OGH 7Ob1617/94

OGH7Ob1617/945.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Redl, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Andreas N*****, vertreten durch Dr.Karl Zingher und Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Verein J*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Taussig und Dr.Arno Brauneis, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 608.758,80 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom 21.April 1994, GZ 41 R 239/93-75, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der auf die Verletzung der Schadensminderungspflicht gestützte Mitverschuldenseinwand wurde insofern nicht schlüssig erhoben, als nicht dargelegt wurde, aufgrund welcher Umstände das Verhalten des Norbert N***** dem Kläger zurechenbar sein sollte.

Rechtliche Beurteilung

Nach herrschender Meinung ist zwar das Gehilfenverhalten dem Geschädigten nachteilig anzurechnen (vgl Reischauer in Rummel2 II, Rz 7 zu § 1304 ABGB mwN; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 248, 250; ecolex 1992, 89; SZ 58/47; vgl auch Karollus Anm zu JBl 1992, 114). Die Gehilfenstellung wird aber nicht allein schon dadurch begründet, daß Norbert N***** der Sohn des Klägers ist. Es wurde weder behauptet noch festgestellt, daß der Kläger, der im Zeitpunkt des Schadensereignisses abwesend war, das Warenlager seinem Sohn anvertraut habe. Selbst bei Unterstellung eines damals aufrechten Angestelltenverhältnisses - ein solches wurde zwar behauptet, aber ungerügt nicht festgestellt - könnte ohne nähere Kenntnis, welche Aufgabengebiete dem Norbert N***** zugewiesen waren, noch nicht generell auf eine Bewahrpflicht hinsichtlich des Lagers während der arbeitsfreien Zeit (Schadenseintritt offenbar an einem Sonntag) geschlossen werden.

Die Haftung für Unterlassen setzt eine Pflicht zum Handeln voraus, weil ohne besonderes Gebot prinzipiell keine Verpflichtung zum Tun besteht. Mangels erkennbarer vertraglicher Verpflichtung des Norbert N***** zu einem Tun könnte sich eine solche Verpflichtung nur aus der allgemeinen Rettungspflicht ergeben (vgl hiezu Koziol aaO, 100; EvBl 1986/118 [463 mwN]). Ob Norbert N***** aus diesem Grund zu einer weitergehenden Handlung als zum Abdrehen des Wasserhahnes verpflichtet gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben, weil ein allfälliger Verstoß gegen die allgemeine Rettungspflicht nicht dem Kläger zurechenbar wäre, sondern zu einer solidarischen Haftung der beklagten Partei und des Norbert N***** als Nebentäter führen würde. Die beklagte Partei könnte daher auch in diesem Fall hinsichtlich des ganzen Schadens in Anspruch genommen werden (§§ 1301, 1302 ABGB).

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