OGH 2Ob594/93

OGH2Ob594/9325.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Walter H*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma I***** GesellschaftmbH, wider die beklagte Partei Fa. N***** KG, ***** vertreten durch Dr.Franz Stadler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 353.073,04 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 22. September 1993, GZ 3 R 166/93-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 3.Mai 1993, GZ 14 Cg 115/92-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt wie folgt zu lauten haben:

Das Begehren der klagenden Partei, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen auf das Massekonto Nr 0000-043125 bei der Tiroler Sparkasse Bank AG den Betrag von S 353.073,04 samt 5 % Zinsen seit dem 16.10.1991 zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 108.209,40 (darin enthalten S 16.434,90 USt und S 9.600,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 26.294,-- (darin enthalten S 2.382,-- USt und S 12.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen der Fa. I*****bau GesellschaftmbH (in der Folge Gemeinschuldnerin) wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 17.Juni 1991, S 75/91, das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt.

Die beklagte Partei betreibt in Wien ein Unternehmen auf dem Gebiet der Schaltechnik. Sie vermietete der Gemeinschuldnerin Wand- und Deckenschalungselemente für ein Bauvorhaben in Innsbruck. Die Mietrechnungen der beklagten Partei wurden ab dem 1.Jänner 1991 direkt an die Firma T***** GesellschaftmbH (in der Folge T*****) fakturiert und von dieser in vier Teilbeträgen am 31.Jänner 1991 über S 90.290,48 (Mietperiode Jänner 1991), am 28.Februar 1991 über S 90.290,48 (Mietperiode Februar 1991), am 12.April 1991 über S 99.964,46 (Mietperiode März 1991) und am 30.April 1991 über S 72.527,62 (Mietperiode April 1991) in Gesamthöhe des Klagsbetrages bezahlt.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung dieser Beträge mit der Begründung, die Gemeinschuldnerin habe bereits im Herbst 1990 keine Zahlungen an die beklagte Partei geleistet; diese habe dadurch Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin erlangt. Es sei daraufhin die Vereinbarung getroffen worden, daß die Fa. T*****, für die die Gemeinschuldnerin Bauleistungen erbracht habe, in Absprache mit der Bank für ***** AG (in der Folge B*****) die weiteren Mietzahlungen anstelle der Gemeinschuldnerin an die beklagte Partei leiste. Diese Mietzahlungen habe die Fa. T***** mit dem Guthaben, das die Gemeinschuldnerin auf Grund ihrer Werkleistungen bei dieser Firma gehabt habe, verrechnet, sodaß dieses Guthaben um den Betrag der Mietzahlungen verringert worden sei. Die FA. T***** sei nicht anstelle der Gemeinschuldnerin in den Vertrag eingetreten. Durch die Regelung der Finanzierung der Miete über die B***** aus dem Kredit der Gemeinschuldnerin sollte verhindert werden, daß die beklagte Partei die Gerüste von der Baustelle abziehe. Durch die Zahlungen zu Lasten des gemeinschuldnerischen Guthabens bei der Fa. T***** nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin seien die übrigen Gläubiger durch die Verringerung des Befriedigungsfonds benachteiligt worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie sei im Oktober 1990 auf Grund von Zahlungsrückständen der Gemeinschuldnerin lediglich über die Zurückhaltung von Krediten der Hausbank der Gemeinschuldnerin informiert worden, doch habe sie von den generellen wirtschaftlichen und finanziellen Problemen der Gemeinschuldnerin keine Kenntnis gehabt. Die Zahlungen der Fa. T***** seien auf Grund eines eigenen Verpflichtungsgeschäftes dieser Firma geleistet worden. Die beklagte Partei habe angenommen, daß diese Vereinbarung eine Leistungsaufteilung zwischen der das Material beistellenden Bauherrschaft Fa. T***** und der Gemeinschuldnerin als bauausführende Werkunternehmerin herbeiführe. Von einer internen Rückverrechnung zwischen diesen beiden Firmen habe sie nichts wissen können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache zur Gänze und dem Zinsenbegehren teilweise statt.

Es ging dabei von nachstehenden Feststellungen aus.

