OGH 15Os140/94

OGH15Os140/9417.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Mag. Strieder, Dr. Ebner und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Hobel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rudolf N* und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 und Abs 2 StGB, Manfred M* als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Rudolf N* und Manfred M* gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. April 1994, GZ 5 a Vr 16.430/93‑151, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0150OS00140.9400000.1117.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil (in Verbindung mit dem Urteilsangleichungsbeschluß vom 6.Oktober 1994, ON "14" ‑ richtig: ON 174 = 121/IV) wurden Rudolf N* und Manfred M* des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 und Abs 2 StGB, Manfred M* als Beteiligter nach § 12 (zu ergänzen: dritter Fall) StGB schuldig erkannt und nach § 302 Abs 2 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil eines brasilianischen Amtsgerichtes vom 7. August 1992 zu zusätzlichen Freiheitsstrafen verurteilt, auf die Vorhaftzeiten angerechnet wurden, und zwar bei N* vom 1. Juni 1992, 12.00 Uhr, bis zum 25. April 1994, 12.45 Uhr, sowie bei M* vom 1. Juni 1992, 12.00 Uhr, bis zum 12. Feber 1993, 12.00 Uhr, und vom 12. März 1993, 12.00 Uhr, bis zum 25. April 1994, 12.45 Uhr.

Inhaltlich des (hier zusammengefaßt wiedergegebenen) Urteilsspruchs haben die Angeklagten, nämlich

(zu A) Rudolf N* am 13. Jänner 1992 in Wien als Offizial der Post‑ und Telegraphenverwaltung mit dem Vorsatz, den Staat, die Absender sowie die Empfänger in ihrem Recht auf Zustellung von Postsendungen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er sich die von ihm zuzustellenden Postsendungen (der im Urteilsspruch namentlich angeführten Geschädigten) mit einem (im Urteilsspruch aufgeschlüsselten) Gesamtinhalt von 14,677.027 S in verschiedenen Fremdwährungen zueignete und die ordnungsgemäße Zustellung unterließ;

(zu B) Manfred M* Anfang Jänner 1992 in Wien und Hamburg dadurch, daß er Rudolf N* bei dem unter Punkt A geschilderten strafbaren Verhalten intellekturell unterstützte, die Tat gemeinsam mit ihm plante und die Flucht organisierte, zur Ausführung der unter Punkt A beschriebenen Straftat beigetragen.

Gegen diese Schuldsprüche erhoben die Angeklagten (in getrennten Rechtsmittelschriften) Nichtigkeitsbeschwerden, die Rudolf N* auf die Z 5 a (der Sache nach teilweise Z 5), Manfred M* auf die Z 5, 5 a und 11 des § 281 Abs 1 StPO stützen. Die Strafaussprüche fechten sie mit Berufung an.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten N*

Nach Ansicht dieses Beschwerdeführers ist die erstgerichtliche Urteilsfeststellung (US 7 oben), derzufolge er die genaue Schadenssumme der in den Briefen enthaltenen Devisen zwar nicht kannte, aber wußte, daß darin Millionenwerte transportiert werden, "völlig verfehlt"; bei der Beweiswürdigung ‑ argumentiert die Tatsachenrüge (5 a) weiter ‑ sei der Umstand unberücksichtigt geblieben, daß er vor dem Tatzeitpunkt an Hodenkrebs erkrankt sei, die chemotherapeutische Behandlung den Krebsherd nicht beseitigt, sondern lediglich eingekapselt habe, weshalb das Erstgericht feststellen hätte müssen, daß sich in Anbetracht einer geringen Lebenserwartung sein Vorsatz lediglich auf 211.800 S bezog. Ferner wird die Tatsachenfeststellung bekämpft, "daß ich die Tat gemeinsam mit dem Zweitangeklagten Manfred M* geplant und die Flucht organisiert hätte"; bei "richtiger Beweiswürdigung", nämlich des von M* am 26.März 1993 im Polizeigefangenenhaus Natal geschriebenen Briefes sowie der eigenen Verantwortung und jener des Mitangeklagten M*, hätte das Erstgericht seiner (N*s) Darstellung, daß er Manfred M* zufällig auf Teneriffa traf, "folgen müssen".

