OGH 4Ob88/94

OGH4Ob88/944.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb, *****, vertreten durch Dr.Marcella Prunbauer und Dr. Andreas Peyrer-Heimstätt, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Franz T***** KG, *****, *****, vertreten durch Dr.Gerhard Engin-Deniz und Dr.Christian Reimitz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 9. Mai 1994, GZ 2 R 116/94-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. März 1994, GZ 17 Cg 63/94w-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

"Der Antrag der klagenden Partei, der beklagten Partei zur Sicherung des mit Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruches für die Dauer des Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr zu verbieten,

a) Preise entgegen den die Preisauszeichnung regelnden Vorschriften nicht in mindestens gleicher Schriftgröße und Auffälligkeit auch in österreichischer Währung auszuzeichnen;

b) nicht mit gleichem Auffälligkeitswert in unmittelbarer Nähe des angegebenen Preises darauf hinzuweisen, daß zum angegebenen Preis noch die vom Käufer bei der Verbringung der Ware nach Österreich zu entrichtenden Eingangsabgaben, wie insbesondere Zölle, Ausgleichsabgaben und Einfuhrumsatzsteuern, hinzukommen und/oder diese nicht auszuzeichnen,

wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 33.318,-- bestimmten Kosten des Provisorialverfahrens aller drei Instanzen (darin S 5.553,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Beklagte betreibt den Handel mit Sportartikeln, insbesondere mit Sportschuhen, und wirbt hiefür ua mittels Postwurfs auch im angrenzenden Tirol. So hat sie im September 1993 den Werbeprospekt "Intersport SPORTSCHUH-SPEZIAL 93" in W*****durch die Post verteilen lassen. Die beispielsweise wiedergegebenen Seiten 1 und 2 dieses Prospektes hatten folgendes Aussehen:

Die in dem Prospekt angeführten Preise waren durchgehend nicht in österreichischen Schilling angegeben; es fehlte auch ein Hinweis darauf, daß zu den angegebenen Preisen noch die vom Käufer bei der Verbringung der Ware nach Österreich zu entrichtenden Eingangsabgaben hinzukommen.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit ihrer Prospektwerbung gegen §§ 9 und 12 Abs 2 Preisauszeichnungsgesetz (PrAG) und damit gleichzeitig gegen §§ 1 und 2 UWG verstoßen habe, begehrt der klagende Schutzverband, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr zu verbieten,

a) Preise entgegen den die Preisauszeichnung regelnden Vorschriften nicht in mindestens gleicher Schriftgröße und Auffälligkeit auch in österreichischer Währung auszuzeichnen;

b) (offenbar zu ergänzen: nicht) mit gleichem Auffälligkeitswert in unmittelbarer Nähe des angegebenen Preises darauf hinzuweisen, daß zum angegebenen Preis noch die vom Käufer bei Verbringung der Ware nach Österreich zu entrichtenden Eingangsabgaben, wie insbesondere Zölle, Ausgleichsabgaben und Einfuhrumsatzsteuer, hinzukommen und/oder diese (offenbar abermals zu ergänzen: nicht) auszuzeichnen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Dem Prospekt sei klar zu entnehmen, daß die Preise in DM angegeben sind. Die angesprochenen grenznahen Verkehrskreise in Österreich erwarteten nicht, daß die Beklagte im Zeitalter der europäischen Integration eigens Prospekte mit Schillingpreisen drucke. Da die §§ 9 und 12 Abs 2 PrAG die grenzüberschreitende Werbung massiv erschwerten, stünden sie in eklatantem Widerspruch zu der durch das EWR-Abkommen BGBl 1993/909 (EWRA), insbesondere dessen Artikel 11, gewährleisteten Freiheit des Warenverkehrs. Das EWRA habe den genannten Bestimmungen des Preisauszeichnungsgesetzes derogiert; diese seien jedenfalls so auszulegen, daß ausländische Anbieter nicht diskriminiert werden.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Der Prospekt widerspreche § 9 Abs 2 und § 12 Abs 2 PrAG. Diese Bestimmungen seien mit Inkrafttreten des EWRA nicht außer Kraft gesetzt worden, weil Art 11 des Abkommens nur Maßnahmen zwischen den Vertragsparteien und nicht Maßnahmen der Wettbewerber untereinander regle. Mit dem Verstoß gegen die Bestimmungen des Preisauszeichnungsgesetzes habe die Beklagte auch die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verletzt.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit der Maßgabe, daß es der Beklagten verbot, im geschäftlichen Verkehr bei der Werbung in Österreich bei Letztverbrauchern für den Einkauf im Ausland,

