Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der dem Antrag stattgebende Sachbeschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wieder hergestellt wird, daß er wie folgt zu lauten hat:
"Es wird festgestellt, daß es sich bei der von der Antragstellerin vorgenommenen Anbringung eines Satellitenspiegels an der Außenwand des Hauses ***** in der hofseitigen Innenecke auf Höhe des Podestes zwischen dem dritten Stock und dem Dachgeschoß um eine zulässige Verbesserung im Sinne des § 9 MRG handelt, zu welcher der Hauseigentümer die Zustimmung nicht verweigern kann."
Text
Begründung
Der Antragsgegner ist Eigentümerin des Hauses Graz, *****, in dem die Antragstellerin die im 3.Stock gelegene Wohnung Nr. 9 gemietet hat. Die Antragstellerin hatte die Montage einer Satellitenempfangsanlage entsprechend dem Stand der Technik auf ihre Kosten veranlaßt. In diesem Haus besteht keine Einrichtung zum Empfang von Satellitensendungen, sodaß ein Anschluß an eine bestehende Einrichtung nicht möglich ist.
Die Antragstellerin begehrt - nach vorausgehendem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - die Feststellung, daß es sich bei der ihr vorgenommenen Anbringung eines Satellitenspiegels um eine zulässige Verbesserung im Sinne des § 9 MRG handle, zu welcher der Antragsgegner die Zustimmung nicht verweigern könne.
Der Antragsgegner wendete ein, daß die Parabolantenne außerhalb des Bestandobjektes der Antragstellerin auf der Hoffassade montiert worden sei; hiedurch würden schutzwürdige Interessen des Vermieters und anderer Mieter verletzt. Das äußere Erscheinungsbild des Hauses würde beeinträchtigt. Die Anbringung weiterer Parabolspiegel sei zu befürchten.
Das Erstgericht stellte die Zulässigkeit der Anbringung der von der Antragstellerin an der Außenwand des Hauses in der hofseitigen Innenecke auf Höhe des Podestes zwischen dem dritten Stock und dem Dachgeschoß montierten Satellitenempfangsanlage fest und wies das - nicht mehr den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens bildende - Begehren auf Ersetzung der Zustimmung zur Montage zurück.
Dem Sachbeschluß des Erstgerichtes liegt neben den eingangs wiedergegebenen unbestrittenen Tatsachen folgender Sachverhalt zugrunde:
Die in hellgrauer Farbe gehaltene Parabolempfangsantenne weist einen Durchmesser von ca.70 cm auf und ist in der hofseitigen Innenecke des Eckhauses ***** an der Außenwand des Stiegenhausaufganges etwa 70 cm von der Küchenwand der Antragtragstellerin entfernt neben dem hofseitigen Küchenfenster der Wohnung der Antragstellerin auf Höhe des Podestes zwischen dem dritten Stock und dem Dachgeschoß montiert. Die Montage der Satellitenempfangsanlage erfolgte mittels "Hirschmann"-Halterung MHR 60 an der Hausmauer mit vier Schrauben samt Dübeln. Die Kabelführung verläuft von der Antenne ca 2,5 m entlang der Außenwand des Stiegenhauses in die Innenecke des Hauses und mündet über dem Küchenfenster der Antragstellerin in die Wand. Ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel gelangt man zu dieser Empfangsanlage ausschließlich vom Balkon der Nachbarwohnung der Antragstellerin.
Am südöstlichen Eckhaus des Geviertes, in dem das Haus des Antragsgegners liegt, befindet sich über einem neu errichteten Dachgeschoßausbau ein mindestens 3 m hoher Antennenmast, der neben einer herkömmlichen Fernsehantenne auch zwei Satellitenempfangsanlagen mit einem Durchmesser von jeweils zumindest 1,2 m trägt. An der Westseite dieses Geviertes befinden sich jeweils hofseitig auf zwei nebeneinanderliegenden Häusern zwei Satellitenempfangsanlagen. Durch die Anbringung der streitgegenständlichen Satellitenempfangsanlage erfolgt nach den Ergebnissen des Ortsaugenscheines und dem Inhalt der dabei aufgenommenen Fotos keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses. Durch diese Anlage entsteht auch keine relevante Beeinträchtigung der Aussicht oder des Lichteinfalles für den Antragsgegner oder andere Benützer von Räumen dieses Hauses. Das Haus des Antragsgegners liegt in der Schutzzone III im Sinne des Grazer Erhaltungsgesetzes.
