Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.
Text
Begründung
Bei der Wiederversteigerung am 23.9.1992 wurde die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** dem Meistbietenden Nikolaus T***** zugeschlagen. Der Tiroler Landesgrundverkehrsreferent hatte Nikolaus T***** mit Bescheid vom 16.6.1992 gemäß § 6 Abs 3 Tiroler Grundverkehrsgesetz idF LGBl 1991/74 (in der Folge: GVG) die Bieterbewilligung unter der Auflage erteilt, daß er innerhalb eines halben Jahres nach Erteilung des Zuschlags auf den "T*****hof" (als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen) aufzuziehen und von dort aus nachhaltig diesen Landwirtschaftsbetrieb zur Gänze selbst, mit ortsüblicher Viehhaltung, zu bewirtschaften hat. In diesem Bescheid wurde gemäß § 10 Abs 3 GVG festgestellt, daß der Erwerb (ua) dieser Liegenschaft durch Nikolaus T***** den Bestimmungen der §§ 4 -6 GVG nicht widerspräche.
Dem Rekurs der Verpflichteten gegen die Zuschlagserteilung wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 20.11.1992, 2a R 632/92, nicht Folge gegeben.
Mit Beschluß vom 14.12.1992 (ON 132) hob das Erstgericht den Zuschlag an den Meistbietenden des ersten Versteigerungstermins gemäß § 10 Abs 5 GVG auf.
Die Grundverkehrsbehörde Breitenbach wies mit Bescheid vom 15.2.1993 (ON 139) den Antrag des Erstgerichtes zurück, zu entscheiden, ob die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden Nikolaus T***** den Vorschriften des GVG entspricht. Bei Teilnahme einer Person an einer Wiederversteigerung auf Grund einer Bieterbewilligung des Landesgrundverkehrsreferenten sei ein darüber hinaus gehendes Befassen der Grundverkehrsbehörde nicht mehr erforderlich; der Grundverkehrsbehörde stehe hiefür keine Kompetenz mehr zu.
Die Landesgrundverkehrsbehörde wies die dagegen von den Verpflichteten erhobenen Berufungen mit Bescheid vom 27.5.1993 (ON 173) zurück.
Nach Erfüllung der Versteigerungsbedingungen bewilligte das Erstgericht auf Antrag des Erstehers mit Beschluß vom 26.4.1993 (ON 165) die zwangsweise Räumung der versteigerten Liegenschaft.
Dem dagegen von den Verpflichteten erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluß vom 18.6.1993, 2a R 335, 343, 344/93-174, nicht Folge.
Die Verpflichteten erhoben gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und beantragten, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung ihres Antrags führten sie aus, daß der Vollzug des aufgrund des rechtskräftigen Zuschlags eingeleiteten Räumungsverfahrens im Hinblick auf das laufende Grundverkehrsverfahren aufgeschoben worden sei. Erwachse nun aber die Entscheidung der Grundverkehrsbehörde in Rechtskraft und erfolge die Räumung, so seien der tatsächliche Erfolg der Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gefährdet und kaum ersetzbare und nur sehr schwer rückgängig zu machende Schäden vor allem in der Vegetations- und Bewirtschaftungsphase zu gewärtigen.
Der Verfassungsgerichtshof gab mit Beschluß vom 13.8.1993, B 1252/93-6, dem Antrag der Verpflichteten, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 85 Abs 2 und 4 VerfGG Folge und führte zur Begründung aus, im Sinne der gebotenen rechtschutzfreundlichen Auslegung sei davon auszugehen, daß der angefochtene Bescheid einem Vollzug zugänglich ist, weil die Berufung im Falle der Aufhebung der zurückweisenden Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof die Rechtswirkungen gemäß § 64 Abs 1 AVG entfalten würde. Dem Antrag sei auch deshalb Folge zu geben gewesen, weil nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Beschwerdeführer im gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Gewiß seien auch die Interessen des Erwerbers hoch zu veranschlagen; sie müßten aber im Verhältnis zu den vitalen Interessen der Beschwerdeführer (die ihren Hof "zu verlassen haben") als weniger gewichtig eingestuft werden.
Das Erstgericht wies den Antrag der Verpflichteten, die Räumung der Liegenschaft bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs aufzuschieben, ab (ON 184).
Die zwangsweise Räumung wurde im wesentlichen am 19.8.1993 und am 21.8.1993 vollzogen.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 27.9.1993 wurden auf Antrag des Erstehers neben der Löschung diverser Eintragungen die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erstehers und die Einverleibung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von S 9,750.000,-- für die A***** AG bewilligt. Diese grundbücherlichen Eintragungen wurden am selben Tag vollzogen.