a) Preise entgegen den die Preisauszeichnung regelnden Vorschriften nicht in mindestens gleicher Schriftgröße und Auffälligkeit auch in österreichischer Währung auszuzeichnen;

b) Preise auszuzeichnen, ohne mit gleichem Auffälligkeitswert in unmittelbarer Nähe des angegebenen Preises darauf hinzuweisen, daß zum angegebenen Preis noch die vom Käufer bei der Verbringung der Ware nach Österreich zu entrichtenden Eingangsabgaben, wie insbesondere Zölle, Ausgleichsabgaben und Einfuhrumsatzsteuer, hinzukommen und/oder diese auszuzeichnen.

Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Da die Klage nur die in Österreich durchgeführte Prospektwerbung der Beklagten betreffe, beziehe sie sich nur auf den österreichischen Markt, so daß gemäß § 48 Abs 2 IPRG ausschließlich österreichisches Recht anzuwenden sei. Daß der in Österreich verteilte Prospekt der Beklagten dem § 9 Abs 2 und dem § 12 Abs 2 PrAG nicht entspreche, sei unstrittig. Dieser Verstoß sei auch sittenwidrig (§ 1 UWG). Entscheidend sei somit, ob und inwieweit diese Bestimmungen des PrAG noch in Kraft sind. Ob die allgemein gehaltene Bestimmung des Art 11 EWRA den älteren, sehr spezialisierten Normen des PrAG materiell derogiert hat oder ob darin nur ein Auftrag an die Gesetzgeber der Vertragsparteien zu erblicken ist, die Rechtslage entsprechend zu gestalten, könne hier aus folgenden Erwägungen dahingestellt bleiben:

Art 11 EWRA könnte den §§ 9 und 12 PrAG nur dann derogieren, wenn diese als Maßnahmen anzusehen wären, die mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen entsprechen. Das sei aber auch unter Bedachtnahme auf die Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht anzunehmen. Preisauszeichnungsvorschriften, wie sie auch in anderen Rechtsordnungen erlassen wurden, dienten der Transparenz des Wettbewerbs. Die angesprochenen Verkehrskreise sollten die verschiedenen Angebote ohne aufwendige Überlegungen miteinander vergleichen können. Dabei habe es der österreichische Gesetzgeber für erforderlich gehalten, besondere Bestimmungen für den Fall vorzusehen, daß in Österreich für den Einkauf im Ausland mit Preisen in ausländischer Währung geworben werde. Der Umfang der normierten Aufklärungspflichten - insbesondere im Hinblick auf die Anführung der Eingangsabgaben - sei zwar zum Teil auf Kritik gestoßen und auch der OGH habe - auf einer anderen Rechtsgrundlage - eine Verpflichtung zur gesonderten Ausweisung von Eingangsabgaben für überflüssig gehalten, doch es sei nicht Sache der Rechtssprechung, klare Regelungen des Gesetzgebers zu korrigieren, wenn dessen Wille unzweifelhaft feststeht.

Der österreichische Gesetzgeber habe im Falle der grenzüberschreitenden Werbung, insbesondere bei der Werbung für den Einkauf im Ausland, mit Absicht dem Interesse der Verbraucher an einer möglichst weitgehenden Aufklärung über alle Einzelheiten, die für den letztlich zu zahlenden Preis maßgeblich sind, den Vorrang gegenüber den für die Unternehmer zweifellos damit verbundenen Erschwerungen bei der Präsentation ihrer Angebote eingeräumt. Diese Erschwernisse bestünden in der Notwendigkeit, Prospekte (für welche die oben angeführten Bestimmungen des PrAG nach dessen § 13 Abs 1 Geltung hätten), mit teils eingehenden Erläuterungen zu versehen, sollten sie in Österreich verteilt werden; in der Regel werde für diesen Fall der Druck eigener Prospekte erforderlich sein. Geradezu unmöglich sei aber eine angemessene Aufklärung der angesprochenen Verkehrskreise über die bei der Einfuhr nach Österreich zu erwartenden Eingangsabgaben nicht; insoweit könnte den Interessen der Unternehmer durch eine praxisnahe Auslegung der Bestimmungen des PrAG über den erforderlichen Umfang der Erläuterungen Rechnung getragen werden. Nähere Ausführungen dazu seien hier aber nicht erforderlich, weil die Beklagte jeglichen Hinweis auf Eingangsabgaben und jegliche Angabe von Preisen in österreichischer Währung unterlassen habe.

