OGH 5Ob132/94

OGH5Ob132/9422.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin R*****gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr.Franz Pruckner, Rechtsanwalt in Zwettl, betreffend Eintragungen in der EZ ***** des Grundbuches ***** Z*****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Krems an der Donau vom 10.Oktober 1994, AZ 1 R 112/94, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zwettl vom 12.August 1994, TZ 4804/94, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Laut Kaufvertragsurkunde vom 15.3.1994 hat die Antragstellerin von Gerald S***** 19/20 Anteile an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** Z***** gekauft und mit Gerald S*****, der den restlichen Miteigentumsanteil behielt, eine Benützungsregelung getroffen, die dem Verkäufer die Benützung eines Pkw-Abstellplatzes, der Verkäuferin alle sonstigen einem Alleineigentümer zukommenden Benützungsrechte an der Liegenschaft zusichert. Die Vertragsteile sind außerdem übereingekommen, die Benützungsregelung (die beiderseits auf die Erben und Rechtsnachfolger übergehen sollte) im Grundbuch ersichtlich zu machen und durch die Einräumung eines beiderseitigen Vorverkaufsrechtes hinsichtlich ihrer Liegenschaftsanteile zu sichern.

Unter Vorlage dieses Kaufvertrages, des zu TZ 1774/94 ergangenen Rangordnungsbeschlusses und der Unbedenklichkeitsbescheinigung begehrte die Antragstellerin in der Folge die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes, der Vorkaufsrechte und die Ersichtlichmachung der Benützungsregelung.

Das Erstgericht bewilligte zwar die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Antragstellerin und der beiderseitigen Vorkaufsrechte, lehnte jedoch die Ersichtlichmachung der Benützungsregelung ab, weil eine solche Grundbuchseintragung nicht zulässig sei und der neuerdings in § 15 WEG für Liegenschaften im Wohnungseigentum geschaffene Ausnahmefall nicht vorliege.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Daß eine Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern nicht ins Grundbuch eingetragen werden könne, entspreche Lehre und Rechtsprechung (E 180 zu § 9 GBG, MGA4). Die nunmehr in § 15 WEG geschaffene Möglichkeit zur Verbücherung einer Benützungsregelung könne nur im Zusammenhang der Regelung gesehen werden. Da sich die Bestimmung im WEG findet, das vom Wohnungseigentum handelt, könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Eintragung einer Benützungsregelung ins Grundbuch auch dann zulässig sei, wenn sie nicht im Zusammenhang mit einem (allenfalls erst später zu verbüchernden) Wohnungseigentum steht. Im besonderen sei der Zusammenhang des fraglichen Schlußsatzes in § 15 WEG mit dem übrigen Inhalt der Gesetzesstelle zu betonen. Sinn dieser gesetzlichen Regelung sei, Benützungsregelungen auch dann schon ins Grundbuch einzutragen, wenn das Wohnungseigentum noch nicht verbüchert ist. Daß dabei von "Miteigentümer" und nicht von "Wohnungseigentümer" die Rede ist, besage nichts, weil schon in § 13 Abs 2 Z 3 und 4 WEG beide Ausdrücke gebraucht würden, um den Wohnungseigentümer zu bezeichnen.

Aus der Verwendung des Wortes "verfügbar" in § 15 WEG werde der Schluß gezogen, daß es darum gehe, eine Benützungsregelung für jene Teile und Anlagen der Liegenschaft zu treffen, die nicht oder noch nicht durch einen Wohnungseigentumsvertrag jemandem zugewiesen wurden. Eine solche Zuweisung könne durch gerichtliche Entscheidung oder durch Vertrag ("vorläufige Benützungsregelung") erfolgen. Nur auf eine derartige Benützungsregelung beziehe sich der Schlußsatz des § 15 WEG. Daß der Gesetzgeber vor das Wort "Benützungsregelungen" weder den bestimmten Artikel noch das Wort "solche" gesetzt hat, sei offensichtlich darauf zurückzuführen, daß er bezüglich der Frage der Gutgläubigkeit oder Bösgläubigkeit auf die Tatsache der Eintragung im Grundbuch habe abstellen und es dabei nicht darauf habe ankommen lassen wollen, ob die Eintragung im Grundbuch zu Recht erfolgte (also die Voraussetzungen des § 15 WEG vorlagen).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs - mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG - nicht zulässig sei.

Im nunmehr vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Antragstellerin geltend, daß die bisherige, allein auf § 9 GBG aufbauende Rechtsprechung, wonach die Verbücherung einer Benützungsregelung nicht zulässig sei, durch § 15 WEG idF des 3. WÄG überholt sei. § 15 WEG gehe nunmehr von der grundsätzlichen Verbücherungsfähigkeit von Benützungsregelungen aus; daß diese Möglichkeit erstmals im WEG erwähnt wird, lasse nicht den Schluß zu, daß sie nur für spezielle Miteigentumsverhältnisse gelten solle. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen auch die Ersichtlichmachung der Benützungsregelung laut Punkt V. des Kaufvertrages vom 15.3.1994 zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur neuen Bestimmung des § 15 WEG idF des 3. WÄG noch keine Judikatur vorliegt; er ist jedoch nicht berechtigt.

Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, hat die bisherige Rechtspraxis die Verbücherung von Benützungsvereinbarungen bzw Benützungsregelungen nicht zugelassen (E 180 zu § 9 GBG, MGA4). Sie stützte sich dabei auf § 9 GBG, wonach mit Ausnahme des Wiederkaufs- und des Vorkaufsrechtes sowie des Bestandrechtes nur dingliche Rechte und Lasten im Grundbuch eingetragen werden können. Die Lehre ist dieser Rechtsansicht weitgehend gefolgt. Jene Autoren, die de lege lata für eine Verbücherung von Benützungsvereinbarungen bzw Benützungsregelungen eintraten (Klang in Klang2 III, 1090; vgl auch Ehrenzweig, System I/22, 152; Krehan, NZ 1969, 177 f), legten ihrer Argumentation die Annahme zugrunde, daß derartige Gebrauchsordnungen - weil sie den Inhalt der Anteilsrechte der Miteigentümer gestalten - sachenrechtlicher Natur seien. Die Judikatur hat jedoch klargestellt, daß das durch Benützungsvereinbarungen bzw Benützungsregelungen zustandegekommene Rechtsverhältnis rein obligatorisch wirkt und außenstehende Dritte nur vertraglich eingebunden werden können (JBl 1982, 599 ua; in jüngerer Zeit WoBl 1988, 79/48; EWr I/2/10; EWr III/835/5; Gamerith in Rummel2, Rz 4 zu § 834 ABGB). Auch in der Lehre wird diese Auffassung als herrschend anerkannt (Gschnitzer - Faistenberger - Barta - Call - Eccer, Österreichisches Sachenrecht2, 161); die Verbücherungsmöglichkeit von Benützungsvereinbarungen und Benützungsregelungen wird seither - soweit ersichtlich - nur de lege ferenda vertreten (Barta - Call - Faistenberger, Reform des WEG 1975, WoBl 1989, 60; Hofmeister in Schwimann, Rz 25 zu § 834 ABGB).

Nunmehr hat der Gesetzgeber des 3. WÄG einen solchen Reformschritt gesetzt; der letzte Satz des neuen § 15 WEG "Benützungsregelungen wirken gegen gutgläubige bücherliche Erwerber nur, wenn sie im Grundbuch eingetragen sind" läßt jedoch (ua) offen, ob damit eine generelle Verbücherungsmöglichkeit für Gebrauchsordnungen in Miteigentumsgemeinschaften geschaffen werden sollte, ob an eine Einverleibung oder Anmerkung von Benützungsregelungen gedacht war und ob die Einzelrechtsnachfolge in Benützungsregelungen - abweichend von der bisherigen Judikatur die auf eine rechtsgeschäftliche Überbindung oder Unterwerfung abstellt (Gamerith aaO) - auf die Fälle der Kenntnis (Schlechtgläubigkeit) bzw grundbücherlichen Offenkundigkeit beschränkt ist. Hier sind nicht alle Frage abschließend zu lösen, weil die von der Rechtsmittelwerberin (unbestrittenermaßen für eine schlichte Miteigentumsgemeinschaft) reklamierte Eintragungsmöglichkeit schon aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund nicht besteht.

