Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin enthalten S 811,84 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.605,-- (darin enthalten S 1.267,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist Inhaberin einer Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie von Bregenz nach Bihac in Bosnien. Mit Vertrag vom 20.7.1990 verpachtete sie ihr Unternehmen betreffend die Betriebsführung dieser Linie bis 31.12.1993 an Stefan B*****. Diesem wurde im Pachtvertrag untersagt, die bisher geführte Geschäftsbezeichnung zu ändern. Stefan B***** verpflichtete sich, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eingesetzten Busse in verkehrs- und betriebssicherem Zustand zu halten. Die Busse wurde von Stefan B***** gekauft. In einer gesonderten, am selben Tag geschlossenen Vereinbarung wurde festgehalten, daß Stefan Breski der Eigentümer und Halter der Busse sei. Die gesetzliche Haftpflichtversicherung für die Busse sowie eine Rechtsschutzversicherung wurden aber vereinbarungsgemäß von der beklagten Partei abgeschlossen. Diese zahlte auch die Versicherungsprämien und schrieb sie in der Folge Stefan B***** zur Zahlung vor. Gegenüber der Zulassungsbehörde wurde die beklagte Partei als Zulassungsbesitzerin der Busse angegeben. Über den Einsatz der Busse entschied Stefan B***** eigenverantwortlich. Er trug auch deren Erhaltungskosten. Er gab gegenüber der beklagten Partei die Erklärung ab, sie bei allfälligen Ansprüchen Dritter schad- und klaglos zu halten. Weder die beklagte Partei noch Stefan B***** suchten um eine Zustimmung der Konzessionsbehörde zur Übertragung der Betriebsführung (§ 10 Kraftfahrliniengesetz) an. Anläßlich des Vertragsabschlusses sprachen die Vertragsparteien darüber, ob auf den Bussen der Schriftzug "L*****" angebracht werden sollte. Die beklagte Partei wollte dies jedoch nicht.
Im Hinblick auf die Kriegswirren in Jugoslawien, die unter anderem das Gebiet nördlich von Bihac betrafen, besprachen der Geschäftsführer der beklagten Partei und Stefan B*****, ob die Linie weiterhin betrieben werden sollte. Aufgrund der entsprechenden Nachfrage kam man gemeinsam zum Entschluß, die Fahrten fortzusetzen.
Bei den Fahrten nach Bihac wurde hinter der Windschutzscheibe der Busse eine Tafel in der Größe von 50 x 25 cm angebracht. Im oberen Teil der Tafel stand mit 5 bis 6 cm großen Buchstaben "Firma L*****". Darunter waren mit 2 bis 3,5 cm großen Buchstaben die Abfahrts- und Ankunftsorte mit den entsprechenden Zeiten festgehalten. Im unteren Teil der Tafel stand wiederum mit 5 bis 6 cm großen Buchstaben "Firma U***** Bihac". Hiebei handelte es sich um das Partnerunternehmen des Stefan B***** in Jugoslawien. Die Tafel war von außen gut sichtbar. Der Inhalt der Tafel entsprach der Absprache des Stefan B***** mit der beklagten Partei. Dieser war bekannt, daß die Tafel bei den entsprechenden Fahrten für außerhalb des Busses befindliche und insbesondere für einsteigende Personen gut sichtbar angebracht war.
Zunächst wurden an die Passagiere Fahrkarten ausgeteilt. Weil dieses System insbesondere bei der Rückfahrt Probleme brachte, wurde in der Folge vom jeweiligen Chauffeur oder von einer von diesem beauftragten Person der Fahrpreis von den Passagieren einkassiert und die Namen der Passagiere auf einer Liste festgehalten. Die Mitfahrt bedurfte keiner Voranmeldung. Die Interessenten kamen zu den Abfahrtszeiten zu den wartenden Bussen, stiegen ein und zahlten den Fahrpreis bis zum angegebenen Zielort und retour. Weder innerhalb noch außerhalb der Busse befand sich irgendein Hinweis darauf, daß die Kraftfahrlinie nicht von der beklagten Partei, sondern von Stefan B***** betrieben wurde. Die Fahrgäste wurden auch sonst in keiner Weise auf diesen Umstand hingewiesen.