Von den genannten Vorschriften des PrAG seien zwar vor allem, aber nicht ausschließlich ausländische Anbieter betroffen, sei es doch denkbar, daß österreichische Unternehmen im Ausland Filialen unterhalten und im Inland dafür werben. Eine Diskriminierung ausschließlich ausländischer Anbieter liege somit nicht vor. Daß diese in der Regel gezwungen sind, ihre Prospekte für die Werbung in Österreich umzugestalten, ergebe sich aus den objektiven Gegebenheiten, insbesondere der Existenz verschiedener, (noch) durch wirtschaftlich relevante Grenzen abgetrennte Staaten mit verschiedenen Währungen und Steuervorschriften. Die sich daraus für die Prospektwerbung ergebenden Schwierigkeiten seien im Grunde nicht größer als im Falle der Notwendigkeit, Prospekte in einer anderen Sprache oder zweisprachig herzustellen. Der Einwand der Beklagten, ihre "wirksame" Prospektwerbung in Österreich wäre bei konsequenter Befolgung der §§ 9 und 12 PrAG unmöglich, treffe daher nicht zu; bei einem entsprechenden, zumutbaren Gestaltungsaufwand sei eine wirksame Werbung durchaus möglich, so daß ein Absatzrückgang, der im Ergebnis einer "mengenmäßigen Einfuhrbeschränkung" nach Art 11 EWRA entspräche, nicht zu erwarten sei. Auf Umsatzeinbußen, die nur darauf zurückzuführen wären, daß die in Österreich angesprochenen Verkehrskreise das Angebot im Ausland als Folge der vorgeschriebenen Preisauszeichnung nicht mehr attraktiv finden, könnte sich die Beklagte nicht berufen, weil sich aus dem EWRA eine Beschränkung von Wahrheits- und Aufklärungspflichten im Rahmen des Wettbewerbsrechtes nicht ableiten lasse. Diese hier vertretene Auffassung entspreche auch der Rechtssprechung des EuGH. Dieser habe in einer Entscheidung (Keck und Mithouard) ausgeführt, daß nach Art 30 EWG-Vertrag verbotene Maßnahmen (nur) dann vorliegen, wenn sich die Anwendung dieser Vorschriften nicht durch einen Zweck rechtfertigen ließe, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht. Maßgeblich sei auch, ob eine auf die Staatsangehörigkeit der eine Verkaufstätigkeit ausübenden Personen abstellende Diskriminierung vorliege. Beide Kriterien seien hier zu verneinen.

Der Spruch der einstweiligen Verfügung sei klarer zu fassen und - wie im Klagebegehren vorgesehen - auf die Werbung in Österreich für den Einkauf im Ausland zu beschränken.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Beklagten ist entgegen der Meinung des Klägers zulässig, weil Rechtssprechung des OGH zur Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 11 EWRA und dessen Auslegung fehlt; er ist auch berechtigt.

Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum BGBl 1993/909 (EWRA) ist mit 1. Jänner 1994 in Kraft getreten. Die beanstandete Prospektwerbung der Beklagten hat aber schon vorher, nämlich im September 1993, stattgefunden. Damals hat die Beklagte unzweifelhaft gegen österreichische Rechtsnormen verstoßen:

Nach § 9 Abs 2 PrAG BGBl 1992/146 sind Preise in österreichischer Währung auszuzeichnen. Die Beklagte hat jedoch alle Preise nur in DM angegeben.

Nach § 12 Abs 2 PrAG hat, wer in Österreich bei Letztverbrauchern für den Einkauf im Ausland wirbt, darauf hinzuweisen, daß zum angegebenen Preis noch die vom Käufer bei der Verbringung der Ware nach Österreich zu entrichtenden Eingangsabgaben, wie insbesondere Zölle, Ausgleichsabgaben und Einfuhrumsatzsteuer, hinzukommen. Diese sind in unmittelbarer Nähe des angegebenen Preises in ihrer jeweiligen Höhe in gleicher Schriftgröße und Auffälligkeit auszuzeichnen und in einer gemeinsamen Gesamtsumme auszuweisen. Dieser letzte Satz (§ 12 Abs 2 Satz 2 PrAG) wurde durch den Handelsausschuß angefügt. Die EB zur Regierungsvorlage hatten noch eine andere Regelung vorgesehen und gemeint: "Eine Verpflichtung zur Angabe der Höhe dieser Eingangsabgaben und zur Bildung der Summe aus diesen und dem Einkaufspreis ist nicht mehr vorgesehen, weil die Erfüllung einer solchen Verpflichtung durch den werbenden Unternehmer wegen der unterschiedlichen Zollbelastung einer Ware je nach Art der Abfertigung (zB Pauschalierung der Eingangsabgaben oder Verzollung entsprechend der Einreihung in den Zolltarif) praktisch nicht möglich ist" (337 BlgNR 18. GP 7f; ähnlich schon die RV 583 Blg NR 17.GP zu § 11 c Abs 2 PreisG 1986). Die Beklagte hat jegliche Angaben im Sinn dieser Bestimmung unterlassen.

Daß sich die Beklagte im September 1993 über die Vorschriften des Preisauszeichnungsgesetzes in der Absicht hinweggesetzt hat, damit einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, liegt auf der Hand; sie hat daher gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG) verstoßen (ÖBl 1992,122 - Geschäftslokal-Vermietung; ÖBl 1993,226 - Tageszeitungsimpressum mwN).

Das allein führt aber noch nicht zum Erfolg des Klägers. Sofern nämlich die von der Beklagten übertretenen Vorschriften des PrAG seit dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens mit 1. Jänner 1994 gegenüber Unternehmern aus anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes nicht mehr zur Anwendung kommen sollten, könnte der Beklagten das Versenden von Prospekten wie des beanstandeten in Österreich nicht mehr untersagt werden. Da sich aber die Beklagte bereits in sittenwidriger Weise über ein zur Tatzeit unzweifelhaft in Geltung gestandenes Gesetz hinweggesetzt hat, ist der Sicherungsantrag nur dann abzuweisen, wenn sich die Rechtslage tatsächlich geändert hat. Daß die von der Beklagten nunmehr vertretene Auffassung allenfalls mit gutem Grund vertreten werden konnte, reicht in diesem Falle - anders als wenn der Beklagten deshalb von Anfang an nicht der Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens gemacht werden könnte (SZ 56/2 = ÖBl 1983,40 - Metro-Post I; ÖBl 1992,268 - Naturfreunde mwN) - nicht aus, um den Sicherungsantrag abzuweisen.

Nach Meinung des erkennenden Senates sind aber § 9 Abs 2 und § 12 Abs 2 PrAG gegenüber Unternehmen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum, somit auch gegenüber dem in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Beklagten, nicht mehr anzuwenden:

Zunächst ist zu prüfen, ob der EWR-Vertrag; welcher zusammen mit seinen Protokollen und Annexen sowie den darin bezeichneten Rechtstexten als "EWR-Primärrecht" bezeichnet wird, in Österreich unmittelbar anwendbar ist, ohne daß es einer Umsetzung in nationales Recht durch entsprechende Anpassungsakte bedarf (vgl dazu Reinisch,

Zur unmittelbaren Anwendung von EWR-Recht, ZfRV 1993,11ff, mwN aus der Literatur, insbesondere in FN 1). Auf die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit von EWR-Sekundärrecht - also des durch die EWR-Organe "neu geschaffenen" Rechtes (zu den Begriffen des Primär- und des Sekundärrechtes: Hummer, Rechtsdogmatische Grundpositionen im EWR in Rechtsprechung und Europäische Integration 104, 124 f, sowie Reinisch aaO 12; nach Nentwich, Das EWR-Bundesverfassungsgesetz - verfassungs- und europarechtliche Aspekte, JBl 1993, 708 ff und 752 ff [709] sollte statt dessen der Begriff "ursprüngliches EWR-Recht" im Gegensatz zum "späteren" verwendet werden, um die Trennungslinie zwischen den Begriffen "EWR-Primärrecht" und "EWR-Sekundärrecht" ebenso wie im EG-Recht zu ziehen; "EWR-Primärrecht" wäre dann das Hauptabkommen samt Protokollen und allgemeinen Bestimmungen der Anhänge, die zahlreichen in den Anhängen aufgezählten übernommenen sowie die durch Beschlüsse des gemeinsamen EWR-Ausschusses erst zu übernehmenden Rechtsakte hingegen das "EWR-Sekundärrecht"; siehe auch Richtlinie des BKA RV 460 BlgNR, 18. GP 1241 f) - braucht hier nicht eingegangen zu werden, weil für die Beurteilung des vorliegenden Falles nur Bestimmungen des EWR-Vertrages heranzuziehen sind (die auch nach Nentwich "Primärrecht" sind).

