OGH 1Ob535/94(1Ob1551/94)

OGH1Ob535/94(1Ob1551/94)29.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald P*****, vertreten durch Dr.Friedrich Gehmacher und Dr.Helmut Hüttinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Gerhard T*****, vertreten durch Dr.Helmut Stadlmayr, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 25.879,82 sA und Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 15.Dezember 1993, GZ 21 R 486/93-16, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In dem wegen Zahlung von Mietzinsrückständen und Räumung anhängigen Verfahren hat das Gericht zweiter Instanz der Berufung des Beklagten gegen das klagsstattgebende Ersturteil keine Folge gegeben und ausgesprochen, daß die Revision hinsichtlich des Zahlungsbegehrens jedenfalls unzulässig, hinsichtlich des Räumungsbegehrens nicht zulässig sei. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist jedoch die Revision gegen die Entscheidung über das Zahlungsbegehren nicht deshalb gemäß § 502 Abs.2 ZPO jedenfalls unzulässig, da ein S 50.000,-- nicht übersteigender Entscheidungsgegenstand vorliegt. Nach § 502 Abs.3 Z 2 ZPO gilt nämlich die genannte Revisionsbeschränkung nicht für die unter § 49 Abs.2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages entschieden wird. Durch die gewählte Formulierung ("... wenn dabei ...") sollte ausgedrückt werden, daß unter die Ausnahme von der wertmäßigen Beschränkung nicht nur der Ausspruch über die Kündigung, die Räumung oder das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages fällt, sondern auch die gleichzeitige Entscheidung über andere Ansprüche, die unter § 49 Abs.2 Z 5 JN fallen wie etwa der Anspruch auf Zahlung rückständigen Mietzinses. Solche und andere bestandrechtliche Fragen hängen mit der Frage der Auflösung des Bestandverhältnisses meist so eng zusammen, daß ein getrenntes Schicksal in der Anfechtbarkeit unvertretbar wäre (WoBl 1993/66; 7 Ob 585/93). Die Revision ist daher auch hinsichtlich der Entscheidung über das S 50.000,-- nicht übersteigende Zahlungsbegehren - allerdings nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO - zulässig. An den unrichtigen Ausspruch des Berufungsgerichtes sind gemäß § 500 Abs 3 vorletzter Satz ZPO weder die Parteien noch der Oberste Gerichtshof gebunden. Dem Rechtsmittelwerber ist kein Nachteil entstanden, weil er ohnedies das gesamte Urteil mit außerordentlicher Revision bekämpft hat. Der Oberste Gerichtshof kann daher entscheiden, ohne daß es eines Berichtigungsauftrages an das Gericht zweiter Instanz bedürfte.

Der Revisionswerber rügt als Mangel des Berufungsverfahrens, daß seine Einvernahme als Partei sowie die Vernehmung verschiedener Zeugen unterblieben sei. Damit macht er jedoch in Wahrheit einen angeblichen Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht mit ausführlicher Begründung verneint worden ist und der daher im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden kann (JBl 1990, 535; 3 Ob 169-175/93). Die Würdigung des Ausbleibens des als Partei geladenen Beklagten im Sinne des § 381 ZPO stellt zudem einen Akt der Beweiswürdigung dar, die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann (JBl 1976, 376; 3 Ob 1517/92).