Der Kläger, der damals in Bludenz gewohnt hat, ist ein aus Bihac stammender Bosnier. Er fuhr Anfang Oktober 1991 mit dem Bus von Bludenz nach Bihac und retour. Eine Woche später, und zwar am 11.10.1991, wollte er abermals mit dem Bus in seinen Heimatort fahren. Er begab sich zu der ihm bekannten Abfahrtszeit zum wartenden Bus und zahlte dem Chauffeur oder einer von diesem beauftragten Person den Fahrpreis von S 600,--. Der Chauffeur dieses Busses war von Stefan B***** namens der Firma U*****-Bihac engagiert worden. Der Bus war einer jener Busse, die von Stefan B***** gekauft und von diesem auch sonst für die Fahrten nach Bosnien eingesetzt waren, aber auf die Firma der beklagten Partei zugelassen waren.
Auf einer Raststätte bei Villach, bei der der Bus hielt, besprach sich der Chauffeur aufgrund der Kriegsereignisse in Jugoslawien mit anderen Buschauffeuren, die ebenfalls nach Bosnien unterwegs waren. Es kam insbesondere die Gefährlichkeit der zu befahrenden Straßen zur Sprache. Einige Buschauffeure wiesen daraufhin, daß sie die Fahrtroute nach Bihac entlang der österreichisch-ungarischen Grenze wählten, um den Kriegswirren zu entgehen. Der Chauffeur des Busses, der den Kläger transportierte, fuhr jedoch über Laibach nach Karlovac. Die von dort in Richtung Süden weiterführende Haupstraße mit der Bezeichnung 4 bzw 22 war jedoch seit längerem gesperrt. Er wählte daher eine Ausweichroute in südwestlicher Richtung. Er gelangte schließlich auf Umwegen bis Jezerane. Dort wurde der Bus von Organen der Miliz angehalten und der Chauffeur auf die Kriegsgefahr, die allgemein bekannt war, aufmerksam gemacht (die Feststellung, daß der Buschauffeur darauf hingewiesen wurde, daß die Strecke wegen der kriegerischen Ereignisse gesperrt sei und daß er nicht weiterfahren dürfe, wurde vom Gericht zweiter Instanz als nicht entscheidungswesentlich nicht übernommen). Dennoch fuhr der Chauffeur weiter, und zwar über Glibodol Richtung Licka-Jesenica. Die Kriegshandlungen und deren Gefahren waren sowohl dem Chauffeur als auch den Businsassen bekannt. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Chauffeur von der Fahrgästen zum Anhalten bzw Umdrehen aufgefordert wurde und ob er die Fahrgäste fragte, ob er wieder zurück nach Vorarlberg fahren solle. Der Chauffeur hielt in der Folge bei einem Bauernhof an und fragte den Landwirt nach dem Weg. Dieser erklärte, daß die Weiterfahrt gefährlich und die Straße vermint sei. Trotzdem wurde die Fahrt auf einem nicht asphaltierten Weg fortgesetzt. Am 12.10.1991 geriet der Bus zwischen Glibodol und Licka-Jesenica auf eine auf der Fahrbahn oder am Fahrbahnrand verlegte Panzermine. Bei der dadurch ausgelösten Explosion wurde der Kläger aus dem Bus geschleudert und erlitt einen Kompressionsbruch des ersten Lendenwirbels. Sein Anzug und verschiedene von ihm mitgeführte Gegenstände wurden unbrauchbar.
Der Kläger setzte sich nach dem Unfall mit der beklagten Partei wegen seiner Schadenersatzansprüche in Verbindung. Er wurde von der beklagten Partei an deren Haftpflichtversicherer verwiesen.