Die Gemeinschuldnerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ***** 1985 gegründet und am ***** 1985 in das Handelsregister des Landesgerichtes Innsbruck eingetragen. Gegenstand des Unternehmens war unter anderem die Planung und Ausführung von Bauvorhaben. Bei den von der Gemeinschuldnerin als Generalunternehmerin ausgeführten Bauvorhaben wurden von den Bauherren Mängel geltend gemacht und in der Folge Zahlungen verweigert, sodaß die Gemeinschuldnerin ihre Subunternehmer nicht mehr bezahlen konnte. Diese stellten darauf ihre Arbeiten ein und verursachten weitere Bauverzögerungen, die zur Einstellung von Zahlungen an die Gemeinschuldnerin führten. Dadurch häuften sich zahlreiche Außenstände an. Die Gemeinschuldnerin geriet zunehmend in Zahlungsschwierigkeiten. Bereits im Jahre 1987 wurden gegen sie Exekutionen geführt und Konkursanträge gestellt. Bis zum Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung (31.Jänner 1991) wurden gegen die Gemeinschuldnerin beim Bezirksgericht Innsbruck 188 Exekutionen wegen Forderungen in Höhe von S 27,196.434,-- betrieben; von den exekutiv betriebenen Forderung waren am 31.Jänner 1991 noch 87 Forderungen in Höhe von insgesamt S 18,724.726,-- offen. Beim Bezirksgericht Telfs wurden bis zum 31.Jänner 1991 81 Exekutionen wegen Forderungen in Höhe von insgesamt S 7,789.182,60 betrieben. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 33 Forderungen in der Höhe von S 4,227.058,30 offen. Bis zum 31.Jänner 1991 wurden gegen die Gemeinschuldnerin beim Landesgericht Innsbruck 32 Konkursanträge gestellt.

Trotz einer Kapitalzuführung von S 2,5 Mio hatte die Gemeinschuldnerin zum Zeitpunkt der nunmehr angefochtenen Zahlungen Kreditverbindlichkeiten bei der B***** in Höhe von ca S 15 Mio und bei der Landes-Hypothekenbank T***** von S 2,5 Mio. Eine der Gemeinschuldnerin gehörende Liegenschaft, die bereits über ihren Wert belastet war, wurde im Jahre 1989 um S 1,3 Mio zwangsversteigert; für die Gemeinschuldnerin verblieb kein Überschuß. Ebensowenig konnte aus einer im Jahre 1989 bewilligten, vor Konkurseröffnung durchgeführten Zwangsversteigerung einer der Gemeinschuldnerin gehörenden Eigentumswohnung in Innsbruck ein Überschuß erzielt werden. Ab Jahresmitte 1990 hatte die Gemeinschuldnerin keinen Liegenschaftsbesitz mehr und verfügte nur über in Fremdeigentum stehende Geräte. Forderungen der Gemeinschuldnerin aus von ihr erbrachten Bauleistungen wurden streitig und konnten nicht, bzw nur zu einem geringen Teil hereingebracht werden. Zum Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlungen machten die zu Recht bestehenden und fälligen Forderungen der Gemeinschuldnerin nur mehr einen Bruchteil ihrer Schulden aus. Die Zukunftsprognose für die Gemeinschuldnerin war Anfang 1991 ausgesprochen ungünstig, eine positive Unternehmensentwicklung war auszuschließen und eine Liquidierung sehr wahrscheinlich, wobei das Vermögen im Liquidationsfalle bei weitem nicht zur Befriedigung der Gläubiger ausgereicht hätte. Die Gemeinschuldnerin war auf Grund ihrer hohen Verbindlichkeiten und der nicht mehr erfolgten weiteren Kreditierung durch Bankinstitute spätestens mit Anfang des Jahres 1990 nicht mehr in der Lage, ihre fälligen Verbindlichkeiten, allenfalls auch durch Aufnahme eines Überbrückungskredites, vollständig zu begleichen. Eine Verbesserung der Situation war wegen der ausgefallenen Bauvorhaben auch für die Zukunft auszuschließen. Die Gemeinschuldnerin befriedigte im Jahr vor der Konkurseröffnung nur mehr die am stärksten andrängenden Gläubiger, insbesondere jene, die Konkursanträge gestellt hatten.