Auf Grund dieses Sachverhaltes erachtete das Erstgericht die positiven bzw negativen Voraussetzungen des § 9 Abs 1 und Abs 2 Z 5 MRG als Voraussetzung für die Pflicht des Vermieters zur Duldung der von der Antragstellerin angebrachten Parabolantenne für erfüllt bzw nicht gegeben.
Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes in antragsabweisendem Sinn ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:
Zwar handle es sich bei der gegenständlichen Antenne um eine sogenannten notwendige Antenne im Sinne des § 9 Abs 2 Z 5 MRG, doch sei deren Anbringung schon deswegen unzulässig, weil dadurch die äußere Erscheinung des Hauses beeinträchtigt werden könnte.
Wenn auch im vorliegenden Fall nach den Ergebnissen des Ortsaugenscheines und dem im Akt erliegenden Lichtbildern zumindest derzeit von einer außergewöhnlich ansprechenden Fassadenform im Hofbereich des Hauses nicht gesprochen werden könne, so erscheine doch ein sich dem gesamten Ensemble nicht eingliedernder, an der Fassade angebrachter Gegenstand in der Größe der gegenständlichen Satellitenempfangsanlage als dem äußeren Erscheinungsbild des Hauses abträglich. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß sich die Parabolantenne im dritten Stock befinde, zumal sie an einer deutlich sichtbaren Stelle angebracht sei. Sie trete daher auch vom Hof aus gesehen störend in Erscheinung, mögen auch generell an Hoffassaden geringere ästhetische Anforderungen zu stellen sein als an straßenseitige Fassaden. Dieser störende Eindruck würde noch verstärkt werden, sollten etwa weitere Mieter derartige Antennenanlagen anbringen.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, da eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Anbringung von Parabolspiegeln an städtischen Miethäusern vereinzelt geblieben sei.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
a) Zur Zulässigkeit:
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fallen auch Parabolantennen zum Hörfunk- und Fernsehempfang über Satelliten unter die Bestimmung des § 9 Abs 2 Z 5 MRG, wobei jedoch der Mieter darauf verwiesen ist, die Anbringung der Parabolantenne auf eine die äußere Erscheinung des Hauses nicht beeinträchtigende Weise zu begehren. Bei Beurteilung, ob mit der Veränderung eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses verbunden ist, wird wegen der gebrauchten unbestimmten Gesetzesbegriffe dem Rechtsanwender ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt. Solange dieser bei der Beurteilung im Einzelfall nicht verlassen wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (WoBl 1993, 80/59). Nach Meinung des erkennenden Senates hat jedoch in der hier zu beurteilenden Rechtssache das Rekursgericht diesen Beurteilungsspielraum in Verkennung der Rechtslage zu Lasten der Antragstellerin überschritten. Dies hat die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zur Folge.
b) Zur Sachentscheidung:
Gemäß § 9 Abs 2 Z 5 MRG kann der Vermieter das Anbringen einer nach dem Stand der Technik notwendigen Antenne für den Hörfunk- und Fernsehempfang, sofern - wie hier - der Anschluß an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, nicht untersagen. Unter notwendigen Antennen werden auch solche Antennen verstanden, die nach dem Stand der jeweiligen Technik den Empfang von Hörfunk- und Fernsehprogrammen ermöglichen, die mit herkömmlichen Zimmer- oder Dachantennen nicht empfangen werden können, also - wie hier - die Installation einer Parabolspiegelantenne (vgl WoBl 1992, 191/126 und RZ 1993, 98/35 für den vergleichbaren Bereich des § 13 Abs 2 Z 2 WEG; implizit WoBl 1993, 80/59 zu § 9 MRG). Daß dabei auch nicht mitgemietete, also außerhalb des Bestandgegenstandes im strengen Sinn des Wortes gelegene Teile des Hauses - hier: der Hoffassade - in Anspruch genommen werden müssen, steht dem nicht entgegen, weil ohne eine solche Vorgangsweise die Bestimmung des § 9 Abs 2 Z 5 MRG praktisch ohne Anwendungsbereich wäre. Der Absicht des Gesetzgebers ist die Schaffung einer solchen Norm nicht zu unterstellen. Demgemäß hat die Rechtsprechung im Rahmen des § 9 Abs 2 Z 6 MRG dem Hauptmieter auch Änderungen außerhalb des "eigentlichen" Mietgegenstandes zugestanden (7 Ob 613/93).
Freilich müssen zusätzlich auch die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 3-7 erfüllt sein. Nach dem Parteienvorbringen und nach den Verfahrensergebnissen sind in der hier zu beurteilenden Rechtssache nur die Voraussetzungen nach § 9 Abs 1 Z 5 MRG (keine Besorgnis der Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Vermieters oder eines anderen Mieters) und § 9 Abs 1 Z 5 MRG (keine durch die Veränderung bewirkte Schädigung, insbesondere keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses) näher zu behandeln.