Diesem Vorbringen ist vorweg allgemein zu erwidern, daß eine für die Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen keineswegs in dem Vorbringen bestehen kann, daß das Erstgericht Beweisergebnisse ‑ nach Meinung des Beschwerdeführers -bedenklich gewürdigt hat. Der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO gestattet nämlich nicht ‑ wie dies der Beschwerdeführer hier unverhohlen tut ‑ die Bekämpfung tatrichterlicher Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung (vgl Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 4).

Der Beschwerde zuwider hat das Schöffengericht die zuerst gerügte Urteilskonstatierung mit denkmöglicher und plausibler Begründung aus den im wesentlichen übereinstimmenden Zeugenaussagen der vernommenen Arbeitskollegen des Angeklagten, nämlich Johann S* (ON 104/III), Peter P* (ON 107/III iVm 440/IV) und Hannes D* (ON 108/III iVm 441/IV), sie hätten zwar im einzelnen den genauen Inhalt derartiger Briefe nicht gekannt, aber schon lange vermutet, daß darin jeweils wesentlich mehr an Fremdwährungen enthalten war, als auf den Gesamtaufgabescheinen deklariert war, abgeleitet sowie nachvollziehbar und lebensnah damit argumentiert, daß die Annahme, N* werde wegen eines Betrages von (nur) 211.000 S seine Dauerstellung bei der Post aufgeben und "aussteigen", völlig lebensfremd sei (US 8 f). Daß er gegenüber einem Vertreter der Österreichischen Botschaft in Brasilien selbst von immer wiederkehrenden Wertbriefen von "beträchtlichem Umfang" berichtete (305/II), sei demnach nur noch am Rande erwähnt.

Die des weiteren bekämpfte Tatsachenfeststellung hinwieder erschlossen die Erkenntnisrichter im Einklang mit den Denkgesetzen und durchaus einleuchtend nicht nur aus dem spezifischen Sinngehalt des im Polizeigefangenenhaus Natal abgefangenen Briefes ("Kassibers" ‑ 445/II), sondern ‑ was die Beschwerde verschweigt ‑ auch aus dem plötzlichen Stop des geplanten PKW‑Verkaufs durch M* sowie aus der Tatsache, daß dieser bei der sicherheitsbehördlichen Einvernahme eine falsche Spur hinsichtlich der Fluchtrichtung des Komplizen (N*) legte (US 9 ff).

Keiner näheren Erörterung in den Entscheidungsgründen bedurfte ‑ entgegen der insoweit der Sache nach eine vermeintliche Unvollständigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO monierenden Beschwerdebehauptung -die Hodenkrebserkrankung des Angeklagten N*, weil diese keinen für die Lösung der Schuldfrage entscheidenden Umstand berührt und der Argumentation, bei geringer Lebenserwartung mit geringen Mitteln auskommen zu können, die ‑ dabei übergangene ‑ Überlegung entgegensteht, daß er mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine kostspielige Behandlung (für die er als Flüchtiger keinen Krankenversicherungsschutz in Anspruch nehmen konnte) aufzukommen hatte.

Demnach vermag der Beschwerdeführer weder erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über seine Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen (Z 5 a), noch einen formalen Begründungsmangel (Z 5) darzutun.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M*

Unter dem zuerst genannten Nichtigkeitsgrund (Z 5) wendet dieser Beschwerdeführer ein, daß die klaren und eindeutigen erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen (US 7 oben), denenzufolge Rudolf N* ihm "erzählt" habe, in Wertbriefen würden Millionenwerte transportiert, und sie anläßlich des gemeinsamen Aufenthaltes in Hamburg von Ende 1991 bis 12. Jänner 1992 übereingekommen seien, "aus ihrem bisherigen Leben auszusteigen und in Südamerika weiterzuleben", zwar den Schuldspruch vollinhaltlich decken, sie sich aber "nicht auf den Akteninhalt stützen können", sondern vom Erstgericht "frei erfunden" wurden, zumal sie "in eindeutigem und klarem Widerspruch" zu den Verantwortungen der beiden Angeklagten stünden.