Der Kläger begehrt ein Schmerzengeld von S 200.000,-- und den Ersatz für Sachschäden von S 3.800,--, insgesamt somit S 203.800,-- sA. Er behauptete, das Alleinverschulden am Unfall treffe den Buschauffeur, weil sich dieser nicht ausreichend über die Gefährlichkeit der Strecke informiert und die Weisungen der kroatischen Polizei mißachtet habe. Sollte die beklagte Partei nicht die Halterin des Busses gewesen sein, hafte sie dennoch aufgrund des Reisevertrages. Der zwischen der beklagten Partei und Stefan B***** abgeschlossene Pachtvertrag sei mangels Zustimmung der Konzessionsbehörde unwirksam. Die beklagte Partei habe daran mitgewirkt, daß beim Kläger der Eindruck entstanden sei, daß sie die Buslinie betreibe und der Reisevertrag mit ihr abgeschlossen worden sei.
Die beklagte Partei wendete ihre mangelnde Passivlegitimation ein, weil sie infolge der Verpachtung des Linienbetriebes an Stefan B***** nicht Vertragspartnerin des Klägers geworden sei. Es sei "allen klar" gewesen, daß nicht sie, sondern Stefan B***** diese Linie betreibe. Sie habe Stefan B***** untersagt, ihren Firmenwortlaut zu verwenden und eine entsprechende Beschriftung am Bus anzubringen. Überdies treffe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden, weil er gewußt habe, daß ein Krisengebiet durchfahren werde. Österreichisches Recht sei nicht anzuwenden.
Das Erstgericht sprach dem Kläger S 152.200,-- sA zu und wies das Mehrbegehren von S 51.600,-- sA (unbekämpft) ab. Gemäß § 36 IPRG sei österreichisches Recht anzuwenden. Aufgrund des von der beklagten Partei geschaffenen äußeren Tatbestandes habe der Kläger annehmen dürfen, daß der Buschauffeur von der beklagten Partei beauftragt sei, in ihrem Namen den Beförderungsvertrag abzuschließen. Die beklagte Partei sei daher als Vertragspartnerin des Klägers anzusehen und hafte für die Erfüllung der aus dem Beförderungsvertrag resultiertenden Nebenpflicht, daß die beförderten Personen unversehrt am Bestimmungsort ankämen. Das Alleinverschulden treffe den Buschauffeur, für das die beklagte Partei gemäß § 1313a ABGB einzugestehen habe. Das Schmerzengeld sei mit S 150.000,--, der Sachschaden mit S 2.200,-- auszumitteln.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß die beklagte Partei zur Zahlung von S 101.466,66 sA verpflichtet und das Mehrbegehren von insgesamt S 102.333,34 sA abgewiesen wurde. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Auf die Frage der Vertretung, und zwar auch der Anscheins- und Duldungsvollmacht, sei gemäß § 49 IPRG österreichisches Recht anzuwenden. Die Ansicht des Erstgerichtes, daß sich die beklagte Partei aufgrund der äußeren Umstände, zu denen sie beigetragen habe, als Vertragspartner des Klägers behandeln lassen müsse, sei zu billigen. Die schadenersatzrechtliche Haftung sei daher gemäß § 36 IPRG ebenfalls nach österreichischem Recht zu beurteilen. Es sei auch richtig, daß den Buschauffeur ein von der beklagten Partei gemäß § 1313a ABGB zu vertretendes Verschulden treffe. Allerdings sei dem Kläger ein Mitverschulden anzulasten. Dieses liege darin, daß der Kläger die Fahrt überhaupt angetreten und sich dadurch bewußt selbst gefährdet habe. Der Umstand, daß der Busfahrer konkrete Warnungen nicht beachtet habe, rechtfertige eine Verschuldensteilung von 2:1 zu seinen Lasten, so daß der Kläger Anspruch auf Ersatz von zwei Drittel seines Schadens habe. Die Höhe des vom Erstgericht zuerkannten Schmerzengeldes sei angemessen. Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob bereits der Antritt einer Fahrt, die durch kriegsgefährdetes Gebiet führe, ein Mitverschulden begründe.
Rechtliche Beurteilung
Die von beiden Streitteilen erhobenen Revisionen sind zulässig, aber nicht berechtigt.