Dem dagegen erhobenen Rekurs der Verpflichteten gab das Rekursgericht mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß die Anträge des Erstehers auf Löschung der im C-Blatt der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** enthaltenen Eintragungen laut Z 1 bis 48 des Antrags, Einverleibung des Eigentumsrechtes ob der vorbezeichneten Liegenschaft für Nikolaus Alfred T*****, geboren *****, Einverleibung des Pfandrechtes für die A***** AG im Höchstbetrag von S 9,750.000,-- abgewiesen werden.
Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begründe die Verpflichtung der staatlichen Behörden nach § 86 Abs 3 VerfGG, den Vollzug des Bescheides aufzuschieben und die hiefür erforderlichen Verfügungen zu treffen. Das bedeute, daß der angefochtene Bescheid vorläufig keine Rechtswirkungen zu äußern vermag. Es hätten daher alle Maßnahmen zu unterbleiben, die der Verwirklichung des Bescheides im weiteren Sinne dienen und der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Beschwerde vorgreifen würden. Andernfalls wäre die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne jegliche verfahrensrechtliche Bedeutung. Durch die mit dem angefochtenen Beschluß bewilligte Eintragung des Eigentumsrechtes an den Ersteher, Löschung der Eintragungen im C-Blatt und Eintragungen eines Pfandrechtes für die A***** AG würde im weiteren Sinn der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde erhobene Beschwerde in unzulässiger Weise vorgegriffen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Erstehers ist zulässig und berechtigt.
Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs 1 VfGG). Der Verfassungsgerichtshof hat der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluß aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre (§ 85 Abs 2 VfGG). Nach § 85 Abs 3 VfGG hat im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Behörde den Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes aufzuschieben und die hiezu erforderlichen Vorkehrungen zu treffen; der durch den angefochtenen Bescheid Berechtigte darf die Berechtigung nicht ausüben.
Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 85 Abs 3 VfGG bedeutet, daß der Bescheid vorläufig keine Rechtswirkungen hervorzurufen vermag. Es haben daher alle Maßnahmen zu unterbleiben, die der Vewirklichung des Bescheides im weiteren Sinn dienen und die der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die Beschwerde vorgreifen würden (VfSlg 7.433, 6.215).
Nicht nur die belangte Behörde, sondern alle Behörden, somit auch die Gerichte, haben den vorläufigen Nichteintritt der jeweils mit dem Bescheid verbundenen Rechtswirkungen zu beachten (Puck, Die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, ZfV 1982, 359, 464 [470]. Die Behörden haben die Rechtslage so zu beurteilen, als wäre der angefochtene Bescheid nicht ergangen.
Die Bestimmung des § 85 VfGG gilt auch für den gerichtlichen Exekutionsvollzug (SZ 55/120).
Die vom Verfassungsgerichtshof ausgesprochene, auch von den Gerichten zu beachtende Aufschiebung der Rechtswirkungen des angefochtenen Bescheides der Grundverkehrsbehörde bedeutet jedoch nicht, daß ein weiteres Tätigwerden des Exekutionsgerichtes jedenfalls unzulässig wäre. Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht mit Beschluß vom 20.11.1992 (ON 131) den Beschluß des Erstgerichtes vom 23.9.1992 bestätigt, mit dem der Zuschlag an den Ersteher erteilt wurde. Der Zuschlag begründet keinen bloßen Titel, sondern bewirkt nach § 237 EO selbst den Übergang des Eigentums (SZ 6/333 uva, zuletzt SZ 64/84 mwN; Heller/Berger/Stix 1.242). Der - das Meistbot erlegende - Ersteher erwirbt das dem Verpflichteten zustehende Eigentum durch Zuschlag (Klang in Klang2 II 355 f; Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 8 zu § 425; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 18 zu § 431).
In das vom Ersteher bereits durch Zuschlag erworbene Eigentum kann auch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem der Beschwerde der Verpflichteten stattgegeben wird, nicht mehr eingreifen. Da somit originärer Eigentumserwerb des Erstehers bereits eingetreten ist, kommt der beantragten Verbücherung seines Eigentumsrechtes nur deklarative Bedeutung zu. Für eine Aufschiebung dieser Verbücherung iSd § 85 VfGG besteht somit keine Veranlassung, weil dem Ersteher der Zuschlag bereits rechtskräftig erteilt wurde. Dies gilt auch für die beantragte Pfandrechtseinverleibung, deren Berechtigung aus dem Eigentumsrecht des Erstehers folgt.
Falls der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde der Verpflichteten stattgeben sollte und sich aus seinem Erkenntnis ergeben sollte, daß eine Eintragung im Grundbuch ohne Vorliegen der nach dem Grundverkehrsgesetz erforderlichen Zustimmungen erfolgt ist, käme der auf den vorliegenden Sachverhalt gemäß § 40 Abs 4 des TirGVG, LGBl 1993/82 weiterhin anzuwendende § 16 GVG zur Anwendung.
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