Der Revisionswerber ist insoweit im Recht, als nach ständiger Rechtsprechung zwar Verzugszinsen bei Verschulden zugesprochen werden können, diese jedoch bei Berechnung des Zahlungsrückstandes im Sinne des § 30 Abs.2 Z 1 MRG bzw. § 1118 ABGB nicht einzubeziehen sind (MietSlg 30.474/12; 7 Ob 1502/89). Entgegen seiner Ansicht kann nicht ohneweiteres gesagt werden, daß bei einem bloßen Untermietverhältnis die Wertsicherung nicht für die Vergangenheit begehrt werden könnte. Zwar wird für Hauptmietverträge aus der Bestimmung des § 16 Abs.6 MRG (nunmehr: § 16 Abs 9 MRG) dieser Schluß gezogen (Würth in Rummel2 Rdz 25 zu § 16 MRG mwN), jedoch ist diese Gesetzesstelle nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut auf Untermietverhältnisse nicht anzuwenden (MietSlg 39.343/46). Inwieweit im gegenständlichen Fall Verzicht im Sinne des § 863 ABGB angenommen werden kann (vgl. 3 Ob 688/82; MietSlg 35.112), muß nicht abschließend beurteilt werden, da selbst nach Ausscheiden der Verzugszinsen und der Wertsicherungsbeträge bis zum auf das Aufforderungsschreiben vom 15.7.1992 folgenden Zinstermin die seit November 1991 bestehenden Mietzinsrückstände erst mit der Zahlung vom 28.9.1992 zur Gänze abgedeckt werden konnten. Bei der Feststellung des Mietzinsrückstandes sind nämlich auch die während des Verfahrens fällig werdenden Mietzinse zumindest solange zu berücksichtigen, als nicht einmal im Verlaufe des Verfahrens sämtliche Mietzinsrückstände abgedeckt wurden (MietSlg 36.465; 7 Ob 1502/89). Wird ein Zahlungsbegehren gestellt, bedarf es grundsätzlich keiner Beschlußfassung gemäß § 33 Abs.2 MRG, sondern ist über das Zahlungsbegehren, somit die Höhe des geschuldeten Mietzinses, durch Teilurteil, dessen Rechtskraft abzuwarten ist, zu erkennen (WoBl 1990/85; WoBl 1991/65). Einer derartigen Vorgangsweise bedarf es jedoch nur dann, wenn der Mieter unter Beweis stellen kann, daß ihn an einem bestehenden Mietzinsrückstand kein grobes Verschulden trifft. Hiezu hat er den ihn entschuldigenden Sachverhalt in jeder Richtung zu konkretisieren und kann sich nicht auf die bloße Rechtsbehauptung beschränken (WoBl 1991/65). Grobes Verschulden setzt begrifflich ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus. Toleriert werden soll im allgemeinen nur eine Verspätung von wenigen Tagen oder wegen vorübergehender Zahlungsschwierigkeiten. Häufige Rückstände trotz Mahnung können nur ausnahmsweise nach den Besonderheiten des Einzelfalles eine sonst naheliegende grobe Fahrlässigkeit ausschließen (MietSlg 38.504). Der Beklagte hat sich im Verfahren lediglich darauf berufen, daß aufgetretene Zahlungsverzögerungen ihre Ursache in einem vorübergehenden Liqudititäsengpaß gehabt hätten (AS 20 = S.4 des Protokolls vom 29.9.1992). Beachtet man den Umstand, daß nahezu ein Jahr lang Mietzinsrückstände in oft beträchtlicher Höhe unberichtigt aushafteten und so gut wie niemals in den vereinbarten Monatsintervallen bezahlt wurde sowie, daß nach den Feststellungen auch vor diesem Verfahren Rückstände eingeklagt werden mußten, reicht das Vorbringen des Beklagten nicht aus, um das Fehlen groben Verschuldens unter Beweis zu stellen.

Da somit die Vorinstanzen im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entschieden haben, war die außerordentliche Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs.1 ZPO zurückzuweisen, ohne daß noch näher darauf einzugehen war, daß sie zudem verspätet eingebracht wurde. Bei einer Zustellung während der Gerichtsferien wird zwar die Rechtsmittelfrist in ihrem Ablauf um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil verlängert; trotz dieser Ablaufhemmung gilt aber die Zustellung als in den Gerichtsferien vollzogen. Die Rechtsmittelfrist hat daher mit (einschließlich) 7.1.1994 zu laufen begonnen und somit am 3.2.1994 geendet (RZ 1989/108; EvBl. 1993/195). Das am 4.2.1994 zur Post gegebene Rechtsmittel ist daher verspätet.

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