Zunächst ist klarzustellen, daß die Untergerichte zu Recht österreichisches Recht angewendet haben. Die Bestimmungen des § 48 Abs 1 IPRG haben ebenso wie die Bestimmungen des Haager Straßenverkehrsübereinkommens nur außervertragliche Schadenersatzansprüche zum Gegenstand (vgl Koziol, Haftpflichtrecht2 I 361 f, 374) und sind daher auf Schadenersatzansprüche, die sich aus der Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis ergeben, nicht anzuwenden. Derartige Schadenersatzansprüche sind vielmehr im Sinn des IPRG nach jener Rechtsordnung zu beurteilen, der das verletzte Schuldverhältnis unterliegt (Koziol aaO, 361 sowie die unter Anm 17 angeführte Literatur und Judikatur; Schwimann, Grundriß des IPR, 105, 154 f; ZVR 1985/43). Ein außervertraglicher Schadenersatz der beklagten Partei kommt mangels ihrer Eigenschaft als Halter des verunglückten Fahrzeuges nicht in Betracht. Da der Kläger sein Begehren (insbesondere auch) auf die Behauptung gestützt hat, daß zwischen ihm und der beklagten Partei ein Beförderungsvertrag zustandegekommen sei, aus dessen Verletzung ihm diese für die Folgen des Unfalles vom 12.10.1991 hafte, ist § 41 IPRG heranzuziehen. Nach dieser Bestimmung sind Verträge, bei denen das Recht des Staates, in dem eine Partei ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, dieser als Verbraucher besonderen privatrechtlichen Schutz gewährt, nach diesem Recht zu beurteilen, wenn sie im Zusammenhang mit einer in diesem Staat entfalteten, auf die Schließung solcher Verträge gerichteten Tätigkeit des Unternehmers oder der von ihm hiefür verwendeten Personen zustandegekommen sind.
Verbraucherverträge im Sinne des § 41 IPRG sind nach der hier vorzunehmenden ersten Qualifikation nach österreichischem Recht (SZ 61/125; Hoyer in Krejci, Handbuch zum KSchG 741 f; Schwimann in ÖJZ 1981, 309 f) somit entgeltliche Verträge, in denen der Nichtunternehmer vom Unternehmer zu erbringende vertragscharakteristische Leistungen in Anspruch nimmt (Schwimann in RdW 1989, 292).
Der Kläger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich. Ihm wird hier durch das KSchG besonderer privatrechtlicher Schutz im Sinn des § 41 IPRG gewährt. Die Tätigkeit des Vertragspartners des Klägers - ob als dieser nun Stefan B***** oder die beklagte Partei anzusehen ist -, die auf die Schließung des gegenständlichen Beförderungsvertrages gerichtet war, wurde in Österreich entfaltet. Es liegen somit alle Voraussetzungen des § 41 IPRG vor. Damit ist österreichisches Recht nicht nur in seinen Verbraucherschutzbestimmungen, sondern in seiner Gesamtheit anzuwenden (JBl 1988, 779; JBl 1990, 592; EvBl 1992/48). Alle hier anstehenden Haftungsfragen sind daher gemäß § 41 IPRG nach österreichischem Recht zu beurteilen. Es kann auch kein Zweifel daran sein, daß insbesondere die Frage der Stellvertretung einschließlich des Problems der Anscheins- und Duldungsvollmacht nach österreichischem Recht zu beurteilen ist, wie schon das Gericht zweiter Instanz unter Berufung auf Schwimann in Rummel2, Rz 1 zu § 49 IPRG zutreffend ausgeführt hat.
Zur Revision der beklagten Partei:
Die geltendgemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit des Verfahrens zweiter Instanz liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
In ihrer Rechtsrüge vertritt die beklagte Partei weiterhin die Auffassung, daß nicht sie, sondern Stefan B***** Vertragspartner des Klägers geworden sei.
Es ist zwar richtig, daß die Haftung der beklagten Partei nicht damit begründet werden kann, daß der zwischen ihr und Stefan B***** abgeschlossene Pachtvertrag unzulässig sei, weil die erforderliche Genehmigung nach § 10 Kraftfahrliniengesetz nicht erfolgt sei. Nach den Feststellungen der Untergerichte ist davon auszugehen, daß tatsächlich nicht die beklagte Partei, sondern Stefan B***** die Kraftfahrlinie - wenn auch ohne behördliche Erlaubnis - auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben hat, sodaß die Frage nach der Gültigkeit des Pachtvertrages dahingestellt bleiben kann. Eine privatrechtliche Haftung läßt sich allein aus dem Umstand, daß die beklagte Partei der Konzessionsträger war, nicht ableiten.
