OGH 12Os56/94(12Os60/94)

OGH12Os56/94(12Os60/94)23.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Juni 1994 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.Rouschal, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Jannach als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian Karl A***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 3.März 1994, GZ 35 Vr 4.110/93-21, sowie über dessen Beschwerde gegen den gleichzeitig mit diesem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Widerrufsbeschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Hauptmann, des Angeklagten Christian Karl A***** und der Verteidigerin Dr.Schindler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlaß wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, teilweise in dem auf § 26 Abs 1 StGB gegründeten Einziehungsausspruch, soweit er sich auf die elektronische Waage "Tanita" bezieht, aufgehoben und der darauf bezügliche Einziehungsantrag der Staatsanwaltschaft abgewiesen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO ergangene Beschluß aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der bedingten Nachsicht der im Verfahren AZ 23 Vr 1.891/92 des Landesgerichtes Innsbruck verhängten Geldstrafe abgewiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.November 1972 geborene Angeklagte Christian Karl A***** schuldig erkannt, in Zürich, Innsbruck und an anderen Orten A./ am 18.Dezember 1993 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 33 Gramm Heroin sowie 5,6 Gramm Cannabisharz, von der Schweiz aus- und nach Österreich eingeführt und B./ zwischen 1990 und Dezember 1993 außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich nicht mehr feststellbare Mengen Heroin, Kokain und Cannabisharz, für den Eigengebrauch erworben und besessen, hiedurch zu A./ das Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG und zu B./ das Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG begangen zu haben.

Gemäß § 12 Abs 1 SGG (unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB) wurde er hiefür zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr - auf welche die erlittene Vorhaft angerechnet wurde - verurteilt.

Gleichzeitig widerrief das Schöffengericht (gemäß § 53 Abs 1 StGB) die vom Landesgericht Innsbruck zu AZ 23 Vr 1.891/92, Hv 126/92 gewährte bedingte Nachsicht der Geldstrafe von 100 Tagessätzen a 100 S (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO).

Ferner ergingen - mangelhaft individualisierte und konkretisierte (ua 12 Os 14/83) - Einziehungserkenntnisse gemäß § 13 Abs 1 SGG hinsichtlich der "sichergestellten Suchtgifte" und gemäß § 26 Abs 1 StGB hinsichtlich der "sichergestellten Rauchgeräte und Waagen", sowie seitens der Anklagebehörde unangefochten gebliebene Freisprüche.

Nur den Strafausspruch bekämpft der Angeklagte aus § 281 Abs 1 Z 11StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde wie auch mit Berufung; den Widerrufsbeschluß ficht er mit Beschwerde an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Das Beschwerdevorbringen beschränkt sich nämlich auf die nicht als Strafzumessungsrüge zu wertende (vgl Mayerhofer Rieder, StPO3, § 281 Z 11, ENr 6 und 7) Behauptung, das Erstgericht habe tatsächlich vorliegende Milderungsgründe übersehen. Damit stellt es sich aber inhaltlich bloß als Berufungsausführung dar.

Allerdings leidet - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - das Urteil in seinem auf § 26 Abs 1 StGB gegründeten Einziehungsausspruch an einer vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten, jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmenden Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs 1 Z 11 StPO:

Dieser Ausspruch auf Einziehung sichergestellter Rauchgeräte und

Waagen betrifft nämlich teils Gegenstände, die weder vom Angeklagten

zur Begehung der Straftaten verwendet oder hiezu bestimmt, noch durch

diese Handlungen hervorgebracht worden sind, teils solche, denen

wenigstens eine besondere Beschaffenheit fehlt, auf Grund welcher sie

spezifisch in erster Linie zur Begehung von Straftaten geeignet wären

(vgl RZ 1977/21, SSt 50/36, EvBl 1981/117). Das demnach nichtige

Einziehungserkenntnis nach § 26 Abs 1 StGB gereicht jedoch dem

Angeklagten nur insoweit zum Nachteil (§ 290 Abs 1 StPO), als es sich

auch auf die elektronische Waage Marke "Tanita" (sichergestellt laut

AS 83 iVm AS 139 = AS 161) bezieht, auf welche der Angeklagte (laut

AS 25 = AS 107 oben) nicht verzichtet hat (vgl 13 Os 143/81, 13 Os

147/81).

Somit war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian Karl A***** nicht Folge zu geben, jedoch aus Anlaß dieses Rechtsmittels (§ 290 Abs 1 StPO) der auf § 26 Abs 1 StGB gegründete Einziehungsausspruch, soweit er sich auf die elektronische Waage Marke "Tanita" bezieht, aufzuheben und der darauf bezügliche Einziehungsantrag der Staatsanwaltschaft abzuweisen.

Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die Wiederholung der nach § 16 SGG strafbaren Handlungen über einen längeren Zeitraum und die Aus- bzw Einfuhr eines dem Vierfachen einer großen Menge entsprechenden Suchtgiftquantums, als mildernd das umfassende Geständnis, die Sicherstellung der Suchtgifte, die durch die Suchtgiftergebenheit verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten und die Verwirklichung des Vergehens größtenteils im Alter unter 21 Jahren.

Der Berufung des Angeklagten, mit welcher er die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren (gänzliche) bedingte Nachsicht anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Zwar hat der letztgenannte Erschwerungsgrund zu entfallen, weil die zu A tatverfangene Suchtgiftmenge insgesamt nicht dem oberen Bereich denkbarer Tatbestandsverwirklichung nach § 12 Abs 1 SGG zuzuordnen ist. Bei Gewichtung der im übrigen jedoch zutreffend dargestellten Strafzumessungsgründe unter Berücksichtigung des (ohne Untergrenze) bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmens erweist sich die vom Schöffengericht über den bereits dreimal strafgerichtlich verurteilten Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe als tatschuldangemessen.

Die Berufung ist auch nicht im Recht, soweit sie eine bedingte Strafnachsicht gemäß § 43 StGB anstrebt, weil wegen der aus der Suchtgiftergebenheit resultierenden persönlichen Labilität des Berufungswerbers in Verbindung mit den aus (selbstverschuldeten) finanziellen Problemen folgenden Destabilisierungsfaktoren der (gänzliche) Vollzug der Freiheitsstrafe erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.

Hingegen kommt der Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß Berechtigung zu. Denn ungeachtet des Umstandes, daß der Beschwerdeführer bereits dreimal zu Geldstrafen verurteilt und die in Rede stehende Probezeit bereits von ursprünglich drei auf fünf Jahre verlängert wurde, kann vom Vollzug der hier verhängten Freiheitsstrafe eine ausreichende tatabhaltende Wirkung erwartet werden, sodaß in diesem Fall der zusätzliche Widerruf der Geldstrafe nicht geboten erscheint (§ 53 Abs 1 StGB).

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte