OGH 7Ob178/63

OGH7Ob178/6310.7.1963

SZ 36/99

Normen

ABGB §906
ZPO §226
ZPO §410
ABGB §906
ZPO §226
ZPO §410

 

Spruch:

Das Klagebegehren auf Zuhaltung eines Wahlschuldverhältnisses hat alle Wahlmöglichkeiten zu umfassen.

Entscheidung vom 10. Juli 1963, 7 Ob 178/63.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Beklagte unterfertigte am 25. August 1960 eine schriftliche Erklärung des Inhaltes: "Ich bestätige, daß ich einen Simca bei Herrn H., wenn ich meinen Simca verkauft habe, bei Ihnen nehme, bei Firma T." Die klagende Partei begehrt auf Grund dieser schriftlichen Erklärung, in der sie einen Kaufabschluß erblickt, die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises von 44.900 S Zug um Zug gegen Übergabe eines fabriksneuen PKW., Simca Elysee. Sie brachte vor, daß der Beklagte seinen alten Wagen verkauft habe, so daß die Bedingung für den Kauf eingetreten sei. Der Beklagte habe trotz Aufforderung keine Wahl bezüglich der Type des zu liefernden PKW. getroffen, sodaß die klagende Partei von sich aus einen Simca Type Elysee als den preisgünstigsten Wagen im Zeitpunkt der Verpflichtungserklärung aus der Simcaproduktion für den Beklagten zur Verfügung halte. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung, bestritt einen verbindlichen Kaufabschluß und wendete ein, daß die schriftliche Bestätigung von ihm im alkoholisierten Zustand ausgestellt worden sei und außerdem eine reine Gefälligkeitsbestätigung für den Vertreter H. gewesen sei, ohne daß ein Kaufabschluß beabsichtigt gewesen sei und daß es überdies an der für einen solchen erforderlichen Einigung über Ware und Preis fehle.

Das Erstgericht hat sich mit dem Beweis durch die schriftliche Erklärung begnügt und das Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahmen abgewiesen. Es führte aus, daß die schriftliche Erklärung nur als Vorvertrag nach § 936 ABGB. angesprochen werden könne, der Anspruch durch Ablauf der Einjahresfrist aber verlorengegangen sei. Es fehle aber auch an den Voraussetzungen für einen gültigen Vorvertrag, weil die Verpflichtung zum Kauf eines PKW Simca ohne Bestimmung der Type die erforderliche Bestimmtheit hinsichtlich des Kaufgegenstandes vermissen lasse und insoweit keine Einigung über den Kaufgegenstand bestanden habe.

Das Berufungsgericht bestätigte die erstrichterliche Entscheidung. Bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen - führte das Berufungsgericht aus - gelte die Abrede, sobald sie nicht mehr zu den Vorverhandlungen gehört, bereits als Hauptvertrag und nicht als Vorvertrag. Es sei auch die Ansicht der Klägerin richtig, daß ein Kaufabschluß als Handelskauf zu qualifizieren wäre, weil die klagende Partei Kaufmann ist, der Abschluß auf ihrer Seite Handelsgeschäft ist und überdies eine bewegliche Sache zum Gegenstand hat. § 375 HGB. könne aber nicht zur Anwendung gebracht werden. Bei den verschiedenen Typen eines Kraftfahrzeuges einer bestimmten Erzeugerfirma handle es sich nicht um Form, Maß oder ähnliche Verhältnisse, deren nähere Bestimmung dem Käufer vorbehalten sei. Es könne nicht von einem Spezifikationskauf gesprochen werden. Dieser setze außerdem voraus, daß dem Käufer die Spezifikation vorbehalten sei, d. h., daß er nach der getroffenen Abrede die Spezifikation vorzunehmen habe; die schriftliche Erklärung lasse eine solche Abrede vermissen. Hinsichtlich der verschiedenen Typen eines Kraftfahrzeugs könne es sich nur um eine Wahlschuld im Sinne des § 906 ABGB. handeln. In diesem Falle könne aber der Käufer nicht zur Wahl gezwungen werden, so wie er auch nicht auf Abnahme der Ware bei Annahmeverzug geklagt werden könne. Es treffen ihn nur die Folgen des Gläubigerverzuges. Das Wahlrecht gehe aber nicht auf den Verkäufer über. Dieser habe daher nur die Möglichkeit, alternativ zu klagen. Aber auch ein Wahlschuldverhältnis setze voraus, daß vom Schuldner vereinbarungsgemäß die Entscheidung zwischen mehreren feststehenden Leistungen zu treffen sei. Auch dies könne aus der schriftlichen Erklärung nicht entnommen werden. Es fehle daher auch an den Voraussetzungen für die Annahme eines Wahlschuldverhältnisses. Damit fehle es aber überhaupt an der für einen verbindlichen Kaufabschluß erforderlichen Einigung in Ansehung des Kaufgegenstandes. Sobald sich die Parteien über die Type des für einen Kauf in Aussicht genommenen Kraftfahrzeuges nicht einig geworden seien, sei ein verbindlicher Kaufabschluß überhaupt nicht zustandegekommen. Bei einem PKW bestimme erst die Type den Kaufgegenstand.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei der rechtlichen Beurteilung muß - da ein Beweisverfahren nicht durchgeführt wurde - von der vorgelegten Urkunde und den Parteienbehauptungen ausgegangen werden. Die klagende Partei hat - gestützt auf die schriftliche Erklärung des Beklagten - einen Kaufvertrag behauptet, bei welchem dem Beklagten die Typenwahl zugestanden sei. Sie hat nach Inhalt der Klage mangels Ausübung des Wahlrechtes durch den Beklagten die Wahl insoferne selbst vorgenommen, als sie einen PKW Simca Elysee als den preisgünstigsten Wagen aus dem Simca-Programm für den Beklagten bereithielt und den Kaufpreis hiefür verlangte. Damit geht die klagende Partei selbst von einem Wahlschuldverhältnis aus. Sie kann daher auch nicht nunmehr in der Revision ihren Standpunkt insoferne ändern, als sie behauptet, daß der Kaufgegenstand ohnehin eindeutig bestimmt gewesen sei und der Beklagte einen PKW Simca Elysee gekauft habe.

Die Abweisung des Klagebegehrens war allein von den Klagsbehauptungen ausgehend begrundet. Ein Spezifikationskauf war mangels der hiezu notwendigen Voraussetzungen nicht anzunehmen. Diesbezüglich ist den Ausführungen des Berufungsgerichtes voll beizutreten. Das Berufungsgericht hat daher auch mit Recht angenommen, daß nach den Klagsbehauptungen nur ein Wahlschuldverhältnis nach § 906 ABGB. angenommen werden könnte. In diesem Falle ist aber nach Lehre und Rechtsprechung (Gschnitzer in Klang[2], IV., S. 375 und Fußnote 49) nur ein auf alle Wahlmöglichkeiten lautendes Klagebegehren statthaft. Das Gericht konnte auch nicht - wie die Revision ausführt - das Urteilsbegehren entsprechend berichtigen, weil es sich dabei um eine Klagsänderung gehandelt hätte - der Kläger hätte die Verurteilung zur wahlweisen Zahlung eines höheren Kaufpreises verlangen müssen. Die Sache war daher im Sinne der Klagsabweisung spruchreif.

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