Dem Rekursgericht ist beizupflichten, daß die in § 15 letzter Satz WEG enthaltene Regelung, mit der trotz des mißglückten Wortlauts offensichtlich eine Verbücherungsmöglichkeit für Benützungsregelungen (unter Einschluß der Benützungsvereinbarungen) geschaffen werden sollte, nur als Sonderregelung für Wohnungseigentumsanlagen (der Sache nach wohl auch für gemischte Wohnungseigentumsanlagen) verstanden werden kann. Dafür sprechen Entstehungsgeschichte, Ort und Sinnzusammenhang der Regelung, vor allem aber auch die im ersten Satz des § 15 WEG enthaltene Beschränkung der Benützungsregelung auf die "verfügbaren" gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft, da damit offensichtlich die allgemeinen, keiner wohnungseigentumstypischen Sondernutzung unterliegenden Teile der Liegenschaft angesprochen wurden.

Die Gesetzesmaterialien geben für die Auslegung der fraglichen Bestimmung, die erstmals im Bericht des Bautenausschusses aufscheint und offensichtlich auf eine Anregung der Experteninitiative zur Reform des Miet- und Wohnrechts zurückgeht, nichts her. Die Berufung auf Barta - Call - Faistenberger, die in WoBl 1989, 57 ff (Gedanken zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes 1975) die Verdinglichung von Benützungsregelungen an gemeinschaftlichen Teilen der Liegenschaft gefordert haben (1268 BlgNR 18. GP, 15), läßt jedoch den Schluß zu, daß sich der Gesetzgeber der (von den Autoren dargelegten) herrschenden Rechtsauffassung über Natur und Wirkungen von Benützungsregelungen bewußt war. Die bei schlichter Wortinterpretation des § 15 letzter Satz WEG naheliegende Annahme, der Gesetzgeber des 3. WÄG sei von einer bereits bestehenden Möglichkeit zur Verbücherung von Benützungsregelungen ausgegangen, ist daher - noch dem äußersten Wortsinn entsprechend - so zu modifizieren, daß er die bisherige Rechtspraxis in dieser Frage ändern wollte. Dennoch hat der Gesetzgeber § 9 GBG, der einer Verdinglichung von Benützungsregelungen entgegensteht, unverändert gelassen. Das damit entstehende Problem der materiellen Derogation läßt sich nur mit den Mitteln der Gesetzesauslegung lösen (vgl Wolff in Klang2 I/1, 113; Gschnitzer - Faistenberger - Barta ua, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts2, 93). Von einer Aufhebung der älteren Norm durch die jüngere kann nach diesen Regeln nur ausgegangen werden, wenn beide Vorschriften denselben Tatbestand aufweisen und die angeordneten Rechtsfolgen unvereinbar sind (SZ 49/141). Das bedeutet im konkreten Fall, daß mit der in § 15 letzter Satz WEG vorgesehenen Möglichkeit, Benützungsregelungen im Grundbuch einzutragen, keine rechtsbegründende Einverleibung iSd § 9 GBG, sondern eine Anmerkung nach § 20 lit b GBG zur Begründung bestimmter Rechtswirkungen (Einbindung - allenfalls auch nur Erleichterung der Einbindung - des Einzelrechtsnachfolgers in eine bestehende Gebrauchsordnung) gemeint ist.

Derartige Anmerkungen bedürfen einer ausdrücklichen gesetzlichen Determinierung, sei es im GBG oder in einem anderen Gesetz (vgl 7 Ob 119/75; EvBl 1994/149). Der Umstand, daß hier - aus Anlaß einer Reform des Wohnungseigentumsrechtes - die Regelung im WEG getroffen wurde, ohne daß auch nur der geringste Anhaltspunkt für eine darüber hinausgehende, der Bedeutung des Wohnungseigentums sogar abträgliche Absicht zur generellen Neugestaltung von Benützungsregelungen auch in schlichten Miteigentumsgemeinschaften erkennbar wäre, führt zurück zu dem (im wesentlichen schon vom Rekursgericht erzielten) Auslegungsergebnis, daß die in § 15 letzter Satz WEG angesprochene Verbücherungsmöglichkeit von Benützungsregelungen nach Entstehungsgeschichte, Ort und Sinnzusammenhang der Regelung nur für - zumindest gemischte - (Wohnungs-)Eigentumsgemeinschaften gelten soll. Dies entspricht auch der bisher einzigen hiezu vorliegenden Lehrmeinung (Würth - Zingher, Wohnrecht 94, Anm 4 zu § 15 WEG).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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