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Der Klägerin ist darin zuzustimmen, daß der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht mit demjenigen zu vergleichen ist, der der Entscheidung ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll zugrundegelegen war; dort war es (ähnlich wie im Fall ÖBl 1983, 50 - Purocel) darum gegangen, daß ein österreichischer Unternehmer versucht hat, durch den Erwerb eines österreichischen Markenrechts seinen bisherigen ausländischen Geschäftsherrn beim Vertrieb gleichartiger Produkten in Österreich auszuschalten. Der Oberste Gerichtshof hat dazu ausgesprochen, daß dieses Verhalten gegen die guten Sitten verstoße und sich niemand, der beim Erwerb eines Markenrechtes sittenwidrig vorgegangen ist, auf befugten Gebrauch des Zeichens im Sinn des § 9 UWG berufen könne. Daß aber die Klägerin dieses Verfahrens ihr Firmenschlagwort - Virion - sittwidrig erlangt hätte, hat die Beklagte nicht einmal behauptet; das ist auch aus dem festgestellten Sachverhalt nicht abzuleiten. Aber auch hier hängt das Schicksal des von der Klägerin geltend gemachten Anspruches von der Beurteilung einer Vertragslage ab, nämlich der vertraglichen Regelung des Zeichengebrauches zwischen der Institut Virion AG und der Klägerin:

Da hier ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vorliegt, war allerdings zu prüfen, nach welcher Rechtsordnung diese Vertragsauslegung vorzunehmen ist:

Verträge über Immaterialgüterrechte - zu welchen gewerbliche Schutzrechte wie Kennzeichenrechte gehören (Schwimann in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 34 IPRG; vgl SZ 56/107 = ÖBl 1983, 162 - Attco/Atco; ÖBl 1987, 41 - Baygon) - sind gemäß § 43 Abs 1 IPRG nach dem Recht des Staates zu beurteilen, für den das Immaterialgüterrecht übertragen oder eingeräumt wird. Bezieht sich der Vertrag - wie hier - auf mehrere Staaten, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Erwerber des Rechtes seinen gewöhnlichen Aufenthalt (seine Niederlassung) hat. Der Vertrag zwischen der Klägerin und der Institut Virion AG ist daher, soweit er sich auf die Benützung des Zeichens "Virion" durch die Klägerin bezieht, nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland, in der die Klägerin ihren Sitz hat, zu beurteilen.

Eindeutig ist, daß die Klägerin ihren Namen von ihrer Schweizer Vertragspartnerin, welche eine ihrer Gründungsgesellschafterinnen war, herleitet. (Die Klägerin selbst spricht in der Revision von der "namensspendenden" Tätigkeit der Institut Virion AG). Im Zusammenarbeits-, Produktionsteilungs- und Lieferungsvertrag findet sich keine ausdrückliche Regelung der Frage des Kennzeichengebrauches, insbesondere nach dem Ende der Vertragszeit; auch der vom Berufungsgericht herangezogene § 11 Abs 4 enthält dazu keine Aussage. Daß die Parteien in dieser Frage eine mündliche Einigung erzielt hätten, wurde weder behauptet noch festgestellt. Die Klägerin hat freilich vorgebracht, daß sich aus dem Gesamtzusammenhang der wechselseitigen Beziehungen ein schlüssiger Verzicht der Institut Virion AG auf eventuelle Namens- oder Firmenrechte an "Virion" (gemeint: für immer) ergebe. Der von der Beklagten erhobene Vorwurf des Rechtsmißbrauches ist hingegen dahin zu verstehen, daß die Klägerin (offenbar zu ergänzen: bei redlicher Verkehrsübung) verpflichtet gewesen wäre, mit Beendigung des Kooperationsverhältnisses die Verwendung des von der Institut Virion AG übernommenen Zeichens "Virion" einzustellen, weil sie ja seit diesem Zeitpunkt keine Produkte ihrer früheren Partnerin mehr beziehe und vertreibe.

Steht - wie hier - nicht fest, was die Parteien in vertraglich nicht vorgesehenen Fällen gewollt hätten, dann hat nach deutschem Recht - wie nach österreichischem (SZ 45/11; SZ45/29; JBl 1982, 49 ua) - eine Vertragsergänzung stattzufinden. Hiebei ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks sowie unter Heranziehung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs zu prüfen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen bürgerlichen Rechts7, 538 f; Soergel-Wolf, Rz 104, 105 zu § 157 BGB; BGHZ 90, 69; NJW 1985, 621 uva).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt zu folgendem Ergebnis:

