OGH 3Ob509/94

OGH3Ob509/9413.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef H*****, vertreten durch Dr.Franz J.Rainer, Rechtsanwalt in Schladming, wider die beklagten Parteien 1. Johann H*****, 2. Gerda H*****, beide vertreten durch Dr.Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in Radstadt, wegen Leistung eines Baugrundstückes (Streitwert S 600.000,-), infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 19. November 1993, GZ 6 R 226/93-16, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 4.August 1993, GZ 7 Cg 300/91-12, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.273,12 (darin enthalten S 3.545,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagten sind aufgrund des notariellen Übergabsvertrags vom 30.12.1971 je zur Hälfte Eigentümer des R*****-Gutes in F*****, bestehend aus den Liegenschaften EZ *****. Aufgrund dieses Übergabsvertrags haben die Beklagten mehreren gutsweichenden Kindern, ua dem Kläger, auf ihr Verlangen je einen Baugrund im Ausmaß von etwa 800 m2 unentgeltlich abzutreten. Die Baugründe sind an einer geeigneten Stelle am Rand des Besitzes möglichst im Einvernehmen zwischen den Übernahmsberechtigten und den Liegenschaftseigentümern auszusuchen; die notwendigen Aufschließungsflächen sind unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, die Zufahrtswege von den Besitzern grob zu schottern. Die Kosten der Vertragserrichtung und Vermessung werden von den Berechtigten, diejenigen der Parzellierung von den Übernehmern getragen. Die Berechtigten dürfen die Übertragung der Baugründe nur dann verlangen, wenn sie selbst darauf für sich und ihre Familie ein Wohnhaus errichten wollen. Eine Veräußerung an dritte Personen vor Verbauung des Grundes ist nicht gestattet und sind die Grundstücke in diesem Fall unentgeltlich an die Besitzer des R*****-Gutes rückzuübertragen.

Der Kläger begehrt das Urteil, die Beklagten seien schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen einen Baugrund im Ausmaß von 800 m2 am Rande ihres Besitzes R*****-Gut in F***** samt den notwendigen Aufschließungsflächen kostenlos in das grundbücherliche Eigentum abzutreten und dazu die erforderlichen Urkunden zu fertigen.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung und wendeten ein, ihre Verpflichtung aus dem Übernahmsvertrag vom 30.12.1971 sei an die Bedingung geknüpft, daß der Kläger die Übertragung des Baugrundes nur dann verlangen dürfe, wenn er dort für sich selbst und seine Familie ein Wohnhaus errichten wolle. Da der Kläger bereits über ein Wohnhaus verfüge, sei die ausschließlich zu Wohnversorgungszwecken vereinbarte Abtretung des Baugrundes nicht erforderlich.

Das Erstgericht gab der Klage statt, weil eine derartige Beschränkung im Übergabsvertrag nicht enthalten sei.

Das Berufungsgericht hob infolge Berufung der Beklagten dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Erstgericht habe dem Kläger zwar zu Recht die von ihm begehrten 800 m2 Baugrund zugesprochen; die Rechtssache sei jedoch noch nicht spruchreif, weil der Kläger sein Begehren nicht konkretisiert habe und ihn das Erstgericht hiezu nicht aufgefordert habe. Das Klagebegehren enthalte keinen Hinweis darauf, welchen Teil der gesamten Liegenschaft der Beklagten der Kläger nun in Anspruch nimmt. Gemäß § 226 ZPO habe das Klagebegehren die Leistungspflicht so deutlich nach Art und Umfang zu kennzeichnen, daß sie im Exekutionsweg durchgesetzt werden könne. Hier sei der Exekutionstitel jedoch derart unbestimmt, daß aus ihm allein die Lage des von den Beklagten geschuldeten Baugrundes nicht erkannt werden könne; der Titel könnte daher nicht vollstreckt werden. Die Bestimmtheit des Klagebegehrens als Voraussetzung für einen tauglichen Exekutionstitel sei eine prozessuale Klagsvoraussetzung, deren Vorhandensein auch noch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu prüfen sei. Das Berufungsgericht ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil die Rechtsprechung zur Frage der Bestimmtheit des Begehrens auf Leistung eines Baugrundstücks nicht ganz einheitlich sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, ihn aufzuheben, in der Sache selbst zu entscheiden und die Klage in Stattgebung der Berufung der Beklagten abzuweisen, allenfalls die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kläger hat Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rechtsansicht der Beklagten, das Berufungsgericht hätte die Klage daher wegen Unbestimmtheit des Klagebegehrens zurückweisen müssen, ist verfehlt.

