OGH 8Ob1/94(8Ob2/94)

OGH8Ob1/94(8Ob2/94)16.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Stefan S*****, vertreten durch Dr.Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Muhamed S*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Broesigke und Dr.Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 55.000,-- sA und S 60.500,-- sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 23.September 1993, GZ 1 R 309/93-9, womit das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 27.April 1993, GZ 6 C 3106/92-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte füllte die beiden klagsgegenständlichen, vom Kläger ausgestellten Wechsel dergestalt aus, daß er in dem der Bezeichnung des Bezogenen dienenden Bereich seinen Zu- und Vornamen ohne jeden weiteren Zusatz und die Anschrift ***** eintrug. Die Annahmeerklärung fertigte er ebenfalls mit Zu- und Vornamen. Darunter brachte er den Stampiglienaufdruck "Cafe-Restaurant C*****, S***** & Co, G*****straße ***** W*****, Tel. *****" an. Auf dem Wechsel vom 15.10.1990 vermerkte er noch neben diesem Stempelabdruck, teilweise in diesen hineinreichend, handschriftlich: "Restaurant C*****".

Gegen den auf Grund dieser beiden Wechsel erlassenen Wechselzahlungsauftrag erhob der Beklagte Einwendungen, in welchen er unter anderem seine passive Klagslegitimation bestritt. Der Wechsel sei nicht von ihm persönlich als Akzeptant, sondern in seiner Funktion als Geschäftsführer der beim Handelsgericht Wien registrierten S***** & Co GmbH unterschrieben worden. Die der Wechselforderung zugrundeliegende Geschäftsbeziehung bestehe ausschließlich zwischen dem Kläger und dieser GmbH aufgrund eines Automatenaufstellungsvertrages.

Der Kläger replizierte, daß der Wechsel ausschließlich vom Beklagten akzeptiert worden sei, der Stampiglienabdruck gebe eine Firmenbezeichnung wieder, die nicht protokolliert sei. Die passive Klagslegitimation sei auf Grund der formellen Wechselstrenge gegeben.

Das Erstgericht hielt beide Wechselzahlungsaufträge aufrecht und erkannte den Beklagten zur Zahlung der beiden Wechselsummen schuldig. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß der Beklagte auf Grund des Wechselakzeptes hafte. Der Stampiglienabdruck, der ein nicht registriertes Unternehmen ausweise, könne nicht als Hinweis auf die GesmbH verstanden werden. Sollte der Beklagte den Wechsel als Stellvertreter gefertigt haben, hätte es eines entsprechenden Zusatzes bedurft, um die Haftung des Vertretenen zu begründen. Nach dem Grundsatz der Wechselstrenge hafte somit derjenige, der unterschrieben habe.

Das Gericht zweiter Instanz hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei und begründete seine Entscheidung wie folgt:

Könne im Wechselprozeß die Identitätsfrage durch die Urkunde allein nicht beantwortet werden, sei es zulässig, auch außerhalb der Urkunde gelegene weitere Umstände zur Klärung heranzuziehen. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren die Identität zwischen Bezogenem und Akzeptanten zu überprüfen haben, wobei auch auf die Umstände Bedacht genommen werden müsse, unter denen es zu den Skripturakten gekommen sei. Sei dem Kläger bekannt oder zumindest erkennbar gewesen, daß der Beklagte die Absicht gehabt habe, die wertpapierrechtlichen Skripturakte der GesmbH zuzuordnen und weiters, daß sich diese im Geschäftsverkehr der unvollständigen Firmenbezeichnung "S***** & Co" bediene, wäre aus dem Wechsel nur die vertretene GesmbH verpflichtet worden.

Dem gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhobenen Rekurs des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die ältere Rechtsprechung (JBl 1970, 576; EvBl. 1972/225; SZ 50/157) ging davon aus, daß der Inhalt einer Wechselerklärung nur aus der Wechselurkunde selbst ausgelegt werden könne. Jüngere Entscheidungen differenzieren dahingehend, daß die für die Auslegung der Wechselurkunde geltenden Einschränkungen dann nicht heranzuziehen seien, wenn sich die Partner des Wechselbegebungsvertrages gegenüberstehen. Auf die unmittelbare Beziehung zu dem den Anspruch erhebenden Inhaber gegründete Einwendungen seien, wie sich aus einem Umkehrschluß aus Art.17 WG ergebe, immer zulässig (JBl. 1983, 538; QuHGZ 1980/177; QuHGZ 1981/196). Auch der erkennende Senat schließt sich der letztgenannten Rechtsmeinung an, da ungeachtet des Erfordernisses der Umlauffähigkeit der Wechselurkunde die Parteien des Begebungsvertrages auch hinsichtlich Identität und Person des Zahlungspflichtigen die sich aus ihrer unmittelbaren Vertragsbeziehung ergebenden Einwendungen behalten müssen.