Daß die Bestimmungen des EWR-Abkommens in Österreich unmittelbar anzuwenden sind, entspricht der ganz herrschenden Auffassung (BKA-Richtlinie aaO 1239 [1241]; Griller, Gesamtänderung durch das EWR-Abkommen, ecolex 1992,539 ff [541 f]; Reinisch aaO 28 ff; Nentwich aaO 752 mwN aus dem Schrifttum in FN 77; Azizi, Ausgewählte rechtliche und institutionelle Fragen des EWR-Abkommens unter besonderer Berücksichtigung seiner Auswirkungen auf die Länder, in Hummer, Der europäische Wirtschaftsraum und Österreich 39 ff [40 ff]; ferner zum EG-Wettbewerbsrecht Erhart, Zur neuen Rolle des EG-Rechts im österreichischen Kartellrecht, ecolex 1994, 656; Eilmannsberger,

Die Wettbewerbsregeln des EWR, ecolex 1992, 524; Wiedner, EWR-Wettbewerbsrecht vor österreichischen Gerichten, ecolex 1994, 327), der sich auch der OGH anschließt. Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendbarkeit einer völkerrechtlichen Norm sind nämlich - wie Nentwich aaO 752 f zutreffend unter Hinweis auf Rechtsprechung des VfGH und Lehre (FN 82) ausführt: a) völkerrechtliche Geltung; b) Eignung: hinreichende Bestimmtheit (kein Bedarf an staatlicher Ausführungsgesetzgebung) und/oder Eignung einzelne zu berechtigen und zu verpflichten, und/oder Justiziabilität; c) entsprechender Wille der Vertragsparteien; d) innerstaatliche Geltung; e) objektive Eignung zur direkten Anwendung in der innerstaatlichen Rechtsordnung;

f) innerstaatlicher Anwendungsbefehl (zumeist identisch mit Geltungsbefehl). Alle diese Voraussetzungen sind zu bejahen: a), d) und f) müssen nach Inkrafttreten des EWRA als gegeben angesehen werden; die objektive Eignung zur unmittelbaren Anwendung [d) und e)] liegt vor, weil die mit dem EWRA vielfach gleichlautenden Bestimmungen des EG-Vertrages seit Jahren in der Praxis angewendet werden konnten. Der Vertragswille [c)] ist gleichfalls - wie sich vor allem aus dem Zweck der Schaffung eines dynamischen und homogenen Wirtschaftsraumes (Art 1 Abs 1 EWRA) sowie dem Art 3 Abs 1 und Art 7 EWRA ergibt - unzweifelhaft anzunehmen (ausführlich Nentwich aaO 753).

