OGH 5Ob107/94

OGH5Ob107/9421.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin P***** GmbH,***** vertreten durch Dr.Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Ersichtlichmachung eines Bauwerkes und Einreihung einer Urkunde, infolge außerordentlichen Rekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 25.März 1994, GZ 52 R 54/94-6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Landeck vom 22.Februar 1994, TZ 717/94-2, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die A***** ***** Gesellschaft mbH ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit dem Grundstück Nr *****. Sie schloß am 14./25.1.1994 mit der P***** GmbH eine Vereinbarung ab, in der es heißt:

"Auf Grund des bestehenden Rechts der P***** GmbH, auf dem Grundstück der A***** *****GmbH Nr ***** Superädifikate zu errichten, halten die Vertragspartner fest:

Auf GstNr ***** in EZ ***** hat die Bauberechtigte auf Grund der oben genannten Rechtseinräumung als Superädifikate eine Lagerhalle und an deren nördlicher Wand im Westen eine Rampe zur Gänze neu errichtet. Die Bauführung ist zwischenzeitig abgeschlossen. Die Adresse der Halle lautet: F*****. Zur Situierung wird auf die beiliegende planliche Darstellung verwiesen. Dabei wird festgehalten, daß diese in Teilbereichen den tatsächlichen Bestand nur grundsätzlich und nicht völlig exakt wiedergibt und die Maßstabangabe zufolge Verkleinerung nicht stimmt."

Am 18.2.1994 beantragte die P***** GmbH beim Erstgericht auf Grund dieser Urkunde in der darin bezeichneten EZ die Ersichtlichmachung des Bestehens von Superädifikaten sowie die Einreihung der Vereinbarung vom 25.1.1994 zum Zwecke des Nachweises des Eigentumsrechtes an Lagerhalle und Rampe für die Antragstellerin zu bewilligen.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, daß die Vereinbarung vom 25.1.1994 der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedürfe; das Vorliegen einer solchen sei weder behauptet noch sei sie vorgelegt worden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es führte im wesentlichen folgendes aus:

§ 1 UHG unterscheide die Aufnahme von Urkunden in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden durch Hinterlegung (zB zur Übertragung des Eigentums an Bauwerken nach § 435 ABGB) gemäß Abs 1 Z 1 und durch Einreihung gemäß Abs 1 Z 2 (zB von Urkunden über den Erwerb eines dinglichen Rechtes, sofern zum Rechtserwerb nicht die Hinterlegung erforderlich ist - § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG). In dieser Rechtssache liege dem Begehren auf Urkundeneinreihung und Ersichtlichmachung eines Bauwerkes nach den Behauptungen des Antragstellers ein originärer Eigentumserwerb an einem Bauwerk durch die Bauführung selbst zugrunde. Da für den originären Eigentumserwerb an einem Bauwerk das Formerfordernis der Urkundenhinterlegung nicht bestehe, müsse in einem solchen Fall ein Begehren um eine Einreihung nach § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG gestellt werden. Es sei nun richtig, daß die von der Antragstellerin vorgelegte Vereinbarung vom 14.1.1994 nicht eine Urkunde über den Erwerb eines Rechts zur Errichtung eines Bauwerks im Sinne des § 1 Z 2 lit b UHG darstelle, weil diese vorgelegte Vereinbarung lediglich auf eine nicht näher umschriebene und konkretisierte schon stattgefundene Rechtseinräumung verweise. Nach den diesbezüglich ausdrücklichen Rekursausführungen strebe die Antragstellerin auch keine Einreihung einer Urkunde im Sinn der vorangeführten Bestimmung an, sondern nur eine Einreihung nach § 1 Abs 1 Z 2 lit f UHG sowie insbesondere die Ersichtlichmachung der aufgeführten Bauwerke. Durch lit f sei aber lediglich ein Ersatz für die im Grundbuchsrecht bekannten Anmerkungen und Ersichtlichmachungen geschaffen worden (zB Anmerkung der Minderjährigkeit). Unter eine solche Urkunde falle also nicht die hier vorgelegte Vereinbarung vom 14.1.1994, die im Kern lediglich eine Zustimmungserklärung des Liegenschaftseigentümers zur Ersichtlichmachung eines Bauwerks auf Antrag des Bauwerkseigentümers darstelle. Wenn nun derjenige, der - wie hier die Antragstellerin - behaupte, an einem Bauwerk im Sinne des § 435 ABGB durch dessen Errichtung originär Eigentum erworben zu haben - für welchen Eigentumserwerb die Hinterlegung einer Urkunde nicht erforderlich sei - die Ersichtlichmachung des Bauwerks im Grundbuch erreichen wolle, habe er jedoch (mit Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft) die Einreihung einer Urkunde im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG zu beantragen. Die Ersichtlichmachung eines Bauwerks auf Antrag des Bauwerkseigentümers bloß aufgrund einer Zustimmungserklärung des Liegenschaftseigentümers sei im Gesetz nicht vorgesehen. Damit erweise sich die Abweisung des Grundbuchsantrages im Ergebnis als zutreffend.