Im Jahre 1990 beauftragte die Fa. T***** die Gemeinschuldnerin mit den Rohbauarbeiten bei der Errichtung des Projektes T***** in Innsbruck. Zur Sicherung der Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin brachte die Fa. T*****, die über ein Kreditkonto bei der Landes-Hypothekenbank T***** verfügungsberechtigt war, eine von der Landes-Hypothekenbank T***** abgegebene Bankgarantie über ca S 13 Mio bei. Da zu dieser Zeit auch die Gemeinschuldnerin Kreditnehmerin bei der Landes-Hypothekenbank T***** war, trat sie ihrerseits die Rechte aus dieser Bankgarantie an die Landes-Hypothekenbank T***** zur Besicherung des ihr gewährten Kredites ab. In der Folge wechselte die Gemeinschuldnerin als Kreditnehmerin zur B*****, die eine Besicherung des von ihr gewährten Kredites verlangte. Die Landes-Hypothekenbank T***** trat daher die Bankgarantie nach Zahlung des von der Gemeinschuldnerin bei ihr ausgenützten Kredites wieder an diese ab, sodaß die Gemeinschuldnerin die Bankgarantie an die B***** als Sicherheit abtreten konnte. Im Juli 1990 schloß die Gemeinschuldnerin mit der beklagten Partei einen Vertrag über die mietweise Überlassung von Wand- und Deckenschalungsmaterial ab. Die Gemeinschuldnerin geriet schon bald in Zahlungsrückstand, weil die B***** ihre Zahlungen an sie einstellte. Der beklagten Partei wurde mitgeteilt, daß die B***** als Hausbank der Gemeinschuldnerin ihre Zahlung eingestellt habe. Als auch nach Wiederaufnahme der Baustelle am 7. November 1990 keine Zahlungen geleistet wurden, drohte die beklagte Partei mit der Demontage und dem Abtransport des von ihr gelieferten Schalungsmaterials. Aus diesem Grund trat die beklagte Partei im Dezember 1990 an die Fa. T***** heran. Die Fa. T***** erklärte zwar ausdrücklich, in den zwischen der beklagten Partei und der Gemeinschuldnerin bestehenden Vertrag nicht einzutreten und auch nicht anstelle der Gemeinschuldnerin Zahlung leisten zu wollen, doch an der baldigen Fertigstellung des Rohbaus interessiert zu sein und die Entfernung des Schalungsmaterials von der Baustelle verhindern zu wollen. Sie strebte daher die direkte Bezahlung der Lieferanten einschließlich der beklagten Partei unter Anrechnung auf die Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin einerseits und die der B***** abgetretene Bankgarantie andererseits an. Die B***** war vorerst mit einer Anrechnung von geleisteten Zahlungen auf die ihr zur Verfügung gestellte Bankgarantie nicht einverstanden und ließ sich von der Gemeinschuldnerin eine Kostenrechnung vorlegen, aus der sich ein Finanzbedarf von S 3,5 bis 5 Mio für die Fertigstellung des Projektes ergab. In der Folge stellte sich heraus, daß die Abrufbarkeit der Bankgarantie der Landes-Hypothekenbank T***** an die Fertigstellung des Rohbaus durch die Gemeinschuldnerin gebunden war und der Weiterbau durch eine andere Firma nicht nur zu einer Verteuerung des Projektes führen, sondern auch die Abrufbarkeit der Bankgarantie überhaupt vereiteln könne. Die B***** erklärte sich daher mit dieser Vorgangsweise einverstanden. Die Fa. T***** war daran ebenfalls interessiert, um doppelte Zahlungen zu vermeiden, und zwar einerseits Leistungen für die Gemeinschuldnerin zu erbringen und andererseits aus der ursprünglich von ihr beigestellten Bankgarantie in Anspruch genommen zu werden. Für die B***** war es fraglich, ob sie bei Fertigstellung des Rohbaus durch eine andere Firma die Bankgarantie überhaupt noch einlösen hätte können. Daher vereinbarten die Fa. T*****, die B***** und die Gemeinschuldnerin, daß künftige Lieferantenforderungen, also auch jene der beklagten Partei, von der Fa. T***** direkt bezahlt werden sollten, wobei diese Zahlungen einerseits auf die Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin Anrechnung finden sollten, andererseits die B***** im Umfang der geleisteten Zahlungen auf die Einlösung der Bankgarantie verzichten sollte. Zwischen der Gemeinschuldnerin und der Fa. T***** wurde gleichzeitig vereinbart, daß letztere alle Zahlungen, die sie auf Grund dieser Vereinbarung an Gläubiger der Gemeinschuldnerin leisten werde, von dem der Gemeinschuldnerin geschuldeten Werklohn abziehen dürfe. Auf Grund dieser Vereinbarung sollten sich somit die der B***** abgetretene Bankgarantie und der von der Fa. T***** der Gemeinschuldnerin geschuldete Werklohn, nicht jedoch der Kreditsaldo der Gemeinschuldnerin bei der B***** und die von der Fa. T***** an die beklagte Partei geleisteten Zahlungen vermindern. Der Geschäftsführer der beklagten Partei wußte bereits im Dezember 1990, daß die Gemeinschuldnerin nicht mehr liquid war. Seine Bestrebungen gingen vorerst dahin, daß mit der Fa. T***** ein neuer Mietvertrag abgeschlossen oder daß die Fa. T***** in den Vertrag mit der Gemeinschuldnerin mit allen Rechten und Pflichten eintrete. Dies wurde vom Geschäftsführer der Fa. T***** ausdrücklich abgelehnt. Bei weiteren telephonischen Besprechungen zwischen beiden Geschäftsführern wurde der Geschäftsführer der beklagten Partei vom Gang der Verhandlungen mit der B***** und auch über deren Ergebnis informiert. Mit Schreiben vom 17.Jänner 1991 ersuchte die Fa. T***** die beklagte Partei, die Mietrechnungen, die sich auf Grund der Vereinbarungen mit der Gemeinschuldnerin ergaben, ab 1.Jänner 1991 direkt an die Fa. T***** zu fakturieren. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß sich die Fa. T***** in die Vereinbarungen zwischen der beklagten Partei und der Gemeinschuldnerin "nicht involvieren" werde.

Das Erstgericht hielt noch fest, daß zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen zahlreiche Forderungen anderer Gläubiger gegen die Gemeinschuldnerin, die älter waren als die der beklagten Partei, unberichtigt aushafteten.

Auf Grund dieses Sachverhaltes erörterte das Erstgericht rechtlich, daß zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen, die alle innerhalb der Frist des § 31 Abs 4 KO gelegen seien, zahlreiche Gläubiger offene und fällige Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin gehabt hätten. Die Nachteiligkeit der angefochtenen Zahlungen sei daher gegeben. Die Fa. T***** habe weder den Vertrag gegen die Gemeinschuldnerin übernommen noch mit dieser einen eigenen Vertrag abgeschlossen. Die angefochtenen Zahlungen seien lediglich in Verrechnung mit der Werklohnforderung der Gemeinschuldnerin gegen sie geleistet worden. Die Verringerung dieser Werklohnforderung sei eine Verringerung des Vermögens der Gemeinschuldnerin, sodaß durch die geleisteten Zahlungen andere Gläubiger benachteiligt worden seien. Die Gemeinschuldnerin sei bereits im Jahre 1990 nur mehr in der Lage gewesen, die lästigsten Gläubiger zu befriedigen, insbesondere diejenigen, die Konkursanträge gestellt hätten. Sie habe auch nicht mehr über Kredit verfügt, welcher ihr zur Überbrückung dienen hätte können. Zum Zeitpunkt der ersten geleisteten Zahlung am 31.Jänner 1991 sei sie daher schon längst zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Der beklagten Partei sei bei Entgegennahme der geleisteten Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit bekannt gewesen. Die angefochtenen Zahlungen seien auch zur Sicherstellung bzw Befriedigung eines "Konkursgläubigers" erfolgt, weil die Mietzinsforderungen im Konkurs der Gemeinschuldnerin angemeldet hätten werden können. Insgesamt sei der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2, erster Fall KO erfüllt.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte dessen rechtliche Beurteilung. Es verwies auch auf die neuere Rechtsprechung, wonach der Austausch von Leistungen aufgrund eines Dauerschuldverhältnisses, so etwa bei einem Dienstverhältnis, als Zug-um-Zug-Abwicklung anzusehen sei, weshalb solche Leistungen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen nicht anfechtbar seien. Auf die Frage, ob dies aber auch bei Leistungen gelte, die in Erfüllung eines Mietvertrages erbracht worden seien, durch welchen ebenfalls ein Dauerschuldverhältnis begründet werde, sei aber nicht einzugehen, weil eine solche Zug-um-Zug-Abwicklung von der hiefür beweispflichtigen Partei im Verfahren erster Instanz nicht einmal andeutungsweise eingewendet worden sei. Umstände, die an sich anfechtbaren Rechtshandlungen die Anfechtbarkeit nähmen, habe der Anfechtungsgegner zu behaupten und zu beweisen.