Der Vertrag wurde - wie sich aus der in ihrer Echtheit unbestrittenen Urkunde Beil A ergibt - auf bestimmte Zeit - "zunächst bis zum 31.12.1990" - eingegangen (§ 11 Abs 1), wobei allerdings eine Verlängerung mangels rechtzeitiger Kündigung vorgesehen war (§ 11 Abs 2). Von Anfang an bestand daher die Möglichkeit, daß eines Tages die Produkte der Institut Virion AG (ua) in Österreich nicht mehr von der Klägerin vertrieben werden. Für die Annahme, redliche Parteien hätten bei ausdrücklicher Erörterung der Frage, wie es sich nach Vertragsbeendigung mit dem Gebrauch des Zeichens "Virion" verhalten sollte, klargestellt, daß der Klägerin dieses Zeichen weiterhin für alle Zeiten im vertraglich festgelegten Liefergebiet (Bundesrepublik Deutschland einschließlich Westberlin und Österreich) vorbehalten und seine Verwendung dem (namensgebenden) Institut Virion AG untersagt sein sollte, fehlen alle Anhaltspunkte. Eine solche Vereinbarung widerspräche dem Zweck des Vertrages, der gewiß nicht darin bestehen sollte, - entgegen der ausdrücklichen Fristbestimmung - die Institut Virion AG für immer davon auszuschließen, ihre mit einem Hinweis auf die Herkunft ("Virion") versehenen Produkte selbst oder durch ein anderes von ihr damit betrautes Unternehmen (ua) nach Österreich zu liefern; vielmehr sollte die Klägerin nur für bestimmte Zeit das ausschließliche Lieferrecht im festgelegten Gebiet haben. Redliche Parteien hätten die einzig sachgerechte Lösung getroffen, daß nämlich die Institut Virion AG der Klägerin nur für die Vertragsdauer das Recht zum alleinigen Vertrieb der Produkte mit dem Kennzeichen "Virion" einräume, die Klägerin aber ab Vertragsbeendigung dem Zeichengebrauch der Institut Virion AG (auch) im ehemaligen vertraglichen Liefergebiet nicht entgegentreten werde.

Jede andere Regelung würde ja zu der von redlichen Parteien gewiß nicht beabsichtigten Folge führen, daß die Klägerin auch nach dem Verlust ihrer vertraglichen Stellung als Alleinvertriebsberechtigte der von der Institut Virion AG bezogenen Produkte diese vom Vertrieb dieser Produkte unter der Herstellerbezeichnung in der (alten) Bundesrepublik Deutschland und in Österreich ausschließen könnte. Daß sich eine "Namensspenderin" zu einer solchen Vertragsgestaltung verstehen könnte, erscheint geradezu ausgeschlossen. Die Gestattung des Gebrauchs eines Kennzeichens (Gebrauchsüberlassung) - welche nur schuldrechtliche Wirkungen zeitigt, indem sie den Verzicht des Kennzeicheninhabers auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegenüber dem Gestattungsempfänger bedeutet (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 1254 Rz 67 zu § 16 dUWG; v. Gamm, Wettbewerbsrecht5 II 1047, Kap 53 Rz 21 und 1101 Kap 56 Rz 65;

Teplitzky in Großkomm z dUWG Rz 177 zu § 16 dUWG; ÖBl 1993, 21-"Gulliver's Reisen; ÖBl 1993, 245 - "COS"; 4 Ob 115/94) - muß bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte einschränkend ausgelegt werden;

sie kann in aller Regel nicht dahin verstanden werden, daß der Gestattende für immer auch zum eigenen Nachteil auf das eigene Recht verzichtet. Mangels gegenteiliger Absprache ist anzunehmen, daß der Gestattungsempfänger darauf verzichtet, nach dem Ende des Vertrages, dessentwegen die "Namensspende" gemacht wurde, dem Gestattenden unter Berufung auf seine angebliche territoriale Priorität den Gebrauch des eigenen Namens untersagen zu lassen.

Die Frage, ob die Klägerin das ihr von der Institut Virion AG überlassene Zeichen "Virion" in ihrem Liefergebiet nicht doch (auch) als Repräsentantin ihrer Vertragspartnerin benützt hat - was zur Folge hätte, daß dieser der Zeichengebrauch der Klägerin in Österreich zuzurechnen wäre (BGH GRUR 1973, 661 - "Metrix"; WRP 1994, 536 = GRUR 1994, 652 - Virion) und daher ein Erlöschen ihres allenfalls schon 1980 durch Lieferung nach Österreich erlangten Kennzeichenrechtes in diesem Staat (vgl WRP 1994, 536 [539] = GRUR 1994, 652 [654] - Virion) nicht in Betracht käme - kann hier offenbleiben, weil der Beklagten in jedem Falle das Recht zusteht, sich - wie sie es dem Sinne nach getan hat - auf das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Institut Virion AG zu berufen. Die - im Wege ergänzender Vertragsauslegung gewonnene - vertragliche Bestimmung, daß die Klägerin nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ihr Kennzeichenrecht im ehemaligen Liefergebiet nicht gegenüber der Institut Virion AG und den von ihr später mit der Lieferung betrauten Unternehmen geltend machen wird, ist nämlich auch ein Vertrag zugunsten Dritter, auf welchen sich die Beklagte als die begünstigte Dritte stützen kann.

Nach § 328 Abs 1 BGB kann durch Vertrag eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrags, zu entnehmen, (ua) ob der Dritte das Recht erwerben und ob es sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen soll (§ 328 Abs 2 BGB). Nach dem Zweck der (in ergänzender Auslegung gewonnenen) Vertragsbestimmung, daß die Klägerin nach dem Ende des Vertrages der Institut Virion AG kein Hindernis in den Weg legen werde, ihre Produkte unter ihrem Zeichen selbst oder durch einen anderen Partner (ua) nach Österreich zu liefern, muß auf das Recht der Beklagten geschlossen werden, das vertragliche Recht ihrer Lieferantin gegenüber der Klägerin ins Treffen zu führen (vgl Soergel-Hadding Rz 70 zu § 328 BGB).

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 41, 50 Abs 1 ZPO.

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