Die von der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit zu unterscheidende Frage des Vorranges von EWR-Recht gegenüber nationalem Recht (Hummer, Rechtsdogmatische Grundpositionen aaO 114 f) ist hingegen weit schwieriger zu beantworten. Hiezu wird die Meinung vertreten, daß zwar aus dem EWRA abzuleiten sei, daß das EWR-Recht gegenüber nationalem Recht (auch im Verfassungsrang) vorgehe, daß also im Konfliktfall das nationale Recht von den Organen der Vollstreckung nicht angewendet werden dürfe (Nentwich aaO 760 mwN in FN 137); dieses vom EWRA intendierte Ergebnis werde aber - wie eine systematische Interpretation des österreichischen EWRA-Genehmigungsaktes und des EWR-BVG ergebe - in Österreich nicht erzielt (Nentwich aaO 760), womit Österreich ab initio eine Völkerrechtsverletzung begehe (Nentwich aaO 762). Ob aus den Bestimmungen des EWR-Bundesverfassungsgesetzes BGBl 1993/115 (EWR-BVG), insbesondere aus dessen Art 2 Abs 5, wonach für Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses im Sinne des Art 2 Abs 1 Art 140 a B-VG gelte, im Hinblick auf die Gleichzeitigkeit des Inkrafttretens von EWRA und EWR-BVG der Schluß zu ziehen ist, "daß beide Normgruppen als ein gesamthaftes Bezugssystem für die Interpretation anzusehen wären", was zum Ergebnis führe, "daß das EWRA in diesem Punkt im Sinne des EWR-BVG zu interpretieren sei", so daß der Wille des österreichischen Verfassungsgesetzgebers nicht auf den Vorrang gerichtet gewesen sei (Nentwich aaO 715 unter Hinweis auf die EBzRV zum EWRA 460 BlgNR 18. GP 1105 u 1115; 741 BlgNR 18. GP 1 [5ff]; die Legistische Richtlinie des BKA 460 BlgNR 18. GP 1239, 1241 besagt hingegen genau das Gegenteil!), bedarf hier keiner Prüfung. Diese Frage stellte sich bei einer Bestimmung des EWR-Primärrechts nämlich nur, wenn diese im Widerspruch zur österreichischen Verfassung stünde; nur dann käme ja eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofes im Sinne des Art 140 a B-VG in Frage. Die gegenteilige, von Obwexer/Niedermühlbichler (Der Individualrechtschutz in EWR, ecolex 1994,371ff [372]) vertretene Auffassung, daß die zur Sachentscheidung zuständigen Gerichte nach der geltenden innerösterreichischen Rechtslage schlechthin nicht befugt wären, im Kollisionsfall das EWR-Recht vorrangig anzuwenden, sie vielmehr nur eine Entscheidung des VfGH über die Rechtswidrigkeit der kollidierenden EWR-Bestimmungen beantragen könnten, kann nicht geteilt werden. Im Falle eines Widerspruchs zwischen einer älteren innerstaatlichen Rechtsvorschrift auf der Stufe einfacher Gesetze und nachfolgend in Kraft getretenem unmittelbar anwendbarem EWR-Recht gilt nämlich - wie bei jedem gemäß Art 50 Abs 1 B-VG oder auch Art 2 EWR-BVG ohne Transformationsvorbehalt im Rang eines Bundesgesetzes nach Befassung des Nationalrates und des Bundesrates in die österreichische Rechtsordnung übernommenen Staatsvertrag - grundsätzlich die Regel "lex posterior derogat legi priori", dh also, daß jene Teile eines innerstaatlichen, nicht auf Verfassungsstufe stehenden Gesetzes (oder einer innerstaatlichen Verordnung), welche mit einer späteren unmittelbar anwendbaren Norm des EWR-Rechtes im Widerspruch stehen, mit dessen Inkrafttreten - für den EWR-Bereich - außer Kraft treten (Azizi aaO 41; ähnlich die Legistische Richtlinie aaO 1241: Nach dieser Ansicht besteht eine Verpflichtung der Organe der Vollziehung, widersprechende österreichische Rechtsvorschriften außer Acht zu lassen; vgl Nentwich aaO 760 mit seinem Hinweis auf die in Österreich herrschende monistische Auffassung).

Die gegenteilige Auffassung müßte dazu führen, daß alle EWR-rechtlich unmittelbar anzuwendenden EWR-Normen des Primärrechts unvollziehbar wären und ohne Umsetzung in österreichisches Recht der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof ausgesetzt wären.

Daraus folgt aber, daß die - einfachgesetzlichen - Bestimmungen des Preisauszeichnungsgesetzes seit dem 1.1.1984 nicht mehr anzuwenden sind, soweit sie zu dem später in Kraft getretenen Art 11 EWRA in Widerspruch stehen.

Nach Art 11 EWRA sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Vertragsparteien verboten. Diese Bestimmung steht freilich nach Art 13 EWRA Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchführverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Vertragsparteien darstellen. Art 11 EWRA stimmt wörtlich mit Art 30 EWG-Vertrag (EGV), Art 13 EWRA mit Art 36 EGV überein.

