OGH 8Ob23/94

OGH8Ob23/9413.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Langer, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic in der Rechtssache der klagenden Partei LT*****, vertreten durch DDr.Hubert Fuchshuber und Dr.Christian Fuchshuber, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Josef H*****, vertreten durch Dr.Bernt Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 856.262,39 S sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 24. Juni 1994, GZ 1 R 164/94-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.April 1994, GZ 9 Cg 77/94w-6 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

2. Die Beantwortung des Revisionsrekurses durch die beklagte Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Gegen den ihm am 23.3.1994 zugestellten Wechselzahlungsauftrag des Erstgerichtes vom 21.3.1994 erhob der Beklagte, vertreten durch Mag.Michael Sch***** vom Wirtschaftsberatungsbüro Dr.Klaus E*****, innerhalb der gesetzmäßigen Frist von 14 Tagen Einwendungen. Die Ausführungen in dieser Eingabe zielen im wesentlichen auf die Suspendierung des Wechselzahlungsauftrages, die Anbahnung von Verhandlungen zwischen den Streitteilen zur Vereinbarung eines geordneten Abstattungsplanes sowie die Rückverrechnung und Gutschrift der "exorbitant hohen Verzugszinsen" ab.

Das Erstgericht hat mit einem dem Beklagten am 31.3.1994 zugestellten Beschluß (ON 3) diese Eingabe dem Beklagten zur Verbesserung binnen 14 Tagen durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes, Beibringung einer Gleichschrift und einer Rubrik und allenfalls Erhebung sachlicher Einwendungen zurückgestellt.

Am 15.4.1994 langte ein am 14.4.1994 zur Post gegebener Schriftsatz des Beklagtenvertreters beim Erstgericht ein, in dem dieser namens des Beklagten verschiedene Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag erhob und die Aufhebung desselben beantragte. Die zur Verbesserung zurückgestellte Eingabe des Mag.Michael Sch***** (ON 2), war diesem Schriftsatz nicht angeschlossen.

Das Erstgericht wies über Antrag der klagenden Partei die Einwendungen der beklagten Partei mit der Begründung zurück, mit dem verbesserten Schriftsatz sei entgegen der Bestimmung des § 58 Abs 8 Geo die zur Verbesserung zurückgestellte ursprüngliche Eingabe nicht wieder vorgelegt worden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, wies den Antrag, die Einwendungen der beklagten Partei gegen den Wechselzahlungsauftrag als verspätet zurückzuweisen, ab und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf; weiters wies es die Rekursbeantwortung zurück. In seiner Entscheidungsbegründung führte es aus:

Die nicht von einem Rechtsanwalt unterschriebenen Einwendungen seien mangels Postulationsfähigkeit nicht wirksam, weshalb der verbessernde Rechtsanwalt an den Inhalt dieses Schriftsatzes nicht gebunden sei und ihn auch nicht wieder vorlegen müsse (AnwBl 1987, 296 mit zustimmender Anmerkung von Mayr). Diese für einen Rekurs im Exekutionsverfahren dargelegten Erwägungen hätten sinngemäß auch für Einwendungen gegen einen Wechselzahlungsauftrag zu gelten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil abgesehen von der vorgenannten Entscheidung und einer zweiten in einer Sozialrechtssache (SVSlg 34.052) ergangenen Entscheidung - eine Auseinandersetzung mit der früheren Rechtsprechung und der Bestimmung des § 58 Abs 8 Geo fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Die frühere Rechtsprechung zur Verbesserung von Parteieingaben, die trotz bestehenden Anwaltszwanges nicht von einem Rechtsanwalt gefertigt wurden, hat stets die Wiedervorlage der ursprünglichen Eingabe gefordert, wobei dem Rechtsanwalt gestattet wurde, mit der ursprünglichen, nunmehr von ihm unterfertigten Eingabe, einen gänzlich neuen Schriftsatz einzubringen. Mit der Entscheidung 3 Ob 50/86 (AnwBl 1987, 296 mit zustimmender Anmerkung von Mayr) erachtete der Oberste Gerichtshof die Wiedervorlage der ursprünglichen Eingabe als entbehrlich, weil mangels Postulationsfähigkeit der unvertretenen Partei dieser frühere Schriftsatz keinen wirksamen Rechtsmittelinhalt aufweise. Dieser Ansicht folgte der Oberste Gerichtshof mit dem gleichfalls tragenden Hinweis auf die fehlende Postulationsfähigkeit in einer Entscheidung einer Sozialrechtssache (SVSlg 34.052 = Danzl, Geo, Anmerkung 37 zu § 58).

Durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 wurde die früher auf Formmängel beschränkte Verbesserungsmöglichkeit auch auf Inhaltsmängel ausgedehnt und dem Rechtsanwalt die Vornahme inhaltlicher Verbesserungen und Ergänzungen gestattet (RV 669 Sten. Prot. NR 15 GP, 49). In Fällen des absoluten Anwaltszwanges (§ 27 Abs 1 ZPO), insbesondere in Rechtsmittelverfahren (§ 465 Abs 2 ZPO mit Einschränkungen für das Berufungsverfahren; § 506 Abs 1 Z 4 ZPO ausnahmslos für das Revisionsverfahren; § 520 Abs 1 ZPO mit Einschränkungen für das Rekursverfahren) kommt der unvertretenen Partei keine (schriftliche) Postulationsfähigkeit zu (vgl Fasching LB2 Rz 361). Das Gebot des § 58 Abs 1 Geo hat insoweit nur mehr instruktionellen Charakter, weil nämlich die Funktion, die inhaltliche Übereinstimmung des nur durch Beifügung der Anwaltsunterschrift zu verbessernden Rechtsmittels mit der ursprünglichen Eingabe zu prüfen, durch die weitgehende inhaltliche Verbesserungsmöglichkeit entfallen oder doch weitgehend eingeschränkt ist. Welchen Zweck die Wiedervorlage einer allenfalls bereits in Ablichtung dem Akt angeschlossenen ursprünglichen Eingabe haben soll, wenn die inhaltliche Verbesserung durch den Verbesserungsschriftsatz nicht eingeschränkt ist und mangels (schriftlicher) Postulationsfähigkeit der unvertretenen Partei auch nicht eingeschränkt werden kann, ist nicht ersichtlich.

Der von der klagenden Partei geltend gemachten Gefahr, eine weitgehende Verbesserungsmöglichkeit würde die Prozeßverschleppung erleichtern, kann nicht durch die Wiedervorlage der ursprünglichen Eingabe wirksam begegnet werden, sondern durch die Exekution zur Sicherstellung (§ 371 Z 2 EO).

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Zu 2: Mangels Zweiseitigkeit des gegenständlichen Rekursverfahrens (§ 521 a ZPO) ist, worauf schon das Rekursgericht grundsätzlich hingewiesen hat, die Beantwortung auch des Revisionsrekurses unzulässig.

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