OGH 4Ob533/94

OGH4Ob533/9412.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Erwin B*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H***** KG (S 21/88 des Landesgerichtes Leoben), wider die beklagte Partei Dr.Dietrich B*****, vertreten durch Dr.Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning, wegen S 114.009,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 9. Februar 1994, GZ 2 R 229/93-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 20. September 1993, GZ 3 Cg 30/93y-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der klagende Masseverwalter begehrt vom Beklagten Zahlung des Restkaufpreises von S 114.009,-- sA für eine dem Beklagten von der Gemeinschuldnerin verkaufte und ins Eigentum übertragene Eigentumswohnung. Im Hinblick auf ein gleichgelagertes Verfahren (über eine Klage desselben Masseverwalters gegen einen anderen Wohnungseigentümer) erging ein Unterbrechungsbeschluß. Nach Vorliegen der Entscheidung 4 Ob 542/92 (= tw veröff in ZfRV 1993, 123) wurde das Verfahren fortgesetzt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist unzulässig iSd § 502 Abs 1 ZPO.

Unstrittig ist, daß die vorliegende Vertragsgestaltung jener gleicht, welche der Entscheidung 4 Ob 542/92 zugrundegelegen ist. Der Oberste Gerichtshof sprach damals aus, daß der Kaufvertrag (in diesem wurde dem Käufer der Kaufpreisrest auf unbestimmte Zeit gestundet) und die Zusatzvereinbarung (in dieser verpflichtete sich die Gemeinschuldnerin, den Kaufpreisrest nicht fällig zu stellen und die gesamte Rückzahlung der Finanzierung samt Zinsen zu übernehmen, während sich der Käufer für sich und seine Rechtsnachfolger verpflichtete, jederzeit gegen Aufforderung, längstens aber nach Ablauf von acht Jahren [= Ende der Laufzeit des Kredites =] den Kaufgegenstand an die Gemeinschuldnerin oder deren Rechtnachfolger gegen Aufrechnung des Kaufpreisrestes und der für ihn gezahlten Kreditkosten zurückzuübertragen) als rechtliche Einheit mit unteilbarem Vertragsinhalt anzusehen seien. Das allein möge zwar einen Teilrücktritt des Masseverwalters im Sinne des § 21 Abs 1 KO von einem einzigen dieser mehreren Verträge noch nicht ausschließen; es berechtige ihn vielmehr in sinngemäßer Anwendung des § 918 Abs 2 ABGB dazu, von sämtlichen Verträgen zurückzutreten; die Voraussetzungen auch nur für einen Teilrücktritt lägen aber jedenfalls dann nicht vor, wenn die gekoppelten Verträge allesamt Umgehungsgeschäfte seien, deren wirtschaftlicher Zweck ("Finanzierungshilfe" für die Gemeinschuldnerin) zur Zeit der Konkurseröffnung bereits längst erreicht worden sei, so daß insoweit eine vollständige Erfüllung (zumindest auf Seite des Käufers) vorliege.

Davon abgesehen sei der Rücktritt des Klägers von der Zusatzvereinbarung auch deshalb wirkungslos, weil es sich dabei zwar um einen zweiseitigen Vertrag handle, der aber vom Käufer bereits vollständig erfüllt worden sei, habe der Käufer doch darin der Gemeinschuldnerin gegen deren Verzicht auf die Fälligstellung des Restkaufpreises und deren Verpflichtung zur Übernahme der Rückzahlung der Finanzierung samt Zinsen ein Wiederkaufsrecht, also ein unter der Bedingung der Rechtsausübung durch die Gemeinschuldnerin als Wiederkaufsberechtigte stehendes einseitiges Gestaltungsrecht eingeräumt. Der Kläger könne somit erst von dem durch die Ausübung des Wiederkaufsrechtes geschaffenen, dann aber beiderseits noch nicht erfüllten Rechtsverhältnis zurückzutreten. Seine Erklärung, daß er das der Gemeinschuldnerin bereits obligatorisch eingeräumte Wiederkaufrecht gar nicht ausüben wolle, sei jedoch durch § 21 Abs 1 KO schon deshalb nicht gedeckt, weil er danach von einem der Gemeinschuldnerin bereits eingeräumten einseitigen Gestaltungsrecht nicht zurücktreten könne. Die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 KO für einen Rücktritt des Masseverwalters von der Zusatzvereinbarung seien somit nicht gegeben.

Im Hinblick auf diese Entscheidung erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten, das Wiederkaufsrecht auszuüben und von dem nach Ausübung dieses Rechtes beiderseits noch nicht erfüllten Rechtsverhältnis zurückzutreten. Der Beklagte bleibe somit bücherlicher Wohnungseigentümer und habe den Restkaufpreis zu zahlen. Der Beklagte könne die Eigentumswohnung aber auch nicht mehr rückübertragen, weil er sie verkauft habe. Da ihm der Verkaufserlös zugeflossen sei, müsse er auch den Restkaufpreis an den Kläger zahlen; müßte der Beklagte das nicht, wäre er bereichert.

In einem weiteren gleichgelagerten Fall (2 Ob 513/94 vom 24.3.1994) hat der Oberste Gerichtshof dazu bereits folgendes ausgeführt:

"Die eben genannte Rücktrittserklärung des Klägers hat Bedeutung für die im § 1068 ABGB für den Fall der Ausübung des Wiederkaufsrechtes vorgesehene Rückabwicklung. Daß damit die Verpflichtung zur Rückzahlung des durch den Beklagten (entgegen der Zusage der Gemeinschuldnerin) getragenen Kaufpreisteils entfällt, heißt nicht, daß der Beklagte nun umgekehrt seinerseits verpflichtet wäre, an den Kläger einen weiteren Kaufpreisteil zu bezahlen. Der Entscheidung 4 Ob 542/92 ist keineswegs zu entnehmen, daß eine solche Rücktrittserklärung Auswirkungen auf die vom Käufer vollständig erfüllte, mit dem Kaufvertrag gekoppelte Zusatzvereinbarung und den darin enthaltenen Verzicht der Gemeinschuldnerin auf die Fälligstellung des Restkaufpreises hätte. Der Kläger hat die zitierte Entscheidung mißverstanden, wenn er darin eine Grundlage erblickt, doch noch Zahlung des vertraglichen Kaufpreisrestes zu erlangen."

Der erkennende Senat übernimmt diese zutreffenden Ausführungen. Ein Anspruch auf Zahlung des vertraglich bedungenen Kaufpreisrestes besteht demnach nicht. Das Berufungsgericht hat aber auch zutreffend ausgeführt, daß die Weiterveräußerung der Wohnung durch den Beklagten auf die Entscheidung keinen Einfluß hat. Abgesehen davon, daß der Beklagte nach der Rücktrittserklärung des Klägers zur Rückübertragung der Eigentumswohnung nicht mehr verpflichtet ist, bestehen nach einem Rücktritt vom Vertrag nicht mehr vertragliche Ansprüche. Einen solchen macht der Kläger aber geltend, wenn er die Zahlung des vertraglich bedungenen Restkaufpreises begehrt. Nach dem Rücktritt könnte der Kläger daher - wie der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 513/94 ebenfalls bereits ausgeführt hat - nur einen Bereicherungsanspruch geltend machen, falls der Beklagte unter Bedachtnahme auf die von beiden Seiten bisher erbrachten Leistungen auf Kosten der Masse bereichert wäre. Eine solche Bereicherung wäre insbesondere dann anzunehmen, wenn der Wert der von der Gemeinschuldnerin erbrachten Teilleistungen die Gegenleistungen des anderen Teils sowie dessen allfällige Schadenersatzansprüche wegen unterbliebener Erfüllung überstiegen (SZ 54/168; SZ 61/170; WBl 1988, 203). Eine Bereicherung kann sich daher nicht unmittelbar aus dem im aufgelösten Vertrag genannten Kaufpreisrest ergeben.

Ein Bereicherungsanspruch wurde aber vom Kläger nicht schlüssig erhoben. Er hat lediglich vorgetragen, daß der Beklagte bereichert wäre, müßte er den Kaufpreisrest nicht zahlen. Aus welchen Gründen die nach den erwähnten Kriterien zu berechnende Bereicherung des Beklagten tatsächlich der Höhe des Restkaufpreises entspreche, hat der Kläger nicht dargetan. Mangels schlüssiger Geltendmachung eines Bereicherungsanspruches bildet daher das Unterbleiben von Feststellungen über den Wert der von der Gemeinschuldnerin erbrachten Teilleistungen und die Gegenleistungen des Beklagten wie dessen Schadenersatzansprüche wegen unterbliebener Erfüllung keinen Feststellungsmangel.

Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird somit in der Revision nicht aufgezeigt. Daß die Streitteile aus der Vorentscheidung 4 Ob 542/92 unterschiedliche Schlüsse gezogen haben, reicht - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - für die Zulässigkeit der Revision des Klägers nicht aus. Sie war daher ungeachtet des - nicht bindenden (§ 508a ZPO) - Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO; auf die Unzulässigkeit der Revision iSd § 502 Abs 1 ZPO hat der Beklagte nicht hingewiesen.

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