Nach Art 6 EWRA werden unbeschadet der künftigen Entwicklungen der Rechtssprechung die Bestimmungen dieses Abkommens, soweit sie mit den entsprechenden Bestimmungen des EWG- und des EGKS-Vertrages sowie der auf Grund dieser beiden Verträge erlassenen Rechtsakte in ihrem wesentlichen Gehalt identisch sind, bei ihrer Durchführung und Anwendung im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen ausgelegt, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens erlassen hat. Aus Art 3 Z 2 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs BGBl 1993/911 ist freilich zu schließen, daß bei der Auslegung und Anwendung des EWR-Abkommens die in den betreffenden Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dargelegten Grundsätze gebührend zu berücksichtigen sind, die nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des EWR-Abkommens ergingen und die Auslegung jenes Abkommens oder solcher Bestimmungen des EWG- und des EGKS-Vertrages betreffen, die mit den Bestimmungen (ua) des EWR-Abkommens in ihrem wesentlichen Gehalt identisch sind.

Bei der Auslegung des Art 11 EWRA ist somit Lehre und Rechtssprechung zu Art 30 EGV insbesondere die Rechtssprechung des EuGH bis zur Unterzeichnung des EWRA heranzuziehen und seine spätere Rechtsprechung "gebührend zu berücksichtigen".

Entgegen der Meinung des Klägers bezieht sich Art 11 EWRA - wie Art 30 EGV - nicht nur unmittelbar auf den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten. Wie der EuGH seit der grundlegenden Entscheidung Dassonville Slg 1974, 837 ("Dassonvilleformel") oft ausgesprochen hat, ist eine Maßnahme gleicher Wirkung (wie eine Einfuhrbeschränkung) grundsätzlich jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern (Müller-Graff in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag Rz 22 mwN aus der Rechtsprechung des EuGH; Hailbronner Handkomm z EU-Vertrag Rz 7). Daher können ua auch Rechtsvorschriften, die bestimmte Formen der Werbung und bestimmte Methoden der Absatzförderung beschränken oder verbieten, obwohl sie den Handel nicht unmittelbar regeln, geeignet sein, das Handelsvolumen zu beschränken, weil sie die Absatzmöglichkeiten beeinträchtigen (EuGH GRUR Int 1983,648 - Oosthoek's Uitgeversmaatschappij; GRUR 1990,955 - GB-Inno-BM/CCL; Müller-Graff aaO, Rz 57 zu Art 30 mwN; Hailbronner aaO Rz 22). Der freie Warenverkehr betrifft nicht nur den gewerblichen Handel, sondern auch Privatpersonen (GRUR Int 1990, 955 - GB-Inno-BM/CCL; Hailbronner aaO Rz 4). Dies bedeutet, insbesondere für Grenzgebiete, daß es den in einem Mitgliedsstaat ansässigen Verbrauchern möglich sein muß, sich frei in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats begeben zu können, um dort unter denselben Bedingungen wie die ortsansässige Bevölkerung einzukaufen. Dieses Recht der Verbraucher wird beeinträchtigt, wenn ihnen der Zugang zu dem im Einkaufland erhältlichen Werbematerial verwehrt wird (GRUR Int 1990,955 - GB-Inno-BM/CCL; GRUR 1993, 747-Yves Rocher).

In der Entscheidung GRUR Int 1994, 56-Keck und Mithouard), die erst nach der Unterzeichnung des EWR-Vertrages (am 24.11.1993) ergangen ist, hat allerdings der EuGH die "Dassonvilleformel" entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung dahin eingeschränkt, daß die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren.

Daß die Bestimmungen des § 9 Abs 2 sowie des § 12 Abs 2 PrAG "Maßnahmen gleicher Wirkung" im dargestellten Sinne bedeuten, kann keinem Zweifel unterliegen, wird doch damit für den Unternehmer aus einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums eine nicht unbedeutende Hürde errichtet. Schon allein die Umrechnung der Währungen kann den Unternehmer im Hinblick auf mögliche Schwankungen dazu zwingen, seine Werbeprospekte immer wieder zu verändern, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, irreführende Angaben über die Preise zu machen. Noch viel schwieriger ist aber die Erfüllung des § 12 Abs 2 PrAG, weil - wie schon in den oben wiedergegebenen EB zur Regierungsvorlage ausgesprochen worden war - die Erfüllung einer solchen Verpflichtung wegen der unterschiedlichen Zollbelastung von Waren praktisch nicht möglich ist. So hängt etwa die Verpflichtung zur Abfuhr der Einfuhrumsatzsteuer davon ab, ob die im Ausland erworbene Ware mehr oder weniger als die jeweils gemäß § 24 Abs 2 UStG maßgebliche (Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts4 I 321 f) zollrechtliche Freigrenze (§ 34 Abs 2 Z 4 ZollG; V BGBl 1994/231) kostet (vgl Reindl/Babitsch, Das neue Preisrecht, WBl 1992,185 [187]). Auch wenn die Gebote des § 9 Abs 2 und des § 12 Abs 2 PrAG als "Verkaufsmodalitäten" im Sinne der zitierten Entscheidung Keck und Mithouard aufzufassen wären, läge eine Handelsbehinderung vor, weil diese Vorschriften nur den Absatz der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten (hier: Vertragsstaaten) nachteilig berühren.

