OGH 2Ob541/94

OGH2Ob541/9416.6.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 16.2.1980 geborenen Marion H***** und des am 28.10.1981 geborenen Michael H*****, beide vertreten durch den Unterhaltssachwalter Bezirkshauptmannschaft G***** (Jugendabteilung), infolge Revisionsrekurses des Unterhaltssachwalters gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 8.März 1994, GZ 5 R 493/93-106, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zistersdorf vom 22. November 1993, GZ P 30/88-102, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Aufgrund eines Antrages des Unterhaltssachwalters erhöhte das Erstgericht die Unterhaltspflicht des Vaters Rudolf Josef H***** hinsichtlich der minderjährigen Kinder Marion und Michael mit der Begründung, daß ein wesentlicher Umstand für die Unterhaltsbemessung, nämlich eine weitere Sorgepflicht, mit dem Urteil des Erstgerichtes vom 2.12.1992, C 408/92 , weggefallen sei, da in diesem Urteil ausgesprochen wurde, daß der Unterhaltspflichtige bezüglich der während aufrechter Ehe geborenen mj. Kerstin H***** nicht der Vater ist.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht änderte diese Entscheidung ab und legte dem Vater eine Unterhaltspflicht von S 2.550 je Kind für die Zeit vom 1.7.1990 bis 31.12.1992 und von S 2.750 ab 1.1.1993 auf; das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 200 S je Kind für die Zeit vom 1.1.1991 bis zum 31.12.1991, von weiteren S 450 für den Zeitraum vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 und von weiteren 250 S ab dem 1.1.1993 wurde abgewiesen.

Der Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt.

Das Rekursgericht führte aus, daß den Vater der mj. Marion und Michael auch bezüglich der mj.Kerstin aufgrund ihrer Geburt während aufrechter Ehe bis zur erfolgreichen Ehelichkeitsbestreitung, somit bis Ende 1992, eine Unterhaltsverpflichtung getroffen habe. Entgegen der Ansicht des Unterhaltssachwalters sei daher bis Ende 1992 ein wesentlicher Umstand für die Unterhaltsbemessung, nämlich der Wegfall einer weiteren Sorgepflicht, nicht eingetreten. Es sei daher davon auszugehen, daß den Vater bis Ende 1992 vier Sorgepflichten getroffen haben, mangels einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse habe daher grundsätzlich bis Ende 1992 keine Unterhaltsneufestsetzung zu erfolgen. Da der Vater jedoch mit einer Unterhaltsleistung von 2.550 S für den Zeitraum vom 1.7.1990 bis 31.12.1992 einverstanden sei, sei der Unterhalt für die beiden Kinder hinsichtlich dieses Zeitraumes in dieser Höhe auszumessen. Für den Zeitraum ab 1.1.1993 (tatsächlicher Wegfall der Sorgepflicht für das vierte Kind) entspreche ein Unterhalt in der Höhe von S 2.750 der Tatsache, daß den Vater insgesamt drei Sorgepflichten treffen.

Der Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob der Wegfall einer Unterhaltsverpflichtung aufgrund einer Scheinvaterschaft für die Vergangenheit Bedeutung habe, fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalters mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Der Unterhaltssachwalter vertritt die Ansicht, mit der erfolgreichen Bestreitung der ehelichen Geburt sei die Unterhaltsverpflichtung rückwirkend weggefallen. Der Scheinvater habe daher die Möglichkeit, vom nunmehr festgestellten Vater die bisher geleisteten Unterhaltsbeträge gemäß § 1042 ABGB rückzufordern. Überdies habe er auch die Möglichkeit, eine Schadenersatzklage gegen die Mutter zu erheben. Die vom Scheinvater geleisteten Zahlungen könnten beim leiblichen Vater einbringlich gemacht werden. Durch die Feststellung, daß die mj.Kerstin kein eheliches Kind des Unterhaltspflichtigen sei, liege eine wesentliche Änderung der Verhältnisse vor und sei der Antrag auf rückwirkende Erhöhung der Unterhaltsleistung berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Seit der Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes (SZ 61/143) steht fest, daß Unterhaltsansprüche grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden können. Daraus folgt, daß unabhängig davon, ob die seinerzeitige Unterhaltsbemessung durch gerichtlichen Vergleich oder durch gerichtliche Entscheidung erfolgte, eine Änderung der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit immer dann möglich ist, wenn sich die Verhältnisse geändert haben (EvBl 1990/151; 8 Ob 596/93), wobei sich der hiefür maßgebliche Sachverhalt in der Vergangenheit verwirklicht haben muß (RZ 1991/52). Eine Änderung der Verhältnisse liegt auch dann vor, wenn zum Zeitpunkte der früheren Entscheidung eingetretene Tatsachen dem Gericht erst später bekannt wurden (EFSlg 65.746).

Eine derartige Änderung der Verhältnisse erfolgte im vorliegenden Fall aber nicht vor dem 1.1.1993. Richtig ist zwar, daß das klagsstattgebende Bestreitungsurteil vom 2.12.1992 ex tunc wirkt und auch die Unterhaltspflicht rückwirkend fortfällt (Pichler in Rummel2, Rz 19 zu §§ 156 bis 159), doch war vor Rechtskraft des Bestreitungsurteiles der Scheinvater "normal" unterhaltspflichtig (Schlemmer in Schwimann, ABGB, RZ 10 zu § 138 mwN). Im vorliegenden Fall war daher der Scheinvater trotz rückwirkenden Fortfalles der Untehaltspflicht verpflichtet, bis zur Rechtskraft des Bestreitungsurteiles auch für die mj.Kerstin Unterhalt zu leisten. Es trat daher in der Vergangenheit keine Änderung der Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen ein, so daß auch eine Unterhaltserhöhung wegen rückwirkenden Wegfalles einer weiteren Unterhaltspflicht nicht erfolgen kann. Daß dem Scheinvater nunmehr allenfalls Ansprüche gegen die Mutter (EFSlg 41.080) oder gegen den in Wahrheit zum Unterhalt Verpflichteten (ÖA 1993, 25) zustehen, ändert nichts daran, daß in der Vergangenheit keine Änderung der Verhältnisse erfolgte.

Dem unberechtigten Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalters war somit nicht Folge zun geben.

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