Andere Mieter des Hauses, denen gemäß § 37 Abs 3 Z 2 MRG (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 52 unter Hinweis auf MietSlg 38.534/13) Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren gegeben worden war (ON 5) und denen die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen und der Revisionsrekurs des Antragsgegners durch Hausanschlag (ON 8, 10, 15 und 16) zugestellt worden waren, beteiligten sich nicht am Verfahren und erstatteten demgemäß kein die Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen betreffendes Vorbringen. Der Antragsgegner selbst brachte dazu vor (Schriftsatz vom 2.11.1992 an die Schlichtungsstelle), daß durch die Parabolantenne die Aussicht aus der von der Antragstellerin nicht gemieteten Nachbarwohnung beeinträchtigt werde. Dem Antragsgegner sei die begehrte Zustimmung nicht zumutbar, weil die Anbringung weiterer solcher Antennen zu befürchten sei. Dem ist folgendes zu erwidern:
Nach den Ergebnissen des vom Erstgericht durchgeführten Ortsaugenscheines (ON 6, AS 29), die in dessen Feststellungen ihren Niederschlag fanden (Seite 2 des Sachbeschlusses ON 7), und dem an Ort und Stelle erstatteten übereinstimmenden Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners (ON 6, AS 23) wird durch die hier zu beurteilende Satellitenempfangsanlage keine relevante Beeinträchtigung der Aussicht oder des Lichteinfalles für den Antragsgegner oder andere Benützer von Räumen dieses Hauses bewirkt.
Zu beurteilen ist lediglich die derzeitige Sachlage; möglicherweise in Zukunft geäußerte gleichartige Wünsche anderer Mieter sind nicht zu berücksichtigen (vgl zu § 13 Abs 2 WEG WoBl 1992, 191/126 mit Besprechung von Call, der gleichfalls nur künftige objektive Entwicklungen mitberücksichtigt wissen will [wie in WoBl 1991, 196/119], nicht aber bloß allfälliges künftiges subjektives Verhalten, daher auch nicht gleichartige spätere Wünsche anderer Mieter).
Auch eine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses ist entgegen der Meinung des Rekursgerichtes zweifelsfrei nicht gegeben:
Betrachtet man die im Akt erliegenden Lichtbilder, die einen konkreten Eindruck von den wörtlichen Feststellungen des Erstgerichtes vermitteln, so kann von einer Beeinträchtigung des ästhetischen Empfindens beim Betrachten der Hofschauflächen des Hauses infolge der nunmehr angebrachten - im Verhältnis zur sonstigen unschönen Fassadengestaltung (mehrere, aus einzelnen Fenstern ragende, verschieden gestaltete Stangen; windschiefe Balkonabdeckung im letzten Stock; vor die Loggien im ersten und dritten Stock gespannte Vorrichtungen zum Wäscheaufhängen) wenig auffälligen - Parabolantenne keine Rede sein. Die Beurteilung des Rekursgerichtes bewegt sich daher nicht mehr innerhalb des dem Rechtsanwender bei Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses" eingeräumten Beurteilungsspielraumes.
In diesem Verfahren ist lediglich zu beurteilen, ob der Vermieter der Anbringung der Parabolantenne durch die Antragstellerin zuzustimmen hat. Ob die Anbringung dieser Antenne eine Anzeige an die Baubehörde oder gar eine Bewilligung durch dieselbe erforderlich macht, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens, weil darüber ausschließlich die zuständige Verwaltungsbehörde zu entscheiden hat (vgl WoBl 1992, 191/126 mit Zustimmung von Call). Nur dann, wenn es ausgeschlossen wäre, eine notwendige Zustimmung der Baubehörde zu erlangen, könnte der Vermieter nicht - ebensowenig wie ein Miteigentümer im Verfahren nach § 13 Abs 2 MRG (vgl Panosch in ÖJZ 1994, 18[19]; WoBl 1992, 87/68) - dazu verhalten werden, einem Bauvorhaben, dem von vornherein Vorschriften der Bauordnung entgegenstehen, zuzustimmen. Davon kann in diesem Fall, betrachtet man die einschlägigen Vorschriften der §§ 2, 3 und 6 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980, LGBlStmk 1980/17; §§ 15 und 18 StmkBauO, keine Rede sein.
Es war daher der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen, wobei in der Formulierung des Spruches - entsprechend dem Antrag der Antragstellerin - zum Ausdruck zu bringen war, daß lediglich über die Zustimmungspflicht des Antragsgegners abgesprochen wurde.
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