Nach ständiger, von der Lehre gebilligter Rechtsprechung des Obersten Gerichtes wird der Geschäftsherr unter bestimmten Voraussetzungen selbst beim Vorliegen einer sogenannten Anscheinsvollmacht, dh auch ohne tatsächlich Vollmacht erteilt zu haben, als Vertragspartner eines Dritten angesehen. Es muß ein bestimmter Sachverhalt vorliegen, der objektiv geeignet ist, daß seitens des Anerklärten auf den Willen zur Vollmachtserteilung geschlossen werden kann; der Sachverhalt muß durch ein Verhalten des Geschäftsherrn zurechenbar veranlaßt sein; der Anerklärte darf weder in Kenntnis noch in fahrlässiger Unkenntnis von der Tatsache sein, daß der Geschäftsherr gar nicht bevollmächtigt hat (vgl Strasser in Rummel2 I Rz 44 ff zu § 1029 ABGB; weiters auch Welser in JBl 1979, 1 ff, je mwN aus Lehre und Rechtsprechung). Wie die Untergerichte bereits zutreffend aufgezeigt haben, liegen all diese Voraussetzungen zugunsten des Klägers vor. Der Kläger mußte sich, um an der Fahrt teilzunehmen, lediglich zum wartenden Bus begeben. Er hatte keine Geschäftsräumlichkeiten aufzusuchen und erhielt keinerlei schriftliche Unterlagen. Umsomehr war daher die hinter der Windschutzscheibe des Busses gut sichtbar angebrachte Tafel als Hinweis auf jenes Unternehmen anzusehen, das die Linie betreibt und mit dem er den Beförderungsvertrag schließt. Da der Bus in Österreich zugelassen war und ein österreichisches Kennzeichen trug, war er jedenfalls auch dem auf dieser Tafel aufscheinenden österreichischen Unternehmen zuzuordnen. Für die Fahrgäste fehlte jeglicher Hinweis darauf, daß entgegen dieser Kennzeichnung ein auch sonst nicht in Erscheinung tretender Dritter das Linienbusunternehmen betreibt. Selbst bei einer Nachfrage bei sämtlichen in Betracht kommenden öffentlichen Stellen, nämlich der Konzessionsbehörde, der Zulassungsbehörde und beim Firmenbuch, wäre nicht in Erfahrung zu bringen gewesen, daß in Wahrheit Stefan B***** die Fahrgäste auf eigene Rechnung und Gefahr transportiert. Die beklagte Partei trug auch alles dazu bei, um die wahren Umstände nicht nach außen dringen zu lassen. Es sollte wohl niemand von der privatrechtlichen Vereinbarung mit Stefan B***** erfahren, weil diese der Bestimmung des § 10 Kraftfahrliniengesetz widersprach. Die beklagte Partei war mit der Gestaltung der Hinweistafel an der Windschutzscheibe einverstanden. Sie zeigte die Übertragung der Betriebsführung nicht bei der Konzessionsbehörde an. Sie deklarierte sich als Zulassungsbesitzerin und schloß auch die Haftpflicht- und die Rechtschutzversicherung selbst ab. Sie untersagte dem Vertragspartner sogar, ihre Geschäftsbezeichnung zu ändern. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß sie nicht wollte, daß (zusätzlich) ihr Schriftzug auf den Bussen angebracht werden sollte. Die Busse waren ja auch nicht mit dem Namenszug des Stefan B***** geschmückt. Der Umstand, daß ein Linienbus keine Reklameaufschrift trägt, vermag keine Zweifel in der Richtung zu wecken, ob der Linienbetreiber tatsächlich mit jener Person oder Firma ident ist, die auf einer Tafel hinter der Windschutzscheibe aufscheint. Der Autobuschauffeur, der den Fahrpreis einkassierte bzw einkassieren ließ, mußte daher - mangels Anwesenheit sonstigen Personals - als einziger Repräsentant der auf einer "offiziell" anmutenden Tafel als Linienbusbetreiber ausgewiesenen Firma angesehen werden. Es entstand objektiv der Eindruck, daß der Buschauffeur befugt war, den Kläger als Fahrgast der beklagten Partei auf die beabsichtigte Fahrt mitzunehmen.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in einem ähnlich gelagerten Fall (dort führte der Buschauffeur selbst die Fahrt auf eigene Rechnung und Gefahr durch) ausgesprochen, daß aufgrund der von der beklagten Partei gesetzten, nach außen hin in Erscheinung tretenden Handlungen, Duldungen und Unterlassungen der Chauffeur als von ihr zum Abschluß von Verträgen mit Gastarbeitern über die Beförderung mit dem Autobus nach Jugoslawien und zurück bevollmächtigt anzusehen ist, auch wenn der beklagten Partei das Bewußtsein der Abgabe dieser Willenserklärung gefehlt haben sollte und sie keine entsprechende Willenserklärung abgegeben hat (JBl 1986, 447). Es wäre auch im vorliegenden Fall an der beklagten Partei gelegen gewesen, die hier als erteilt anzusehende Außenvollmacht etwa durch die Forderung zu vermeiden, daß Stefan B***** entsprechende Hinweise am oder im Bus anbringt oder eine entsprechende Erklärung gegenüber den Fahrgästen abgeben läßt. Das im vorliegenden Fall gerade gegenteilige Bemühen der beklagten Partei, nach außenhin - insbesondere den Behörden gegenüber - als Linienbetreiber aufzuscheinen, spricht hier umsomehr dafür, sie als Scheinvollmachtgeber zu behandeln.
Zur Revision der beklagten Partei, soweit sie die Verschuldensaufteilung betrifft, und zur Revision der klagenden Partei (Frage des Mitverschuldens des Klägers):
Daß den Buschauffeur ein dem Vertragspartner des Klägers (bzw der beklagten Partei aufgrund der Anscheinsvollmacht) gemäß § 1313a ABGB zuzurechnendes Verschulden am Unfall trifft, aus dem die Verletzung der Nebenverpflichtung aus dem Beförderungsvertrag zur unversehrten Beförderung resultiert, wird nicht mehr in Zweifel gezogen. Die beklagte Partei meint allerdings, daß eine Verschuldensteilung von 2:1 zu Lasten des Klägers gerechtfertigt sei, während der Kläger der Ansicht ist, daß ihn keinerlei Mitverschulden treffe.
Die Ansicht der zweiten Instanz ist jedoch auch hinsichtlich der Frage des Mitverschuldens des Klägers zu billigen.
Es entspricht der Lehre und Rechtsprechung, daß das Mitverschulden iSd § 1304 ABGB kein Verschulden im technischen Sinn voraussetzt; schon Sorglosigkeit gegenüber eigenen Gütern führt dazu, daß der Geschädigte weniger schutzwürdig erscheint, sodaß dem Schädiger nicht mehr der Ersatz des ganzen Schadens aufzuerlegen ist (ZVR 1984/122 mwN; ZVR 1985/28 ua; Reischauer in Rummel2 I, Rz 1 zu § 1304 ABGB). Geht es um die Unterlassung von Schutzmaßnahmen zur eigenen Sicherheit, so ist im Verhältnis zum Schädiger der Vorwurf des Mitverschuldens nur dann begründet, wenn sich bereits ein allgemeines Bewußtsein der beteiligten Kreise dahin gebildet hat, daß jeder Einsichtige und Vernünftige solche Schutzmaßnahmen anzuwenden pflegt (ZVR 1984/122; 1 Ob 602/89 ua; 1 Ob 602/89; 2 Ob 45/91 ua). Der Verletzte darf sich nicht allzuweit von einer durchschnittlichen Lebensführung entfernen (1 Ob 602/89). Diesen Erfordernissen hat der Antritt einer offenbar ohne zwingenden Grund vorgenommenen Reise, die erkennbar durch ein vom Bürgerkrieg betroffenes Gebiet bzw in dessen unmittelbare Nähe führte, nicht entsprochen.
