OGH 5Ob533/94

OGH5Ob533/9431.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Elisabeth Sch*****, Angestellte, ***** 2.) Angelika Sch*****, kaufmännische Angestellte, ***** und 3.) Andreas Sch*****, Gastwirt, ***** alle vertreten durch Dr.Gerald Hauska und Dr.Herbert Matzunski, Rechtsanwälte in Innsbruck,wider die beklagte Partei Gemeinde *****, vertreten durch den Bürgermeister Ägidius B*****, vertreten durch Dr.Franz Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung, allenfalls Feststellung (Streitwert je 60.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 3.Dezember 1993, GZ 3 a R 601/93‑8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Rattenberg vom 20.Juli 1993, GZ 3 C 171/93a‑5, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0050OB00533.940.0531.000

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird als nichtig aufgehoben; dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Einhaltung des Verfahrens nach § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind gleich weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

 

Begründung:

 

Die klagenden Parteien begehrten von der beklagten Gemeinde die Unterlassung des ihr laut Kauf‑ und Wegregelungsvertrages vom 20.12.1989 eingeräumten Gehrechtes über das Grundstück der klagenden Parteien durch Gemeingebrauch, hilfsweise die Feststellung, daß das Gehrecht nicht zum Gemeingebrauch durch öffentlichen Fußgängerverkehr berechtige, insbesondere auch nicht nach Erklärung des Weges durch Verordnung zum Gemeindeweg.

Die beklagte Gemeinde habe das Gehrecht widerrechtlich durch Widmung zum Gemeindeweg erweitert.

Die beklagte Gemeinde erhob in der Tagsatzung vom 2.4.1993 vor Streiteinlassung die Einreden der Unzulässigkeit des Rechtsweges, der sachlichen Unzuständigkeit sowie der Streitanhängigkeit.

Das Erstgericht wies diese Einreden ab (ON 5).

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der beklagten Partei, ohne daß dieser den klagenden Parteien zur Erstattung einer Rekursbeantwortung zugestellt worden war, gab das Rekursgericht Folge, indem es den Beschluß und das diesem vorausgegangene Verfahren als nichtig aufhob und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückwies, wobei es ausprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei (ON 8).

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Parteien aus den Gründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Rekursverfahren für nichtig zu erklären, den angefochtenen Beschluß aufzuheben bzw abzuändern und die Einwendung der Unzulässigkeit des Rechtsweges abzuweisen.

In der der beklagten Partei freigestellten Beantwortung des außerordentlichen Revisionsrekurses wird zum geltendgemachten Nichtigkeitsgrund nicht Stellung genommen und im übrigen beantragt, die Rekursentscheidung zu bestätigen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das außerordentliche Rechtsmittel ist zulässig, weil nach der ständigen Rechtsprechung der Wahrnehmung einer Nichtigkeit erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (RZ 1991/75, 257; 4 Ob 539/90; WoBl 1993, 33; 1 Ob 565/93 ua; Fasching, Lehrbuch2, RZ 1891).

Durch die Verletzung der Bestimmung über die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens gemäß § 521 a Z 3 ZPO indem das Rekursgericht ohne den klagenden Parteien Gelegenheit zur Beantwortung des Rekurses zu geben, über diesen Rekurs entschied, wurde den klagenden Parteien die Möglichkeit zur Beteiligung am Rechtsmittelverfahren und damit das rechtliche Gehör durch ungesetzlichen Vorgang iS des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO entzogen (RZ 1986/48, 165; 1 Ob 681/86 ua; Fasching aaO Rz 703).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

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