Die Identität zwischen Bezogenem und Akzeptanten ist gegenständlich nicht strittig, wohl aber, ob sich der Beklagte persönlich oder als Geschäftsführer der GesmbH verpflichtet hat. Die Vorschriften des § 5 Abs.2 GmbHG über die Firma der GesmbH und des § 18 Abs.2 GmbHG über die Zeichnung durch den Geschäftsführer stellen bloße Ordnungsvorschriften dar (EvBl. 1979/12; SZ 53/138; SZ 55/35). Es genügt, wenn in dem den Rechtsakt beurkundenden - allenfalls auch begründenden - Schriftstück inhaltlich zum Ausdruck kommt, daß der Unterzeichner für die Gesellschaft handelt und dann lediglich mit seinem Namen unterschreibt. Auch wenn ein Hinweis auf die vertretungsrechtliche Stellung des Geschäftsführers im Schriftstück fehlt, kann die Unterschrift des Geschäftsführers die GesmbH verpflichten, wenn sein Wille, den wertpapierrechtlichen Skripturakt der Gesellschaft zuzuordnen, dem Ersterwerber bekannt oder doch, wenn auch nur unter den Umständen, unter denen der Rechtsakt gesetzt wurde, erkennbar war. In einem derartigen Fall ist nur die vertretene GesmbH verpflichtet. War jedoch der Wille, im fremden Namen zu handeln, für den anderen Teil nicht eindeutig erkennbar, dann kann die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten; der Erklärende haftet persönlich (SZ 55/35; EvBl. 1987/202). Es steht damit dem Beklagten im Verfahren gegen seinen unmittelbaren Vertragspartner die Einwendung offen, der Kläger habe gewußt, daß der Beklagte für die GesmbH einschritt. Dem Kläger steht die Gegeneinwendung offen, daß er dieses Wissen nicht gehabt habe oder, daß sich der Beklagte trotz dieses Wissens im konkreten Fall persönlich habe verpflichten wollen (vgl. QuHGZ 1981/196).

Der erkennende Senat vermag sich der in JBl. 1983, 538 vertretenen Ansicht, daß zwar zwischen den Parteien des Wechselbegebungsvertrages zur Auslegung der Wechselurkunde auch auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurückgegriffen werden dürfe, dies jedoch dort seine Grenze finde, wo eine wechselmäßige Haftung begründet würde, die im vorliegenden Wechselbild keine Deckung fände, nicht anzuschließen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß abgesehen von der die Scheinvertretung betreffenden Vorschrift des Art.8 WG sich im Wechselrecht keine besonderen Anordnungen über Form, Zuordnung und Wirkung der Vertretung beim Skripturakt finden. Die Beantwortung der sich dabei ergebenden Fragen muß demnach in den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts und des speziellen Handels- und Gesellschaftsrechtes gesucht werden (SZ 55/35). Eine Einschränkung dahingehend, daß der Vertretene im Wechsel als Verpflichteter genannt sein müsse, kann jedoch diesen Bestimmungen nicht entnommen werden. Die Umlauffähigkeit des Wechsels wird dadurch nicht beeinträchtigt, da die Einwendung der Stellvertretung nur zwischen den Partnern des Wechselbegebungsvertrages möglich ist und jeder gutgläubige zweite und jeder weitere Erwerber sich auf den Bestand und den Inhalt des in der Wechselurkunde verbrieften Rechtes verlassen darf. Für ihn ist also grundsätzlich nur der sich aus der Urkunde ergebende Sachverhalt, ihr äußeres "Bild" maßgeblich (SZ 55/35; ÖBA 1991, 678).

Dem Berufungsgericht ist daher beizupflichten, daß es im Sinne dieser Rechtsausführungen weiterer Feststellungen bedarf, wobei neben dem Zuordnungswillen des wertpapierrechtlichen Skripturaktes und dessen Erkennbarkeit für den Kläger auch im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes zu klären sein wird, welche Bedeutung dem bei der Unterschrift des Akzeptanten aufscheinenden Stampiglienabdruck zukommen sollte.

Es war daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.

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