OGH 3Ob42/94

OGH3Ob42/9413.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Gerstenecker und Dr.Pimmer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M*****, vertreten durch Dr.Ewald Weiss, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei S*****, vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander und Dr.Martin Piaty, Rechtsanwälte in Graz, wegen Erwirkung einer Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 14.März 1994, GZ 4 R 504/93-6, womit die Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 12.Oktober 1993, GZ 9 E 855/93-2, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der hinsichtlich der Zurückweisung der Rekursbeantwortung der betreibenden Partei mangels Anfechtung unberührt bleibt, wird im übrigen dahin abgeändert, daß die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung selbst zu tragen und ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 20.610,-- (darin S 3.435,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die verpflichtete Partei ist Medieninhaberin einer Tageszeitung. Sie wurde mit einem rechtskräftig gewordenen Versäumungsurteil vom 7.7.1992 schuldig erkannt, ab sofort im geschäftlichen Verkehr die Ankündigung der Gewährung unentgeltlicher Zugaben, insbesondere eines Fläschchens Sekts, an den Besteller eines Abonnements ihrer Tageszeitung zu unterlassen. Die nunmehr betreibende Partei hatte das dem Versäumungsurteil zugrundeliegende Klagebegehren darauf gestützt, daß die nunmehr verpflichtete Partei in der am 1.12.1991 erschienenen Ausgabe ihrer Tageszeitung den Bestellern eines Abonnements die unentgeltliche Übersendung eines Geschenkpäckchens angekündigt habe. Dieses Geschenkpäckchen habe eine Kleinflasche eines bestimmten Sektes im Wert von etwa S 39,-- enthalten.

Die betreibende Partei beantragte, ihr aufgrund dieses Versäumungsurteils die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung der im geschäftlichen Verkehr erfolgenden Ankündigung der Gewährung unentgeltlicher Zugaben an den Besteller eines Abonnements der Tageszeitung der verpflichteten Partei zu bewilligen und über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von S 30.000,-- zu verhängen. Sie brachte dazu vor, daß die verpflichtete Partei in der am 16.6.1993 in ganz Kärnten, aber auch durch Übersendung an einen bestimmt bezeichneten Abonnenten vertriebenen Ausgabe ihrer Tageszeitung für die Bestellung eines Abonnements dieser Zeitung geworben und dabei angekündigt habe, daß der Besteller ein Gratis-Werbegeschenk in Form einer Philips-Eismaschine oder eines Tefal-Elektro-Grillers erhalten werde.

Das auch als Exekutionsgericht einschreitende Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei die Exekution zur Erwirkung aller Handlungen, durch den die verpflichtete Partei dem angeführten Versäumungsurteil zuwiderhandeln würde, und verhängte über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von S 30.000,--.

Das Rekursgericht wies infolge Rekurses der verpflichteten Partei den Exekutionsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das der Klage zugrundegelegte wettbewerbswidrige Verhalten sei seit dem 1.4.1992, dem Tag des Inkrafttretens des Wettbewerbs-DeregulierungsG, gemäß dem durch dieses Gesetz eingefügten § 9a Abs 2 Z 4 UWG erlaubt. Ein in Zukunft wirkendes gerichtliches Verbot eines bestimmten Verhaltens könne aber dann nicht mehr zwangsweise durchgesetzt werden, wenn es infolge einer Änderung der Gesetzeslage nicht mehr rechtswidrig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat zwar schon mehrfach ausgesprochen, daß die Exekution nicht mehr bewilligt werden darf, wenn das nach dem Exekutionstitel verbotene Verhalten infolge einer Änderung der Gesetzeslage später erlaubt ist (so zum ZugabenG etwa WBl 1992, 267; zum RabattG 4 Ob 33/92; zum NahVersG ÖBl 1991, 38 = RdW 1991, 11). Hier enthält der Exekutionstitel aber das allgemeine Verbot der Ankündigung der Gewährung unentgeltlicher Zugaben an Besteller eines Abonnements der Tageszeitung der verpflichteten Partei und es ist eine besondere Art der Zugabe nur beispielsweise angeführt. Diese Fassung des Exekutionstitels entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (MuR 1992, 125; ÖBl 1991, 105 je mwN) und dient dazu zu verhindern, daß dem Verpflichteten eine Umgehung des Zugabenverbotes durch bloßen Austausch der als Zugabe angekündigten oder gewährten Ware möglich wird. Das allgemeine Verbot der Ankündigung der Gewährung von Zugaben wurde aber im § 9a Abs 1 UWG mit der Besonderheit aufrecht erhalten, daß die Ankündigung gegenüber Verbrauchern in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind (Z 1), oder gegenüber Unternehmern (Z 2) geschehen muß.