Die Feststellungen des Erstgerichtes, daß die Kriegshandlungen im Bereich vor Bihac allgemein und auch den Businsassen bekannt waren, lassen keinen Zweifel daran, daß der Kläger schon vor Reiseantritt von der Kriegsgefahr wußte und nicht erst während der Busfahrt durch die vom Erstgericht festgestellten Vorgänge darauf aufmerksam wurde. Zudem war er ja erst eine Woche vorher nach Bihac gereist, sodaß ihm die angespannte und gefährliche Situation im Gebiet der üblichen Route nach Bihac nicht entgangen sein konnte. Er konnte nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß ein Linienbus einfach eine ganz andere Route wählen werde, die mit einem großen Umweg und entsprechenden Verspätungen verbunden gewesen wäre. Es wurde nicht einmal behauptet, daß die Businsassen von vorne herein einen diesbezüglichen Wunsch über die zu wählende Strecke geäußert hätten. Im übrigen ist bei derartigen Verhältnissen, wie sie damals nördlich des anzufahrenden Reisezieles herrschten, kaum vorhersehbar, welche Gebiete jeweils tatsächlich von den kriegerischen Handlungen betroffen sind. Es war damit zu rechnen, daß auch eine bisher gefahrlos passierbare Strecke plötzlich in das Kriegsgebiet einbezogen wird. Daß der Linienbetreiber keinerlei Vorkehrungsmaßnahmen gesetzt hatte, um die von den Kriegshandlungen ausgehenden Gefahren zu minimieren, war offensichtlich. Die einzige - auch für die Passagiere als solche erkennbare - Alternative zur Gefahrenvermeidung wäre gewesen, die Linie überhaupt einzustellen. Der Umstand alleine, daß die Linie trotz des allgemein bekannten Risikos dennoch weiterhin betrieben wurde, konnte daher die Fahrgäste nicht in Sicherheit wiegen, daß die Strecke gefahrlos sein müsse. Vielmehr mußte ihnen klar sein, daß das Risiko, einen durch die Kriegswirren bedingten Unfall zu erleiden, auch von einem umsichtigen Buslenker letztlich nicht ausgeschaltet werden konnte. Der Kläger nahm daher durch seine Beteiligung an der Fahrt (-wenn auch aus verständlichen persönlichen Motiven-) bewußt das Risiko in Kauf, von Kriegshandlungen beeinträchtigt zu werden. Die Reise durch ein Kriegsgebiet bzw in dessen unmittelbare Nähe widerspricht einer durchschnittlichen Lebensführung.
Darin, daß das Gericht zweiter Instanz das Verschulden aufgrund des beschriebenen Verhaltens des Buschauffeurs, der trotz der bereits vor dem Passieren der Grenze nach Jogoslawien erfolgten Hinweise seiner Chauffeurkollegen, trotz der Warnung der Milizorgane in Jezerane vor einer Weiterfahrt und trotz der weiteren Warnung eines Landwirtes unmittelbar vor dem Unfall die von ihm gewählte Route fortsetzte, zu Lasten der beklagten Partei teilte, kann keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Diesem alle Businsassen trotz konkreter und entsprechend ernst zu nehmender Warnungen bewußt der Gefahr aussetzenden Verhalten des Buslenkers steht lediglich der Umstand gegenüber, daß der Kläger die Reise in seinen Heimatort trotz Kenntnis der Kriegsgefahr überhaupt angetreten hat. Wie bereits die Untergerichte ausgeführt haben, kann ihm nicht (zusätzlich) vorgeworfen werden, daß er den Bus nicht verlassen hat und eigenständig nach Österreich zurückgekehrt ist, als der Chauffeur von den Milizorganen aufgehalten und vor der Weiterfahrt gewarnt wurde. Es ist unerfindlich, wie der Kläger auf sich alleine gestellt aus dem Krisengebiet mitten in Kroatien die Rückreise nach Österreich in einigermaßen zumutbarer Weise bewerkstelligen hätte sollen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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