Wurde die notwendige Präzisierung oder Aufschlüsselung eines unbestimmten Klagebegehrens unterlassen, dann darf dies nicht zum Anlaß einer Klagsabweisung genommen werden, ehe nicht eine Verbesserung versucht wurde. Wenn das Berufungsgericht im Gegensatz zum Erstgericht das Klagebegehren für zu wenig bestimmt (§ 226 ZPO) erachtet, muß es das Urteil des Erstgerichtes aufheben und dieses anweisen, dem Kläger die Verbesserung des Begehrens im Sinn der §§ 84, 85 ZPO aufzutragen (ÖBA 1991, 671; ÖBl 1991, 105; MietSlg XLII/27; 3 Ob 507/93 ua).

Da die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens in erster Instanz unerkannt blieb und dementsprechend auch von der klagenden Partei nicht verlangt wurde, ihr Vorbringen zu präzisieren, bestand für den Kläger keine Veranlassung, die Verletzung des § 182 ZPO als Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens zu rügen (ÖBA 1991, 671).

Eine solche Aufhebung kommt aber nur dann in Frage, wenn der Kläger an sich gewillt war, ein bestimmtes Leistungsbegehren zu stellen, nach Auffassung des Rechtsmittelgerichtes dieser Versuch aber nicht gelungen ist, nicht aber dann, wenn er ganz bewußt sein Begehren in der von ihm gewählten Weise formuliert hat (1 Ob 142/72). Von einer derartigen bewußten Formulierung des Klagebegehrens kann hier keine Rede sein; auch in der Rekursbeantwortung kündigt der Kläger an, er werde vor dem Erstgericht "eine kurze Urteilspräzisierung mit entsprechendem Sachvorbringen" erstatten.

Die Verpflichtung, einen bestimmbaren Baugrund abzutreten, ist, wenn mehrere Möglichkeiten gegeben sind, eine Wahlschuld (8 Ob 598/90 mwN). Im Übergabsvertrag wurde zwar vereinbart, daß der Baugrund möglichst im Einvernehmen zwischen dem Übernahmsberechtigten und den Liegenschaftseigentümern auszusuchen sei, eine Regelung, was rechtens sein soll, wenn ein Einvernehmen nicht hergestellt wird, enthält der Vertrag nicht. Es hat daher bei der Bestimmung des § 906 ABGB zu bleiben, wonach als normierte Ergänzung des Vertragswillens dem Liegenschaftseigentümer das Gestaltungsrecht zusteht, einen von mehreren vertragsgemäß in Betracht kommenden Baugründen auszuwählen. Eine solche Wahl nahmen die Beklagten bis jetzt nicht vor. Im Gegensatz zum Wahlrecht des Gläubigers (vgl Reischauer in Rummel2, Rz 6 zu § 906 mwN) geht bei Auswahlverzug des Schuldners auf den Gläubiger nicht das Recht über, anstelle des Schuldners die Wahl vorzunehmen (Reischauer aaO Rz 5; vgl Heinrichs in Palandt53 308).

Wenn der Schuldner wahlberechtigt ist, ist zwar nur ein auf alle Wahlmöglichkeiten lautendes Klagebegehren statthaft (SZ 36/99; Reischauer in Rummel2, Rz 5 zu § 906; Binder in Schwimann, Rz 16 zu § 906; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil3 33 f). Es genügt aber, wenn der Gläubiger nur eine der wahlweise geschuldeten Leistungen einklagt und dem Schuldner die Ermächtigung einräumt, sich von dieser Verpflichtung durch die Erfüllung einer der übrigen alternativ geschuldeten Leistungen zu befreien (EvBl 1973/50), weil der Schuldner, ungeachtet des Umstandes, daß der Urteilsspruch nicht der materiellen Rechtslage entspricht, durch eine solche Formulierung nicht beschwert sein kann.

Der Klage ist derzeit die Lage des von den Beklagten geschuldeten Baugrundes nicht zu entnehmen. Das vom Kläger begehrte Urteil, das eine Exekutionsführung auf Abgabe der für die Eigentumsübertragung notwendigen Erklärungen nicht ermöglicht, ist im Sinn des § 226 ZPO, § 7 Abs 1 EO nicht ausreichend bestimmt (vgl JBl 1958, 471; SZ 23/396).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte