OGH 4Ob79/94

OGH4Ob79/9412.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kaufhof *****KG, ***** vertreten durch Dr.Peter Zumtobel und Dr.Harald Kronberger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Schuhsupermarkt Magdalena S*****, vertreten durch Dr.Eugen Salpius, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 15. Februar 1994, GZ 3 R 17/94-12, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14.Oktober 1993, GZ 7 Cg 191/93m-5, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Im Markenregister des österreichischen Patentamtes ist unter der Nr.65570 seit 1969 die (Wort-)Marke "Kaufhof" zugunsten der Klägerin (ua) für Schuhwaren (Klasse 3 b) eingetragen. Die Beklagte betreibt in S***** unter der Bezeichnung "P***** Kaufhof" ein Kaufhaus, in dem (ua) Schuhe verkauft werden.

Die Klägerin begehrt, der Beklagten zu untersagen, die für die Klägerin beim österreichischen Patentamt, Markenregister Nr.65570 AM 570/69, registrierte Wortmarke "Kaufhof" für sich zu verwenden.

"Kaufhof" sei nicht zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich und daher schutzfähig. Durch die Bezeichnung "P***** Kaufhof" entstehe der unrichtige Eindruck, die Klägerin betreibe auch im P***** einen "Kaufhof". Die Beklagte könne die fehlende Verkehrsgeltung nicht beweisen.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. "Kaufhof" sei ein allgemein gebräuchliches Wort für Einkaufszentrum oder Einkaufsmarkt. Es sei daher schutzunfähig. Die Klägerin habe für "Kaufhof" nicht Verkehrsgeltung erlangt; "Kaufhof" werde mit der deutschen Kaufhof AG in Verbindung gebracht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. "Kaufhof" sei eine in Österreich nicht allgemein übliche Wortverbindung. Als eigenartige sprachliche Neubildung sei "Kaufhof" auch ohne Verkehrsgeltung geschützt.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wurde, und gab ihr im übrigen nicht Folge. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In den Entscheidungen ÖBl 1969, 135 und ÖBl 1971, 154 sei "Kaufhof" als schutzfähig erkannt worden. Daran habe sich nichts geändert. "Kaufhof" komme nach wie vor in keinem Lexikon vor. Ein Verkehrsgeltungsnachweis sei daher nicht notwendig. Verwechslungsgefahr sei gegeben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Das Berufungsgericht hat entgegen § 500 Abs 2 Z 1 ZPO nicht ausgesprochen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt. Es hat jedoch beim Ausspruch, daß die Revision nicht zulässig sei, § 502 Abs 1 ZPO zitiert und damit zu erkennen gegeben, daß es von einem S 50.000 übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes ausgegangen ist. Andernfalls hätte es nach § 502 Abs 2 ZPO aussprechen müssen, daß die Revision jedenfalls unzulässig sei. Da somit gerade noch erkennbar ist, welchen Wert des Entscheidungsgegenstandes das Berufungsgericht seinem Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision zugrunde gelegt hat, hat es sich erübrigt, die Entscheidung zur Verbesserung zurückzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Die Beklagte weist darauf hin, daß die Gerichte die Schutzfähigkeit einer Marke selbständig zu beurteilen haben. Die Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit beschreibender Angaben habe sich in den letzten Jahren geändert.

Die Gerichte haben die Verwendung einer Marke unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes selbständig zu beurteilen; sie sind, soweit es um Rechtsfragen geht, an die Beurteilung des Patentamtes nicht gebunden (SZ 52/192 = ÖBl 1980, 38; ÖBl 1991, 254 uva). Sie können daher auch einer registrierten Marke der Schutz nach § 9 Abs 3 UWG versagt werden, wenn sie, anders als die Markenbehörde, ein absolutes Eintragungshindernis annehmen (ÖBl 1969, 66; ÖBl 1991, 254 ua). Daß "Kaufhof" absolut schutzunfähig wäre, wird von der Beklagten nicht mehr behauptet. Nicht als Marke registriert werden können nur solche Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind (§ 4 Abs 1 Z 3 und Abs 2 MSchG). Das trifft für "Kaufhof" nicht zu, sind doch nur die Bestandteile ("Kauf", "Hof") Wörter der Umgangssprache, nicht aber auch die Wortverbindung (insoweit zutreffend ÖBl 1969, 135; ÖBl 1971, 154).

Daraus folgt aber noch nicht, daß sich die Klägerin allein auf die Markenregistrierung berufen kann:

Unterscheidungskraft haben - bei Wortmarken - grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache zuzuordnende Phantasiewörter (im engeren Sinne) oder solche Wörter des allgemeinen Sprachgebrauchs, die mit der Ware (Dienstleistung), für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinne:

Hohenecker/Friedl, Wettbewerbsrecht 163; ÖBl 1990, 24; ÖBl 1991, 98 ua). Entscheidend ist die Verkehrsauffassung (ÖBl 1986, 77; ÖBl 1990, 24; ÖBl 1991, 98).

"Kaufhof" wird vom Publikum nicht als eigenartige sprachliche Neubildung aufgefaßt, in welcher die sonst übliche Bedeutung der einzelnen Wörter ("Kauf", "Hof) so in den Hintergrund tritt, daß die Wortverbindung geeignet ist, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden. "Kaufhof" läßt vielmehr an einen Ort denken, an dem gekauft werden kann. Als Bezeichnung für ein Kaufhaus beschreibt "Kaufhof" somit dessen Funktion und ist mindestens ebenso beschreibend wie "Disco Queen" (ÖBl 1991, 98), "New Line" (ÖBl 1991, 251), "Gaudi-Stadl" (ÖBl 1991, 254), "Farb Profi" (ÖBl 1992, 221) und "Eurostock" (ecolex 1994, 332).

Besteht eine Wortmarke nur aus beschreibenden Angaben im Sinne des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG, so darf sie nur dann in das Markenregister eingetragen werden, wenn das Zeichen in den beteiligten Verkehrskreisen, und zwar in ganz Österreich (PBl 1991, 138; ÖBl 1991, 254), als Kennzeichen der Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens des Anmelders gilt (§ 4 Abs 2 MSchG), wenn die Dienstleistung des Anmelders nicht auf ein bestimmtes Verkehrsgebiet beschränkt ist.

Daß die Marke der Klägerin aufgrund eines Verkehrsgeltungsnachweises registriert worden wäre (§ 17 Abs 1 Z 7 MSchG), ist nicht behauptet worden und ergibt sich auch nicht aus der Registrierungsbestätigung. Mit der Registrierung einer Marke wird aber nur dann ein prima facie Beweis für die Verkehrsgeltung erbracht, wenn ein solcher Nachweis Grundlage der Eintragung war (ÖBl 1982, 160; ÖBl 1986, 7; ÖBl 1991, 254).

Die Beklagte hat vorgebracht, daß die Klägerin für "Kaufhof" keine Verkehrsgeltung erreicht habe; die Klägerin hat dem entgegnet, die Beklagte könne das Fehlen der Verkehrsgeltung nicht beweisen. Sie hat damit die Beweislastverteilung verkannt, ist es doch Sache des Klägers, die Grundlagen seines Anspruches zu beweisen. Das Erstgericht hat die Beweislastverteilung nicht erörtert; als obsiegende Partei hatte die Klägerin keinen Anlaß, dies im Rechtsmittelverfahren zu rügen.

Die Frage, ob die Klägerin für "Kaufhof" Verkehrsgeltung erreicht hat, ist aber - wie oben dargelegt - für die Entscheidung erheblich. Da das Erstgericht diese Frage nicht erörtert hat, ist die Rechtssache noch nicht entscheidungsreif. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht zu klären haben, ob die Klägerin behauptet, für "Kaufhof" Verkehrsgeltung erreicht zu haben; bejahendenfalls wird das Verfahren zu ergänzen sein. Gelingt es der Klägerin nachzuweisen, daß sie für "Kaufhof" bereits in jenem Zeitpunkt Verkehrsgeltung erreicht hatte, in dem die Beklagte die Bezeichnung "P***** Kaufhof" zum ersten Mal verwendet hat, dann besteht ihr Unterlassungsanspruch zu Recht, weil beim Zusammentreffen mehrerer Schutzrechte (hier: der Etablissementbezeichnung "P***** Kaufhof" mit dem durch die Registrierung allein nicht geschützten Zeichen "Kaufhof") nur der zeitliche Vorrang entscheidet (ÖBl 1992, 221 mwN) und weil die beiden Bezeichnungen einander verwechselbar ähnlich sind: "P***** Kaufhof" wird - Unterscheidungskraft des Zeichens der Klägerin vorausgesetzt - als Serienzeichen aufgefaßt werden. Auch wenn es sich bei "Kaufhof" wegen seines beschreibenden Charakters um ein schwaches Zeichen handeln sollte, bei dem seines eingeschränkten Schutzes wegen häufig schon geringe Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen beseitigen können, ist nämlich die Verwechslungsgefahr bei vollständiger Aufnahme einer Marke in ein anderes Zeichen in der Regel zu bejahen, sonfern nicht die ältere Marke innerhalb des jüngeren Zeichens nur eine untergeordnete Rolle spielt und gegenüber den anderen Bestandteilen, die den Gesamteindruck des Zeichens prägen, ganz in den Hintergrund tritt (stRspr SZ 48/128; ÖBl 1984, 104 uva). Das ist hier nicht der Fall: Ist "Kaufhof" unterscheidungskräftig, weil die Klägerin dafür Verkehrsgeltung erreicht hat, so läßt der Zusatz "P*****" nur annehmen, daß es sich um den Kaufhof im P***** handelt.

Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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