Zu prüfen bleibt noch, ob nicht dieses Hemmnis für den freien Binnenhandel der Gemeinschaft hingenommen werden muß, weil die Regelungen des PrAG dadurch gerechtfertigt werden können, daß sie notwendig ist, um zwingenden Erfordernissen - etwa des Verbraucherschutzes - gerecht zu werden (GRUR Int 1990,955 - GB-Inno-BM/CCL mwN). Der EuGH vertritt nämlich seit seiner Entscheidung "Cassis de Dijon" (GRUR Int 1979,468) in ständiger Rechtssprechung die Auffassung, daß das Grundkriterium der Dassonville-Formel bei unterschiedlos anwendbaren Regelungen, die aus zwingenden Erfordernissen gerechtfertigt sind und für die keine Gemeinschaftsregelung besteht, begrenzt einzuschränken sei (Müller-Graff aaO Rz 77 ff; Hailbronner aaO, Rz 8 zu Art 30). Demnach ist es grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten bei Fehlen einer gemeinschaftlichen Regelung alle die Herstellung und Vermarktung eines bestimmten Erzeugnisses betreffenden Vorschriften für ihre Hoheitsgebiete zu erlassen. Hemmnisse für den freien Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen über die Vermarktung dieser Erzeugnisse ergeben, müssen hingenommen werden, soweit die betreffende Regelung unterschiedslos für einheimische wie für eingeführte Erzeugnisse gilt und notwendig ist, um bestimmten zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses gerecht zu werden (EuGH GRUR Int 1983, 648 - Oosthoek's Uitgeversmaatschappig B.V.; EuZW 1990, 69 - Buet; GRUR Int 1990, 955

Zieht man diese Grundsätze heran, dann ist der Beklagten darin zuzustimmen, daß die hier maßgebenden Bestimmungen des österreichischen PrAG im Widerspruch zu Art 11 EWR-Vertrag stehen. Abgesehen davon, daß § 12 Abs 2 PrAG nur eingeführte Erzeugnisse trifft, ist auch nicht zu sehen, daß diese Vorschriften im Interesse der Lauterkeit des Handelsverkehrs oder etwa des Verbraucherschutzes erforderlich wären. Eine Aufklärung des Publikums - vor allem in den hier allein in Frage kommenden grenznahen Bereichen - darüber, daß Unterschiede in den Währungen bestehen und über die Höhe des jeweiligen Umrechnungskurses erscheinen ebenso entbehrlich wie der Hinweis darauf, daß - allenfalls - Eingangsabgaben oder eine Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten sein werden. Nur ein ganz unbeträchtlicher, nicht ins Gewicht fallender Teil der angesprochenen Verkehrskreise, also derjenigen, die sich bereit finden, die Grenze zu einem Nachbarland des Europäischen Wirtschaftsraumes zu überschreiten, um dort einzukaufen, wird über all diese Verhältnisse im Unklaren sein. Die Anordnungen des § 9 Abs 2 und des § 12 Abs 2 PrAG erscheinen daher nicht notwendig, um den Erfordernissen des Schutzes der Verbraucher oder der Lauterkeit des Handelsverkehrs gerecht zu werden. Wollte man anderer Ansicht sein, so müßte jedenfalls bei der Abwägung der mitgliedstaatlichen Interessen mit der Notwendigkeit eines freien Warenverkehrs - im Sinne des genannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dem zuletzt genannten Interesse der Vorrang zuerkannt werden.

Aus diesen Erwägungen waren in Stattgebung des Revisionsrekurses die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag abgewiesen wird.

Der Ausspruch über die Kosten des Provisorialverfahrens gründet sich für die erste Instanz auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41 u 52 ZPO, für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf die selben Gesetzesstellen iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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