In jüngster Zeit ist allerdings Swoboda (in ÖJZ 1994, 311 ff) dafür eingetreten, daß ein allgemein formulierter Unterlassungstitel auf die darin angeführten Beispiele und diesen ähnliche Fälle eingeschränkt werden müsse und die Exekution nur wegen Zuwiderhandlungen gegen das in diesem Sinn eingeschränkte Unterlassungsgebot bewilligt werden dürfe. Der erkennende Senat hat diese Auffassung aber schon in der Entscheidung vom 28.6.1994, 3 Ob 93/94, im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, daß für die Bewilligung der Exekution allein der Wortlaut des Exekutionstitels und der Sinn maßgebend sei, der den darin enthaltenen Worten gewöhnlich beigelegt werde. Der gewöhnliche Sinn des Wortes "insbesondere" bestehe aber allein darin, daß damit Beispiele für den vorangehenden Satz oder Satzteil angeführt würden. Eine Einschränkung in der Richtung, daß der Inhalt dieses Satzes oder Satzteils nur in den beispielsweise angeführten oder ihnen vergleichbaren Fällen gilt, werde durch dieses Wort hingegen nicht zum Ausdruck gebracht.

In dem hier zu entscheidenden Fall war für die Erlassung des Versäumungsurteils nicht von Bedeutung, ob es sich bei der Zugabe, die den Gegenstand der Klage bildete, um eine Zugabe der im § 3 Abs 1 ZugabenG genannten Art und daher auch nicht, ob es sich um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinn der lit c dieser Bestimmung handelte, weil in der angeführten Gesetzesstelle nur die Gewährung, nicht aber auch die den Gegenstand der Klage bildende Ankündigung der Gewährung von Zugaben der in der Gesetzesstelle angeführten Art vom Zugabenverbot des § 1 ZugabenG ausgenommen wurde. Schon aus diesem Grund geht es nicht an, den Exekutionstitel auf Zugaben einzuschränken, bei denen das Zugabenverbot ausschließlich davon abhängt, ob sie als geringwertige Kleinigkeit iSd § 3 Abs 1 lit c ZugabenG anzusehen waren und nunmehr iSd § 9a Abs 2 Z 4 UWG anzusehen sind. War für die den Exekutionstitel bildenden Entscheidung die darin angeführte Art der Zugabe nicht wesentlich, so kann die Anführung der Zugabe nicht zur Einschränkung des im Exekutionstitel bildenden allgemeinen Unterlassungsgebotes führen.

Ist aber für die Bewilligung der Exekution nur das im Exekutionstitel enthaltene allgemeine Unterlassungsgebot maßgebend, so kommt es entgegen der Meinung des Rekursgerichtes nicht darauf an, ob die den Gegenstand der Klage bildende Zugabe als geringwertige Zuwendung oder geringwertige Kleinigkeit iSd § 9a Abs 2 Z 4 UWG anzusehen ist. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre dies auf das im Exekutionstitel enthaltene umfassende Verbot der Ankündigung unentgeltlicher Zugaben ohne Einfluß und dieses Verbot wäre weiter auf Zugaben anderer Art anzuwenden. Es ist daher nicht zu entscheiden, ob die vom Rekursgericht in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen zutreffen.

Zu prüfen bleibt allerdings nach dem Gesagten, ob die den Gegenstand des Exekutionsantrag bildende Ankündigung auch noch nach den nunmehr geltenden § 9a UWG verboten ist. Dabei ist von den Angaben im Exekutionsantrag auszugehen (vgl ÖBl 1980, 165; ÖBl 1978, 75). Daraus ist aber einerseits zu entnehmen, daß die Ankündigung in der nach § 9a Abs 1 Z 1 UWG verbotenen Form geschah. Ferner geht daraus nicht hervor, daß einer der im § 9a Abs 2 UWG geregelten Ausnahmetatbestände erfüllt ist. Insbesondere ist daraus nicht zu entnehmen, daß es sich bei den angekündigten Zugaben um Reklamegegenstände im Sinn des § 9a Abs 2 Z 3 UWG gehandelt hat. Die Zugaben werden zwar als Werbegeschenke bezeichnet, es ergibt sich aus dem Exekutionsantrag aber nicht, ob sie als solche durch eine auffallend sichtbare und dauerhafte Bezeichnung des reklametreibenden Unternehmens gekennzeichnet waren. Die betreibende Partei mußte hiezu im Exekutionsantrag nichts vorbringen, weil Ausnahmen von den im Exekutionstitel festgelegten Unterlassungsgebot vom Verpflichteten zu behaupten und zu beweisen sind. Auf die hiezu im Rekurs der verpflichteten Partei aufgestellten Behauptungen ist jedoch wegen des Neuerungsverbotes nicht Bedacht zu nehmen. Die verpflichtete Partei muß dieses Vorbringen zum Gegenstand einer Klage nach § 36 EO machen.

Geht man vom Inhalt des Exekutionsantrags aus, so hat die betreibende Partei somit konkret und schlüssig ein Verhalten der verpflichteten Partei behauptet, das dieser im Exekutionstitel verboten wurde und das auch nach § 9a UWG noch verboten ist. Das Erstgericht hat daher die beantragte Exekution zu Recht bewilligt, weshalb sein Beschluß wiederherzustellen war.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 74 EO, jener über die Kosten des Rekurses der verpflichteten Partei auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

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