Der Vollständigkeit halber sei vorausschauend anzumerken, daß die Einreihung einer Urkunde im Sinn des § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG, die gemäß §§ 1 Abs 3, 4 Abs 3 UHG dem § 433 ABGB zu entsprechen habe, regelmäßig das Vorliegen eines grundverkehrsbehördlichen Bescheides voraussetzen werde. Die Hinterlegung bzw die Einreihung einer Urkunde (§ 1 Abs 3 UHG) sei wie die Eintragung in das Grundbuch nur zulässig, wenn entweder die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zu dem Rechtserwerb oder ein Bescheid der Grundverkehrsbehörde, aus dem sich ergebe, daß die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde zu diesem Rechtserwerb nicht erforderlich ist, oder eine Bestätigung vorliege, daß das Grundstück nicht den Bestimmungen des TirGVG unterliege. Daraus folge, daß im Zweifelsfall die Grundverkehrsbehörde zu entscheiden habe, ob ein den Gegenstand des Rechtserwerbes nach § 4 TirGVG bildendes Grundstück den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliege, und bei Zweifelsfreiheit der Vorsitzende der Grundverkehrsbehörde die Negativbestätigung zu erteilen habe. Schließlich sei im Hinblick auf die vorgelegte Vereinbarung und deren Formulierung (Superädifikate mit Beziehung auf Lagerhalle und Rampe), wonach anzunehmen wäre, daß die Verfasser dieser Vereinbarung sowohl der Lagerhalle als auch der Rampe Superädifikatseigenschaft zuwiesen, darauf hinzuweisen, daß es sich bei Bauwerken im Sinn des § 435 ABGB immer nur um selbständige Gebäude, nicht bloß um Gebäudeteile handeln könne. Zwar habe im Verfahren nach dem UHG zunächst ungeprüft zu bleiben, ob das Bauwerk, auf das in der zu hinterlegenden (einzureihenden) Urkunde Bezug genommen werde, überhaupt rechtlich existent sei. Dennoch sei der Antrag auf Hinterlegung (Einreihung) einer Urkunde als durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden nicht begründet (§ 9 Abs 1 Z 2 UHG) dann abzuweisen, wenn aus den vorgelegten Urkunden selbst die Nichtexistenz des Bauwerkes hervorgehe. Die bauliche Verbindung zweier Superädifikate durch eine Mittelwand würde nur dann nichts an deren Sonderrechtsfähigkeit ändern, wenn nach der Verkehrsauffassung selbständige Wertobjekte vorlägen; dies könne in bezug auf Lagerhalle und Rampe zweifelhaft sein.

Es habe auch keine Veranlassung bestanden, den ordentlichen Revisionsrekurs zuzulassen, weil die Bedeutung der Entscheidung über den Einzelfall nicht hinausgehe. Die wesentlichen Rechtsfragen seien durch Hinweise auf die veröffentlichte Judikatur bereits belegt. Angesichts des nach den vorgelegten Urkunden vom Einreihungsbegehren erfaßten erheblichen Bauwerkes könne auch ohne weitere Erhebungen gesagt werden, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jedenfalls S 50.000 übersteige.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im stattgebenden Sinn abzuändern, allenfalls mit der Maßgabe, daß es sich nicht um zwei sondern nur um ein Superädifikat Lagerhalle samt Rampe handle.

Vorweg ist zum Bewertungsausspruch des Rekursgerichtes zu bemerken, daß der Oberste Gerichtshof an einen Bewertungsausspruch des Gerichtes zweiter Instanz, der zwingende Bewertungsgrundsätze verletzt, nicht gebunden ist (MGA JN-ZPO14 § 500 ZPO/E 24; in Grundbuchssachen: Jus extra 1991/916 ua). Unter zwingenden Bewertungsvorschriften sind dabei unter anderem Normen gemeint, die den Wert des Entscheidungsgegenstandes unter Ausschaltung richterlichen Ermessens mit einem bestimmten Betrag festlegen, so etwa den Einheitswert gemäß § 60 Abs 2 JN (5 Ob 98/93 ua).

Im vorliegenden Fall hätte das Rekursgericht den Einheitswert des gegenständlichen Objektes ermitteln müssen, weil es sich bei einem auf fremdem Grund und Boden errichteten Gebäude um eine grundsteuerpflichtige (§ 1 Abs 1 Z 2 GrStG, § 51 Abs 3 BewG), insoweit als unbeweglich anzusehende Sache handelt. Nach den Erhebungen des Obersten Gerichtshofes übersteigt der maßgebliche Einheitswert den Betrag von S 50.000. Im Ergebnis ist daher der Bewertungsausspruch des Rekursgerichtes nicht zu beanstanden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet des diesbezüglichen Ausspruches des Rekursgerichtes zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur inhaltlichen Beschaffenheit einer Urkunde im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG bei originärem Eigentumserwerb durch Bauführung fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Mit Fragen der Urkundeneinreihung im Falle der Errichtung von Superädifikaten hat sich der erkennende Senat in jüngerer Zeit mehrfach befaßt (vgl NZ 1992, 117 [Hofmeister 119] = EvBl 1991/75; NZ 1992, 66 [Hofmeister 67]; NZ 1992, 257 [Hofmeister 260]; jeweils mwN). Nach dieser Rechtsprechung ist die Einreihung einer den originären Eigentumserwerb an einem Superädifikat im Sinne des § 435 ABGB dartuuende Urkunde grundsätzlich möglich. Die Bewilligung der Einreihung ist Voraussetzung für die Bewilligung der Ersichtlichmachung des Bauwerkes im Grundbuch. Die Ersichtlichmachung bloß auf Grund einer Zustimmungserklärung des Liegenschaftseigentümers ist unzulässig. Eingereiht werden könnte eine Urkunde im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 lit b UHG "über den Erwerb eines dinglichen Rechtes, sofern zum Rechtserwerb nicht die Hinterlegung erforderlich ist"; letzteres ist bei originärem Eigentumserwerb an einem Bauwerk der Fall.

Die Rechtsmittelwerberin behauptet aber - wie schon im Rekurs - lediglich, eine Urkunde im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 lit f UHG ("über sonstige Umstände, sofern diese im Fall der Verbücherung Gegenstand einer Anmerkung, Ersichtlichmachung oder Löschung sein könnten") vorgelegt zu haben, was zufolge der zitierten Rechtsprechung nicht ausreichend wäre. Abgesehen davon liegt - wie schon das Rekursgericht richtig erkannt hat - auch eine solche Urkunde nicht vor (vgl zu lit f die Erläut RV 1106 BlgNR 13.GP 7).

Zutreffend weist die Rechtsmittelwerberin freilich darauf hin, daß sie sich in ihrem Antrag an das Erstgericht nicht auf eine bestimmte Gesetzesstelle berufen habe, weshalb ihr Antrag allenfalls eben nach lit b der zitierten Bestimmung beurteilt werden müsse. Sie führt in der Folge aber selbst aus, daß es sich hier um keine Urkunde im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 lit b handle, weil sie "nicht über das Erwerbsgeschäft errichtet wurde".

In der vorgelegten Urkunde wird zwar die erfolgte Errichtung des Bauwerkes durch die Antragstellerin dargetan, nicht aber in zureichender Weise die Einräumung des Rechts zur Errichtung eines Bauwerkes auf fremdem Grund (vgl die Erläut RV aaO 6 Punkt 6). Insofern ist nur völlig unbestimmt von einem bereits bestehenden Recht die Rede. Im Revisionsrekurs wird behauptet, daß hierüber eine separate Vereinbarung geschlossen wurde.

Die Vereinbarung vom 14./25.1.1994 oder eine ihr anzuschließende gesonderte Urkunde hätte aber den - gemäß § 4 Abs 1 lit b bzw § 9 Abs 1 lit b TirGVG LGBl 1993/82 grundsätzlich genehmigungspflichtigen - Erwerb des Rechtes zur Errichtung eines Bauwerkes auf fremdem Grund beinhalten müssen; der erforderliche Bescheid der Grundverkehrsbehörde wäre beizuschließen gewesen (§ 32 Abs 1 TirGVG). Ließe man hingegen die vorgelegte Urkunde für die Einreihung genügen, könnte das TirGVG umgangen werden.

Die Vorinstanzen haben den Antrag der Antragstellerin somit zu Recht abgewiesen, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

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