Es ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage eines Zug-um-Zug-Verhältnisses bei Erbringung von Leistungen in Erfüllung eines Mietvertrages sowie zur Frage, wen die Behauptungs- und Beweislast in einem derartigen Fall treffe, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorhanden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, bzw ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage der Anfechtbarkeit von aufgrund von Bestandverträgen geleisteten Zahlungen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht besteht. Sie ist auch berechtigt.

Voraussetzung der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO ist, daß durch die angefochtene Rechtshandlung ein Konkursgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung erlangt, daß sich also die bekämpften Rechtshandlungen auf die bereits bestehende Gläubigerstellung des Anfechtungsgegners auswirken. Betreffen sie jedoch gleichzeitig oder später begründete Gläubigerrechte, dann kommt eine Anfechtung grundsätzlich nicht in Betracht (SZ 32/127; SZ 50/57; SZ 52/147; SZ 61/101; SZ 64/73; Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 314; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 225 und 291; H. Koziol, Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung 86). Durch den genannten Anfechtungstatbestand sollen nämlich solche Geschäfte des Gemeinschuldners in der Krise nicht unterbunden werden, bei denen gleichwertige Leistungen ausgetauscht werden, dem Gemeinschuldner also ein seiner Leistung entsprechender Gegenwert zufließt; auch soll der infolge seiner Zahlungsunfähigkeit kreditunwürdige Schuldner nicht völlig vom Abschluß zweiseitig verbindlicher Geschäfte ausgeschlossen werden. Die Zug-um-Zug-Leistung muß auch tatsächlich als solche effektuiert worden sein. Bei der Beurteilung, ob es sich (noch) um ein Zug-um-Zug-Geschäft handelt, ist maßgebend, ob es sich nach der Verkehrsauffassung um einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang handelt; jedenfalls wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen den ausgetauschten Leistungen gefordert (SZ 61/101). Durch den Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 1 und 2, erster Fall KO soll nämlich dem Prinzip der "par condicio creditorum" nicht erst mit Eröffnung des Konkursverfahrens, sondern unter bestimmten Voraussetzungen bereits zeitlich früher, mit Eintritt der materiellen Insolvenz zum Durchbruch verholfen werden. In diesem Stadium soll ein Gläubiger, sofern er angesichts seines subjektiven Informationsstandes als nicht schutzwürdig erscheint, nicht mehr die Möglichkeit haben, sich durch Befriedigung oder Sicherstellung seiner Forderung auf Kosten der Risiko- und Verlustgemeinschaft der Gläubiger Vorteile zu verschaffen. Der "par condicio creditorum" unterliegen aber solche "ungesicherte" Gläubiger, die ohne Sicherstellung ihrer Gegenforderung bereits vorgeleistet und sich somit ihrer gesicherten Position begeben haben, doch widerspricht es dem Zweck dieses Anfechtungstatbestandes, ihn auch auf Fälle anzuwenden, in denen der befriedigte Gläubiger im Deckungszeitpunkt seine eigene Leistung noch nicht erbracht, sondern die im Zug-um-Zug-Prinzip liegende Sicherheit wahrgenommen hat (H. Koziol aaO 87). Die Rechtsprechung (SZ 61/101) hat daher - wenn auch von König bekämpft (aaO Rz 225; Ist die Zahlung der Kreditzinsen eine Zug-um-Zug-Leistung ? ÖBA 1989, 18 ff) - bereits festgehalten, daß der im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgte Austausch von Arbeitsleistungen und Entgelt grundsätzlich als Leistungsabwicklung Zug um Zug erfolge, sofern die Entgeltzahlungen spätestens in der nächstfolgenden Abrechnungsperiode geleistet würden. Durch den Arbeitsvertrag werde ein Dauerschuldverhältnis begründet, das grundsätzlich auf den Austausch von Leistungen beider Seiten ausgerichtet sei. Dem Gemeinschuldner solle es auch möglich sein, die für die Fortführung des Unternehmens erforderlichen Arbeitskräfte weiter zu beschäftigen und ihnen Zug um Zug gegen Erbringung der Arbeitsleistung auch das vereinbarte Entgelt zu zahlen, sofern die Befriedigung dieser Entgeltansprüche nicht anderen Anfechtungstatbeständen als denen der (vermuteten) Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Begünstigungsabsicht unterliege.

In einer weiteren, zur Anfechtbarkeit von Leasingraten ergangenen Entscheidung (SZ 64/73), wurde an dieser Auffassung festgehalten, aber gleichzeitig ausgesprochen, daß beim mittelbaren Finanzierungsleasing wegen der leasingspezifischen Besonderheiten keine Zug-um-Zug-Abwicklung vorliege; während bei einem Arbeitsverhältnis der Lohn für die Arbeit einer bestimmten Periode bezahlt werde, stelle die Leasingrate keinesfalls das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung für die bestimmte Periode dar.

Fink (Zahlung von Leasingraten als Zug-um-Zug-Geschäft ? ÖBA 1992,

809) hat im Anschluß an diese Entscheidung die Meinung vertreten, daß die zur Auszahlung des Arbeitsentgeltes entwickelten Grundsätze der Zug-um-Zug-Leistung auch auf alle periodisch fällig werdenden Leistungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen anwendbar seien. Das den Dauerschuldverhältnissen innewohnende Syllagma bestehe nicht nur zwischen den korrespondierenden Teilleistungen, die sich in der jeweiligen Abrechnungsperiode gegenüberstünden, sondern zwischen der Gesamtheit der im Rahmen des Rechtsverhältnisses zu erbringenden Leistungen (Bydlinski in Klang, Kommentar2 IV/2, 201). Die Zahlung des Entgelts für einen bestimmten Zeitabschnitt sei somit nicht nur die Abgeltung für die zuvor erbrachte Leistung, sondern zugleich Voraussetzung für den Anspruch auf Leistung der nächstfolgenden Periode. Die periodische Zahlung des Entgelts sei daher als Zug-um-Zug-Leistung zu qualifizieren, sofern der zeitliche Zusammenhang mit der Abrechnungsperiode nach der Verkehrsauffassung gewahrt bleibe.

Diese Überlegungen treffen aber auch auf im Rahmen von Bestandverträgen geleistete Zahlungen zu. König (Anfechtung aaO Rz 225) hat dazu ausgeführt, daß ein Zug-um-Zug-Geschäft bei Bestandverträgen dann nicht vorliege, wenn der Bestandzins im nachhinein zu bezahlen sei, gleichzeitig aber ausgesprochen, daß bei Dauerschuldverhältnissen der Gläubiger regelmäßig nur für eine Verrechnungs-Periode kreditieren wolle und daher nur deshalb das Dauerschuldverhältnis fortsetze, weil ihm die vergangene Rechnungsperiode bezahlt worden sei und deshalb die Höhe der Anfechtung bei periodengerechter Zahlung mit dem Entgelt für eine Periode begrenzt sei.

Beim Bestandvertrag handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, mit dem die Gebrauchsüberlassung gegen Entgelt für eine bestimmte Periode vereinbart wird (Würth in Rummel2, Rz 1 zu § 1090). Die Zahlung des Bestandzinses erfolgte im vorliegenden Fall prompt nach Rechnungslegung. Der Bestandzins war zwar im nachhinein periodisch zu entrichten, doch kann dies der beklagten Partei aus den oben angeführten Überlegungen nicht zum Nachteil gereichen. Dies ergibt sich schon daraus, daß die Dauer des Bestandverhältnisses nicht absehbar war, sondern von den Umständen des Baufortschrittes abhing. Die Verrechnung des Bestandzinses erfolgte daher pro rata temporis und konnte erst im nachhinein erfolgen. Der beklagten Partei wäre daher freigestanden, bei nicht fristgerechter prompter Bezahlung ihre Bestandgegenstände von der Baustelle abzuziehen, wie sie dies im übrigen bereits angedroht hatte. Da daher die Bestandzinszahlungen als Entgelt für die tatsächlich erfolgte Gebrauchsüberlassung anzusehen sind, sind sie - anders als bei dem in der Entscheidung SZ 64/73 zu beurteilenden Sachverhalt - insgesamt der Anfechtung entzogen.

Einer diesbezüglichen besonderen Einwendung bedurfte es nicht, weil die diesbezüglichen Tatsachenbehauptungen (Zahlung von Bestandzinsen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes) unbestritten war und der Sachverhalt der umfassenden rechtlichen Beurteilung des Gerichtes unterliegt.

Der Revision war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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