Dieses Vorbringen verkennt das in § 258 Abs 2 StPO statuierte Wesen der freien Beweiswürdigung, kraft dessen die Richter die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft sowohl einzeln als auch in ihrem inneren Zusammenhang sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen haben und sie über die Frage, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei, nicht nach gesetzlichen Beweisregeln entscheiden, sondern nur nach ihrer freien, aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnenen Überzeugung. Dieser Entscheidungsprozeß ist jedoch ein kritisch‑psychologischer Vorgang, bei dem durch Subsumierung der Gesamtheit der durchgeführten Beweise in ihrem Zusammenhang und den allgemeinen Erfahrungssätze zwar logische, aber nicht (nur) geradezu zwingende bzw einzig mögliche Schlußfolgerungen gewonnen werden (vgl Mayerhofer/Rieder aaO § 258 E 16, 20 ff und § 281 Z 5 E 148 f). Dabei kann das Gericht auf Grund denkrichtiger Schlußfolgerungen aus erwiesenen Tatsachen zur Überzeugung von der Richtigkeit weiterer Tatsachen kommen und somit auch diese als erwiesen annehmen (14 Os 61/92 nv; Mayerhofer/Rieder aaO § 258 E 24). Sind doch Indizienbeweise nach der Strafprozeßordnung zulässig und beim Leugnen des Angeklagten, wenn Tatzeugen oder sonstige unmittelbare Beweise fehlen, die einzige Grundlage des Schuldspruches (Mayerhofer/Rieder aaO E 34).

Im Sinne dieser rechtlichen Darlegungen waren demnach die Tatrichter berechtigt, aus den vorhandenen Indizienbeweisen (US 9 f) ‑ ungeachtet der leugnenden Verantwortungen der beiden Angeklagten, die entgegen der Beschwerdebehauptung keineswegs mit Stillschweigen übergangen wurden (vgl US 8 vorletzter Absatz und 9 zweiter Absatz) ‑ die nach ihrer Überzeugung gewonnenen, vom Beschwerdeführer gerügten Konstatierungen zu treffen. Daß auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären, sich der Schöffensenat aber für die den Angeklagten ungünstigeren entschieden hat, stellt einen Akt freier Beweiswürdigung dar, dessen Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig ist (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 147).

Mit dem Gesagten ist auch schon der ‑ erneut weitgehend die von den Tatrichtern als unglaubwürdig erachteten Verantwortungen der Angeklagten hervorkehrenden - Beweisrüge (Z 5 a) weitgehend der sachliche Boden entzogen, mit der der Beschwerdeführer unter ausführlicher Wiederholung aller bereits in der Mängelrüge vorgebrachten Argumente abermals danach trachtet, die ‑ wie dargelegt ‑ auf eine Mehrzahl von insgesamt tragenden Indizien gestützte und mit mängelfreier Begründung konstatierte Beitragstäterschaft zum Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt des Angeklagten N* zu bekämpfen, indem er dem Schöffengericht "unvertretbare Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise" zum Vorwurf macht. Im Gegensatz zu der von der Beschwerde gewählten (nicht prozeßordnungsgemäßen) Vorgangsweise, nämlich nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung einzelne Hinweise, Tatsachen und Sätze isoliert zu betrachten, hat das Erstgericht die erhobenen Beweisergebnisse unter Verwertung des unmittelbar gewonnenen persönlichen Eindrucks im Einzelnen untersucht sowie in einer Gesamtschau gewürdigt und daraus im Einklang mit den Denkgesetzen mit überzeugender und plausibler Begründung auf die Schuld des Angeklagten geschlossen.

Der Nichtigkeitswerber kann demnach weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitspflicht zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 a E 2).

An welchem Ort ‑ ob in Hamburg oder allenfalls erst später ‑ der Tatplan ausgeheckt wurde, ist keine entscheidende Tatsache iSd § 281 Abs 1 Z 5 a StPO. Ebensowenig berührt ein in diesem Zusammenhang im Rahmen der Tatsachenrüge ergänzend und ausdrücklich als "Nichtigkeitsgrund der Unvollständigkeit im Sinne der Ziffer 5" gerügtes Fehlen von Feststellungen darüber, "wann der Verkauf des PKW annonciert wurde und ob sich tatsächlich Interessenten für den PKW gefunden haben", keine entscheidenden Umstände, sodaß das Erstgericht nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht gehalten war, sich auch damit auseinanderzusetzen.

Nicht zielführend ist der weitere Beschwerdeeinwand, die Feststellung (US 7 und 10, jeweils vorletzter Absatz), der Angeklagte M* habe die Polizei bei der Vernehmung am 15. Jänner 1992 "auf eine falsche Spur gelockt", weil er "behauptet hätte, N* habe angedeutet, er wolle nach Thailand fliegen", sei "aktenwidrig und unvollständig im Sinne der Ziffer 5".

Eine Aktenwidrigkeit läge demgegenüber ‑ fallbezogen ‑ jedoch nur dann vor, wenn das Gericht in den Urteilsgründen den wesentlichen Inhalt der polizeilichen Verantwortung des Beschwerdeführers (vgl 113 unten/I) unrichtig wiedergegeben hätte (vgl Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 185, 187 f). Die ‑ wie vorliegend ‑ in freier Beweiswürdigung daraus denkmöglich gezogene Schlußfolgerung der Tatrichter kann indes unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden (vgl sinngemäß: Mayerhofer/Rieder aaO E 191). Im übrigen bestand für die Erkenntnisrichter keine Notwendigkeit, sich auch mit dem "nächsten Satz" (in der polizeilichen Niederschrift M*s - 114/I), daß er mit seiner Mutter für eine Woche nach Teneriffa fliegen wolle, gesondert auseinanderzusetzen, ändert doch diese Ankündigung des ‑ damals noch keineswegs als Verdächtigen behandelten ‑ Angeklagten M* nichts daran, daß er fälschlich Thailand als mutmaßlichen Aufenthalt des Angeklagten N* bezeichnete und für die Strafverfolgungsbehörden bis dahin kein Anhaltspunkt für eine gemeinsame Flucht der beiden Angeklagten bestand.

Somit haften dem bekämpften Urteil die behaupteten formellen Begründungsmängel nicht an.

Der Strafzumessungsrüge (Z 11) zuwider hat das Schöffengericht ohnehin ‑ im Zweifel die Rechtskraft bejahend, und nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, verneinend ‑ gemäß §§ 3140 StGB auf die mit dem Urteil eines Gerichtes in Natal (Brasilien) vom 7. August 1992 über Manfred M* verhängte einjährige Freiheitsstrafe Bedacht genommen. Die eine gegenteilige Urteilsannahme unterstellende Strafzumessungsrüge ist daher nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Gemäß § 38 Abs 1 StGB wurde die gesamte (in Brasilien erlittene) Haft auf die im Inland ausgesprochene Zusatzstrafe angerechnet (US 5, 8, 11). Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang noch angemerkt, daß seit dem Inkrafttreten des StRÄG 1987, BGBl Nr 605/1987, eine fehlerhafte Vorhaftanrechnung keine Nichtigkeit mehr bewirken könnte (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 11 E 36j), vielmehr wäre diesfalls nach § 400 Abs 2 StPO durch Beschluß des Vorsitzenden eine Berichtigung vorzunehmen.

Eine Rechtsrüge (Z 9 lit a) wurde nicht erhoben. Es sei demnach nur am Rande angemerkt, daß die Beurteilung als Mißbrauch der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB rechtsrichtig ist, weil der Angeklagte N* als Zusteller von Wertbriefen (vgl § 166 PostO) Beförderungsaufgaben der Post (§§ 5 ff PostG, §§ 48 ff PostO), mithin postspezifische Agenden durchzuführen hatte und deshalb im Bereich der Hoheitsverwaltung tätig wurde (Leukauf/Steininger Komm3 § 302 RN 27).

Aus den dargelegten Gründen waren sonach die Nichtigkeitsbeschwerden als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, jene des Angeklagten M* auch als teils nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten (§ 285 i StPO).

 

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